OGH 8ObA135/98f

OGH8ObA135/98f18.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Krüger und Norbert Bacher als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Alfred G*****, Servicetechniker, *****, vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei C*****GesmbH, *****, vertreten durch Mag. Erhard d'Aron, Wirtschaftskammer Wien, 1041 Wien, Schwarzenbergplatz 14, dieser vertreten durch Dr. Wolfgang Punz, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 243.970,07 brutto sA und Herausgabe (Revisionsinteresse S 243.970,07 brutto sA), infolge (außerordentlicher) Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Jänner 1998, GZ 9 Ra 318/97v-43, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23. April 1997, GZ 29 Cga 189/95s-36, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 12.195,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.032,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist gemäß § 46 Abs 3 Z 1 ASGG jedenfalls zulässig.

Mit dem größten Teil ihrer zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (§ 503 Z 4 ZPO) erstatteten Ausführungen bekämpft die Revisionswerberin die Richtigkeit des festgestellten Sachverhaltes. Es tritt zwar zu, daß nach diesem Revisionsgrund die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen bekämpft werden können, soweit sie auf Schlußfolgerungen beruhen, die gegen Gesetze des Denkens und der Erfahrung verstoßen (so die von der Revisionswerberin zitierte E. 9 ObA 250/97y; ferner SZ 57/198; RIS-Justiz RS0043307). Den Feststellungen des Erstgerichtes zugrunde liegende denk- oder erfahrungsgesetzwidrige Schlußfolgerungen zeigt aber die Revisionswerberin nicht auf. Vielmehr bekämpft sie in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen, sodaß auf ihre dazu erstatteten Ausführungen nicht einzugehen ist. Auch mit dem Hinweis auf die nach Ansicht der Revisionswerberin zu treffenden Feststellungen über die erst Tage nach der Austrittserklärung des Klägers erfolgte Überprüfung des Betriebes macht sie in Wahrheit nicht das Fehlen von für die rechtliche Beurteilung erforderlichen Feststellungen, sondern die Unrichtigkeit der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen über die zum Austritt des Klägers führenden Umstände geltend. Auch insofern bekämpft sie somit in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen.

Im übrigen hat das Berufungsgericht die Frage, ob der vorzeitige Austritt des Klägers nach § 26 Z 1 und 2 AngG gerechtfertigt erfolgte, zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist auszuführen:

Nach den Feststellungen arbeitete der Kläger etwa einmal pro Woche für einige Stunden in der Werkstätte der Beklagten, wobei es fallweise erforderlich war, das Kühlmittel R 22 aus Geräten abzulassen und anschließend Lötarbeiten durchzuführen. Bei diesem Kühlmittel handelt es sich um ein sich rasch im Raum ausbreitendes Gas, das bei höherer Konzentration erstickend bzw. narkotisierend wirkt. Trotzdem war - obwohl der Kläger dies mehrmals unter Androhung seiner Kündigung verlangt hatte - in der überdies mit gebrauchtem Verpackungsmaterial mannshoch vollgeräumten Werkstätte keine Absaugeinrichtung vorhanden. Dies hat zur Folge, daß beim Ablassen des Gases kurzfristige Überschreitungen der zulässigen Expositionswerte vorkommen können. Dazu kommt, daß bei Kontakt des Gases mit offenen Flammen und heißen Metalloberflächen gefährliche Zersetzungprodukte entstehen, die eine ernstzunehmende, sogar tödliche Gefahr für die Gesundheit darstellen. Daß der Kläger mit den in Rede stehenden Arbeiten nicht häufiger betraut war, ist nicht entscheidend. Abgesehen davon, daß sie immer wieder vorkamen, waren es gerade solche Arbeiten, die zum Austritt des Klägers führten. Dieser war im maßgebenden Zeitpunkt in einem erst von ihm von Verpackungsmaterial freigemachten Bereich zunächst mit dem Ablassen des Kühlmittels und anschließend mit Lötarbeiten beschäftigt, wobei herumliegendes Material in Brand geriet. Obwohl ein Feuerlöscher fehlte, gelang es dem Kläger, den Brand rasch zu löschen; er war aber verstört und wagte es nicht, unter diesen Umständen weiterzuarbeiten, worauf der Geschäftsführer der Beklagten letztlich mit der Erklärung reagierte, wenn der Kläger gehe, sei er entlassen. Angesichts der dargestellten Gefahr für die Gesundheit des Klägers und der wiederholten Weigerung der Beklagten, ihrer Fürsorgepflicht zu entsprechen und ungefährliche Arbeitsbedingungen zu schaffen, ist daher der geltend gemachte Austrittsgrund verwirklicht. Dem Kläger war daher nicht zumutbar, seine Arbeitsleistung auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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