Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger die mit S 14.338,40 (darin keine Barauslagen und S 1.302,58 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 4. März 1982 ereignete sich um etwa 10 Uhr vormittags auf der Tirolerstraße (B 171) in Imst unweit der Mobil-Tankstelle ein Verkehrsunfall, bei dem der Kläger als Fußgänger durch den vom Erstbeklagten gelenkten, von der Zweitbeklagten gehaltenen und bei der Drittbeklagten gegen Haftpflicht versicherten PKW Mercedes 240 D, Kennzeichen T 63.262, beim Überqueren der Fahrbahn niedergestoßen und schwer verletzt wurde.
Der Kläger forderte unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von einem Drittel S 424.434,-- s.A. und stellte auch ein Feststellungsbegehren. Er brachte vor, den Erstbeklagten treffe ein mit zwei Dritteln zu bewertendes Verschulden an dem Unfall, weil er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h nicht eingehalten und offensichtlich auch verspätet reagiert habe. Dem Kläger gebühre u. a. ein Gesamtschmerzengeld von rechnungsmäßig S 600.000,--. Da er bei dem Unfall einen gesundheitlichen Dauerschaden erlitten habe, habe er ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung. Die Beklagten beantragten Klagsabweisung und wendeten ein, daß das Alleinverschulden am Unfall dem Kläger zur Last falle, weil er durch sein leichtsinniges Verhalten dem Erstbeklagten keine Möglichkeit gelassen habe, den Unfall zu verhindern. Der Erstbeklagte habe jede nach den Umständen gebotene Sorgfalt beachtet. Die Schmerzengeldforderung des Klägers sei überhöht und ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung nicht gegeben. Jene Ansprüche, die Gegenstand der bei der Streitverhandlung vom 7. November 1985 vorgenommenen Klagsausdehnung waren, seien verjährt. In Ermangelung einer früheren Fälligstellung seien Verzugszinsen erst ab Klagszustellung berechtigt. Das Erstgericht sprach dem Kläger S 318.325,50 s.A. zu und stellte die Haftung der Beklagten für die künftigen Unfallsschäden des Klägers im Umfang von 50 % fest; das Mehrbegehren von S 106.108,50 s.A. sowie das Feststellungsmehrbegehren wurden abgewiesen. Das Erstgericht ging hiebei im wesentlichen von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:
Von Karres kommend, fuhr der Erstbeklagte auf der B 171 nach Imst und hatte auf eine Entfernung von mehr als 200 m uneingeschränkte Sicht auf die spätere Unfallstelle. Etwa 70 m vor der Unfallendstellung des PKWs weist die Fahrbahn in der Fahrtrichtung des Erstbeklagten eine Steigung von 2 % auf, die bis zur Unfallendstellung auf 4 % zunimmt. 110 m südlich der Unfallendstellung des PKWs sind die Gebotsschilder "80 km; Überholverbot" angebracht. Zum Unfallszeitpunkt herrschte Sonnenschein. Die mit Rauhasphalt bedeckte Fahrbahn war trocken. Der Erstbeklagte fuhr mit einer Geschwindigkeit von 91 km/h. Als er sich der späteren Unfallstelle näherte, überquerte der Kläger als Fußgänger die Fahrbahn der B 171 von Südwesten in Richtung Nord oder Nordosten. 2,5 Sekunden vor der Kollision faßte der Erstbeklagte den Bremsentschluß; sein Fahrzeug befand sich in diesem Augenblick 45 m südöstlich der späteren Unfallstelle. Der PKW zeichnete eine 42,7 m lange Blockierspur ab. Der Kläger überquerte die Fahrbahn etwa im rechten Winkel zur Fahrbahnlängsachse und bewegte sich mit einer mittleren Geschwindigkeit von 6 km/h. Für den Erstbeklagten bot der Kläger einen für einen Bremsentschluß ausreichenden Auffälligkeitswert erst, nachdem er etwa 1 m vom südwestlichen Fahrbahnrand entfernt war und sich in Richtung Fahrbahnmitte bewegte. Von dieser Position hatte der Kläger bis zum Kollisionsort noch eine Strecke von 4,2 m zurückzulegen. Wäre der Erstbeklagte mit einer Bremsausgangsgeschwindigkeit von nur 80 km/h gefahren und hätte er in gleicher Weise reagiert, so hätte sein Anhalteweg 55,2 m betragen, worauf sich bei gleicher Gehlinie des Klägers ein Fehlbremsweg von nur 1,2 m ergeben hätte. In diesem Falle hätte der PKW bis zum Schnittpunkt mit der Gehlinie des Klägers auf 15 km/h verzögert werden können. Im Vergleich zur tatsächlichen Kollisionsgeschwindigkeit des PKWs von 52 km/h wären die Unfallsfolgen für den Kläger mit Sicherheit geringer gewesen. Bei einer Annäherungsgeschwindigkeit des Erstbeklagten von 80 km/h wäre dem Kläger eine zusätzliche Zeitspanne von 0,9 Sekunden zur Verfügung gestanden, um die Fahrbahn vor dem PKW zu überqueren. Innerhalb dieser Zeit hätte der Kläger 1,5 m zurückgelegt und wäre nicht vom linken vorderen Kotflügel, sondern vom rechten vorderen Kotflügel des PKWs erfaßt worden.
Der Kläger wurde beim Unfall lebensgefährlich verletzt; er erlitt eine offene, bitemporale, frontobasale Schädelfraktur mit Schädel-Hirn-Trauma und Mittelhirnsyndrom III, einen Trümmerbruch des linken Unterschenkels, eine Rißquetschwunde am linken Oberschenkenl sowie Prellungen und Abschürfungen. Über das Krankenhaus Zams kam er in die unfallchirurgische Klinik nach Innsbruck. Nach einer vom Neurologen, Neurochirurgen und dem HNO-Facharzt vorgenommenen interdisziplinären Konsiliaruntersuchung wurde noch am Unfallstag eine Kraniotomie durchgeführt. Es folgte eine intensive Behandlung an der Intensivstation, wobei ein ausgeprägter beidseitiger Exophtalmus, eine Bronchopneumie, eine Verschlechterung der Bewußtseinslage mit Absinken in ein Bulbär-Hirnsyndrom der Phase I, ein Pleuraerguß rechts im Infekt und ein Diabetes Mellitus auftraten. Das Schädelhirntrauma ging in ein apallisches Syndrom über und es mußte eine neuerliche Retrepanation durchgeführt werden. Am 5. März 1982 wurde der Kläger auf die neurologische Intensivstation verlegt und dort bis 8. Juni 1982 behandelt. Am 12. März 1982 mußte zur Bronchustoilette und zur besseren Beatmung eine Tracheotomie angelegt werden. Am 18. März 1982 wurden nekretische Hirnmassen abgesaugt und Knochensplitter entfernt. Die Stabilisierung der Trümmerfraktur des linken Unterschenkels erfolgte am 23. März 1982. Der postoperative Verlauf war von Seite der Osteosynthese komplikationslos. Nach dem 8. Juni 1982 folgte ein einmonatiger Aufenthalt des Klägers im Unfallkrankenhaus Salzburg. Am 20. Oktober 1982 wurde in Innsbruck die Pallaskosdeckenimplantation durchgeführt. Vom 12. August 1982 bis 23. September 1982 befand sich der Kläger im Rehabilitationszentrum Bad Häring, wo ein psychodiagnostischer Test aufgenommen, das Gleichgewicht und - auf Grund von Lernschwierigkeiten - die Konzentration trainiert und eine Gehschulung durchgeführt wurden. Von Seite des Schädelhirntraumas bestehen schwerwiegende Unfallfolgen in Form eines psychoorganischen Syndroms, Verlangsamung, Merkfähigkeits- und Attenzschwäche sowie Beeinträchtigung der affektiven Steuerungsfähigkeit. Darüberhinaus liegen noch eine Halbseitenschwäche links mit einer Beeinträchtigung der Feinmotorik der linksseitigen Extremitäten, eine halbseitige Gefühlsstörung links, eine leichte Hirnstammsymptomatik und eine posttraumatische Epilepsie vor. Die 6 cm lange Kraniotomie-Narbe rechts temporal ist kosmetisch störend. Aus neurologischer Sicht bestand zunächst eine Vollinvalidität des Klägers in seinem erlernten und zuletzt ausgeübten Beruf (Elektromaschinenbauer). Nunmehr beträgt die Invalidität 75 %. Von Seite der Extremitätenverletzung besteht am linken Unterschenkel eine 20 cm lange und reizlose Narbe nach Osteosynthese und mittlerweile durchgeführter Metallentfernung. Der Unterschenkelbruch ist in anatomischer Stellung knöchern ausgeheilt. Es besteht eine endlagige und funktionell unbedeutende Einschränkung der Beweglichkeit im linken oberen Sprunggelenk im Sinne einer Streckung. Die Zehenbeweglichkeit, Sensibilität und Durchblutung waren seitengleich möglich, wenngleich die motorische Kraft links etwas abgeschwächt ist. Am linken Oberschenkel besteht eine Y-förmige Narbe ohne Funktionsstörung und ohne Narbenhernie. Nach Spongiose-Entnahme ist am linken Darmbein eine 10 cm lange Narbe vorhanden. Die auf Grund eines Dekubitus im Bereich des Kreuzbeines in der Crena ani bestehende Narbe ist 9 cm lang. Nach Bülau-Drainage besteht am linken Thorax eine 3 cm lange Narbe. Von Seite der Bülau-Drainage und der Lungenkomplikationen im Rahmen der Behandlung an der Wachstation bestehen keine Unfallfolgen mehr. Die Halswirbelsäule ist frei beweglich. Die oberen Extremitäten weisen lediglich eine links verminderte Kraft auf. Die Narben sind reizlos und ohne Zeichen einer Entzündung oder Fistelbildung. Seit 1. Februar 1983 ist der Kläger Rentner. Eine Leberschädigung ist im Zusammenhang mit den Unfallfolgen bzw. der Einnahme von Medikamenten möglich, aber nicht sichergestellt. Bereits vor dem Unfall war beim Kläger eome abgelaufene Hepatitis vorhanden. Durch die beim Unfall erlittenen Augenschäden (laut dem Gutachten ON 24 hat unfallbedingt eine Sehnervkopfatrophie mit einer Herabsetzung des Sehvermögens rechts auf 6/10 stattgefunden) besteht beim Kläger von dieser Seite eine dauernde Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 15 %. Eine Besserung des derzeitigen Zustandes scheint nicht möglich; auch eine Verschlechterung ist nicht zu erwarten. Bei einem Schädel-Hirn-Trauma des hier vorliegenden Schweregrades ist das Auftreten unfallskausaler Spätschäden nicht auszuschließen. Insbesondere wäre eine Zunahme der cerebralen Anfälle und eine Akzentuierung der psychoorganischen Veränderung möglich. Bis 1. Dezember 1986 hatte der Kläger unter Berücksichtigung der Beeinträchtigungen des Lebengefühles gerafft 50 Tage Schmerzen schweren Grades, 40 Tage Schmerzen mittelschweren Grades und 120 Tage Schmerzen leichten Grades zu ertragen. Durch Besuche der Eltern, Geschwister und der Verlobten des Klägers sind für Fahrten, Mahlzeiten und Übernachtungen Auslagen von mindesten S 20.000,-- entstanden. An Trinkgeldern wurden S 2.050,-- bezahlt. Für Telefonate wurden S 2.000,-- aufgewendet. Beim Unfall wurden Kleidungsstücke des Klägers im Wert von S 600,-- unbrauchbar. Die unfallbedingt notwendige Neuanschaffung einer Brille verursachte einen Aufwand von S 2.185,--, den der Kläger selbst tragen mußte. Für die Beschäftigungstherapie war der Ankauf von Sportbekleidung im Wert von S 1.587,--, eines Tisch-Tennis-Tisches (S 4.629,--), eines Fahrrades (S 2.000,--) und von Langlaufschiern (S 1.600,--) notwendig.
Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, daß sowohl den Kläger als auch den Erstbeklagten ein annähernd gleich zu bewertendes Verschulden um Unfall zur Last falle. Der Erstbeklagte habe durch die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gegen § 20 Abs 2 StVO verstoßen, dem Kläger sei eine Mißachtung der Verkehrsvorschrift des § 76 Abs 5 StVO vorzuwerfen. Unter Bedachtnahme auf die mehrfachen und schweren Verletzungen des Klägers, die zunächst bestehende Lebensgefahr, die langen Krankenhausaufenthalte und die mehrfachen operativen Eingriffe, die sich aus der zerstörten Persönlichkeit und der Erwerbsunfähigkeit ergebenden schweren seelischen Unlustgefühle, die Entstellung durch zahlreiche kosmetisch störende Narben und die auffallende Änderung der Gesichtszüge des Klägers sowie die Schmerzperioden sei der in Anspruch genommene Schmerzengeldbetrag von (rechnerisch) S 600.000,-- angemessen. Unter Bedachtnahme auf das Mitverschulden des Klägers seien ihm aus diesem Titel daher S 300.000,-- zuzusprechen. Des weiteren habe der Kläger Anspruch auf die Hälfte der im Rahmen der Klagsausdehnung vom 7. November 1985 begehrten Auslagen in einer Gesamthöhe von S 36.651,--. Die Einwendung der Verjährung sei insoweit nicht berechtigt, weil die Klagsausdehnung durch das bereits in der Klage erhobene Feststellungsbegehren gedeckt sei. Da der Kläger im Schreiben vom 28. Juli 1982 ein Schmerzengeld von S 200.000,-- angesprochen habe, seien bezüglich dieses Betrages die ab 28. Juli 1982 begehrten Verzugszinsen gerechtfertigt.
Die gegen den stattgebenden Teil des Ersturteiles gerichtete Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der gänzlichen Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Beklagten führen aus, dem Kläger falle ein gravierender Verstoß gegen die Vorschrift des § 76 Abs 5 StVO und eine auffallende Sorglosigkeit zur Last, weil er trotz des gut erkennbaren, vom Erstbeklagten gelenkten PKWs die Straße überquert habe. Demgegenüber habe der Erstbeklagte äußerstenfalls eine um etwa 10 % überhöhte Geschwindigkeit zu vertreten, die gegenüber dem krassen Verschulden des Klägers zu vernachlässigen sei. Der Unfall wäre auch dann geschehen, wenn der Erstbeklagte nur mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h gefahren wäre.
Äußerstenfalls wäre eine Verschuldensteilung im Verhältnis von 1 : 3 zu Lasten des Klägers gerechtfertigt. Den Verletzungen des Klägers wäre ein Gesamtschmerzengeld von rechnungsmäßig höchstens S 300.000,-- angemessen.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Entscheidend für die Verschuldensteilung ist nicht eine Gegenüberstellung der von einzelnen Verkehrsteilnehmern begangenen Verstöße gegen straßenverkehrsrechtliche Bestimmungen, sondern der Grad ihrer Fahrlässigkeit die Wichtigkeit der verletzten Vorschriften für die Sicherheit des Straßenverkehrs und die Größe und Wahrscheinlichkeit der durch ihr schuldhaftes Verhalten bewirkten Gefahr (ZVR 1974/130; ZVR 1976/11; 8 Ob 20/86). Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes hat der Erstbeklagte die im Unfallsbereich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 11 km/h, das sind 13,75 %, überschritten. Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, daß eine derartige Geschwindigkeitsüberschreitung bei der Verschuldensabwägung nicht außer Betracht bleiben kann (vgl. ZVR 1978/277, ZVR 1983/53 uva.). Dem Erstbeklagten fällt daher eine Verletzung der eine Schutznorm im Sinne des § 1311 ABGB darstellenden Vorschrift des § 20 Abs 2 StVO zur Last. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß der Schädiger, der eine Schutznorm im Sinne des § 1311 ABGB übertreten hat, für die eingetretenen Unfallsfolgen haftet, es sei denn, er könnte beweisen, daß sich der Unfall auch bei rechtmäßigem Verhalten in gleicher Weise und mit gleich schweren Folgen ereignet hätte (ZVR 1984/273; ZVR 1985/1; ZVR 1985/28 uva.). Dieser Beweis ist den Beklagten nicht gelungen, da nach den Feststellungen bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h die Unfallfolgen für den Kläger mit Sicherheit geringer gewesen wären. Bei Gegenüberstellung der dem Erstbeklagten anzulastenden Geschwindigkeitsüberschreitung und des vom Kläger zu vertretenden Verstoßes gegen die Bestimmung des § 76 Abs 5 StVO kann aber entgegen der Auffassung der Revision in der Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 1 keine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes erblickt werden (vgl. ZVR 1984/172 uva.). Die von der Revision zitierte Entscheidung ZVR 1978/260 kann nicht zum Vergleich herangezogen werden, weil in dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall eine Fußgängerin bei Rotlicht unvorsichtig eine Kreuzung überquert hatte und von einem PKW-Lenker, der die zulässige Höchstgeschwindigkeit um etwa 10 % überschritten hatte, niedergestoßen worden war.
Auch soweit die Revision die Höhe des Schmerzengeldes bekämpft und nur ein solches von rechnungsmäßig S 300.000,-- für gerechtfertigt erachtet, kann ihr nicht gefolgt werden. Das Schmerzengeld ist die Genugtuung für alles Ungemach, das der Geschädigte infolge seiner Verletzungen und ihrer Folgen zu erdulden hat. Es soll den Gesamtkomplex der Schmerzempfindungen unter Bedachtnahme auf die Dauer und Intensität der Schmerzen nach ihrem Gesamtbild, auf die Schwere der Verletzung und auf das Maß der physischen und psychischen Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes abgelten, die durch die Schmerzen entstandenen Unlustgefühle ausgleichen und den Verletzten in die Lage versetzen, sich als Ersatz für die Leiden und anstelle der ihm entgangenen Lebensfreude auf andere Weise gewisse Annehmlichkeiten und Erleichterungen zu verschaffen (ZVR 1983/200; 8 Ob 194/83; 8 Ob 69/85 uva.). Hieraus folgt einerseits, daß bei der Bemessung des Schmerzengeldes auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen, andererseits aber zur Vermeidung einer Ungleichmäßigkeit in der Rechtsprechung ein objektiver Maßstab anzulegen ist (vgl. Jarosch-Müller-Piegler, Das Schmerzengeld in medizinischer und juristischer Sicht4 156 ff, insbesondere 160; ZVR 1982/392; 8 Ob 194/83; 8 Ob 69/85 ua.). Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet und die mehrfachen und schweren Verletzungen des Klägers, die zunächst bestehende Lebensgefahr, die langen Krankenhausaufenthalte und die mehrfachen operativen Eingriffe, insbesondere auch die schwerwiegenden Dauerfolgen des Schädel-Hirn-Traumas berücksichtigt, die eine beträchtliche Persönlichkeitsveränderung und eine erhebliche psychische Belastung des im Unfallszeitpunkt 28 Jahre alten Klägers zur Folge haben, kann in der Zuerkennung eines Schmerzengeldes von rechnungsmäßig S 600.000,-- keine zum Nachteil der Beklagten unrichtige rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes erblickt werden.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)