Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 13.725,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.287,50 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war ab Mai 1992 bei der beklagten Partei als Software-Entwickler angestellt und wurde von ihr mit der ihm am 21.9.1994 zugegangenen Kündigung zum 31.12.1994 gekündigt.
Mit der am 28.9.1994 beim Erstgericht - von einem Vertragsbediensteten - zu Protokoll genommenen Klage focht der Kläger diese Kündigung an. Das Klagsvorbringen hat nachstehenden Wortlaut:
"Ich war seit Mai 1992 bei der beklagten Partei als Software-Entwickler beschäftigt.
Mit Schreiben vom 21.9.1994 hat die beklagte Partei die Kündigung ausgesprochen.
Ich habe meine Dienstpflichten stets ordnungsgemäß erfüllt und betrachte daher die ausgesprochene Kündigung als nicht gerechtfertigt".
Es folgte als Beweisanbot das Kündigungsschreiben vom 21.9.1994 (Auflösung des Dienstverhältnisses) und Parteienvernehmung.
Das Klagebegehren lautet:
"Die Aufkündigung des zwischen der beklagten Partei und mir seit Mai 1992 bestehenden Dienstverhältnisses durch die beklagte Partei wird für rechtsunwirksam erklärt".
Mit Schriftsatz ON 5, beim Erstgericht am 13.12.1994 überreicht, ergänzte der nunmehr durch eine Arbeitnehmerin der Arbeiterkammer vertretene Kläger das Vorbringen in der Protokollarklage, seine Kündigung sei wegen eines verpönten Motivs im Sinne des § 105 Abs 3 Z 1 ArbVG erfolgt, er sei wegen der durch ihn erfolgten Vorbereitung einer Betriebsratswahl gekündigt worden.
Die beklagte Partei bestritt das Klagsvorbringen, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, der Kläger sei nicht im Zusammenhang mit der beabsichtigten Errichtung eines Betriebsrates gekündigt worden; vielmehr sei die Kündigung aus betriebswirtschaftlichen Gründen, nämlich einer Rationalisierung und damit verbundenen Umstrukturierung, erfolgt. Der Kläger sei unverträglich und habe das Betriebsklima gestört.
Das Erstgericht erklärte die Kündigung für rechtsunwirksam, wobei es von folgenden Feststellungen ausging:
Die beklagte Partei beschäftigt sich mit der Entwicklung, Erzeugung und dem Vertrieb von analytischen Geräten und erzeugt Blutanalyse-Automaten. Der Kläger hat im Mai 1992 das Dienstverhältnis zur beklagten Partei als Software-Entwickler aufgenommen. Die beklagte Partei beschäftigt ca 50 Mitarbeiter. Ein Betriebsrat ist nicht errichtet.
Die beklagte Partei hat zwei Unternehmens-Schwerpunkte, u.z. Produktion und Entwicklung. Die Entwicklung teilt sich in drei Bereiche auf, u.z. Software-Entwicklung, Hardware-Entwicklung und mechanische Konstruktion.
Das Gehalt des Klägers betrug zuletzt S 21.000,-- brutto. Vorher hat der Kläger weniger verdient. Das Einkommensniveau bei den Mitarbeitern der Software-Abteilung war unterschiedlich und sollte ausgeglichen werden. Im Februar 1994 wurde das Gehalt eines seit 1987 beschäftigten Mitarbeiters der Software-Abteilung gekürzt und es wurde der Betrag dieser Lohnkürzung auf den Kläger und einen anderen Mitarbeiter aufgeteilt. Der erstgenannte Mitarbeiter war darüber verärgert, stimmte aber der Gehaltskürzung zu. Diese Gehaltskürzung wurde dann im Oktober 1994 wieder rückgängig gemacht. Im Frühjahr 1994 kam es zwischen dem damaligen Leiter der Software-Abteilung, dessen Dienstverhältnis sodann im Jänner 1995 zum 31.3.1995 aufgekündigt wurde, dem Geschäftsführer Peter F***** und dem Kläger zu einem Gespräch. Der Kläger teilte damals mit, daß er ein Anbot einer anderen Firma habe, bei der er mehr Gehalt bekäme. Er erklärte, daß er sich in einem Gewissenskonflikt befinde, einerseits gebe es für ihn die Betriebstreue zur beklagten Partei, andererseits sei ihm der finanzielle Aspekt nicht ganz unwichtig. Der Kläger und der Geschäftsführer Peter F***** erläuterten ihre Positionen und es wurde der Leiter der Software Abteilung vom Geschäftsführer Peter F***** gefragt, welches Gehalt er für angemessen halte. Auf die ihm genannte Summe von S 25.000,-- hat der Geschäftsführer Peter F***** "noch S 2.000,-- daraufgelegt" und gesagt, daß er sich für dieses Gehalt verwenden werde. Hierauf entschloß sich der Kläger, bei der beklagten Partei zu bleiben, obwohl die angebotene Gehaltssumme niedriger war als jene im Angebot der anderen Firma.
Der nunmehrige Mitgeschäftsführer der beklagten Partei Peter F***** war bis 1992 deren Geschäftsführer mit einem kleineren Gesellschaftsanteil. Er hat in der Folge die Firma verlassen, aber weiterhin Verkaufstätigkeiten für die beklagte Partei, hauptsächlich bei Großkunden, durchgeführt. Dies entsprach etwa 75 % des Gesamtvertriebes der beklagten Partei.
Ende 1993 bzw Anfang 1994 zeigten wirtschaftliche Probleme bei der beklagten Partei, daß Veränderungen notwendig sind. Zufolge organisatorischer Maßnahmen in der Entwicklungs-Abteilung war in dieser für die Geschäftsjahre 1993/1994 ein Verlust von jährlich zehn Millionen Schilling eingetreten. Dies war der Hauptgrund dafür, daß man Peter F***** wiederum bat, für die beklagte Partei auch gesamtorganisatorisch tätig zu werden. Es war damals eine Umstellung auf Projektgruppen geplant, wobei vom "abteilungsmäßigen Denken" abgegangen und innerhalb der zu errichtenden Projektgruppen übersichtlich gearbeitet werden sollte. Dies wurde von einigen Mitarbeitern der Entwicklungs-Abteilung, insbesondere dem damaligen Leiter der Entwicklungs-Abteilung, Dr.W*****, nicht positiv aufgenommen. Aufgrund der Umstellung auf Projektgruppen wurde die Effizienz jedoch wesentlich gesteigert.
Bei der beklagten Partei war kein Betriebsrat errichtet. Der Kläger war gemeinsam mit dem früheren Leiter der Software-Abteilung der beklagten Partei, Wolfgang P*****, dessen Dienstverhältnis sodann zum 31.3.1995 ebenfalls aufgekündigt wurde, einer der Initiatoren zur Errichtung eines Betriebsrates bei der beklagten Partei. Der Grund hiefür war, daß es Personalentscheidungen gab, die bei einem Teil oder Großteil der Mitarbeiter Unzufriedenheit ausgelöst hatten, dies auch im Zusammenhalt mit der Auflösung des Dienstverhältnisses des früheren Leiters der Entwicklungs-Abteilung und einer weiteren Mitarbeiterin. Es wurden rechtliche Informationen über die Errichtung eines Angestellten-Betriebsrates eingeholt und es wurden dann vom Kläger und von Wolfgang P***** Unterstützungserklärungen gesammelt. Durch ihre Unterschriften haben 30 Mitarbeiter, dies war der überwiegende Teil der angestellten Mitarbeiter der beklagten Partei, die Unterstützung zugesagt. Am Montag dem 19.9.1994 wurde die Unterschriftenliste durch Dr.G***** und den Kläger den Geschäftsführern der beklagten Partei, Peter Reinhard M***** und Peter F*****, übergeben und diesen mitgeteilt, es sei beabsichtigt, einen Betriebsrat zu errichten. Die beiden Geschäftsführer nahmen dies nicht sehr positiv auf. Beide Seiten brachten Argumente vor, die für bzw gegen die Errichtung eines Betriebsrates sprachen. Seitens der Geschäftsführung wurde geäußert, daß die Errichtung eines Betriebsrates nicht den Zweck verfolge, das Betriebsklima zu verbessern. Von den Übergebern der Unterschriftenliste wurde erklärt, es handle sich um einen positiven Beitrag im Hinblick auf die Kommunikation zwischen Mitarbeiter und Geschäftsführer. Die Geschäftsführer meinten, wenn die Belegschaft einen Betriebsrat wählen wolle, dann "werde es eben einen Betriebsrat geben".
Am nächsten Tag fand eine Betriebsversammlung statt, in welcher überlegt und diskutiert wurde, ob die Errichtung eines Betriebsrates für das Betriebsklima schädlich wäre oder nicht. Einige Mitarbeiter der beklagten Partei meinten, daß die Errichtung eines Betriebsrates das Verhältnis zur Geschäftsführung nicht verbessern würde. Man war der Meinung, daß die Geschäftsführung von der Errichtung eines Betriebsrates nicht begeistert sein würde, war aber von der negativen Einstellung der Geschäftsführung dennoch überrascht. Aus diesem Grund wurde dann von der Wahl des Wahlvorstandes Abstand genommen. In der Folge fand auch eine Besprechung auf der Ebene der Abteilungsleiter statt, die von der Geschäftsführung einberufen wurde. Tenor dieser Besprechung war - wenngleich dies von den Geschäftsführern nicht ausdrücklich gesagt wurde -, daß seitens der Geschäftsführung die Errichtung eines Betriebsrates nicht gewünscht werde.
Am Mittwoch, dem 21.9.1994, wurde der Kläger zur Geschäftsführung gerufen und es wurde ihm das Kündigungsschreiben ausgehändigt, mit welchem sein Dienstverhältnis "aufgrund innerbetrieblicher Gründe" zum 31.12.1994 aufgekündigt wurde.
Der Kläger hat, wie dargestellt, am 28.9.1994 die gegenständliche Klage beim Erstgericht zu Protokoll gegeben.
Es konnte nicht festgestellt werden, daß die Geschäftsführung der beklagten Partei schon vor Übergabe der Unterschriftenliste mit den Unterstützungserklärungen für die Errichtung eines Betriebsrates beabsichtigt hatte, den Kläger zu kündigen.
Aus sachlichen und persönlichen Gründen ist der Kläger mit einigen Mitarbeitern der beklagten Partei bzw sind diese mit ihm nicht zurecht gekommen. Im Kreise von Mitarbeitern hat der Kläger sich öfters negativ über die Maßnahmen der Geschäftsführung geäußert. Es wurde im Mitarbeiterkreis "darüber gesprochen" und es hat der Kläger auch die fachliche Kompetenz der Geschäftsführung bezweifelt. Weiters wurde darüber gesprochen, daß der Mitgeschäftsführer Dieter Reinhard M***** zum Buchhalter degradiert worden sei. Der Kläger äußerte sich auch dahin, der Geschäftsführer Peter F***** sei ein "Verkäufertyp". Er hat damit gemeint, daß ein Verkäufer eine bestimmte Schulung habe, "wie er jemanden überzeugen könne."
Durch die Nichtersetzung der ausgeschiedenen Mitarbeiter hat sich die beklagte Partei ca 3,5 bis 4 Millionen Schilling an Lohnkosten jährlich erspart.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Kläger habe das verpönte Motiv der Kündigung gemäß § 105 Abs 3 Z 1 ArbVG als überwiegend wahrscheinlich bescheinigt. Die Geschäftsführer der beklagten Partei seien gegenüber einer Betriebsratswahl ablehnend eingestellt gewesen. Die persons- und betriebsbedingten Kündigungsgründe seien weniger überzeugend, zumal vor den Bemühungen des Klägers um eine Betriebsratswahl eine Absicht, ihn zu kündigen, nicht "erwogen" wurde.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge; es billigte die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen und dessen Beweiswürdigung und verneinte das Vorliegen des wegen einer unterbliebenen Zeugeneinvernahme geltend gemachten Verfahrensmangels, weil nachträgliche Mitteilungen für die Beweggründe einer früher ausgesprochenen Kündigung nicht aussagekräftig seien.
In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, der von der Lehre und der Rechtsprechung der Einigungsämter geäußerten Ansicht, die einwöchige Anfechtungsfrist gelte nicht nur für die Anfechtung, sondern auch für die Geltendmachung der Anfechtungsgründe und mache die Geltendmachung neuer Anfechtungsgründe unzulässig, könne nach dem Inkrafttreten des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes nicht mehr gefolgt werden. Gemäß § 84 Abs 3 ZPO könne eine weitgehende Verbesserung auch inhaltlicher Mängel erfolgen, gemäß § 39 Abs 2 Z 1 ASGG habe gegenüber unvertretenen Parteien eine weitergehende Anleitung und Belehrung zu erfolgen. Der Kläger habe in seiner Protokollarklage die Kündigung angefochten ohne ausdrücklich einen Anfechtungsgrund anzuführen. Dieser Inhaltsmangel sei durch den sodann qualifiziert vertretenen Kläger sogleich verbessert worden (ON 5). Auf die weitergehenden Ausführungen von B.Schwarz in Cerny/Haas-Laßnigg/B.Schwarz, ArbVG3, 209, es sei nicht notwendig, bereits in der Klage sämtliche Anfechtungsgründe geltend zu machen, da im arbeitsrechtlichen Verfahren neues Vorbringen, also auch neue Anfechtungsgründe, bis zum Ende des Verfahrens erster Instanz geltend gemacht werden könnten, müsse nicht eingegangen werden.
Für die erfolgreiche Anfechtung von Kündigungen genüge es, daß das wesentliche, aber nicht ausschließliche Motiv glaubhaft gemacht werde (9 Ob A 90-92/95; ZAS 1994/15; Arb 10.548 ua). Für die Beurteilung, ob ein verpöntes Motiv vorliege, könnten nur Tatsachen oder Vorstellungen des Arbeitgebers herangezogen werden, die ihm wirklich bekannt gewesen seien bzw die er wirklich gehabt habe. Es liege in der Natur der Anfechtungstatbestände nach § 105 Abs 3 Z 1 ArbVG, daß sich die entscheidungswesentliche Frage in aller Regel einer exakten und unangreifbaren Feststellung entziehe; deshalb werde das Gericht meistens auf Vermutungen und Schlüsse angewiesen sein. Aus diesem Grund bestimme § 105 Abs 5 ArbVG, daß das Vorliegen des Anfechtungsgrundes nach § 105 Abs 3 Z 1 ArbVG vom Anfechtungsberechtigten nur glaubhaft zu machen sei. Dem Kläger sei es im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen gelungen, die nach den Intentionen des ArbVG verpönte Motivkündigung durch die beklagte Partei glaubhaft zu machen. Da es der beklagten Partei dagegen nicht gelungen sei, diesen vom Kläger glaubhaft gemachten Grund zu widerlegen, sei die Unwirksamerklärung der Kündigung durch das Erstgericht zu Recht erfolgt.
Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen abzuändern und das Klagebegehren abzuweisen. Sie führt aus:
Der vom Kläger in der Klage geltend gemachte Anfechtungsgrund könne allenfalls der Bestimmung des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG unterstellt werden, ein Anfechtungsgrund im Sinn des § 105 Abs 3 Z 1 ArbVG sei in dem Klagsvorbringen nicht enthalten. Der Anfechtungsgrund sei in der Klage genau und vollständig zu bezeichnen; ein Nachtrag könne nur innerhalb der einwöchigen Antragsfrist erfolgen. Ein Verbesserungsverfahren sei nicht eingeleitet worden, woraus sich ergebe, daß das spätere Vorbringen eines verbotenen Motives unzulässig sei. Weiters habe die beklagte Partei wesentliche, die Kündigung rechtfertigende Gründe - Rationalisierung, Umstrukturierung, Unverträglichkeit des Klägers und abfällige Äußerungen über die Geschäftsführung - bewiesen. Es sei der beklagten Partei zuzubilligen, bei wirtschaftlichen Problemen zur Sanierung des Unternehmens Mitarbeiter abzubauen, statt es in den Konkurs zu treiben und dadurch alle Arbeitsplätze zu gefährden. Die Kündigung des Klägers sei nicht wegen seiner Tätigkeit zwecks Betriebsratsgründung, sondern wegen notwendiger wirtschaftlicher Sanierungsmaßnahmen iVm persönlichen Schwierigkeiten des Klägers mit Mitarbeitern und der Geschäftsleitung erfolgt.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die gemäß § 46 Abs 3 Z 1 und 2 ASGG zulässige Revision ist nicht berechtigt.
1.) Die Anfechtung einer Kündigung durch den betroffenen Arbeitnehmer hat in einem Betrieb ohne Betriebsrat gemäß § 107 ArbVG binnen einer Woche nach Zugang der Kündigung zu erfolgen. Könnte die Klagefrist durch "leere" Anfechtungen und das Nachtragen von Anfechtungsgründen bis zum Schluß des Verfahrens erster Instanz und bei nicht qualifizierter Vertretung auch noch im Berufungsverfahren gewahrt werden (vgl Cerny ua ArbVG3, 209 f), so wäre die Anfechtungsfrist nahezu gegenstandslos. Das Nachschieben von Anfechtungsgründen nach Ablauf der Anfechtungsfrist ist daher unzulässig (so auch zu § 41 Abs 4 GmbHG: 8 Ob 515/95 mwN) und eine Klagsänderung durch Geltendmachung eines neuen Anfechtungsgrundes ausgeschlossen.
Durch die ZVN 1983 wurde die Möglichkeit der Verbesserung von fristgebundenen Schriftsätzen auch für Inhaltsmängel erheblich erweitert (Gitschthaler-Rechberger, ZPO, Rz 8 zu § 85 ZPO mwN; aM EvBl 1985/153, 695), soferne die Formvorschriften nicht absichtlich und mißbräuchlich verletzt wurden (vgl 8 Ob 527/94 mwN).
Die Frist des § 105 Abs 4 ArbVG ist eine prozessuale Frist, für die gemäß § 169 ArbVG die Bestimmungen der §§ 32 und 33 des AVG gelten. Zufolge des systematischen Zusammenhanges müssen auch die Regelungen über die Verbesserung von Formgebrechen (§ 13 Abs 3 AVG) und über die Rechtsbelehrung von Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten werden (§ 13 a AVG) gelten, zumal inhaltsgleiche oder sogar noch weiterreichende Bestimmungen für das Verfahren in Arbeitsrechtssachen gemäß den § 84 ff ZPO und § 39 Abs 2 Z 1 ASGG gelten. Damit ist über die kurze Anfechtungsfrist hinaus in dem Rahmen, in dem eine erweiterte Anleitung und Belehrung zu erfolgen hat, jedenfalls eine Konkretisierung der fristgebundenen Anfechtungsgründe zulässig, wenn diese von dem allgemeinen Anfechtungsvorbringen umfaßt sind (und nicht insoweit eine Einschränkung des Klagebegehrens auf bestimmte Gründe erfolgte vgl HS 11.488/15; 8 Ob 515/95).
Die in der vorliegenden Protokollarklage gebrauchte Wendung des Klägers "er habe seine Dienstpflichten stets ordnungsgemäß erfüllt und betrachte daher die ausgesprochene Kündigung als nicht gerechtfertigt", umfaßt sowohl die Anfechtungsgründe nach § 105 Abs 3 Z 1 ArbVG als auch jene nach Z 2 leg cit. Den Ausführungen der Revisionswerberin, das Klagsvorbringen könnte allenfalls dem Anfechtungsgrund des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG unterstellt werden, es werde aber kein verpöntes Motiv im Sinne des § 105 Abs 3 Z 1 ArbVG geltend gemacht und nicht einmal vom Kläger vorgebracht, das verbotene Motiv sei ihm erst nachträglich bekannt geworden, kann nicht gefolgt werden. Dem allgemeinen Hinweis, der Kläger habe seine Dienstpflichten stets ordnungsgemäß erfüllt, ist nicht zu entnehmen, daß damit nur der Anfechtungsgrund der Sozialwidrigkeit umfaßt und der der verbotenen Motivkündigung ausgeschlossen wäre; vielmehr ist zu berücksichtigen, daß die ordnungsgemäße Erfüllung der Dienstpflichten einen personsbezogenen Kündigungsrechtfertigungsgrund im Falle einer als sozialwidrig angefochtenen Kündigung nach § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG in gleicher Weise erfaßt wie die Behauptung, der kündigende Arbeitgeber habe den Kläger zu unrecht im Sinne des § 105 Abs 3 Z 1 ArbVG diszipliniert (insbesondere im Sinne der lit i; vgl zur Retorsion des Arbeitgebers: 8 Ob A 244/95 = RdW 1996, 130 = DRdA 1996/29, 320).
Das abstrakte Vorbringen des unvertretenen Klägers, er habe keinen Kündigungsgrund im weiteren Sinn gesetzt, wäre daher bei der Protokollierung der Klage zum Anlaß einer besonderen Anleitung und Belehrung im Sinne des § 39 Abs 2 Z 1 ASGG zu nehmen gewesen (vgl Fasching LB2 Rz 2275), bzw es hätte dem in der Verhandlung vom 19.10.1994 (ON 3) schon qualifiziert vertretenen Kläger - statt damals unzulässigerweise die Rechtssache zur Punktesache zu erklären (vgl Fasching, Komm III, 853; Arb 7549; § 440 Abs 3 ZPO ist im Gerichtshofverfahren [§ 3 ASGG] nicht anwendbar) und den Parteien einen Schriftsatzwechsel aufzutragen - dazu Gelegenheit gegeben werden müssen. Das ergänzende, den Anfechtungsgrund konkretisierende Vorbringen in der Replik des Klägers auf den der beklagten Partei aufgetragenen Schriftsatz ist daher unter Berücksichtigung der besonderen Verfahrensgestaltung des Verfahrens nach dem ASGG auch unter Berücksichtigung der kurzen Klagefrist rechtzeitig. Die unterbliebene Verbesserung der Klage bzw die erst später durch den Schriftsatz ON 5 erfolgte Verbesserung ist auf den Fehler des Gerichtes, die Verbesserung nicht früher veranlaßt zu haben, zurückzuführen (vgl JBl 1987, 795), und darf daher dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen.
Dieses Ergebnis ist jedenfalls sachgerecht, wobei weiters die längere Anfechtungsfrist im deutschen Kündigungsschutzgesetz von drei Wochen (§ 4 KSchG) und die Zulassung verspäteter Klagen (§ 5 KSchG), womit im Ergebnis eine Wiedereinsetzung ermöglicht wird, zu berücksichtigen ist (vgl Berkowsky in MünchAR § 145 Rz 29 f). Da die erweiterte Anleitung und Belehrung gemäß § 39 Abs 2 Z 1 ArbVG in gleicher Weise unvertretene Arbeitnehmer wie unvertretene Arbeitgeber erfaßt, ist dieses Ergebnis auch nicht der Kritik an einer zu weitgehenden sozialen Rechtsanwendung (vgl Fink, Sukzessive Zuständigkeit 90 ff; F.Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechtes, 549 bei FN 623 zum arbeitsrechtlichen Schutzprinzip) ausgesetzt.
2.) Das Berufungsgericht hat zutreffend begründet, weshalb das vom Kläger bescheinigte Motiv seiner Kündigung, er habe eine Betriebsratswahl vorbereitet, wahrscheinlicher ist, als der von der beklagten Partei bescheinigte Kündigungsrechtfertigungsgrund, der Kläger sei unverträglich und habe die Geschäftsleitung abfällig kritisiert bzw die Kündigung des Klägers sei aus Gründen der Rationalisierung bzw der Umstrukturierung des Betriebes erforderlich (§ 48 ASGG).
Ergänzend ist den Revisionsausführungen insoweit entgegenzuhalten:
Für die Anfechtung genügt es, daß das verpönte Motiv für die Kündigung wesentlich ist; es ist nicht notwendig, daß das Motiv den ausschließlichen Beweggrund darstellt (unter Hinweis auf Floretta-Strasser, Komm zum ArbVG 633; Arb 10.281; Arb 10.548: ZAS
1994/15, 158 [Tomandl] = DRdA 1994, 423 = ecolex 1994, 418 = RdW
1994, 183 = DRdA 1995/7, 48 mit Besprechungsaufsatz S.Gahleitner, Zum Betriebsbegriff - Betriebsleitung durch mehrere Unternehmen, DRdA 1995, 18). In der Frage des Vorliegens eines Anfechtungsgrundes bzw Kündigungsrechtfertigungsgrundes hat demnach lediglich eine Abwägung der erhöhten Wahrscheinlichkeit zu erfolgen (SZ 61/198 = RdW 1989, 230 = WBl 1989, 157 = infas 1989 A 40). Daher muß hier aus der knappen zeitlichen Aufeinanderfolge d.i. Übergabe der Unterstützungsunterschriften durch den Kläger am 19.9.1994, Abhaltung der Betriebsversammlung am 20.9.1994 und Übergabe des Kündigungsschreibens an den Kläger bereits am 21.9.1994 nicht allein schon die Ursächlichkeit erschließbar sein. Bei einer Abwägung der Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 105 Abs 5 zweiter Satz ArbVG hatte der Kläger also nicht den ausschließlichen Beweggrund, sondern nur den überwiegend wahrscheinlichen glaubhaft zu machen. Damit reichte im Sinne des § 274 ZPO ein erheblich geringeres Beweismaß aus (vgl Rechberger in Rechberger ZPO Rz 4 ff vor § 266; zur Beweismaßreduzierung auch Rechberger aaO Rz 7 zB § 7 Abs 2 PHG; zum Anscheinsbeweis Rz 22; sowie derselbe aaO Rz 1 zu § 274 jeweils mwN; weiters § 2 a Abs 9 GleichbG; §§ 8 Abs 2 und 9 Abs 2 AVRAG).
Eine Absicht der beklagten Partei, den Kläger schon vor Übergabe der Unterschriftenliste mit den Unterstützungserklärungen für die Errichtung eines Betriebsrates zu kündigen, konnte nicht festgestellt werden; daher haben die Vorinstanzen zutreffend die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der behaupteten Kündigungsrechtfertigungsgründe als geringer beurteilt. Es ist der beklagten Partei zwar zuzubilligen, aufgrund wirtschaftlicher Probleme Mitarbeiter zur Sanierung des Unternehmens zu kündigen, statt dieses allenfalls in den Konkurs zu treiben. Die von der beklagten Partei vorgebrachten Beweggründe sind im Vergleich zu dem vom Kläger bescheinigten Beweggrund aber offenbar nur wenig wahrscheinlich. Schon die gleichzeitig mit der Kündigung erfolgte Dienstfreistellung des Klägers läuft solchen behaupteten betriebswirtschaftlichen Gründen zuwider. Inwiefern die Kritik des Klägers an der Geschäftsführung das Maß des sachlich Zulässigen überschritten hätte, wodurch allenfalls eine in Richtung des Entlassungrundes nach § 27 Z 1 (Vertrauensunwürdigkeit), Z 4 (Verleitung zum Ungehorsam) oder Z 6 AngG (erhebliche Ehrverletzung) weisende Ordnungswidrigkeit gegeben sein könnte, wird gleichfalls nicht konkret dargelegt. Dies gilt sinngemäß auch für die angeblich vorliegende Unverträglichkeit des Klägers bzw seine mangelnde Teamfähigkeit (vgl dazu die Kündigung eines Primararztes: DRdA 1994/29, 332 [Eypeltauer] = WBl 1994, 162 = Arb 11.109).
Insgesamt betrachtet ist somit die "Reifung" dieses angeblichen Beweggrundes der beklagten Partei in dem knappen Zeitraum von zwei Tagen zwischen der Übergabe der Unterstützungsunterschriften für die Errichtung eines Betriebsrates und der Übergabe des Kündigungsschreibens an den Kläger im Vergleich zu dem vom Kläger bescheinigten Anfechtungsgrund jedenfalls unwahrscheinlicher.
Die Bezeichnung eines der beiden Geschäftsführer als "Verkäufer-Typ" mag hier eine abwertende Nebenbedeutung gehabt haben, ist aber bei dem häufig festzustellenden Spannungsverhältnis zwischen den in der Produktion und im Absatz tätigen Mitarbeitern nicht annähernd ausreichend, eine Kündigung zu rechtfertigen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO iVm § 58 Abs 1 ASGG.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)