OGH 8ObA243/94

OGH8ObA243/9431.8.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Rohrer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Haselmann und Klair als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Werner G*****, vertreten durch Dr.Gustav Teicht, Dr.Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Gottfried R*****, vertreten durch Dr.Tassilo Mayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 79.040,50 brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14.Jänner 1994, GZ 34 Ra 93/93-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 17.Dezember 1992, GZ 20 Cga 47/92-7, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil zu lauten hat: "Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, S 91.540,14 brutto samt 4 % Zinsen seit dem 24.3.1992 bei Gericht zu hinterlegen, wird abgewiesen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 35.874,66 (darin S 4.678,45 Umsatzsteuer und S 7.804,17 Barauslagen) bestimmten Kosten der Verfahren aller drei Instanzen binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger arbeitete seit 29.5.1991 im Tischlereibetrieb des Beklagten als Einrichtungsberater. Das Dienstverhältnis unterlag dem Kollektivvertrag für Angestellte des Gewerbes. Am 19.12.1991 wurde es per 31.12.1991 einvernehmlich aufgelöst, da die Einzelfirma in eine Gesellschaft mbH eingebracht werden sollte. Der Kläger machte von der ihm gebotenen Möglichkeit Gebrauch, ab Jahreswechsel ein Dienstverhältnis zur Gesellschaft mbH zu begründen Am 2.1.1992 wurde er fristlos entlassen, wobei ihm vorgeworfen wurde, daß er auf eigene Rechnung Nebengeschäfte betrieben habe.

Mit Bescheid des Finanzamtes für den 2. und 20.Wiener Bezirk vom 18.10.1991 (Beil./1) wurde zur Hereinbringung von Abgaben einschließlich Nebengebühren in der Gesamthöhe von S 238.535,80 die dem Kläger gegen den Beklagten zustehende Forderung auf in Geld zahlbares Arbeitseinkommen gepfändet und die gepfändete Forderung der Republik Österreich gemäß § 71 der Abgabenexekutionsordnung bis zur Höhe der vollstreckbaren Abgabenforderung zur Einziehung überwiesen. Dem Beklagten wurde die Auszahlung der gepfändeten Forderung an den Abgabenschuldner untersagt.

Der Kläger begehrte mit seiner am 24.3.1992 beim Erstgericht überreichten Klage vom Beklagten (nach Einschränkung) den Betrag von S 91.540,14 brutto sA an restlichem Gehalt, anteiliger Urlaubsentschädigung und Weihnachtsremuneration sowie Provision. Aufgrund Einwandes des Beklagten stellte er infolge Pfändung des Gehaltes durch den Bescheid Beil./1 sein Zahlungsbegehren dahin um, daß nunmehr die gerichtliche Hinterlegung des Klagsbetrages begehrt wurde.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung. Er wendete insbesondere ein, daß der Kläger in Anbetracht des Pfändungsbescheides des Finanzamtes vom 18.10.1991 nicht aktiv legitimiert sei. Außerdem erhob er Widerklage, mit welcher er vom Kläger die Zahlung von S 50.000,-- sA aus dem Titel des Schadenersatzes begehrte.

Mit gesonderter Klage nahm der Kläger die Gesellschaft mbH auf Zahlung von S 29.071,88 brutto sA an Kündigungsentschädigung sowie aliquoten Sonder- und Provisionszahlungen infolge ungerechtfertigter fristloser Entlassung am 2.1.1992 in Anspruch.

Das Erstgericht verband alle drei Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung. Es erkannte den Beklagten zur Zahlung eines Betrages von S 79.040,50 brutto sA schuldig und wies das Mehrbegehren von S 12.499.64 brutto sA ab (Punkt 1.). Dem Klagebegehren gegen die Gesellschaft mbH gab es zur Gänze statt (Punkt 2.), während es die Widerklage des Beklagten abwies (Punkt 3.). Das Erstgericht traf (im Revisionsverfahren nicht mehr entscheidungswesentliche) Feststellungen über die einzelnen Arbeitsleistungen des Klägers sowie die Vorgänge im Zusammenhang mit der fristlosen Entlassung. Es zog rechtlich den Schluß, daß dem Kläger aufgrund seines Dienstvertrages und der erbrachten Leistungen gegenüber dem Beklagten der zugesprochene Betrag als Entgelt zustehe. Die Entlassung durch die Gesellschaft mbH sei ungerechfertigt erfolgt. Ein Schadenersatzanspruch des Beklagten gegen den Kläger sei nicht gegeben. Auf die Tatsache der finanzamtlichen Pfändung und Überweisung des vom Kläger aus seiner Tätigkeit beim Beklagten bezogenen Einkommens ging das Erstgericht nicht ein.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte die Punkte 2. und 3. des erstgerichtlichen Urteils, änderte jedoch den die Zahlungspflicht des Beklagten betreffenden Punkt 1. dahin ab, daß der Beklagte zur Hinterlegung des vom Erstgericht zugesprochenen Betrages bei Gericht schuldig erkannt wurde; die Abweisung des Mehrbegehrens blieb unverändert. Das Berufungsgericht meinte, die Pfändung der dem Kläger zustehenden Entgeltforderung hindere die Verfügung des Klägers nur insoweit, soweit Rechte des Pfandgläubigers entgegenstünden. Die Pfändung und Überweisung oder auch nur die Pfändung der eingeklagten Forderung sei daher insoweit zu beachten, als auf gerichlichen Erlag zu erkennen sei. Sei die Klagsforderung gepfändet, aber (noch) nicht überwiesen, so sei der Beklagte zum gerichtlichen Erlag zu verurteilen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das berufungsgerichtliche Urteil erhobenen Revision des Beklagten kommt Berechtigung zu.

Es ist zwar zutreffend, daß bei Pfändung der Forderung alle Rechtshandlungen des Verpflichteten, die die Sicherung des betreibenden Gläubigers nicht beeinträchtigen, zulässig bleiben und der Verpflichtete daher, wenn der betreibende Gläubiger der Klagsführung nicht zustimmt, die Forderung zwar einklagen, jedoch lediglich deren gerichtlichen Erlag begehren kann (Heller/Berger/Stix 2131; JBl 1971, 572). Völlig anders stellt sich die Rechtslage jedoch dar, wenn die Forderung nicht nur gepfändet, sondern vor Streitanhängigkeit auch überwiesen wurde. Die Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung bewirkt nämlich gemäß § 308 Abs.1 EO bzw. dem gleichlautenden § 73 Abs.1 AbgEO, daß nur mehr der Überweisungsgläubiger berechtigt ist, die ihm überwiesene Forderung gegenüber dem Drittschuldner im Prozeß oder im Exekutionsverfahren geltend zu machen. Dem Verpflichteten fehlt die Sachlegitimation, das Klagebegehren ist daher über entsprechende Einwendung abzuweisen (Heller/Berger/Stix 2221; SZ 47/30; EvBl. 1976/199; EvBl. 1977/113; 14 ObA 14/87; 6 Ob 4/93). Der Verpflichtete bleibt lediglich dann zur klagsweisen Durchsetzung seines Anspruches weiterhin legitimiert, wenn der Überweisungsgläubiger zustimmt (3 Ob 119/77; 5 Ob 529/91; 6 Ob 4/93). Ein derartiger Fall liegt aber gegenständlich unbestrittenermaßen nicht vor. In Anbetracht der (auszugsweise) wiedergegebenen einhelligen Judikatur und des klaren Gesetzeswortlautes vermag die vom Berufungsgericht zur Begründung seiner Entscheidung zitierte, möglicherweise mißverständliche Entscheidung JBl 1952, 444, als Gegenargument nicht zu überzeugen.

Die Frage, inwieweit im Klagsbetrag unpfändbare Teile des Arbeitseinkommens enthalten sind, hinsichtlich welcher die Sachlegitimation des Klägers unberührt geblieben wäre, muß nicht weiter untersucht werden, da der Kläger ein diesbezügliches Vorbringen nicht erstattet, sondern vielmehr unter ausdrücklichem Hinweis auf die geschehene Pfändung den Gerichtserlag des gesamten Klagsbetrages begehrt hat.

Es war daher der Revision Folge zu geben und das Klagebegehren abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 43 Abs.1 ZPO. Die Kostenproblematik des gegenständlichen Falles ist dadurch gekennzeichnet, daß insgesamt drei Verfahren mit unterschiedlichen Streitwerten zur gemeinsamen Verhandlung verbunden wurden, wobei die beiden Beklagten durch einen Anwalt vertreten sind. In Anbetracht der wesentlich divergierenden Streitwerte (einer Streitwertsumme des Beklagten von S 141.540,40 steht ein Streitwert hinsichtlich der Gesellschaft mbH von S 29.071,88 gegenüber) kann die von den Gerichten erster und zweiter Instanz geübte Rechtsprechung, daß bei Vertretung zweier Parteien durch einen Anwalt anzunehmen sei, daß jeder dem Vertreter die Hälfte der Kosten zu bezahlen habe (vgl. MGA14 JN, ZPO E 90 und 91 zu § 41 ZPO) nicht auf den gegenständlichen Fall angewendet werden. Vielmehr ist dem Grundgedanken des § 46 Abs.1 letzter Satz ZPO folgend in Anbetracht der erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit die Bemessungsgrundlage für die beiden Beklagten entsprechend dem Verhältnis der Beteiligungen zu bestimmen. Dem auf Beklagtenseite einschreitenden Anwalt steht auf der Basis der Summe aller drei Streitwerte für das Verfahren erster Instanz ab Verbindung ein Honoraranspruch von insgesamt S 38.224,60 zu. Nach dem bereits dargestellten Verhältnis der Beteiligung am Verfahren beträgt der Anteil des Beklagten rund 83 %, sodaß der auf ihn entfallende Teil des Honoraranspruchs S 31.726,41 beträgt. Das Erstgericht hat im Punkt 3. seines Urteiles den Beklagten bereits schuldig erkannt, dem Kläger jene Kosten zu ersetzen, die auf die abgewiesene Widerklage entfallen. An diesen rechtskräftigen Ausspruch ist der Oberste Gerichtshof gebunden, sodaß nur mehr das Schicksal der Klagsforderung für die Höhe des Kostenzuspruchs ausschlaggebend ist. Der Klagsbetrag von S 91.540,14 stellt rund 65 % der Summe der Streitwerte von Klage und Widerklage dar, sodaß der darauf entfallende Honoraranspruch sich mit S 20.621,90 errechnet. In zweiter Instanz steht dem Anwalt der Beklagtenseite einschließlich des im § 15 RATG begründeten Streitgenossenzuschlages ein Gesamthonorar von S 23.337,64 zu. Hievon entfallen in Anbetracht des nunmehr geringeren den Beklagten betreffenden Gesamtstreitwertes von S 129.040,50 auf diesen rund 81 %, das sind S 18.903,48. Im Berufungsverfahren konnte der Beklagte aus der Sicht der Revisionsentscheidung zwar die Abwehr des dort nur mehr mit S 79.040,50 brutto strittigen Zahlungsbegehrens, nicht jedoch die von ihm ebenfalls angestrebte Stattgebung der Widerklage erreichen. Er hat daher mit rund 61 % obsiegt, weshalb ihm ein Kostenersatzanspruch von 22 %, das sind S 4.158,76 zusteht. Im Revisionsverfahren schließlich, wo der Beklagte allein nur mehr den Zuspruch von S 79.040,50 brutto sA bekämpfte, ist er zur Gänze durchgedrungen, sodaß ihm das richtig verzeichnete Honorar von S 11.094,-- ungeschmälert gebührt.

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