OGH 8Ob611/91

OGH8Ob611/9124.9.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Helmut F*****, vertreten durch Dr.Peter Knirsch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Michael G*****, wegen S 255.803,53 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22. Mai 1991, GZ 17 R 74/91-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 3. Dezember 1990, GZ 30 Cg 19/89-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt aus dem Titel der Regressforderung die Zahlung eines Betrages von S 255.803,53 s.A. mit folgendem Vorbringen:

Die W*****g.m.b.H. sei Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** gewesen, habe ob dieser Liegenschaft eine Appartmentanlage errichtet und an den einzelnen Wohnungen Wohnungseigentum begründet. Mit Kaufvertrag vom 22. November 1977 habe Gisela W***** einen Miteigentumsanteil verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung top Nr. ***** von der Firma W***** gekauft. Laut Punkt 10 des Vertrages hätten beide Vertragspartner den Kläger bevollmächtigt, sämtliche zur grundbücherlichen Durchführung notwendigen Schritte vorzunehmen. Die Vermittlerin, die V*****, habe jedoch den Kaufvertrag entgegen den getroffenen Vereinbarungen nicht an den Kläger, sondern an die beklagten Parteien - im Verfahren gegen den Erstbeklagten Dr.G***** wurde in der Folge ewiges Ruhen vereinbart - übermittelt. Obwohl die Beklagten von keinem der Vertragsteile bevollmächtigt gewesen seien und die ausschließliche Bevollmächtigung des Klägers in der Vertragsurkunde niedergelegt worden sei, hätten die Beklagten es unterlassen, den an sie übersandten Kaufvertrag an den Kläger weiterzuleiten. Sie seien vielmehr ohne Vollmacht für die Vertragsteile eingeschritten, hätten den Kaufvertrag beim Finanzamt angezeigt und seien auch bei der Österreichischen Nationalbank wegen Erteilung der devisenrechtlichen Genehmigung eingeschritten. Zur Besicherung der lastenfreien Übertragung der von Gisela W***** erworbenen Liegenschaftsanteile habe der Kläger einen Ranganmerkungsbeschluß für die beabsichtigte Veräußerung dieser Liegenschaft erwirkt. Diese Ranganmerkung sei allen Pfandrechten vorangegangen und bis 26. April 1978 wirksam gewesen. Die Begründung von lastenfreiem Eigentum zu Gunsten Gisela W***** hätte demnach bis längstens 26.4.1978 erfolgen müssen und dies sei auch den Beklagten bekannt gewesen. Trotz dieses Umstandes hätten ihm die Beklagten erst mit Schreiben vom 25.9.1978 den Originalvertrag übermittelt, sodaß er eine lastenfreie Verbücherung nicht mehr habe durchführen können. In weiterer Folge hätten die Pfandgläubiger eine Zwangsversteigerung der von Gisela W***** erworbenen Miteigentumsanteile betrieben. Der Zuschlag sei dem Ehegatten von Gisela W***** um das Meistbot von S 555.000,-- erteilt worden. Letztere habe ihre Schadenersatzansprüche an ihren Ehegatten abgetreten und der Kläger habe diesem das Meistbot samt Nebenspesen, insgesamt S 611.607,07, ersetzt. Davon habe die Berufshaftpflichtversicherung des Klägers einen Betrag von S 100.000,-- übernommen, den Restbetrag von S 511.607,07 habe der Kläger aus eigenem bezahlen und dafür einen mit 8,75 % verzinsten Kredit aufnehmen müssen. Die Beklagten treffe ein Mitverschulden von mindestens 50 % am Schadenseintritt, der Kläger mache daher eine Regressforderung in der Höhe des halben Schadensbetrages geltend. Das rechtswidrige Verhalten der Beklagten liege darin, daß sie den an sie von der Firma V***** übersandten Kaufvertrag zurückbehalten hätten, obwohl in diesem Vertrag eine Bevollmächtigung und Treuhandschaft des Klägers beurkundet gewesen sei. Bei sofortiger Ausfolgung des Vertrages an den Kläger als Vollmachtsträger und Treuhänder wäre ein Schadenseintritt unterblieben.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens, bestritten ein Verschulden und wendeten ein, sie hätten am 22.11.1977 eine Vertragsausfertigung von der Firma V***** erhalten und zunächst interessewahrend eine fristgerechte Gebührenanzeige vorgenommen. Mit Schreiben vom 13.1.1978 habe ihnen der Kläger als Vertreter der Käuferin Gisela W***** mitgeteilt, daß der von der Firma V***** an sie übersandte Vertrag auf Grund einer angeblichen Textänderung als gegenstandslos anzusehen sei, habe ersucht, in dieser Vertragssache nicht mehr weiter tätig zu werden und sie auf sich beruhen zu lassen. Diese Mitteilung des Klägers habe die Firma V***** telefonisch bestätigt, sodaß die Beklagten in dieser Angelegenheit nichts mehr weiter unternommen hätten. Erst mit Schreiben vom 27.6.1978 habe der Kläger dann angefragt, ob der Kaufvertrag der Gisela W***** vor Ablauf der Rangordnung von den Beklagten verbüchert worden sei. Ein Fehlverhalten ihrerseits liege nicht vor. Schäden seien Gisela W*****, wenn überhaupt, nur durch das Verhalten des Klägers entstanden. Im übrigen werde vorsichtshalber Verjährung eingewendet, da der Kläger spätestens seit 27.7.1978 gewußt habe, daß der Kaufvertrag nicht mehr im Rang der Rangordnung verbüchert werden konnte und die bestehenden Zwischeneintragungen daher Gisela W***** belasten würden.

Das Erstgericht wies das gegen den nunmehr alleinigen (ursprünglich Zweit-) Beklagten gerichtete Klagebegehren ab. Es stellte fest:

Mit Kaufvertrag vom 17.5.1977/22.11.1977 verkaufte die W*****g.m.b.H. einen Miteigentumsanteil an der Liegenschaft EZ ***** verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung top Nr.***** an Gisela W*****. Nach § 10 dieses Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages bestellten beide Vertragsparteien den Kläger zum Treuhänder und bevollmächtigten ihn, sämtliche zur Errichtung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages notwendigen Schritte vorzunehmen. Nach Unterfertigung des Vertrages durch die Vertragsparteien erfolgte durch Austausch einzelner Blätter eine Manipulation, wobei ungeklärt ist, wer diese Urkundenfälschung vornahm. In einer verfälschten Vertragsausfertigung weicht § 10 vom Text des Originalvertrages ab. Anstelle einer Bevollmächtigung des Klägers ist in der verfälschten Vertragsausfertigung eine Bevollmächtigung der Kanzlei Dr.Friedrich G*****/Dr.Michael G***** - der beiden Beklagten dieses Verfahrens - enthalten. Andere diesen Wohnbau betreffende Kaufverträge enthielten teilweise eine Bevollmächtigung des Klägers und teilweise eine Bevollmächtigung der beiden Beklagten. Der Kläger erwirkte zu TZ ***** des BG W***** einen Ranganmerkungsbeschluß, der bis 26.4.1978 rechtswirksam war und unter anderem die von Gisela W***** erworbenen Liegenschaftsanteile betraf. Die Vermittlerin, die V*****, übersandte jedoch den Originalvertrag zwischen der Firma W***** und Gisela W*****, indessen § 10 die Bevollmächtigung des Klägers enthalten war, nicht an den Kläger, sondern an die Beklagten. Diese zeigten den Vertrag am 6.12.1977 dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern an und verfaßten ein Ansuchen an die Österreichische Nationalbank um devisenrechtliche Genehmigung. Nachdem der Kläger Kenntnis davon erlangt hatte, daß der Kaufvertrag mit Gisela W***** an die Beklagten

übermittelt worden war, richtete er ein Schreiben vom 13.1.1978 an diese, wußte damals allerdings nicht, daß der Originalvertrag mit seiner Bevollmächtigung an die Beklagten übermittelt worden war. Er nahm vielmehr an, daß diese den verfälschten Vertrag erhalten hätten. In seinem Schreiben teilte er als Bevollmächtigter der Gisela W***** den Beklagten mit, daß Frau W***** den Vertrag für ungültig und gegenstandlos erkläre und ersuchte die Beklagten, "in der Vertragssache Gisela W***** nicht mehr weiter tätig zu werden und die Sache auf sich beruhen zu lassen". Die Beklagten setzten (außer dem Ansuchen um devisenrechtliche Genehmigung) in der Vertragsache keine weiteren Schritte und behielten den Originalvertrag in ihrem Handakt zurück. Mit Schreiben vom 27.6.1978 fragte der Kläger bei den Beklagten an, ob sie die Verbücherung des Kaufvertrages mit Gisela W***** beim BG W***** beantragt hätten. Am 25.9.1978 antwortete der (ursprünglich Zweit) Beklagte dem Kläger, daß er mangels eines dahingehenden Auftrages den Kaufvertrag nicht zur Verbücherung habe bringen können und übersandte ihm den Originalvertrag samt Unbedenklichkeitsbescheinigung. Der Kläger brachte hierauf am 15.10.1978 den Verbücherungsantrag für Frau W***** ein. Da jedoch die Rangordnungsanmerkung mit 26.4.1978 abgelaufen war erfolgte die Einverleibung im Range nach den in der Zwischenzeit einverleibten Pfandrechten. Bei Ausnutzung der seinerzeitigen Rangordnungsanmerkung wäre eine lastenfreie Eigentumsübertragung an Gisela W***** möglich gewesen. Am 9.10.1980 teilte Gisela W***** dem Kläger mit, daß ein Pfandgläubiger von ihr Zahlung verlangt habe. Am 6.11.1984 fand die von den Pfandgläubigern angestrengte Zwangsversteigerung der Liegenschaftsanteile statt, bei der dem Ehegatten von Gisela W***** um das Meistbot von S 555.000,-- der Zuschlag erteilt wurde. Gisela W***** trat ihre Schadenersatzansprüche gegen den Kläger an ihren Ehegatten ab. Der Kläger ersetzte diesem das Meistbot samt Nebenspesen und zwar insgesamt den Betrag von S 611.607,07. Die Berufshaftpflichtversicherung des Klägers übernahm einen Betrag von S 100.000,--, den Restbetrag mußte er selbst finanzieren.

In seiner rechtlichen Beurteilung erklärte das Erstgericht, es könne dahingestellt bleiben, ob dem Beklagten ein schuldhaftes Fehlverhalten anzulasten sei oder ob er aufgrund des Schreibens des Klägers vom 13.1.1978 darauf vertrauen habe dürfen, daß er keinerlei weitere Schritte unternehmen müsse, denn die Verjährungseinrede sei jedenfalls berechtigt. Spätestens am 9.10.1980, als Gisela W***** dem Kläger mitgeteilt habe, daß ein Pfandgläubiger von ihr Zahlung verlangte, sei für den Kläger nämlich vorhersehbar gewesen, daß mit Ersatzansprüchen gegen ihn und damit einem Schadenseintritt zu rechnen sei. Ab diesem Zeitpunkt habe die 3-jährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB zu laufen begonnen, sodaß sie zum Zeitpunkt der Klageeinbringung jedenfalls bereits abgelaufen gewesen sei.

Das mit Rechtsrüge angerufene Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil und erklärte die Revision für zulässig. Es trat den Berufungsausführungen bei, wonach die Rechtsprechung zur Verjährung von Rückgriffsforderungen uneinheitlich sei. Die neuere Lehre (Koziol Haftpflichtrecht2 I 302; Reischauer in Rummel ABGB2 Rz 9 zu § 1302) vertrete den Standpunkt, daß für solche Forderungen die 3-jährige Verjährungszeit gelte. Dieser Ansicht schließe sich das Berufungsgericht an. Zwar beginne im Falle des § 1302 ABGB nach der Rechtsprechung die Verjährung erst mit dem Zeitpunkt der tatsächlichen Ersatzleistung; werde der Ersatzanspruch der Regressberechtigten aber eben als Schadenersatzanspruch qualifiziert so erscheine dies inkonsequent, weil auch hier das Kriterium der Kenntnis des Schadens und des Schädigers gelten müsse (Mader in Schwiman ABGB Rz 19 zu § 1489). Im vorliegenden Falle hätte der Kläger spätestens seit dem 9.10.1980 als dem Tag, an dem ihm Gisela W***** Mitteilung vom Zahlungsbegehren eines Pfandgläubigers gemacht hatte, Feststellungsklage erheben können. Bei Klageeinbringung sei der Rückgriffsanspruch des Klägers daher bereits verjährt gewesen. Demgemäß könne es dahingestellt bleiben, ob der Beklagte im Hinblick auf das Schreiben des Klägers vom 13.1.1978 überhaupt verpflichtet gewesen sei, die ihm gar nicht vom Kläger übermittelte Kaufvertragsausfertigung ohne ausdrückliche Aufforderung an diesen weiterzuleiten und zufolge dieser Unterlassung ein vorwerfbares Mitverschulden hinsichtlich der nicht rechtzeitigen Verbücherung des Kaufvertrages zu vertreten habe.

Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhebt der Kläger eine auf den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Klagestattgebung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Revisionswerber bekämpft die berufungsgerichtliche Rechtsansicht mit dem Hinweis auf die Entscheidung SZ 60/55, nach der trotz gegenteiliger Auffassungen in der Lehre für Regressansprüche die 30-jährige Verjährungsfrist gelte. Auch in der Frage des Beginnes der Verjährungszeit sei im Sinne der Entscheidung SZ 43/15 jedenfalls vom Zeitpunkt der Ersatzleistung des Regressberechtigten auszugehen, denn sein Ausgleichsanspruch entstehe eben durch seine tatsächliche Zahlung und nicht mit dem Zeitpunkt der Entstehung des Schadens. Nach dieser gesamten Rechtslage sei der Klageanspruch somit nicht verjährt. Den Beklagten sei jedenfalls ein schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten im Zusammenhang mit der grundbücherlichen Durchführung des Wohnungseigentumsvertrages anzulasten.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber im Ergebnis nicht gerechtfertigt.

In der Verjährungsfrage beruft sich der Revisionswerber zu Recht auf die mit ausführlicher Begründung die von den Vorinstanzen zitierte teilweise gegenteilige Lehre ablehnende Entscheidung SZ 60/55, der sodann auch die Entscheidungen 8 Ob 2/87, sowie SZ 60/235 vollinhaltlich gefolgt sind. In ihr wurde ausdrücklich auf die bisherige ständige und im einzelnen zitierte Rechtsprechung verwiesen, nach der Regressansprüche von Solidarschuldnern im Sinne des § 1302 ABGB als eigene Ausgleichsansprüche in der Regel nach 30 Jahren verjähren. Dabei wurde zu der von einem Forderungsübergang gemäß § 1358 ABGB ausgehenden Lehre ausführlich Stellung genommen und unter Hinweis auch auf die dieser Lehre bei vergleichbarer Rechtslage entgegenstehende deutsche Lehre und Rechtsprechung der Standpunkt vertreten, daß, anders als zwischen Gläubiger und Gesamtschuldnern im Verhältnis zwischen den Gesamtschuldnern selbst, mangels einer zwischen ihnen bestehenden besonderen Innenbeziehung die Anwendung der kurzen Verjährungsfristen nicht gerechtfertigt erscheine, weil dem Argument der Vermeidung von Beweisschwierigkeiten nicht dieselbe Bedeutung zukomme und hinsichtlich der Ausgleichsquoten mangels eines besonderen Verhältnisses ohnehin eine gesetzliche Regelung bestehe. In der Entscheidung 8 Ob 2/87 wurde demgemäß zusammenfassend wiederum ausgesprochen, daß es sich nach der überwiegenden Lehre und ständigen (grundsätzlichen) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes beim Regressanspruch gemäß §§ 1301, 1302 ABGB seiner Rechtsnatur nach nicht um einen Schadenersatzanspruch im Sinne des § 1489 ABGB sondern um einen dem Aufwandersatz nach § 1042 ABGB ähnlichen, selbständigen Anspruch handelt, der vom Ersatzanspruch des Geschädigten verschieden ist, und daher auch nicht der in § 1489 ABGB normierten kurzen 3-jährigen, sondern der ordentlichen 30-jährigen Verjährungszeit des § 1479 ABGB unterliegt. Auch der nunmehr erkennende Senat folgt diesem Standpunkt.

Im übrigen ist dem Revisionswerber in der Verjährungsfrage auch insoweit grundsätzlich rechtzugeben, als nach der ebenfalls ständigen Rechtsprechung die Verjährung des Regressanspruches erst mit der tatsächlichen Zahlung beginnt, weil der Regressanspruch des Mitschädigers erst zu diesem Zeitpunkt entsteht (SZ 54/12, SZ 60/73; 14 Ob A 80/87; 6 Ob 525/90 = ecolex 1990, 406 ua).

Der gegenständliche Regressanspruch wäre demnach im Sinne der Revisionsausführungen nicht schon verjährt. Dennoch wurde die Klage im Ergebnis zurecht abgewiesen, denn es ist sein Bestand deswegen zu verneinen, weil das ihn behauptetermaßen begründende 50 %ige Mitverschulden des Beklagten an der durch die Versäumung der rechtzeitigen Verbücherung des Kaufvertrages eingetretenen Schädigung der Gisela W***** nicht vorliegt.

Nach den Feststellungen wurde der die gegenständliche Kaufsache Gisela W***** betreffende Kaufvertrag nach der Unterfertigung durch die Vertragsteile auf nicht mehr aufklärbare Weise hinsichtlich des das Bevollmächtigungsverhältnis regelnden § 10 verfälscht, eine Mitwirkung des Beklagten an dieser Verfälschung wurde vom Kläger aber nicht behauptet und auch nicht festgestellt. Wohl steht dagegen fest, daß auch die Kanzlei des Beklagten in diesen Wohnbau betreffenden anderen Kaufverträgen bevollmächtigt worden war.

Im Hinblick auf die der Gisela W***** zugekommene verfälschte Vertragsausfertigung, derzufolge nicht der Kläger sondern die - ursprünglich beiden - Beklagten als ihre Bevollmächtigte einschreiten sollten und der ihr günstige Vertragspunkt 15 über die Gerichtsstandvereinbarung abgeändert wurde, erklärte Gisela W***** dem Kläger im Sinne seines an die - ursprünglich beiden - Beklagten gerichteten Schreibens vom 13.1.1978 (Beilage ./1), daß dieser Kaufvertrag als gegenstandslos anzusehen sei.

In diesem Schreiben teilte der Kläger seinerseits den Beklagten "die Gründe, die Frau W***** veranlassen, diesen Vertrag für ungültig und gegenstandslos zu erklären", dahin mit, daß 1. die "Vertragsausfertigung" mit dem richtigen Inhalt des § 10 von Gisela W***** nach Leistung ihrer Unterschrift als Käuferin an die Vermittlerin Firma V***** übermittelt worden sei, die Vermittlerin aber "nicht diesen Vertrag" zur Unterschriftsleistung an den Vertragspartner weitergeleitet habe und "offenbar" die die § 10 und 15 betreffenden "Vertragsseiten" ausgewechselt worden seien. Unter 2. schrieb der Kläger: "Ich glaube, Sie sehr geehrter Herr Kollege können sich nun vorstellen, welche Reaktion diese Vorgangsweise ausgelöst hat und auch noch in Zukunft auslösen wird. Ich muß Sie daher ersuchen, in der Vertragssache Gisela W***** nicht mehr weiter tätig zu werden und die Sache auf sich beruhen zu lassen."

Mit Schreiben vom 27.6.1978 (Beilage ./2), also nach Ablauf der bis zum 28.4.1978 gültigen Ranganmerkung, fragte der Kläger beim Beklagten an, ob die Verbücherung rechtzeitig durchgeführt worden sei. Der Beklagte antwortete mit dem in Kopie im Akt erliegenden Schreiben vom 10.7.1978 (Beilage ./4), daß er im Hinblick auf das Schreiben des Klägers vom 13.1.1978 für Gisela W***** lediglich noch die in einem gemeinsamen Antrag von 27 Käufern enthaltene Antragstellung an die Nationalbank vorgenommen, sonst aber auftragsgemäß nichts mehr unternommen habe. Schließlich teilte er am 25.9.1978 (Beilage ./5) dem Kläger mit, daß er keinen Auftrag zur Verbücherung des als gegenstandslos erklärten Vertrages gehabt habe und diesen hiemit im Original zurücksende.

Aus diesen Feststellungen folgt, daß der Kläger als der mit der Durchführung des Kaufvertrages von Gisela W***** allein Bevollmächtigte dem Beklagten am 13.1.1978 jede weitere Tätigkeit in dieser Vertragssache untersagte. Er hatte somit aber - soferne der Vertrag überhaupt aufrecht geblieben war - in jedem Fall ab diesem Zeitpunkt allein für die weitere, insbesondere bücherliche Durchführung des gegenständlichen Kaufvertrages zu sorgen. Zu diesem Zwecke mußte er sich insbesondere zur Wahrung der aufgrund seines eigenen Einschreitens seinerzeit herbeigeführten Ranganmerkung und des in seinen Händen befindlichen Rangordnungsbeschlusses jedenfalls rechtzeitig den Originalkaufvertrag beschaffen. Da er der Meinung war, der Beklagte habe nur eine gefälschte Vertragsausfertigung bekommen, mußte er sich jedenfalls an die Vermittlerin V***** wenden, - diese hätte nach seinen eigenen Angaben in der Parteienvernehmung (ON 22 AZ 72) den Vertrag nach Ausfertigung ohnehin ihm zurückmitteln müssen -, und von ihr den Originalvertrag abverlangen.

Tatsächlich hat der Kläger in der Zeit vom 13.1.1978 bis über den Zeitpunkt des Ablaufes der Ranganmerkung am 28.4.1978 hinaus aber gar nichts unternommen, um sich den Originalvertrag zu verschaffen und sodann als allein zur Vertragsdurchführung Bevollmächtigter pflichtgemäß die Verbücherung rechtzeitig in die Wege zu leiten. Darin liegt ein schwerer Sorgfaltsverstoß, denn er mußte wissen, daß nur er mit dem in seinem Besitz befindlichen Rangordnungsbeschluß ein entsprechendes Verbücherungsgesuch wirksam stellen konnte.

Der Beklagte dagegen hatte zwar auf Grund des Schreibens des Klägers vom 13.1.1978 jedenfalls die Pflicht, den ihm von der Vermittlerin zugeleiteten Originalvertrag an den Kläger weiterzuleiten. Der Hinweis auf die Gegenstandslosigkeit des Vertrages und die ausdrückliche Aufforderung des Klägers an ihn, in dieser Vertragssache nicht mehr weiter tätig zu werden und die Sache auf sich beruhen zu lassen waren jedoch zweifellos geeignet, ein Versehen hinsichtlich der Rückmittlung des Originalvertrages auszulösen oder zu begünstigen. Unter diesen Umständen tritt die Pflichtverletzung des Beklagten im Verhältnis zum eigenen schweren Sorgfaltsverstoß des Klägers jedoch derart zurück, daß sie bei der Festsetzung der Verschuldens- und Verursachungsanteile gemäß den §§ 1302, 896 ABGB (7 Ob 181/73; SZ 51/105; SZ 60/55 ua.) zu vernachlässigen ist.

Demgemäß war der Revision ein Erfolg zu versagen.

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