Spruch:
Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin war aufgrund eines mit vier Monaten befristeten Dienstvertrages bei der Beklagten, vom 13. Juni bis 13. Oktober 2000 beschäftigt. Die Beklagte, die ihre Geschäftstätigkeit erst seit November 1999 in Österreich entfaltet, schließt "zur Gewöhnung an das österreichische Recht" grundsätzlich - soweit es sich nicht um Übernahmen aus Deutschland oder bereits vorher bestehende Dienstverhältnisse handelt - alle Dienstverträge befristet. Der Grund liegt darin, dass die Mitarbeiter bei der Beklagten mehr Aufgaben zu erfüllen haben, als bei Konkurrenzunternehmen in der Modebranche üblich ist. Dazu gehört die Übernahme von Waren, die Warenkontrolle, das Führen eines Wareneingangsbuches, das Auspacken, Aus- und Umzeichnen der Ware sowie deren Aufbau und Präsentation. Neben der Verkaufstätigkeit haben die Arbeitnehmer auch das Kassieren inklusive der Abrechnung der Kasse sowie allfällige Preisreduktionen durchzuführen.
Nach einer zwölftägigen Einschulung in Bayern arbeitete die Klägerin in Österreich. Als die Klägerin dann am 9. September 2000 erfuhr, dass sie schwanger war, informierte die unverzüglich die Beklagte, die jedoch am Auslaufen des Dienstverhältnisses mit der Befristung zum 13. 10. 2000 festhielt.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin zuletzt S 88.549,74 brutto abzüglich S 17.577,15 netto sA im Wesentlichen an offenem Gehalt für Oktober 2000 bis 9. 3. 2001. Sie stützte sich zusammengefasst darauf, dass die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses gemäß § 10a Mutterschutzgesetz bis 9. 3. 2001 gehemmt gewesen sei. Die Beklagte habe auch nicht alle Arbeitsverhältnisse befristet. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, dass sie das Arbeitsverhältnis der Klägerin zwecks Erprobung ihrer Fähigkeiten im Umgang mit Kunden auf vier Monate befristet habe, nicht aber zur Umgehung der Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes. Es sei nicht zulässig, die Frage des Probemonats mit der Frage der Zulässigkeit einer Befristung zu vermengen. Dass teilweise andere Dienstverhältnisse nicht befristet worden seien, sei auf persönliche Gründe bei den jeweiligen Dienstnehmern zurückzuführen, etwa Übersiedlungen aus Deutschland. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es folgerte rechtlich aus dem einleitend dargestellten Sachverhalt, dass entscheidend sei, ob die Befristung sachlich gerechtfertigt wäre und in einem ausgewogenen Verhältnis zur Ausbildung und der angestrebten Verwendung stehe. Nach den Feststellungen müssten die Arbeitnehmer bei der Beklagten qualifizierte Tätigkeiten durchführen, die über jenen einer normalen Verkäuferin liegen. Außerdem sei die Befristung mit allen Arbeitnehmern unabhängig von deren Geschlecht abgeschlossen worden, sodass eine Umgehungsabsicht der Beklagten hinsichtlich der Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes ausscheide. Durch die Nettozahlungen seien - für das Revisionsverfahren nicht mehr relevant - weitere Ansprüche der Klägerin aus Gehaltsdifferenzen befriedigt, sodass das Klagebegehren abzuweisen sei.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge. Es verwies gemäß §§ 2 ASGG und 500a ZPO auf die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes und hielt der Rechtsrüge der Klägerin noch ergänzend entgegen, dass es der Beklagten gelungen sei, nachzuweisen, dass die Befristung betriebswirtschaftlich gerechtfertigt gewesen sei. Schon im Hinblick auf die generelle Befristung der Arbeitsverhältnisse scheide eine Umgehungsabsicht des Arbeitgebers aus.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Klägerin ist gemäß § 46 Abs 3 Z 3 ASGG jedenfalls zulässig und auch berechtigt. Nach § 10a Mutterschutzgesetz ist der Ablauf eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Dienstverhältnisses von der Meldung der Schwangerschaft bis zum Beginn des Beschäftigungsverbotes gehemmt, es sei denn, dass die Befristung aus sachlich gerechtfertigten Gründen erfolgt oder gesetzlich vorgesehen ist. Zufolge Abs 2 des § 10a Mutterschutzgesetz ist eine Befristung sachlich gerechtfertigt, wenn sie im Interesse der Dienstnehmerin liegt oder das Dienstverhältnis für einen Vertretungsfall oder zu Ausübungszwecken bzw für eine Saison abgeschlossen wurde oder - für den vorliegenden Fall maßgeblich - wenn aufgrund der in der vorgesehenen Verwendung erforderlichen Qualifikation eine längere Erprobung als die gesetzliche oder kollektivvertraglich Probezeit notwendig ist. Das Motiv des historischen Gesetzgebers bei der Einführung des § 10a Mutterschutzgesetz durch das arbeitsrechtliche Begleitgesetz BGBl 822/1992 lag darin, die Umgehung des Mutterschutzgesetzes durch den Abschluss von befristeten Arbeitsverhältnissen zu verhindern (vgl zum Nachweis auch OGH 8. 6. 2000, 8 ObA 316/99z = DRdA 2001/41
[Ritzberger/Moser] = RdW 2001/186 = WBl 2000/379; OGH 28. 2. 2001, 9
ObA 326/00g = infas 2001 A 74 = WBl 2001/349).
Durch die genannten Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof auch bereits klargestellt, dass die über die einmonatige Probezeit hinausgehende Befristung dann sachlich gerechtfertigt ist, wenn die Zeit der Erprobung in einem ausgewogenen Verhältnis zur Ausbildung und der angestrebten Verwendung steht. Je höher die Qualifikation der Tätigkeit ist, desto eher kann auch eine längere Befristung als sachlich gerechtfertigt angesehen werden. Ausdrücklich dargestellt wurde in diesen Entscheidungen auch bereits, dass die mehrmonatige Befristung eines Arbeitsverhältnisses einer Regalbetreuerin oder Kassiererin in einem Supermarkt nicht als sachlich gerechtfertigt angesehen werden kann.
In seiner Entscheidung vom 8. 6. 2000 zu 8 ObA 316/99z, hat der Oberste Gerichtshof die Befristung bei einer Planungsassistentin, die mit der Planung und Einrichtung der Büros am Computer verantwortlich war und auch Kundenbetreuung durchzuführen hatte, wobei es sich um eine Akademikerin und EDV-Spezialistin handelte, mit insgesamt drei Monaten als sachlich gerechtfertigt zur Erprobung iSd § 10a Abs 2 Mutterschutzgesetz angesehen. Er hat in diesem Zusammenhang auch auf die Lehrmeinung von Knöfler
(Mutterschutzgesetz/Elternkarenzurlaubsgesetz12, 185) verwiesen, wonach eine Umgehungabsicht des Arbeitgebers nicht anzunehmen sei, wenn im Unternehmen des Arbeitgebers für die ersten drei Monate generell befristete Dienstverhältnisse abgeschlossen werden (insoweit kritisch Ritzberger/Moser aaO).
Bereits in seiner Entscheidung vom 28. 2. 2001 zu 9 ObA 326/00g (=
ASoK 2001, 335 = infas 2001 A 74 = WBl 2001/349) hat der Oberste
Gerichtshof aber klargestellt, dass nicht die Arbeitnehmerin die auf Umgehung gerichtete Absicht des Arbeitgebers nachzuweisen hat, sondern der Arbeitgeber den sachlichen Grund für die Befristung behaupten und beweisen muss. Soweit der Entscheidung des erkennenden Senates zu 8 ObA 316/99z durch den wenn auch nur unterstützend vorgenommenen Verweis auf die einschlägige Literaturstelle Gegenteiliges entnommen werden kann, wird dies nicht aufrecht erhalten. Ist doch das Motiv des Gesetzgebers, mit der vorliegenden Regelung Arbeitnehmerinnen mit befristeten Arbeitsverhältnissen zu schützen, eben in der Weise umgesetzt worden, dass es an Arbeitgeber liegt, bei jeder Befristung den entsprechenden sachlichen Grund nachzuweisen.
Die Beklagte hat sich aber hier konkret nur darauf berufen, dass "zwecks Erprobung der Fähigkeiten im Umgang mit Kunden" eine viermonatige Befristung erfolgt sei. Zu besonders qualifizierten Tätigkeiten der Klägerin hat die Beklagten kein Vorbringen erstattet. Allein für die Tätigkeit einer Verkäuferin im Textilhandel kann jedoch eine Befristung vom vier Monaten zur Ermittlung ihrer Fähigkeit im Umgang mit Kunden nicht als sachlich gerechtfertigt angesehen werden.
Ausgehend von ihrer vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht, dass die Befristung sachlich gerechtfertigt sei, haben die Vorinstanzen jedoch Feststellungen zum Beginn des Beschäftigungsverbotes ebenso wie zu den weiteren Anspruchsgrundlagen unterlassen.
Das Verfahren war daher zur ergänzenden Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuweisen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf die §§ 2 ASGG und 52 ZPO.
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