OGH 8ObS11/10s

OGH8ObS11/10s30.8.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer, sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Richard Warnung und Dr. Gerda Höhrhan-Weiguni als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A***** M*****, vertreten durch Dr. Thomas Stampfer, Dr. Christoph Orgler, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei IEF-Service GmbH, Geschäftsstelle Graz, 8020 Graz, Europaplatz 12, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen 8.240,27 EUR (Insolvenz-Entgelt), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2. September 2010, GZ 7 Rs 34/10i-23, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 25. Februar 2010, GZ 30 Cgs 80/09b-18, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin war von 5. 4. 1994 bis 31. 1. 2000 bei M***** K***** als Friseurin beschäftigt. Sie erhielt im Zeitraum von November 1996 bis Jänner 1998 nur die Löhne für August und November 1997. Die Klägerin war über die Vermögensverhältnisse ihrer Arbeitgeberin nicht informiert, sie wusste jedoch, dass diese nicht „rosig“ waren. Sie hatte trotzdem das Gefühl, dass der Friseurbetrieb gut laufe und hielt über Monate in unkritischer Weise an der Hoffnung fest, dass die Arbeitgeberin die noch offenen Forderungen tilgen werde. Die noch junge und unerfahrene Klägerin fand keinen Weg, ihre offenen Entgeltansprüche nach außen zu tragen. Sie lebte noch bei ihren Eltern und zog ihre Ersparnisse zur Bestreitung ihrer Lebenskosten heran. Erst als diese im Oktober 1999 aufgebraucht waren, traf sie mit der Arbeitgeberin eine erste Ratenvereinbarung. Am 20. 10. 1999 betrugen die offenen Lohnrückstände 293.111 ATS, über diesen Betrag stellte die Arbeitgeberin der Klägerin am 19. 10. 1999 auch einen Wechsel aus, der von der Klägerin jedoch nie eingelöst wurde. Eine Bezahlung der vereinbarten Raten erfolgte nicht. Die Arbeitgeberin, die die Klägerin entgegen den tatsächlich getroffenen Vereinbarungen ab August 1999 als teilzeitbeschäftigt bei der Gebietskrankenkasse angemeldet hatte, bezahlte von 1997 bis zum Austritt der Klägerin am 31. 1. 2000 immer wieder Teile der Lohnansprüche der Klägerin. Sie leistete gesamt Zahlungen in der Höhe von 206.012 ATS, davon 85.770 ATS im Jahr 1998 und 92.542 ATS im Jahr 1999. Am 18. 1. 2000 brachte die Klägerin eine Klage beim Arbeits- und Sozialgericht über rückständige Entgelte von netto 276.906 ATS ein und erwirkte ein Versäumungsurteil gegen die Arbeitgeberin. Zeitgleich forderte sie die ausständigen Entgelte für die Monate Oktober bis Dezember 1999 schriftlich. Mangels Zahlung erklärte sie ihren Austritt zum 31. 1. 2000. Mit einer weiteren beim Arbeits- und Sozialgericht am 3. 2. 2000 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin auch diese Lohnrückstände sowie Beendigungsansprüche in Höhe von insgesamt 115.612,25 ATS und erwirkte darüber einen rechtskräftigen Zahlungsbefehl.

Anfang März 2000 schlossen die Klägerin und ihre Arbeitgeberin eine weitere Ratenvereinbarung, worin sich die Arbeitgeberin zur Zahlung von monatlichen Raten in Höhe von 10.000 ATS, beginnend mit 1. 3. 2000, verpflichtete. Auch diese Ratenvereinbarung wurde von der Arbeitgeberin nicht erfüllt. Die Arbeitgeberin zahlte zwischen 9. 3. 2000 und 18. 4. 2007 die im Einzelnen festgestellten Beträge (mit einer Gesamtsumme von 14.772,42 EUR). Mit Beschluss vom 18. 4. 2001 wurde der Klägerin über ihren Antrag die Exekution gegen die Arbeitgeberin bewilligt.

Aufgrund der hohen Entgeltrückstände sah der Rechtsvertreter der Klägerin von der Einbringung eines Konkursantrags ab, weil diesfalls nur die von der Beklagten im Insolvenzfall gesicherten Ansprüche für die Klägerin einbringlich zu machen wären. Überdies versicherte die Arbeitgeberin dem Vertreter der Klägerin immer wieder ihre grundsätzliche Zahlungswilligkeit. Die Arbeitgeberin bekam in den Jahren 2000 und 2001 zwei Kinder und war daher nicht in der Lage, Zahlungen an die Klägerin zu leisten. Erst 2004 besserte sich ihre Situation, 2007 kam es zusätzlich zu einer Umsatzsteigerung. 2004 bot die Klägerin der Arbeitgeberin an, alle aushaftenden Ansprüche durch eine Einmalzahlung von 15.000 EUR vergleichsweise zu bereinigen, was die Arbeitgeberin aufgrund ihrer schlechten finanziellen Verhältnisse nicht annehmen konnte. Mit Schreiben vom 4. 5. 2007 bot die Klägerin der Arbeitgeberin neuerlich eine vergleichsweise Bereinigung durch Zahlung eines Betrags von 15.000 EUR in monatlichen Raten von 1.000 EUR bei Wiederaufleben der Gesamtforderung im Säumnisfall an. Daraufhin leistete die Arbeitgeberin im Zeitraum 12. 6. 2007 bis 29. 4. 2008 weitere im Einzelnen festgestellte Ratenzahlungen (mit einer Gesamtsumme von 7.000 EUR). Alle von der Arbeitgeberin geleisteten Zahlungen verwendete die Klägerin zur Tilgung der anfallenden Zinsen. Nach erfolgloser Einmahnung der Ratenzahlungen beantragte die Klägerin schließlich am 27. 5. 2008 die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Arbeitgeberin. Dieses wurde mit Beschluss vom 21. 7. 2008 eröffnet und endete mit einem am 20. 11. 2008 abgeschlossenen Zwangsausgleich mit einer Quote von 20 %.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Zahlung von 9.320 EUR an Insolvenz-Entgelt für rückständige Entgelte für den Zeitraum August 1999 bis Jänner 2000 sowie Beendigungsansprüche, Zinsen und Kosten abzüglich einer erhaltenen Quotenzahlung. Die Arbeitgeberin habe immer wieder Zahlungen geleistet, die Klägerin keinen Einblick in deren Vermögensverhältnisse gehabt. Ein Missbrauchsvorsatz sei daher auszuschließen. Die geleisteten Teilzahlungen seien jedenfalls auf die älteste Schuld anzurechnen.

Die Beklagte wandte dagegen zusammengefasst ein, dass hier von einem atypischen Arbeitsverhältnis und einer sittenwidrigen Überwälzung des Finanzierungsrisikos auf sie auszugehen sei. Hinsichtlich der Ansprüche für die letzten sechs Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei von einer nicht gehörigen Fortsetzung des Verfahrens auszugehen, weil nicht unverzüglich ein Konkurseröffnungsantrag gestellt worden sei. Die von der Arbeitgeberin geleisteten Teilzahlungen seien primär auf die vom IESG gesicherten Ansprüche der letzten sechs Monate vor dem Arbeitsverhältnis anzurechnen und nicht in erster Linie auf die Zinsen. Anderslautende Widmungserklärungen seien unbeachtlich.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 8.240,27 EUR statt und wies das Mehrbegehren von 1.079,73 EUR unangefochten ab. Soweit für das Revisionsverfahren noch wesentlich führte es aus, dass aufgrund der hier anzuwendenden Bestimmungen der §§ 3 Abs 2 und 3a IESG idF der Novelle BGBl I 2000/142 allein aus der zeitlichen Komponente des „Stehenlassens“ von laufenden Entgelten nicht darauf geschlossen werden könne, dass der Arbeitnehmer missbräuchlich das Finanzierungsrisiko auf die Beklagte überwälzen wolle. Es müssten dazu weitere Umstände hinzutreten, die konkret auf den - zumindest bedingten - Vorsatz des Arbeitnehmers schließen lassen, das Finanzierungsrisiko auf die Beklagte zu überwälzen. An einem solchen Vorsatz der Klägerin, die aufgrund ihrer Jugend und Unerfahrenheit sowie aus Scham und Ratlosigkeit, nicht aber aufgrund einer Finanzierungsstrategie die ausständigen Entgelte nicht geltend gemacht habe, fehle es hier. Dass die Klägerin lange keinen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Arbeitgeberin stellte, schade nicht, weil eine Erhöhung der Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nach dessen Beendigung nicht mehr möglich war. Darüber hinaus habe die beweispflichtige Beklagte nicht aufzeigen können, dass bei früherer Stellung eines Konkurseröffnungsantrags ein höherer Deckungsfonds vorhanden gewesen wäre, sodass die Klägerin eine höhere Quote erhalten hätte. Im Gegenteil sei anzunehmen, dass die ehemalige Arbeitgeberin der Klägerin erst durch ihre ab dem Jahr 2004 wiederum erzielten Einkünfte die nötigen Mittel zur Erfüllung des Zwangsausgleichs habe aufbringen können. Die von der ehemaligen Arbeitgeberin geleisteten Teilzahlungen seien gemäß den §§ 1415, 1416 ABGB zu berücksichtigen.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil über Berufung der Beklagten im Umfang der Stattgebung des Klagebegehrens auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass von einem zumindest bedingten Vorsatz der Klägerin zum Missbrauch des Insolvenz-Entgelt-Fonds hier nicht ausgegangen werden könne. Es treffe zwar zu, dass die Klägerin von November 1996 bis Juli 1997 keine Zahlungen erhalten habe. Die danach von der Arbeitgeberin bis zum Austritt der Klägerin immer wieder geleisteten Teilzahlungen hätten jedoch eine Höhe von rund acht Monatslöhnen jährlich erreicht, womit der Lebensunterhalt der Klägerin zumindest teilweise gesichert gewesen sei. Dieser Umstand spreche nicht dafür, dass die Klägerin im Ergebnis nur deshalb weiter gearbeitet habe, weil sie davon ausgegangen sei, ihr Geld nicht von der Arbeitgeberin, sondern vom Insolvenz-Entgelt-Fonds zu erhalten. Die Klägerin habe auch unmittelbar vor und nach ihrem Austritt ihre Ansprüche gerichtlich geltend gemacht und schon am 18. 4. 2001 ein Exekutionsverfahren eingeleitet. Anzeichen für eine Kollusion der Klägerin mit der Arbeitgeberin lägen nicht vor. Darauf, dass bei einer früheren Konkursantragstellung Ansprüche weiterer Gläubiger nicht angewachsen wären, komme es nicht an. Eine Erhöhung der Entgeltrückstände und der Beendigungsansprüche scheide nach der Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus. Die Ansprüche der Klägerin seien daher grundsätzlich gesichert.

Voraussetzung für die Sicherung nach dem IESG sei jedoch der aufrechte Bestand der Ansprüche. Die Vorgangsweise der Klägerin, die geleisteten Teilzahlungen der Arbeitgeberin zunächst auf die Zinsen anzurechnen, sei infolge der unstrittigen Ratenzahlungsvereinbarung, wonach Zahlungen jeweils auf den ältesten Gehaltsrückstand gewidmet seien und Zinsen erst mit dem Ende der Ratenzahlungsvereinbarung fällig werden sollten, unzulässig. Darüber hinaus seien im Bereich des IESG nach ständiger Rechtsprechung Teilzahlungen eines Arbeitgebers zuerst auf den gesicherten Teil der Ansprüche anzurechnen und davon abweichende Widmungsvereinbarungen nicht zu beachten. Bei der Berechnung des Insolvenz-Entgelts sei ein vom Arbeitgeber bezahlter Nettobetrag laut Steuertarif hochzurechnen und vom Bruttobetrag in Abzug zu bringen. Die von der Beklagten vorgenommene Berechnung sei jedoch nicht bzw nur mit erheblichem Aufwand nachvollziehbar und müsse überdies mit der Klägerin erörtert werden, weshalb die Rechtssache noch nicht entscheidungsreif sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zur hier vorliegenden Konstellation - Konkurseröffnung erst acht Jahre nach dem Austritt - Rechtsprechung fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der von der Klägerin beantwortete Rekurs der Beklagten, der zwar zulässig, jedoch nicht berechtigt ist.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Rekurswerberin behauptet zentral, dass die Klägerin verpflichtet gewesen wäre, wesentlich früher („bereits Ende der 90er Jahre“) einen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der ehemaligen Arbeitgeberin zu stellen. Der erst rund acht Jahre nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gestellte Konkurseröffnungsantrag indiziere ein atypisches, nicht vom Schutzzweck des IESG umfasstes Arbeitsverhältnis.

2. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass sich eine solche Verpflichtung nicht aus dem Gesetz, und insbesondere nicht aus der in der Revision angesprochenen Bestimmung des § 3a IESG ergibt.

§ 3a IESG wurde mit dem BGBl I 1997/107 in das IESG eingefügt und lautete in seiner ursprünglichen Fassung auszugsweise wie folgt (Unterstreichung durch den erkennenden Senat):

„§ 3a. (1) Insolvenz-Ausfallgeld gebührt für das dem Arbeitnehmer für die regelmäßige Arbeitsleistung in der Normalarbeitszeit gebührende Entgelt einschließlich der gebührenden Sonderzahlungen, das vor mehr als sechs Monaten vor dem Stichtag (§ 3 Abs. 1) fällig geworden ist, nur dann, wenn dieses bis zum Stichtag im Verfahren in Arbeitsrechtssachen nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz zulässigerweise geltend gemacht wurde und das diesbezügliche Verfahren gehörig fortgesetzt wird. ...“

Die Materialien halten zu dieser Bestimmung - soweit hier von Relevanz - fest, dass zur Verhinderung von Missbräuchen Schranken derart eingezogen werden sollten, dass Ansprüche, die länger als sechs Monate vor der Konkurs- oder Ausgleichseröffnung zurückliegen nur gesichert sein sollen, wenn ein entsprechendes Gerichtsverfahren vom Arbeitnehmer eingeleitet wurde, das mit einem Urteil oder durch Vergleich beendet wird (RV 737 BlgNR 20. GP 9 f).

3. Mit der Novelle BGBl I 1999/73 (IVEG) wurde § 3a Abs 1 IESG geändert. Mit dieser Änderung reagierte der Gesetzgeber auf die in der Praxis vorkommenden Fälle, in denen der Arbeitnehmer wegen Entgeltrückständen berechtigt vorzeitig austrat, dann mit dem Arbeitgeber eine Ratenvereinbarung schließt, die dieser eine Zeitlang einhält, dann aber aus wirtschaftlichen Gründen dazu nicht mehr in der Lage ist. Auch in solchen Fällen sollten Ansprüche bis zu sechs Monaten vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses gesichert sein, wenn die Beendigung vor der Konkurseröffnung erfolgte und die Ansprüche vor diesem Zeitpunkt im gerichtlichen Verfahren nach dem ASGG geltend gemacht wurden (RV 1589 BlgNR 20. GP 21). Unverändert blieb die Formulierung des Gesetzgebers, dass als eine Art der Geltendmachung der Ansprüche die Einleitung eines arbeitsgerichtlichen Prozesses und dessen gehörige Fortsetzung angesehen wurde (Holzer/Reissner/Schwarz, IESG4, 237). Zur gehörigen Fortsetzung des arbeitsgerichtlichen Prozesses wurde bei Vorliegen eines Exekutionstitels auch die exekutive Betreibung der Forderung gezählt (Gahleitner, § 3a IESG: Sicherung des laufenden Entgelts - „Austrittspflicht“ und Ausfallshaftung, ZIK 1997, 201 [202]).

4. In der Fassung BGBl I 2000/142 (Budgetbegleitgesetz 2001) lautet § 3a Abs 1 IESG auszugsweise wie folgt (Unterstreichungen durch den erkennenden Senat):

„(1) Insolvenz-Ausfallgeld gebührt für das dem Arbeitnehmer gebührende Entgelt einschließlich der gebührenden Sonderzahlungen, das in den letzten sechs Monaten vor dem Stichtag (§ 3 Abs. 1) oder, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag geendet hat, in den letzten sechs Monaten vor dessen arbeitsrechtlichem Ende fällig geworden ist. Die Frist von sechs Monaten gilt nicht, soweit Ansprüche auf Entgelt binnen sechs Monaten nach ihrem Entstehen gerichtlich oder im Rahmen eines in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung vorgesehenen Schlichtungsverfahrens oder eines Verfahrens vor der Gleichbehandlungskommission zulässigerweise geltend gemacht wurden und das diesbezügliche Verfahren gehörig fortgesetzt wird und soweit eine Differenz zwischen un[ter]kollektivvertraglicher und kollektivvertraglicher Entlohnung beantragt wird. …“

5. An der Pflicht zur gerichtlichen Geltendmachung und gehörigen Fortsetzung des diesbezüglichen Verfahrens änderte sich - abgesehen davon, dass die Bezugnahme auf die Geltendmachung in einem gerichtlichen Verfahren nach dem ASGG entfiel - durch die Novelle BGBl I 2000/142 nichts. Sowohl aus der Entstehungsgeschichte des § 3a Abs 1 IESG als auch aus seinem klaren Wortlaut ergibt sich daher, dass der Gesetzgeber lediglich die Einleitung eines (in der Regel) arbeitsgerichtlichen Verfahrens sowie dessen gehörige Fortsetzung einschließlich eines Exekutionsverfahrens fordert. Hingegen ist die (unverzügliche) Einbringung eines Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers nicht Teil des nach § 3a Abs 1 Satz 2 IESG gehörig fortzusetzenden Verfahrens.

6. Da somit der hier zu beurteilende Fall, dass zwischen der (erfolgreichen) gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche des Arbeitnehmers und der Einleitung eines Insolvenzverfahrens Jahre verstreichen, vom Gesetzgeber nicht geregelt wurde, bleibt als Prüfungsmaßstab - wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben - nur die Frage nach einer allfälligen sittenwidrigen Verlagerung des Finanzierungsrisikos auf die Beklagte.

7. Das Berufungsgericht hat diese Rechtslage seiner Entscheidung zugrunde gelegt und hat unter Hinweis auf die Umstände des vorliegenden Falls den Vorwurf einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Beklagten durch die Klägerin verneint. Diese Beurteilung ist zutreffend, sodass gemäß § 510 Abs 3 ZPO auf die entsprechenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden kann.

Dass die Klägerin ihre Ansprüche innerhalb der Frist des § 3a Abs 1 IESG eingeklagt, und - nach Scheitern der bereits im März 2000 geschlossenen Ratenvereinbarung - bereits am 18. 4. 2001 ein Exekutionsverfahren gegen die Arbeitgeberin eingeleitet hat, ist unstrittig.

Ergänzend ist der Beklagten lediglich entgegenzuhalten:

8. Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auf die Entscheidung 8 ObS 56/00v, der kein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegt. Zwar entstand auch im Fall der damaligen Arbeitnehmerin ein offener Entgeltrückstand über rund zwei Jahre. Anders als die nunmehrige Klägerin nahm diese jedoch zusätzlich noch die völlige Vorenthaltung des Entgelts während der gesamten letzten drei Jahre des Arbeitsverhältnisses hin.

9. Mit ihrer weiteren Behauptung, dass hier bereits der Abschluss einer Ratenvereinbarung Sittenwidrigkeit indiziere, übergeht die Rekurswerberin die - von ihr gar nicht bestrittene - Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass gerade der hier verwirklichte Fall der Vereinbarung einer Ratenzahlung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Gesetzgeber wie ausgeführt bedacht wurde (1589 BlgNR 20. GP, 21).

10. Schließlich behauptet die Rekurswerberin, dass „weitergehende Ansprüche“ der Klägerin bei früherer Konkurseröffnung nicht entstanden wären, legt aber mit Ausnahme des Hinweises auf „Verzugszinsen“ nicht dar, welche. Der Oberste Gerichtshof hat bereits darauf verwiesen, dass sich die auch hier geltend gemachten Entgelt- und Beendigungsansprüche nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht erhöhen können (8 ObS 75/02s). Gerade das von der Klägerin auch geltend gemachte Zinsenbegehren wurde vom Erstgericht ohnedies bereits rechtskräftig abgewiesen. Auch der Hinweis, dass Zahlungen der Arbeitgeberin auf Verzugszinsen angerechnet wurden, verhilft der Revision nicht zum Erfolg, weil das Berufungsgericht bereits klargestellt hat, dass diese Anrechnung nicht in Betracht kommt und bei der Berechnung der Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu korrigieren ist.

11. Ausgehend von seiner vom Obersten Gerichtshof gebilligten Rechtsansicht erachtete das Berufungsgericht das Verfahren als ergänzungsbedürftig. Dem kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 519 Rz 107).

12. Dem Rekurs war daher nicht Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO.

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