OGH 8ObA56/12m

OGH8ObA56/12m13.9.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter MMag. Dr. Robert Schneider und Dr. Gerda Höhrhan-Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. J***** R*****, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen 8.475,95 EUR brutto sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Juni 2012, GZ 11 Ra 40/12z-12, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 6. März 2012, GZ 20 Cga 135/11x-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 620,36 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der am ***** geborene Kläger besuchte vier Klassen Volksschule, vier Klassen Hauptschule und in weiterer Folge drei Jahre Gymnasium, wobei er das Gymnasium nicht mit der Matura abschloss. Ab Dezember 1987 war er erstmals in einem Dienstverhältnis beschäftigt. Ab dem Schuljahr 1988/1989 besuchte der Kläger die Handelsakademie für Berufstätige am BFI in *****. Diese Ausbildung schloss er im Juni 1992 mit Ablegung der Matura ab. Ab Oktober 1992 studierte er an der Universität ***** Rechtswissenschaften; dieses Studium beendete er im Jänner 2003.

Seit 3. 6. 1996 ist der Kläger als Vertragsbediensteter der Beklagten beschäftigt. Bei Berechnung seines Vorrückungsstichtags wurde die von ihm absolvierte Ausbildung an der Handelsakademie für Berufstätige nicht berücksichtigt. Nach Abschluss seines rechtswissenschaftlichen Studiums ersuchte er, ihn als Akademiker zu beschäftigen und entsprechend umzustufen. Im Oktober 2011 (rückwirkend zum 1. 4. 2003) erfolgte die Neuberechnung des Vorrückungsstichtags unter Anrechnung einer vierjährigen Studienzeit für das rechtswissenschaftliche Studium. Der sich daraus ergebende Differenzbetrag wurde von der Beklagten nachgezahlt, nicht aber verzinst. Die Ausbildung an der Handelsakademie für Berufstätige blieb weiterhin unberücksichtigt.

Der Kläger begehrte zum einen den Zinsenbetrag zu der von der Beklagten geleisteten Entgeltnachzahlung sowie zum anderen eine weitere Entgeltnachzahlung bei Neuberechnung des Vorrückungsstichtags unter Berücksichtigung seiner HAK-Ausbildung. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr die Berücksichtigung der zuletzt erwähnten Ausbildung. Der Kläger brachte vor, dass bei korrekter Auslegung des § 26 Abs 2 Z 6 VBG auch seine Ausbildung an der Handelsakademie für Berufstätige bei der Berechnung des Vorrückungsstichtags zu berücksichtigen sei.

Die Beklagte entgegnete, dass die HAK-Ausbildung des Klägers nicht als Vordienstzeit angerechnet werden könne, weil nicht auf das konkret zurückgelegte Studium, sondern lediglich auf die theoretische Ausbildungsmöglichkeit in Form eines solchen Studiums abzustellen sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich des geforderten Zinsenbetrags statt, wies das darüber hinausgehende Begehren auf Zahlung einer weiteren Entgeltdifferenz, das hier noch strittig ist, hingegen ab. Der tatsächliche Schulbesuch des Klägers an der Handelsakademie für Berufstätige (ab 1. 9. 1988) habe nach dem Zeitpunkt des frühestmöglichen Abschlusses dieser Schulform begonnen. Eine Anrechnung der ausschließlich nach diesem Zeitpunkt gelegenen Schulzeit scheide nach dem klaren Wortlaut des § 26 Abs 2 Z 6 VBG aus.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Bei der Frage, wann der Vertragsbedienstete den Abschluss der Ausbildung frühestens hätte erreichen können, sei von dem Tag auszugehen, an dem der Vertragsbedienstete mit Rücksicht auf den Schultypus das Studium hätte beginnen können. Daran sei die Mindestdauer für das absolvierte Studium zu knüpfen. Entgegen der Ansicht des Klägers sei nicht der konkrete, sondern der fiktive Studienverlauf für die Berechnung des Vorrückungsstichtags entscheidend. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, inwieweit für die Anrechnung von Schulbesuchszeiten an der Handelsakademie für Berufstätige der tatsächliche oder ein fiktiver Eintritt in das Berufsleben maßgebend sei, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers, die auf die gänzliche Stattgebung des Klagebegehrens abzielt.

Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision des Klägers mangels Aufzeigens einer entscheidungsrelevanten Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

1. Unstrittig ist, dass der Kläger ausgehend von einem Schulbeginn mit Vollendung des 17. Lebensjahres (im Jahr 1983) die vierjährige Handelsakademie für Berufstätige im Jahr 1987 hätte abschließen können.

Der Kläger legt dem im Revisionsverfahren noch geltend gemachten Anspruch die Bestimmung des § 26 Abs 2 Z 6 lit a VBG zu Grunde, wonach die Zeit des erfolgreichen Studiums an einer höheren Schule bis zu dem Zeitpunkt anzurechnen ist, an dem der Vertragsbedienstete den Abschluss dieser Ausbildung aufgrund der schulrechtlichen Vorschriften frühestens hätte erreichen können. Zudem geht er - so wie die Vorinstanzen - davon aus, dass nach den für ihn geltenden schulrechtlichen Vorschriften des § 75 Abs 1 lit a SchOG (in der Fassung BGBl 1975/323) für die Aufnahme als ordentlicher Schüler der Handelsakademie für Berufstätige die Vollendung des 17. Lebensjahres spätestens im Kalenderjahr der Aufnahme und der Abschluss einer Berufsausbildung oder der Eintritt in das Berufsleben vorausgesetzt ist.

Der Kläger steht nun auf dem Standpunkt, dass für die Bestimmung des Vorrückungsstichtags nach § 26 Abs 2 Z 6 lit a VBG nicht auf den fiktiven, sondern auf den tatsächlichen Eintritt in das Berufsleben (Dezember 1987) abzustellen sei, weshalb konkret für ihn der Schulbesuch erst ab dem Schuljahr 1988/1989 möglich gewesen sei. Diese Ansicht des Klägers stimmt mit der Rechtsprechung nicht überein.

2. Nach § 26 Abs 2 Z 6 lit a VBG in der für den Kläger maßgebenden Fassung erfolgt die Anrechnung der Schulzeit bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Vertragsbedienstete den Abschluss der Ausbildung aufgrund der schulrechtlichen Vorschriften frühestens hätte erreichen können. Mögliche schulrechtliche Ausnahmegenehmigungen sind nicht zu berücksichtigen. Als Zeitpunkt des möglichen Schulabschlusses ist bei Studien, die mit dem Schuljahr enden, der 30. Juni und bei Studien, die mit dem Kalenderjahr enden, der 31. Dezember anzunehmen.

In der Entscheidung 9 ObA 310/98y hat sich der Oberste Gerichtshof exakt mit dieser Bestimmung auseinandergesetzt. Darin gelangte er zum Ergebnis, dass aufgrund des Hinweises in § 26 Abs 2 Z 6 VBG (in allen fraglichen Fassungen), wonach auf schulrechtliche Ausnahmegenehmigungen nicht Bedacht zu nehmen sei, klargestellt werde, dass nicht auf das konkret zurückgelegte Studium abgestellt werde, sondern auf die Ausbildungsmöglichkeiten in Form eines solchen Studiums, wie sie für den betreffenden Vertragsbediensteten nach den in der fraglichen Zeit geltenden schulrechtlichen Vorschriften bestanden hätten. Bei Errechnung des Vorrückungsstichtags sei daher von einem fiktiven Studienverlauf ohne Berücksichtigung des aus persönlichen Gründen erst zu einem späteren Zeitpunkt begonnenen Studiums auszugehen. Da das Gesetz keine Ausnahme zulasse, sei also vom Regelfall einer gesetzlich vorgegebenen Schulausbildung der gewählten Art auszugehen, woraus sich nicht nur das früheste Antrittsalter, sondern auch die Ausbildungsdauer ergebe.

Die Erfüllung der schulrechtlichen Vorschriften bestimmt sich somit nach den Anforderungen im Regelfall. Dies bezieht sich im Anlassfall auch auf den fiktiven Eintritt in das Berufsleben.

3. Die Vorinstanzen haben die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage im Einklang mit der Rechtsprechung und auch mit der Literatur (vgl Ziehensack, Vertragsbedienstetengesetz § 26 Rz 23) gelöst. Der Kläger setzt sich mit den dargestellten Argumenten der Judikatur nicht näher auseinander. Auch weitere Einwände hat er nicht erhoben.

Insgesamt gelingt es dem Kläger damit nicht, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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