European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1986:0080OB00647.85.0319.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die zweitklagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 33.693,15 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Barauslagen von S 4.800,‑‑ und Umsatzsteuer von S 2.626,65) und dem Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei die mit S 30.119,26 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 2.738,11, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Kläger begehrten die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 7,510.799,‑‑ s.A. aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes im wesentlichen mit der Begründung, es sei ihnen ein Schaden in dieser Höhe dadurch entstanden, daß der Nebenintervenient auf Seiten des Beklagten als dessen Erfüllungsgehilfe es unterlassen habe, den Klägern davon Mitteilung zu machen, daß ein Antrag auf Genehmigung der Beteiligung von Devisenausländern an ihrem inländischen Unternehmen, der F* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG in E*, durch die Ö* abgewiesen worden sei. Infolge der Unterlassung dieser Mitteilung sei die Stellung eines neuerlichen derartigen Antrages und die Beschaffung der dafür erforderlichen Nachweise unterblieben. Dadurch sei ein Schaden in der Höhe des Klagsbetrages entstanden, der sich aus den entgangenen, bereits zur Verfügung gestandenen Zahlungen der in Aussicht genommenen deutschen Kommanditisten, den Kommanditeinlagen der beiden Kläger und aus von ihnen aufgewendeten Zinsen und Kosten zusammensetze.
Der Beklagte wendete im wesentlichen ein, der Erstkläger habe ihm nicht im eigenen Namen, sondern als Geschäftsführer der F* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG und im Namen anderer Personen Vollmacht und Auftrag erteilt, während die Zweitklägerin zu ihm überhaupt nie in einer vertraglichen Beziehung gestanden sei. Die beiden Kläger seien daher nicht aktiv klagslegitimiert. Der Nebenintervenient habe dem Erstkläger von dem negativen Schreiben der Ö* rechtzeitig Mitteilung gemacht; die Angaben der Kläger über den angeblichen Schadensbetrag seien nicht schlüssig.
Die Kläger führten zur Frage der aktiven Klagslegitimation aus, daß ihnen seitens der F* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG, an der beide Kläger als Kommanditisten beteiligt gewesen seien, sämtliche wie immer gearteten Ansprüche abgetreten worden seien; der Erstkläger hafte auch persönlich für eine Reihe von Gläubigerforderungen, sodaß die aktive Klagslegitimation jedenfalls gegeben erscheine (ON 7 S 24).
Der Beklagte bestritt das Vorliegen einer Zession von Ansprüchen der F* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG an die Kläger.
Über das Vermögen des Erstklägers wurde während des erstinstanzlichen Verfahrens der Konkurs eröffnet; das Verfahren hinsichtlich der Ansprüche des Erstklägers ist unterbrochen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren der Zweitklägerin ab.
Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Die F* Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in E*, deren beide einzelvertretungsbefugte Geschäftsführer die beiden Kläger waren, gründete mit den beiden Klägern als Kommanditisten die F* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG mit Sitz in E*, die auf Grund eines Beschlusses des Landesgerichtes Innsbruck vom 9. 7. 1980 in das Handelsregister eingetragen wurde. Gegenstand dieses Unternehmens war der Erwerb von Liegenschaften, die Errichtung von Baulichkeiten zur gewerblichen Vermietung und der Betrieb und die Verwaltung dieser Liegenschaften. Es bestand die Absicht, weitere Kommanditisten, und zwar deutsche Staatsbürger, in die F* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG aufzunehmen und so den Bau eines Appartementhauses in E* weiter zu finanzieren. Die F* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG hatte bereits Kaufverträge über Gesellschaftsanteile unter der Bedingung der Erteilung der erforderlichen Genehmigung der Ö* abgeschlossen. Der Erstbeklagte nahm vor dem Sommer 1980 mit dem Nebenintervenienten, der damals als Konzipient des Beklagten tätig war, Kontakt auf, um die Bewilligung der Ö* zum Geldtransfer bzw. zur Beteiligung der Devisenausländer am inländischen Unternehmen einzuholen. Im Oktober 1980 war der Hausbau in E* zu rund 70 % fertiggestellt und es waren bereits enorme Kosten aufgelaufen. Die Ö* lehnte die Zustimmung zur Beteiligung der Devisenausländer am inländischen Unternehmen mit Schreiben vom 18. November 1980 ab. Als die am Hausbau in E* tätig gewesenen Handwerker ihre Ansprüche etwa ab Mai 1981 klageweise geltend machten, anerkannten die beiden Kläger ihre persönliche Haftung für diese Forderungen, weil sie in E* seit Jahren persönlich gut bekannt waren und weil sie der Meinung waren, die erforderlichen Beträge doch noch aufzubringen. In diesem Zusammenhang besprachen die beiden Kläger, daß sie durch den Umstand, daß sie beide für Schulden der F* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG eingetreten seien, auch in die Forderung der F* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG eintreten und faßten diesen Umstand als Zession auf. Die potentiellen deutschen Käufer von Gesellschaftsanteilen waren bereits im Frühjahr 1981 von ihren Verträgen zurückgetreten. Die Liegenschaft in E* wurde zwangsversteigert. In dem vor dem Landesgericht Innsbruck durchgeführten Strafverfahren wegen fahrlässiger Krida wurde der Erstkläger mit Urteil vom 20. 5. 1983 gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Die F* Gesellschaft m.b.H. wurde am 6. 6. 1983 registermäßig gelöscht.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß der Zweitklägerin die aktive Klagslegitimation fehle. Die Abtretung von Forderungen der F* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG an die Kläger wäre ein Insichgeschäft, da die beiden Kläger die einzigen Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft, nämlich der F* Gesellschaft m.b.H., und gleichzeitig auch die einzigen Kommanditisten der F* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG seien. Ein Insichgeschäft sei zwar grundsätzlich möglich, doch dürfe dies zu keiner Schmälerung des zur Befriedigung der Gläubiger dienenden Stammkapitals führen. Die rechtliche Konstruktion sei hier trotz des Bestehens von zwei Gesellschaften und zwei mit diesen identen Geschäftsführern einer Einmanngesellschaft gleichzuhalten. In diesen Fällen wäre zur Durchführung einer gültigen Zession die Beiziehung eines Kollisionskurators erforderlich gewesen. Darüber hinaus wäre für eine gültige Zession im Hinblick darauf, daß beide Gesellschafter und Geschäftsführer Ehegatten seien, die Notariatsaktform notwendig gewesen.
Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Zweitklägerin gab das Berufungsgericht nur im Kostenpunkt, nicht aber in der Hauptsache Folge.
Das Berufungsgericht führte, ausgehend von den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes, rechtlich im wesentlichen aus, daß ein Insichgeschäft von dem gefährdeten Machtgeber entweder durch vorher erteilte Einwilligung oder doch durch nachträgliche Genehmigung gedeckt sein müsse; dabei könne diese Zustimmung oder Genehmigung nicht wiederum vom Vertreter erteilt werden. Wenn es wie hier um die Ausübung der Vertretungsmacht von Geschäftsführern einer Gesellschaft m.b.H. bzw. einer Gesellschaft m.b.H. & Co. KG gehe, müßten ungeachtet der sonstigen Regelung der Vertretung alle übrigen Geschäftsführer zustimmen; wenn nur ein einziger Geschäftsführer bestellt sei, müsse entweder ein vorhandener Aufsichtsrat zustimmen, andernfalls müßten die Gesellschafter selbst die Genehmigung erteilen. Da bei der Einmanngesellschaft dies wiederum ein- und dieselbe Person sein könne, werde für diesen Fall zur Gültigkeit des Insichgeschäftes die Erteilung der Zustimmung durch einen zu bestellenden Kollisionskurator gefordert. Ohne solche Zustimmung des Vertretenen könnte ein Insichgeschäft nur dann zulässig sein, wenn dadurch die Gefahr einer Interessenkollision nicht einmal zu befürchten sei. Beim Insichgeschäft müsse aber darüber hinaus, vor allem dann, wenn es auch für Dritte Wirkungen entfalten solle, der mit sich selbst kontrahierende Vertreter den Abschluß des Geschäftes so deutlich ausdrücken, daß er ihn nicht einseitig nach Belieben wieder rückgängig machen könne.
Im vorliegenden Fall handle es sich zwar nicht um eine Einmanngesellschaft, doch sei die rechtliche Situation die gleiche, da die beiden Kläger die einzigen Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft F* Gesellschaft m.b.H. und zugleich auch die einzigen Kommanditisten der F* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG gewesen seien. Es wäre daher aus diesem Grund für die Gültigkeit der Zession die Bestellung eines Kollisionskurators erforderlich gewesen, zumal keine Rede davon sein könne, daß eine Interessenkollision nicht einmal zu befürchten sei. Beweispflichtig für diesen Umstand und dafür, daß die übrigen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Insichgeschäftes und damit der vom Beklagten bestrittenen Zession gegeben seien, wären die Kläger gewesen. Ein solcher Beweis sei nicht erbracht worden. Vor allem aber fehle es an dem notwendigen Manifestationsakt, der verhindern würde, daß das Insichgeschäft des mit sich selbst abschließenden Vertreters unkontrolliert und einseitig nach Belieben wieder rückgängig gemacht werde. Die behauptete Zession sei daher schon aus diesem Grund ungültig, ohne daß noch prüfen wäre, ob auch noch die Notariatsaktform einzuhalten gewesen wäre.
Die Zweitklägerin vermeine darüber hinaus, daß sie auch gemäß § 1358 ABGB zur Geltendmachung der vorliegenden Forderung berechtigt gewesen wäre. Die Kläger hätten aber in erster Instanz nur vorgebracht, daß der Erstkläger für eine Reihe von Gläubigerforderungen (gegen die Gesellschaft m.b.H. & Co. KG) persönlich hafte und daraus seine aktive Klagslegitimation abzuleiten sei. Wenn die Berufungswerberin nunmehr ausführe, daß es richtig heißen solle, beide Kläger würden für Gläubigerforderungen persönlich haften, so mache sie damit eine im Berufungsverfahren unzulässige Neuerung geltend. Im übrigen trete ein Forderungsübergang nach § 1358 ABGB nur dann ein, wenn bereits Zahlung geleistet worden sei, was die Kläger in erster Instanz nicht einmal behauptet hätten.
Zu Recht habe daher das Erstgericht die Klage der Zweitklägerin schon mangels aktiver Klagslegitimation abgewiesen, sodaß es der von der Berufungswerberin vermißten Feststellungen zur Begründung ihres Anspruches nicht mehr bedürfe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Zweitklägerin. Sie bekämpft sie aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte und der Nebenintervenient haben Revisionsbeantwortungen mit dem Antrag erstattet, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs. 3 ZPO).
Aber auch der Rechtsrüge der Zweitklägerin kommt keine Berechtigung zu.
Nach Lehre und Rechtsprechung kommt dem Vermögen einer Person im Fall einer Schädigung kein absoluter Schutz zu; vielmehr steht nach der Lehre vom Schutzzweck der Norm nur dem unmittelbar Geschädigten ein Ersatzanspruch zu. Die Verursachung eines Vermögensschadens macht somit nur dann ersatzpflichtig, wenn sich die Rechtswidrigkeit der Schädigung etwa aus der Verletzung vertraglicher Pflichten, aus der Verletzung absoluter Rechte oder aus der Übertretung von Schutzgesetzen ableiten läßt (Koziol, Haftpflichtrecht2 II 20 f; SZ 56/199; JBl. 1985, 38; 8 Ob 20/85 ua.). Die Zweitklägerin hat im Verfahren erster Instanz ihren behaupteten Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten nicht auf derartige, ihr gegenüber gesetzte Haftungsgründe gestützt, sondern sinngemäß behauptet, daß durch das Verhalten des Nebenintervenienten, eines Erfüllungsgehilfen des Beklagten, dessen Vertragspartner, der F* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG, ein Schadenersatzanspruch entstanden sei, den diese beiden Kläger, ihren Kommanditisten, abgetreten habe. Die Zweitklägerin machte also ausschließlich einen angeblich ihr abgetretenen Schadenersatzanspruch der F* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG geltend.
Die Vorinstanzen haben das Vorliegen einer gültigen Zession eines gegen den Beklagten gerichteten Schadenersatzanspruches durch die F* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG an die Zweitklägerin verneint. Die Zweitklägerin gesteht in ihrer Revision die Richtigkeit dieser Rechtsansicht ausdrücklich zu, macht aber nunmehr geltend, daß sie „für diverse Verbindlichkeiten der F* Gesellschaft m.b.H. & Co. KG die Haftung als Bürge und Zahler übernommen habe und daher berechtigt sei, aus dem Titel des Schadenersatzes gegen den Beklagten bzw. den Nebenintervenienten vorzugehen“. Damit verletzt die Zweitklägerin zunächst das im Revisionsverfahren geltende Neuerungsverbot; im Verfahren erster Instanz wurde nur vorgebracht, daß der Erstkläger für eine Reihe von Gläubigerforderungen auch persönlich hafte (ON 7 S 24). Im übrigen ist nicht erkennbar, wie aus dieser Behauptung der Zweitklägerin ihre Aktivlegitimation hinsichtlich des geltend gemachten Schadenersatzanspruches gegen den Beklagten begründet werden könnte. Selbst wenn man nämlich diese Behauptung dahin verstehen könnte, daß die Zweitklägerin damit das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1358 ABGB behaupten wollte, ist daraus schon deswegen zu ihren Gunsten nichts zu entnehmen, weil, abgesehen von allen anderen Fragen, auch durch die Bezahlung von Forderungen von Gesellschaftsgläubigern nur deren Rechte auf die Zweitklägerin übergehen könnten, nicht aber Schadenersatzforderungen der Gesellschaft gegen den Beklagten.
Der Revision der Zweitklägerin mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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