OGH 8ObA2/16a

OGH8ObA2/16a26.2.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und den Hofrat Dr. Brenn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz und Harald Kohlruss in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. S***** S*****, vertreten durch Dr. Alix Frank, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. G*****, vertreten durch Dr. Helmut Engelbrecht, Rechtsanwalt in Wien, 2. Dr. E***** F*****, vertreten durch Dr. Anton Ehm, Rechtsanwalt in Wien, wegen I. 21.820 EUR sA, Feststellung, Unterlassung und Widerruf, II. Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über die außerordentliche Revision und den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen das Urteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungs-und Rekursgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 26. November 2015, GZ 8 Ra 30/15p‑36, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:008OBA00002.16A.0226.000

 

Spruch:

I. Die Revision wird gemäß § 2 ASGG, § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

II. Der Revisionsrekurs wird gemäß §§ 402 Abs 2 iVm 78 EO iVm §§ 2 ASGG, 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

I. Für sogenanntes Mobbing ist ein systematisch ausgrenzendes, prozesshaftes Geschehen typisch, das über einen längeren Zeitraum andauert, etwa durch systematische Verweigerung jeder Anerkennung, Isolation, Zurückhaltung von Informationen, Rufschädigung und dergleichen. Die Beurteilung, ob Auseinandersetzungen zwischen Mitarbeitern am Arbeitsplatz ein Mobbing zugrunde liegt, das den Dienstgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht zu Gegenmaßnahmen verpflichtet, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0124076 [T2, T4]). Mangels einer über den Anlass hinausreichenden Aussagekraft von Einzelfallentscheidungen steht die Revision zu ihrer Überprüfung nach § 502 Abs 1 ZPO nicht offen, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre bei seiner Entscheidung eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen, die ausnahmsweise zur Wahrung der Rechtssicherheit einer Korrektur bedürfte. Dies ist hier nicht der Fall.

Nach den bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen waren die zur Begründung der Klagsansprüche vorgebrachten Ereignisse zwar im subjektiven Erleben der Klägerin einseitig gegen sie gerichtet, objektiv betrachtet handelte es sich jedoch ‑ mit der einzigen Ausnahme einer Urlaubsanordnung ‑ jeweils um sachlich begründete Maßnahmen oder situationsadäquate Reaktionen auf vorangegangenes, teilweise unangemessenes Verhalten der Klägerin. Der Versuch der Revision, verschiedene festgestellte Ereignisse aufgrund einer abstrakten „Indizienliste“ dennoch als Mobbing zu qualifizieren, missachtet deren gegen die gewünschte Bewertung sprechenden konkreten Sachzusammenhang. Die damit intendierte Bekämpfung der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen ist im Revisionsverfahren unzulässig.

Die einmalige einseitige Anordnung eines Urlaubs durch die Erstbeklagte erfolgte aufgrund eines Sachverhalts, der während desselben Zeitraums eine einseitige Dienstfreistellung der Klägerin gerechtfertigt hätte. Die Rechtswidrigkeit des Dienstgeberverhaltens bezog sich nicht auf die Maßnahme, sondern auf ihre rechtliche Qualifikation. Hinweise für ein bewusstes Vergreifen in der Rechtsform oder auf ein Bestreben der Erstbeklagten, die Klägerin zu benachteiligen, liegen nicht vor.

Die übereinstimmende rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, dass auch unter Berücksichtigung der Gesamtheit aller festgestellten Umstände kein systematisches Ausgrenzen der Klägerin im Sinne eines Mobbings vorlag, ist keine im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufzugreifende Fehlbeurteilung.

II. Gemäß § 402 Abs 2 EO ist der Revisionsrekurs im Verfahren über die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht schon deswegen unzulässig, weil das Rekursgericht den angefochtenen Beschluss bestätigt hat. Alle übrigen Rechtsmittelbeschränkungen des § 528 ZPO sind auch im Provisorialverfahren anzuwenden, insbesondere gilt das Zulässigkeitserfordernis einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des Abs 1 leg cit ( Mohr in Angst/Jakusch/Mohr , EO 15 § 402 E 32, ua).

Eine solche Rechtsfrage zeigt die Klägerin nicht auf. Die Ausführungen zur Unzulässigkeit der Revision in der Hauptsache gelten auch für das im Revisionsrekurs enthaltene Rechtsmittelvorbringen.

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