Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1.1 Die dem Kläger gebührende Klagsforderung steht mit 2.647,24 EUR brutto als unangefochten fest. In dieser Summe ist der Betrag von 509,40 EUR brutto an Entgelt für restliche 48 Stunden und 19 Minuten Überstunden (samt 50 % Zuschlag) enthalten. Diese Überstunden betreffen laut Berechnung der Vorinstanzen den Zeitraum vom 22. 9. bis 10. 11. 2008 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses).
1.2 Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr die Gegenforderung.
Die Beklagte bezog die Gegenforderung auf Überzahlungen für unberechtigte Überstunden im Zeitraum vom 25. 1. bis 30. 9. 2008, und zwar für
- 115 bezahlte unberechtigte Überstunden für Abschlusstätigkeiten (Zeit zwischen Fahrtende laut Tachografenscheibe [Einlangen am ÖBB-Betriebsgelände] und vom Kläger aufgezeichnetem Arbeitsende) sowie
- 60 bezahlte unberechtigte Überstunden für nichtverkehrsbedingte Stillstandszeiten (in der Zeit zwischen Autobahnabfahrt [Go-Box-Zeit] und Ankunft auf dem ÖBB-Betriebsgelände).
Das Erstgericht akzeptierte die Berechnung der Beklagten für die (angeblich) zu viel gezahlten Überstunden und stellte die Gegenforderung mit 2.421,60 EUR brutto (1.591,60 EUR brutto und 830 EUR brutto) fest. Für die Bestimmung des täglichen Arbeitsendes beurteilte es die dazu vorgelegten Unterlagen (Tachografenblätter, ÖBB-Journal, Wochenscheine des Klägers) als unbrauchbar. Aus diesem Grund ermittelte es auf Basis eines Sachverständigengutachtens unter Anwendung des § 273 ZPO das jeweilige „errechnete Arbeitsende“, wobei es zur „Go-Box-Zeit“ (Autobahnabfahrt) einen Zeitwert von 95 Minuten für restliche Fahrzeit, Entlade- und Abschlusstätigkeiten hinzurechnete. In jenen Fällen, in denen das Arbeitsende laut Wochenschein oder laut ÖBB-Journal vor dem errechneten Arbeitsende gelegen war, zog es jedoch dieses frühere Arbeitsende heran. Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht schließlich aus, dass sich aufgrund dieser Berechnung eine Überzahlung für 178 Stunden ergebe.
Das Berufungsgericht beurteilte die Berechnung des Erstgerichts mit 178 Stunden als nicht nachvollziehbar. Ebenso sei der pro Stunde verrechnete Wert von 13,84 EUR nicht verständlich. Laut Kollektivvertrag ergebe sich pro Überstunde samt 50 % Zuschlag ein Wert von 7,03 x 1,5 = 10,54 EUR. Für die Ermittlung des Arbeitsendes bzw der Arbeits- und der Überstunden habe das Erstgericht zutreffend auf § 273 ZPO zurückgegriffen. Da das Erstgericht das Arbeitsende für die einzelnen Arbeitstage zu Recht nach „Durchschnittswerten“ ermittelt habe, müssten diese Werte zur Vermeidung eines unbilligen Ergebnisses aber „immer“ herangezogen werden, also auch in jenen Fällen, in denen die Arbeitsaufzeichnungen ein früheres Arbeitsende als das „errechnete Arbeitsende“ auswiesen. Auf diese Weise ergebe sich zu Lasten des Klägers lediglich eine Differenz von 2.119 Minuten „für den gesamten Zeitraum“, das entspreche 35 Stunden und 32 Minuten. Der Rückforderungsbetrag errechne sich demnach mit nur 374,52 EUR brutto.
1.3 In der außerordentlichen Revision bemängelt die Beklagte, dass sich der Entscheidung des Berufungsgerichts nicht entnehmen lasse, wie es bei der Berechnung der 2.119 Minuten vorgegangen sei; zudem habe das Berufungsgericht die weitere Gegenforderung von 830 EUR (nichtverkehrsbedingte Stillstandszeiten zwischen Autobahnabfahrt und Eintreffen auf dem ÖBB-Betriebsgelände) vergessen.
2.1 Die (der rechtlichen Beurteilung zuzuordnende) Art und Weise der Anwendung des § 273 ZPO durch das Berufungsgericht zieht die Beklagte nicht in Zweifel.
Entgegen der Kritik der Beklagten hat das Berufungsgericht die von ihm gewählte Methode zur Berechnung der Arbeits- bzw der Überstunden nachvollziehbar beschrieben. Demnach ist das Berufungsgericht von der Tabelle in der Entscheidung des Erstgerichts ausgegangen, hat aber - anders als das Erstgericht - für jeden Tag das „errechnete Arbeitsende“ herangezogen. Unbegründet ist auch die Ansicht der Beklagten, das Berufungsgericht hätte die zweite Gegenforderung übersehen. Wie schon dargestellt, hat die Beklagte die Gegenforderung wegen zu viel gezahlter Überstunden auf zwei Positionen aufgeteilt, und zwar auf
- die Zeit zwischen Fahrtende laut Tachografenscheibe und vom Kläger aufgezeichnetem Arbeitsende und
- nichtverkehrsbedingte Stillstandszeiten in der Zeit zwischen Autobahnabfahrt (Go-Box-Zeit) und Ankunft auf dem ÖBB-Betriebsgelände.
Die Vorinstanzen haben die täglich anzuerkennenden Arbeitszeiten (in Tabellenform) ab der Go-Box-Zeit (Autobahnabfahrt) bis zum abendlichen Arbeitsende ermittelt. In der Zeitspanne ab der Go-Box-Zeit sind sowohl die nichtverkehrsbedingten Stillstandszeiten bis zum Einlangen auf dem ÖBB-Betriebsgelände als auch die in den Arbeitsscheinen allenfalls zu spät verzeichneten täglichen Arbeitsenden berücksichtigt.
2.2 Mit den Ausführungen in der außerordentlichen Revision zeigt die Beklagte damit keine erhebliche Rechtsfrage auf. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.
3. Zur Ermittlung einer allfälligen Überzahlung der Beklagten für unberechtigte Überstunden ist darauf hinzuweisen, dass das Begehren des Klägers für Überstunden im Zeitraum vom 22. 9. bis 10. 11. 2008 als teilweise berechtigt erkannt wurde. Hinsichtlich einer berechtigten Überstundenforderung kann die Beklagte nicht eine behauptete Überzahlung im Wege einer Gegenforderung geltend machen. Vielmehr hätte sie in dem von der Klagsforderung erfassten Zeitraum Erfüllung durch Zahlung behaupten und nachweisen müssen.
Allfällige Gegenforderungen aus zu viel entlohnten Überstunden können sich somit nur auf den Zeitraum vom 25. 1. 2008 bis einschließlich 19. 9. 2008 beziehen. Die Parteien streiten in dieser Hinsicht über die anzuerkennenden Arbeitszeiten ab der Go-Box-Zeit bis zum täglichen Arbeitsende. Entsprechend der Berechnung des Erstgerichts ist die Mittagspause von einer Stunde abzuziehen. Stellt man nun im relevanten Zeitraum die Arbeitszeiten mit Arbeitsende laut den Arbeitsscheinen des Klägers (1.514 Stunden und 24 Minuten) einerseits und laut errechnetem Arbeitsende (1.532 Stunden und 48 Minuten; für Tage ohne Go-Box-Zeiten wurde entsprechend der Vorgangsweise des Erstgerichts die durchschnittliche Arbeitszeit zugrunde gelegt) andererseits gegenüber, so ist die Beklagte jedenfalls nicht beschwert.
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