OGH 8Ob638/93

OGH8Ob638/9328.4.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Jelinek., Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Roswitha G*****, vertreten durch Dr.Ursula Schwarz und Dr.Gerda Schildberger, Rechtsanwälte in Bruck/Mur, wider die beklagte Partei Gerd G*****, vertreten durch Dr.Heimo Schaffer, Rechtsanwalt in Bruck/Mur, wegen Feststellung (Feststellungsinteresse S 30.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Berufungsgerichtes vom 21.September 1993, GZ R 845/93-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Bruck/Mur vom 2.Juni 1993, GZ 6 C 112/92s-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.623,04 (darin S 603,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil vom 11.12.1990 gemäß § 49 EheG aus dem Alleinverschulden des Beklagten rechtskräftig geschieden.

Mit ihrer am 1.12.1992 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Feststellung, daß der Beklagte schuldig sei, ihr ab Klagstag einen monatlichen Unterhaltsbetrag in der Höhe von 40 % des Durchschnittsnettoeinkommens der Klägerin und des Beklagten abzüglich des Durchschnittsnettoeinkommens der Klägerin am Ersten eines jeden Monats im Vorhinein bei sonstiger Exekution zu bezahlen. Sie brachte vor, es bestehe zwar derzeit kein Unterhaltsanspruch, da das Einkommen der Parteien etwa gleich hoch sei, jedoch bestehe zur Absicherung der pensionsrechtlichen Ansprüche ein rechtliches Interesse an der Schaffung eines Unterhaltstitels mit einer zumindest bestimmbaren Unterhaltsverpflichtung.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung mit der Begründung, der Klägerin mangle es am Rechtsschutzinteresse, da eine Verwirkung des Unterhaltsanspruches nicht möglich sei.

Das Gericht erster Instanz gab dem Klagebegehren statt. Es erklärte, der Klägerin stehe gegenüber dem Beklagten gemäß § 66 EheG ein theoretischer Unterhaltsanspruch zu. Da ein Pensionsanspruch nur bei Vorhandensein eines Urteiles, einer Vereinbarung oder eines Vergleiches bestehe, habe die Klägerin ein berechtigtes Interesse, sich einen bestimmbaren Unterhaltstitel zu schaffen.

Das Gericht zweiter Instanz änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei und führte aus: Für die Zuerkennung der Witwenpension der geschiedenen Frau sei es erforderlich, daß die Unterhaltspflicht aufgrund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor der Ehescheidung eingegangenen vertraglichen Verpflichtung nicht nur dem Grunde nach feststehe, sondern daß auch die Anspruchshöhe bestimmt oder zumindest bestimmbar sei. Ein bloßes Feststellungsurteil reiche nicht aus. Dazu komme, daß der Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen derzeit gar kein Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten zustehe, somit im Falle dessen Todes auch kein Anspruch auf Witwenpension. Abgesehen davon könne der von der Klägerin angestrebte Titel nicht exekutiv durchgesetzt werden, da § 10a EO aufgehoben worden sei und zudem diese Bestimmung nur für Bezüge aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis gegolten hätte, während nach den Klagsangaben der Beklagte selbständiger Malermeister sei. Auch sei das Vorliegen eines tauglichen Titels dann zu verneinen, wenn von dem Bruchteil des Familieneinkommens die Einkünfte des Unterhaltsberechtigten abgezogen werden müßten.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Revision kommt keine Berechtigung zu.

Eine Feststellungsklage nach § 228 ZPO setzt ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen gerichtlichen Feststellung eines Rechtsverhältnisses oder Rechtes und eine tatsächliche Gefährdung der Rechtssphäre der Klägerin voraus. In diesem Sinne besteht ein Bedürfnis nach Zulassung einer Feststellungsklage nur dann, wenn das Feststellungsurteil tatsächlich den Zweck erfüllt, den Streitfall bindend zu klären, sodaß es aus aktuellem Anlaß geeignet ist, einen künftigen weiteren Rechtsstreit zu vermeiden. Prozessuale Vorteile allein genügen dafür ebensowenig wie die Feststellung von bloßen "Rechtslagen" (Fasching ZPR2 Rdz 1096 ff; derselbe, Kommentar III 67 ff, 69; 9 ObA 257/92; WBl 1993, 124; 9 ObA 72/93).

Diese in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfenden Voraussetzungen (Fasching ZPR2 Rdz 1102) liegen hier nicht vor. Zwischen den Parteien ist unstrittig, daß die Klägerin derzeit keinen Unterhaltsanspruch gegenüber dem Beklagten hat, da sie über ausreichendes eigenes Einkommen verfügt. Es mangelt daher am Vorliegen eines unmittelbaren aktuellen Anlasses, welcher die Klärung eines streitigen Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien erforderlich machen würde. Der Beklagte hat auch keinesfalls das Bestehen eines Unterhaltsanspruches der Klägerin dem Grunde nach bestritten und somit keinerlei Verhalten gesetzt, durch welches die Rechtssphäre der Klägerin beeinträchtigt werden könnte.

Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin könnte das von ihr gewünschte Feststellungsurteil auch im Falle der Stattgebung einen Pensionsanspruch nicht begründen. Der Versicherte muß nämlich zur Unterhaltsleistung aufgrund eines der im § 258 Abs.4 ASVG bzw. § 136 Abs.4 GSVG angeführten Titel, also eines gerichtlichen Urteiles, gerichtlichen Vergleiches oder eines vor der Auflösung der Ehe eingegangenen Vertrages zum Zeitpunkt seines Todes zur Unterhaltsleistung verpflichtet gewesen sein (insofern hat auch die Novellierung der genannten Gesetzesstellen durch BGBl. 1993/335 bzw. BGBl. 1993/336 keine entscheidungswesentliche Änderung gebracht). Die bloße Vereinbarung, der Klägerin nach der Scheidung Unterhalt leisten zu wollen, ohne daß die Höhe dieses Unterhaltsbetrages feststellbar wäre, erfüllt mangels Festlegung einer konkreten Unterhaltsleistung nicht die Voraussetzungen des § 258 Abs.4 ASVG bzw. § 136 Abs.4 GSVG (SZ 60/258; SSV-NF 5/112). Ein Titel, der den Unterhalt mit einem Bruchteil der Summe der Einkünfte geschiedener Ehegatten abzüglich der Einkünfte der Frau festlegt, ist nicht bestimmbar im Sinne des gemäß Art.XXXIV Abs.4 der EO-Nov. 1991 weiter anzuwendenden § 10a EO (SZ 58/46), wie bereits das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat.

Es war daher der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.

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