Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Beschluß des Rekursgerichtes wird mit der Maßgabe bestätigt, daß der Beschluß des Erstgerichtes vom 6. Juli 1988, 28 A 172/88-15, aus Anlaß des dagegen erhobenen Rekurses der erbserklärten Erben als nichtig aufgehoben wird.
Text
Begründung
Johann K*** verstarb am 14.1.1988 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Anordnung. Die gesetzlichen Erben gaben zu je einem Drittel des Nachlasses die unbedingte Erbserklärung ab und erstatteten ein eidesstättiges Vermögensbekenntnis. In das Vermögensbekenntnis wurden unter anderem Wertpapiere mit einem Nominale von S 1,285.000,-- und S 1,189.000,-- aufgenommen; die Nachlaßaktiva betrugen S 3,366.421,53, die Nachlaßpassiva S 33.428,--, sodaß sich ein reines Nachlaßvermögen von S 3,332.993,53 ergab.
Mit rechtskräftigem Beschluß des Erstgerichtes vom 22.4.1988, 28 A 172/88-9, wurden 1.) die Erbserklärungen der Karoline K***, Christa B*** und Gertrude A*** zu Gericht angenommen und der Erbrechtsausweis als erbracht angesehen. Im Punkt 2.) des Beschlusses legte das Erstgericht der Verlassenschaftsabhandlung Nachlaßaktiva und -passiva vom Vermögensbekenntnis abweichend mit S 912.421,53 und S 32.598,-- zugrunde, sodaß der reine Nachlaß S 879.823,53 betrug.
Mit dem Beschluß vom 6.7.1988, 28 A 172/88-15, wiederholte das Erstgericht die Punkte 1.) und 2.) des vorangeführten Beschlusses und führte im Punkt 3.) aus, daß der Nachlaß sogleich eingeantwortet, die entworfene Einantwortungsurkunde ausgestellt und zugestellt werde. Der erblasserischen Witwe Karoline K*** werde die abhandlungsbehördliche Ermächtigung erteilt, über im einzelnen angeführtes Nachlaßvermögen treuhändig gegen nachträgliche Verrechnung mit den Miterben allein und vollkommen frei zu verfügen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Erben, der sich nur gegen den Punkt 2.) des erstgerichtlichen Beschlusses mit dem Antrag richtete, ihn dahin abzuändern, daß bei dem der Verlassenschaftsabhandlung zugrundegelegten eidesstättigen Vermögensbekenntnis die Aktiva auf insgesamt S 3,366.421,53 erhöht werden, sohin der Reinnachlaß mit S 3,333.823,53 festgesetzt werde, oder den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen, nicht Folge. Es vertrat die Auffassung, daß über den hier allein strittigen Punkt 2.) des erstgerichtlichen Beschlusses vom 6.7.1988, 28 A 172/88-15, bereits der rechtskräftige Beschluß vom 22.4.1988, 28 A 172/88-9, vorliege. Da der Beschluß des Erstgerichtes vom 22.4.1988 in formelle und materielle Rechtskraft erwachsen sei, habe das Erstgericht mit dem angefochtenen Beschluß eine neuerliche Entscheidung über diesen Punkt nicht mehr treffen können. Die Erben versuchten mit dem nunmehrigen Rechtsmittel den Fehler zu sanieren, daß sie den ursprünglich gefaßten Beschluß des Erstgerichtes unzulässigerweise als "Verlassenschaft" bekämpft haben und dieser Rekurs damals zurückgewiesen wurde.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich das als außerordentlicher Revisionsrekurs bezeichnete Rechtsmittel der genannten Erben mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß und Punkt 2.) des Beschlusses des Erstgerichtes vom 6.7.1988, 28 A 172/88-15, dahin abzuändern, daß die Aktiva auf insgesamt S 3,366.421,53 erhöht und der Reinnachlaß mit S 3,333.823,53 festgesetzt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel ist nicht berechtigt.
Zunächst ist klarzustellen, daß nach ständiger Rechtsprechung ein Vergreifen der Vorinstanz in der Entscheidungsform weder die Zulässigkeit noch die Behandlung des Rechtsmittels beeinflußt (JBl 1960, 260; 1 Ob 1, 2/78 uza). Wie sich aus den Darlegungen des Rekursgerichtes ergibt, gelangte es deshalb zur "Bestätigung" des Punktes 2.) des erstgerichtlichen Beschlusses, weil nach seiner Auffassung dieser Punkt zwischen den Parteien bereits rechtskräftig entschieden worden sei und die bloß "deklaratorische" Wiederholung desselben keine Rechtswirksamkeit erlangen könne. Es hat sich hiebei allerdings in der Entscheidungsform insoweit vergriffen, als es zufolge seiner Rechtsansicht den angefochtenen Beschluß nicht bestätigen, sondern ihn aus Anlaß des Rekurses wegen angenommener Rechtskraft der ersten Entscheidung als nichtig beheben hätte müssen. Gegen diese so verstandene Entscheidung des Rekursgerichtes ist aber der Rekurs ohne die Beschränkung auf die Anfechtungsgründe des § 16 AußStrG zulässig. Er ist allerdings nicht berechtigt, weil das Rekursgericht zutreffend von der Rechtskraft des Beschlusses vom 22.4.1988, 28 A 172/88-9, ausgegangen ist. Auch Verfügungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit kommt grundsätzlich materielle Rechtskraft zu (SZ 38/194 uza), die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten ist (EvBl 1968/32; SZ 44/180 uza). Wenngleich das Erstgericht nur seinen schon einmal gefaßten Beschluß wiederholte, hat es damit gegen das auch im Außerstreitverfahren geltende Wiederholungsverbot (= "ne bis in idem") verstoßen. Die auf dem Boden der Rechtskraft des erstgerichtlichen Beschlusses vom 22.4.1988, 28 A 172/88-9, stehende Entscheidung des Rekursgerichtes war zwar zu bestätigen; diese Bestätigung hatte aber als Konsequenz der dargelegten Erwägungen mit der Maßgabe zu erfolgen, daß die Wiederholung des erstgerichtlichen Beschlusses vom 6.7.1988, 28 A 172/88-15, aus Anlaß des Rekurses als nichtig beseitigt werden mußte.
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