Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 231,36 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der hier klagende Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds machte die Ansprüche eines Arbeitnehmers geltend, der im Betrieb der Gemeinschuldnerin, über die am 21. 12. 1998 das Konkursverfahren eröffnet wurde, als Koch beschäftigt war. Der beklagte Masseverwalter führte diesen Betrieb mit vier Arbeitnehmern weiter und versuchte einen Zwangsausgleich zu erreichen. Als dies nicht gelang, beantragte er am 20. 12. 1999 die Schließung des Unternehmens mit 10. 1. 2000. Über seinen Auftrag wurde der Arbeitnehmer bereits am 28. 12. 2000 zum 10. 1. 2000 gekündigt.
Erst mit Beschluss vom 3. 1. 2000 ordnete das Konkursgericht mit Ablauf des 9. 1. 2000 die Schließung des Unternehmens an und bezog sich dabei auch auf § 115 Abs 4 KO.
Der klagende Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds begehrt nunmehr die von ihm dem Arbeitnehmer ersetzte Abfertigung, Urlaubsentschädigung und Sonderzahlungen zur Urlaubsentschädigung von insgesamt S 40.354,-- und stützt sich darauf, dass es sich dabei um Masseforderungen handle.
Der beklagte Masseverwalter wendete im Wesentlichen ein, dass diese Forderungen nur Konkursforderungen seien, da es sich um Kündigungen nach § 25 KO gehandelt habe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es begründete dies rechtlich damit, dass solange der Betrieb des Gemeinschuldners fortführbar sei, die Arbeitsverhältnisse regelmäßig nicht beendet würden, sobald sich aber der Weiterbetrieb als unmöglich herausstelle und das Unternehmen geschlossen werde, eine masseschonende Beendigung zulässig sei. Die außerordentliche Auflösung der Arbeitsverhältnisse werde bei der versuchten dauerhaften Fortführung bloß verschoben, jedoch nicht ausgeschlossen. Durch die gescheiterte Fortführung solle die Konkursmasse nicht zusätzlich geschmälert werden, weil andernfalls das Risiko des Weiterbetriebes einseitig zu Lasten der Konkursgläubiger verlagert werde.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei folge und änderte das Urteil im klagsstattgebenden Sinne ab. Es stützte sich dabei rechtlich im Wesentlichen darauf, dass nach § 25 Abs 1 Z 2 lit a KO zwar das Arbeitsverhältnis begünstigt aufgelöst werden könne, jedoch nur innerhalb eines Monats nach öffentlicher Bekanntmachung des Beschlusses, mit dem die Schließung des Unternehmens oder eines Unternehmensbereiches angeordnet, bewilligt oder festgestellt werde. Mit Ausnahme dieses Falles der Auflösung handle es sich jedoch bei den Beendigungsansprüchen um Masseforderungen des Gekündigten. Auch wenn vorweg ein Beschluss über die Fortführung des Unternehmens auf unbestimmte Zeit und dann zu einem späteren Zeitpunkt der Beschluss auf Schließung des Unternehmens nach Erstreckung der Fortführungsfrist gemäß § 115 Abs 4 KO gefasst worden sei, könne diese begünstigte Kündigung erfolgen. Sie müsse aber vom Masseverwalter entsprechend den Bestimmungen des § 25 KO termin- und fristgerecht ausgesprochen werden. Dies liege aber hier schon deshalb nicht vor, da die Kündigung bereits vor dem Beschluss über die Schließung erfolgt sei. Dabei dürfe auch nicht außer Acht gelassen werden, dass Arbeitnehmerinteressen beeinträchtigt würden, wollte man eine Nichteinhaltung der in § 25 KO geregelten Fristen und eine willkürliche Kündigung durch den Masseverwalter zulassen. Es liege vielmehr am Masseverwalter, rechtzeitig einen entsprechenden Antrag auf Schließung des Unternehmens zu stellen. Dies sei jedoch hier nicht erfolgt.
Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht mangels Vorliegens einer Rechtsprechung zu der hier maßgeblichen Frage als zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision des Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Nach § 46 Abs 1 Z 3 KO sind Masseforderungen unter anderem die Forderungen der Arbeitnehmer auf laufendes Entgelt für die Zeit nach Konkurseröffnung. Zufolge Z 3a dieser Bestimmung gehören zu den Masseforderungen auch die Beendigungsansprüche, wenn das Beschäftigungsverhältnis vor Konkurseröffnung eingegangen worden ist und danach, jedoch nicht nach § 25 KO durch den Masseverwalter, gelöst wurde oder wenn die Beendigung auf eine Rechtshandlung oder ein sonstiges Verhalten des Masseverwalters - insbesondere die Nichtzahlung des Entgeltes - zurückzuführen ist und die Lösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer erfolgt.
§ 47 Abs 2 Z 4 und 5 KO legen für den Fall "des Massekonkurses" fest, dass nach bestimmten anderen Forderungen vorrangig zuerst die Forderungen des Arbeitnehmers auf laufendes Entgelt und dann die Beendigungsansprüche des Arbeitnehmers, jeweils soweit sie nicht nach dem IESG gesichert sind, zu befriedigen sind.
§ 51 Abs 1 KO ordnet allgemein an, dass Konkursforderungen Forderungen von Gläubigern sind, denen vermögensrechtliche Ansprüche an den Gemeinschuldner zur Zeit der Konkurseröffnung zustehen. Abs 2 dieser Bestimmung legt dann in seiner Ziffer 2 fest, dass auch die Ansprüche aus der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nach § 25 KO (lit a) oder, wenn die Auflösungserklärung vor Konkurseröffnung rechtswirksam abgegeben wurde (lit b) oder schließlich wenn das Beschäftigungsverhältnis nach Konkurseröffnung vom Arbeitnehmer nicht nach § 25 KO gelöst wird und dies nicht auf eine Rechtshandlung oder ein sonstiges Verhalten des Masseverwalters zurückzuführen ist, Konkursforderungen darstellen.
§ 3a Abs 2 IESG ordnet für die Sicherung des laufenden Entgeltes nach Konkurseröffnung unter anderem an, dass diese bis zum rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses gewährleistet ist, wenn es innerhalb eines Monats nach der Berichtstagsatzung, in der kein Beschluss über die unbefristete Fortführung des Unternehmens gefasst wurde, nach § 25 KO gelöst wird (Ziffer 4). Weiters wird in Ziffer 5 dieser Bestimmung eine "Ausfallshaftung" für das laufende Entgelt vorgesehen, wenn der Arbeitnehmer infolge der ersten nicht vollständigen Zahlung des ihm zukommenden Entgeltes wegen dessen ungebührlicher Schmälerung seinen berechtigten vorzeitigen Austritt erklärt (vgl in diesem Zusammenhang zu den sonstigen Fortgewährungsgründen OGH 7. 3. 2002, 8 ObS 316/01f). Hinsichtlich der Beendigungsansprüche wird dann in § 3b IESG unter anderem daran angeknüpft, ob diese innerhalb der im Sicherungsrahmen für das laufende Entgelt genannten Frist entstanden sind oder zumindest innerhalb dieser Frist die Kündigung, einvernehmliche Lösung, vorzeitige Auflösung oder Klage auf Auflösung von besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz genießenden Arbeitnehmern eingebracht wurde.
Der Oberste Gerichtshof hat die wesentliche Zielrichtung dieser Bestimmungen insgesamt bereits dahin beurteilt, dass damit offensichtlich vom Gesetzgeber das Wechselspiel zwischen Entgeltsicherung und der Entscheidung über die Unternehmensfortführung dahin gelöst werden sollte, dass einerseits die Unternehmensfortführung nicht behindert wird, andererseits aber auch das Risiko einer erfolglosen Unternehmensfortführung nicht auf den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds überwälzt werden soll (vgl OGH 7. 3. 2002, 8 ObS 316/01f). In diesem Zusammenhang hat der Oberste Gerichtshof auch in seiner Entscheidung vom 29. 3. 2001 zu 8 ObS
291/00b (= ASoK 2001, 372 = DRdA 2001, 453 = RdW 2001/759 = WBl
2001/259 = ZAS 2002/6 sowie ZIK 2001/110) ausgesprochen, dass der Gesetzgeber nunmehr bei der Regelung des besonderen Kündigungs- und Austrittsrechtes nach § 25 KO flexibel auf das Unternehmensschicksal abstellt und solange der Betrieb des Gemeinschuldners fortführbar ist, die Arbeitsverhältnisse gar nicht oder nur im unbedingt notwendigen Ausmaß außerordentlich beendet werden können. Wenn sich allerdings der dauernde Betrieb als unmöglich herausstellt und die Unternehmen geschlossen werden müssen, soll die masseschonende Beendigung nach § 25 KO und damit die Einordnung der Beedigungsansprüche als Konkursforderung nach § 51 Abs 2 Z 2 lit a KO erfolgen. Soll das Risiko des Weiterbetriebs doch auch nicht einseitig den Konkursgläubigern aufgelastet werden. Die Grenze der Fortführung ergibt sich aus § 115 KO, die die Regelung über die Schließung des Unternehmens enthält, die grundsätzlich nur dann erfolgen darf, wenn feststeht, dass anderes eine Erhöhung des Ausfalls den die Konkursgläubiger erleiden, nicht vermeidbar ist. Zufolge Abs 4 dieser Bestimmung hat das Konkursgericht die Schließung eines Unternehmens jedenfalls ein Jahr nach Konkurseröffnung anzuordnen oder zu bewilligen, wenn nicht innerhalb dieser Frist ein Zwangsausgleichsvorschlag angenommen wurde, wobei diese Frist auf Antrag des Masseverwalters zu erstrecken ist, wenn die Schließung den gemeinsamen Interesse der Gläubiger widerspricht oder andere gleichwichtige Gründe vorliegen. Insgesamt ist eine Erstreckung auf ein weiteres Jahr möglich.
Sowohl in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 29. 3. 2001, 8 ObS 291/00b als auch in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 24. 1. 2002, zu 8 ObA 70/01d (ZIK 2002/82) hat der Oberste Gerichtshof grundsätzlich für die Einordnung des Beendigungsansprüche als Konkursforderung daran festgehalten, dass dies nur dann der Fall sein kann, wenn die Kündigung nach § 25 KO erfolgt, also dem Masseverwalter dem Grunde nach diese Kündigungsrecht zusteht. In der zuletzt genannten Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof allerdings bei einer zeitwidrigen - kürzeren Kündigungsfrist auch ausgeführt, dass nicht nur das laufende Entgelt bis zu dem irrtümlichen genannten Kündigungstermins, sondern auch die Kündigungsentschädigung für die Zeit darüber hinaus bis zum dem zutreffenden Kündigungsterminen eine Masseforderung darstellen. Von diesen Fragen der Einhaltung der richtigen Fristen zu unterscheiden ist aber die gerade für den Masseverwalter völlig eindeutig zu beantwortende Frage, ob das Kündigungsrecht nach § 25 KO dem Grunde nach zusteht.
Die Kündigung nach § 25 KO begünstigt die Konkursgläubiger nicht nur insoweit, als die Beendigungsansprüche zufolge § 51 Abs 2 KO Konkursforderungen darstellen, sie ermöglicht auch eine Kündigung lediglich unter Einhaltung der gesetzlichen, kollektivvertraglichen oder zulässigerweise vereinbarten kürzeren Kündigungsfristen unter Bedachtnahme auf die gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen, jedoch ohne Einhaltung der gesetzlichen Kündigungstermine oder längerer vertraglich vereinbarter Kündigungsfristen und abweichender Kündigungstermine (vgl etwa MGA KO9 § 25 E 12 und 12a jeweils mzwN, etwa zuletzt ZIK 1996, 210). Außerdem treten nach § 25 nicht nur die genannten Erleichterungen im Kündigungsrecht des Masseverwalters ein, sondern wird dem Arbeitnehmer auch ein besonderes Austrittsrecht zugebilligt. Weil durch die Anwendung dieser Bestimmung zugunsten der sonstigen Gläubiger in die Rechte des Arbeitnehmers eingegriffen wird müssen - im Sinne der oben dargestellten Judikatur - auch die formellen Voraussetzungen - also hier die Bekanntmachung - des Beschlusses, mit dem die Schließung des Unternehmens angeordnet oder bewilligt wurde, vorhanden sein. Die Verantwortung für die rechtzeitige Einbringung eines dahingehenden Antrages liegt - wie das Berufungsgericht zutreffend dargestellt hat - bei Masseverwalter. Auch wenn das Gericht nach Ablauf der Jahresfrist ohne einen Fristerstreckungsantrag des Masseverwalters die Schließung jedenfalls zu bewilligen hat, sind die besonderen Auflösungsrechte nach § 25 KO ausdrücklich an die Kundmachung des Bewilligungsbeschlusses gebunden. Mangels Vorliegens einer Kündigung im Sinne des § 25 KO sind daher die vom klagenden Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds geltend gemachten Forderungen als Masseforderung einzustufen.
Der Revision des Beklagten war somit nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG, 50 und 41 ZPO.
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