OGH 8Ob597/90

OGH8Ob597/9024.1.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** B***** KG, 1150 Wien, Pfeiffergasse 1, vertreten durch Dr.Erhard Weiss, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei REPUBLIK ÖSTERREICH, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen S 5,438.429,95 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 13.September 1989, GZ 16 R 131/89-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 20.Februar 1989, GZ 18 Cg 132/87-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 29.665,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 4.944,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Aufgrund eines Vertretungsvertrages aus dem Jahre 1967 war die B.***** S.A. (in der Folge B SA genannt) für den Vertrieb der Produkte der klagenden Partei in Frankreich zuständig. Ab 1986 kaufte sie ua die Produkte der klagenden Partei als Eigenhändler und verkaufte diese an ihre Kunden in Frankreich weiter.

Am 26.4.1985 beantragte die klagende Partei für den Export ihrer Produkte (Abziehbilder) an die B SA bei der ÖSTERREICHISCHEN KONTROLLBANK AG als Vertreterin der REPUBLIK ÖSTERREICH die Übernahme einer Rahmengarantie über S 4,000.000. Aufgrund dieses Antrages übernahm die REPUBLIK ÖSTERREICH am 30.5.1985 die Rahmengarantie G 5-Nr. 501.155, Deckungsbeginn 29.4.1985, mit einem Höchstbetrag von S 4,000.000. Der Selbstbehalt für wirtschaftliche Haftungsfälle nach Auslieferung sollte 10 % der aushaftenden Forderungen betragen. Die klagende Partei durfte im Anschluß an das im Exportvertrag vereinbarte, nicht über 90 Tage hinausgehende Zahlungsziel ohne Zustimmung der ÖSTERREICHISCHEN KONTROLLBANK AG Überziehungsmöglichkeiten bis maximal 6 Monate gewähren. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen betreffend Rahmengarantien G 5 (Juni 1981) anerkannte die klagende Partei mit Schreiben vom 31.5.1985.

Aufgrund des Umstellungsangebotes der ÖSTERREICHISCHEN KONTROLLBANK AG vom 21.4.1986 und der Bestätigung der klagenden Partei vom 23.4.1986 wurde die Garantie an die Allgemeinen Geschäftsbedingungen 1986 angepaßt und durch die Garantie Nr. 501.155/1 vom 25.4.1986 mit Wirkung ab 1.5.1986 ersetzt. Damit wurde auch klargestellt, daß das Gesamtziel der in die Garantie fallenden Forderungen 9 Monate ab Fakturierung beträgt.

Am 4.6.1986 beantragte die klagende Partei die Erhöhung des Garantierahmens auf S 8,000.000. Die REPUBLIK ÖSTERREICH übernahm mit der am 17.7.1986 ausgestellten Garantie G 5-Nr. 501.155/2 die Garantie bis zu einem Höchstbetrag von S 8,000.000 mit Deckungsbeginn 5.6.1986. Der Selbstbehalt sollte 20 % betragen; für Lieferungen vor dem 5.6.1986 sollte es jedoch beim Selbstbehalt von 10 % bleiben.

Die klagende Partei beschäftigt sich ebenso wie die S***** & C***** (in der Folge S & C genannt) und die B***** KG (in der Folge B KG genannt) mit der Herstellung und dem Verkauf von Abziehbildern und Selbstklebefolien, wobei sich die verschiedenen Produktpaletten dieser Unternehmen jedoch nicht überkreuzen, sondern jeweils andere Marktsegmente abdecken. Zwischen den drei Gesellschaften besteht eine teilweise personelle Verflechtung. So ist L***** N***** (in der Folge L N) mit 20 % als Komplementär an der klagenden Partei und mit 5 % als Kommanditistin an der B KG beteiligt. O***** H***** (in der Folge O H) ist Komplementär mit einer 10%igen Beteiligung bei der S & C und Prokurist der B KG mit einer Kommanditbeteiligung von 15 %. G***** B***** (in der Folge G B) ist mit 5 % als Kommanditistin an der B KG beteiligt.

1987 wurde von dem verstorbenen Ehegatten der G B die B SA gegründet. Zweck war der Vertrieb der von der klagenden Partei sowie von der S & C und der B KG hergestellten Plastikfolien und Abziehbilder in Frankreich. Nach seinem Tod übernahm G B die Mehrheit des Aktienkapitals der B SA, und zwar hielt sie bis Juni 1985 51 % des Aktienkapitals. Zwei weitere Gesellschafter hatten je eine 23 %ige Beteiligung. Mit diesen teilte sich G B die Geschäftsführung. Neben diesen drei Geschäftsführern waren noch vier Personen mit je 0,75 % am Aktienkapital beteiligt, unter ihnen L N und O H. Außer diesen Geringbeteiligungen von L N und O H gab es keine personellen Verflechtungen zwischen der B SA und der klagenden Partei bzw der S & C.

Die wichtigsten Kunden von B SA waren Luftfahrtunternehmen, Waffenproduzenten sowie Erzeuger von Surfbrettern, Textilien und Schuhen. Die Geschäftsentwicklung der B SA war von 1976 bis 1983 durchaus positiv. Es gelang, große französische Luftfahrtunternehmen und die Erzeuger von Surfbrettern zu beliefern. Die B SA importiert etwa 90 % ihrer verkauften Waren von der klagenden Partei sowie der S & C und B KG; etwa 10 % ihrer Waren erwarb sie von französischen Herstellern. 1983 importierte sie von den drei genannten Firmen Waren im Wert von über S 28,000.000, 1984 im Wert von über S 25,000.000 und 1985 im Wert von über S 24,000.000; in den Monaten Jänner bis August 1986 importierte sie Waren im Wert von über S 18,000.000. 1984 fielen bei der B SA wichtige Kunden aus, sodaß es zu einen Umsatzrückgang von etwa 10 % kam; der Umsatzeinbruch betrug etwa FF 2,000.000.

G B wurde bei der Geschäftsführung von den beiden anderen Geschäftsführern unterstützt; das Einvernehmen zwischen G B und diesen war allerdings nicht das beste, da es immer wieder zu divergierenden Auffassungen über die Geschäftsführung des Unternehmens gekommen war. Bereits 1983 hatte G B eine Kapitalerhöhung der B SA geplant; dabei sollten die Anteile der beiden anderen Geschäftsführer-Gesellschafter auf etwa ein Drittel angehoben werden. Um eine bessere Strukturierung und effektivere Führung der B SA zu erreichen, beauftragte G B eine Unternehmensberatungsfirma das Unternehmen zu durchleuchten und entsprechende Vorschläge für eine effektivere Geschäftsführung zu machen; insbesondere sollten die Ausgaben hinsichtlich des Firmenaufwandes gekürzt werden. G B plante ua, die Gehälter der beiden anderen Geschäftsführer um etwa die Hälfte zu kürzen; damit waren diese aber nicht einverstanden und es kam hierüber zu Meinungsverschiedenheiten. Nach Vorliegen der Bilanz 1984 stellte sich heraus, daß die B SA einen Verlust von etwa FF 1,000.000 zu erleiden hatte. Der Grund hiefür lag einerseits in einer Neubewertung des Warenlagers, andererseits in der Bezahlung des Honorars der Unternehmensberatungsfirma und Kosten, die mit dem Ausscheiden von Mitarbeitern verbunden waren.

Die Exporte der klagenden Partei an die B SA betrugen etwa 10 % ihrer Produktion und hatten in den Jahren 1984 und 1985 einen Gegenwert von etwa S 10,000.000. Bis 1981 bezahlte die B SA die Lieferungen der klagenden Parteimit Wechseln innerhalb von 90 Tagen. Ab 1982 wurde einvernehmlich das Zahlungsziel auf 180 Tage, also um weitere 90 Tage, verlängert. Ende April 1984 entschloß sich der Verwaltungsrat der B SA, eine Zwischenbilanz zu erstellen; diese ließ eine Besserung des Geschäftsganges erwarten und wies einen Gewinn von etwa FF 350.000 auf. In den Jahren 1984 und 1985 zahlte die B SA mit Wechseln innerhalb der vereinbarten 180 Tage. Im Mai 1986 bat G B die klagende Partei, einen Wechsel im Sinn einer Zwischenfinanzierung zu prolongieren. Man einigte sich dahingehend, daß 10 % der Wechselsumme in bar bezahlt wurde, 45 % auf weitere 60 Tage und 45 % der Wechselsumme auf weitere 90 Tage prolongiert wurde. Im Juni 1986 ersuchte die B SA die klagende Partei wiederum um Prolongierung eines Wechsels; es kam zu einer gleichartigen Vereinbarung. Im Zuge dieser Gespräche bat die klagende Partei G B um die Erstellung eines Finanzierungskonzeptes für die gesamte noch aushaftende Schuld; schließlich kündigte die klagende Partei aber den mit der B SA geschlossenen Liefervertrag.

Anläßlich des ersten Ansuchens der klagenden Partei an die ÖSTERREICHISCHE KONTROLLBANK AG im Jahr 1985 erteilte sie dieser die gewünschten Auskünfte über die B SA und übersandte die verlangten Unterlagen. Insbesondere teilte sie der ÖSTERREICHISCHEN KONTROLLBANK AG mit Schreiben vom 12.9.1985 mit, daß L N mit 0,75 % am Aktienkapital der B SA beteiligt sei, einen Sitz in deren Verwaltungsrat innehabe, ihr zwar gewisse Kontrollrechte zustünden, sie aber auf die Geschäftsführung keinerlei Einfluß ausüben könne. Diese Mitteilung entsprach den Tatsachen. Am 29.10.1985 forderte die ÖSTERREICHISCHE KONTROLLBANK AG die klagende Partei auf, mittels vorgedruckter Formulare den Geschäftsverlauf mit dem französischen Importeur mitzuteilen. Dieser Aufforderung kam die klagende Partei auch nach. Anläßlich des Ansuchens der klagenden Partei um Erhöhung der Rahmengarantie gab sie am 2.7.1986 auf Wunsch der ÖSTERREICHISCHEN KONTROLLBANK AG dieser den Forderungsstand gegen die B SA zum Stichtag 30.6.1986 mit S 7,304.026 bekannt. Eine Anfrage beim KREDITSCHUTZVERBAND von 1870 ergab im wesentlichen nichts Nachteiliges über die B SA, wenn auch im Krediturteil angeführt wurde, daß ein Obligo von S 8,000.000, gemessen am Umsatz, sehr hoch sei. Hierauf erhöhte die ÖSTERREICHISCHE KONTROLLBANK AG die Garantie unter der Auflage, daß ein Antrag auf Anerkennung eines Haftungsfalles erst nach vollständiger Bezahlung der überfälligen Forderungen in der Höhe von S 2,222.402 gestellt werden könne. Die klagende Partei wies die ÖSTERREICHISCHE KONTROLLBANK AG umgehend darauf hin, daß die Forderungen in dieser Höhe nicht überfällig, sondern laut den Zahlungsbedingungen offene Fakturenbeträge wären. Dies entsprach der Übereinkunft zwischen der B SA und der klagenden Partei.

In der Folge wurde über das Vermögen der B SA ein Insolvenzverfahren in Frankreich eröffnet, das noch nicht abgeschlossen ist. Am 17.10.1986 beantragte die klagende Partei die Anerkennung des Haftungsfalles. Die ÖSTERREICHISCHE KONTROLLBANK AG lehnte nach umfangreichen Untersuchungen ihre Haftung gemäß § 7 Abs 1 Z 1 und 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ab.

Mit der rechtzeitig eingebrachten Klage begehrt die klagenden Partei von der beklagten Partei die Bezahlung von S 5,438.429,95 sA.

Die beklagte Partei bestritt die Klagsforderung dem Grunde und der Höhe nach, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefaßt ein, die klagende Partei sei über die katastrophale Lage der B SA zum Zeitpunkt ihres Antrages auf Rahmengarantie informiert gewesen, habe aber der ÖSTERREICHISCHEN KONTROLLBANK AG vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig ein völlig falsches Bild von deren wirtschaftlichen Verhältnissen gegeben. Die B SA sei überdies völlig von der klagenden Partei sowie von der S & C und der B KG abhängig gewesen. Die klagende Partei habe auf Grund der Beteiligung ihrer Gesellschafterin an der B SA und deren Mitgliedschaft im Verwaltungsrat der B SA einen wesentlichen Einfluß auf diese ausüben können. In dieser Vorgangsweise sei eine grobe Verletzung der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmannes und ein grober Verstoß gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen 1986 zu erblicken, sodaß die beklagte Partei gemäß § 7 Abs 1 und 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen 1986 nicht hafte. Überdies wendete die beklagte Partei Arglist, in eventu von der klagenden Partei veranlaßten Irrtum ein. Hinzu komme, daß ein Antrag auf Anerkennung des Haftungsfalles erst nach vollständiger Bezahlung der Forderung in Höhe von S 2,222.402 gestellt werden könne.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß auf Grund des festgestellten Sachverhaltes der klagenden Partei keine Verschweigung von Umständen vorzuverwefen sei, die zu einer Leistungsfreiheit der beklagten Partei gemäß § 7 Abs 1 Z 1 und 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen 1986 und der §§ 870 ff ABGB führen könnten. Der Einwand der beklagten Partei, die Ansprüche aus der Garantie seien schon mangels Erfüllung der Auflage der Garantieerklärung vom 17.7.1986 nicht berechtigt, sei unrichtig, weil es zum Zeitpunkt der Übernahme der zweiten Garantie keine überfälligen Forderungen, sondern nur offene Fakturenbeträge gegeben habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache. Sie beantragt, das angefochtene Urteil im klageabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise stellt sie auch einen Aufhebungsantrag.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Rechtsrüge ist großteils nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht. Die beklagte Partei versucht vielmehr, unter dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache in Wahrheit die Beweiswürdigung der Vorinstanzen zu bekämpfen; dies ist aber unzulässig.

Die getroffenen Feststellungen geben keinen Anhaltspunkt dafür, daß die klagende Partei der beklagten Partei "geflissentlich verschwiegen" habe, daß sie über interne Informationen verfüge, die ein völlig anderes Bild von der Bonität ihres ausländischen Abnehmers ergeben haben sollen, als die durch einen Außenstehenden eingeholte Büroauskunft. Nach den getroffenen Feststellungen zahlte die B SA bis Mai 1986 vereinbarungsgemäß; erstmals zu dieser Zeit hat sie um Prolongierung eines Wechsels gebeten und mit der klagenden Partei eine Einigung dahingehend erzielt, daß ein Teil sofort bezahlt und der Rest auf angemessene Frist prolongiert wurde. Hieraus mußte die klagende Partei keineswegs schließen, daß sich die B SA "in einer ernstlichen wirtschaftlichen Krise" befunden, "vor dem wirtschaftlichen Ruin" gestanden haben und es bereits zum Zeitpunkt des Garantieantrages "um die Frage des Überlebens" gegangen sein soll. Dies gilt selbst dann, wenn eine ihrer Gesellschafterinnen von den Bemühungen um die Straffung und Rationalisierung des Unternehmens wußte. Es darf nämlich nicht übersehen werden, daß die Zwischenbilanz von April 1985 positiv war. Die klagende Partei hat daher der beklagten Partei diese Umstände auch nicht "geflissentlich verschwiegen".

Gleiches gilt für die Frage der mangelnden Einflußmöglichkeit der klagenden Partei auf die Geschäftsführung der B SA. Nach den getroffenen Feststellungen hatte zwar eine Gesellschafterin der klagenden Partei infolge ihrer Minibeteiligung von 0,75 % am Aktienkapital der B SA gewisse Kontrollrechte, konnte jedoch trotz ihres Sitzes im Verwaltungsrat auf die Geschäftsführung keinen Einfluß nehmen.

Auch "überfällige" Forderungen lagen nicht vor; darauf hatte die klagende Partei die beklagte Partei umgehend hingewiesen. Hätte die beklagte Partei sich erst nach Bezahlung der offenen Fakturenforderungen zur Erhöhung der Garantie verpflichten wollen, hätte sie dies klarstellen müssen; dies unterließ sie jedoch trotz des Hinweises der klagenden Partei. Es liegt daher keineswegs ein Dissens, sondern höchstens ein Irrtum der beklagten Partei vor, der der klagenden Partei aber nach den gegebenen Umständen nicht auffallen mußte und daher unbeachtlich ist.

Die beklagte Partei beruft sich auf den Ausschluß der Haftung nach § 7 Abs 1 Z 1 und 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Danach ist die Haftung ausgeschlossen, wenn Schäden eingetreten sind, die von der klagenden Partei oder deren Erfüllungsgehilfen zu vertreten wären, oder die klagende Partei eine Bestimmung des Garantievertrages vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hätte. Die beklagte Partei meint, die klagende Partei habe sie bewußt unrichtig und unvollständig über die wirtschaftliche Lage ihrer ausländischen Abnehmerin sowie ihre Verflechtung mit dieser informiert und dadurch zum Abschluß des Garantievertrages bewogen, weshalb die Klage wegen Arglist bzw Irrtum abzuweisen wäre: Es sei nämlich unrichtig, daß die klagende Partei nur auf Anfrage verpflichtet gewesen wäre, alle für den Garantievertrag relevanten Fakten offenzulegen; sie sei vielmehr nach dem Garantievertrag und dem Grundsatz des redlichen Verkehrs zur Aufklärung überall dort verpflichtet gewesen, wo eine Gefahr der Interessen der beklagten Partei objektiv vorhersehbar war.

Es ist zwar richtig, daß auch das Verschweigen von Tatsachen, die dem anderen Teil unbekannt sind, eine listige Veranlassung des Irrtums sein kann, wenn der Schweigende eine ihm obliegende Aufklärungspflicht unterläßt, insbesondere wenn ihm die Erheblichkeit der verschwiegenen Tatsache für den Vertragsabschluß bekannt ist (RZ 1963, 154 und 196; SZ 37/76, 47/148, 58/69; JBl 1988, 577 ua) und er annehmen kann, daß die unterlassene Aufklärung, wenn sie erfolgt wäre, den Getäuschten von dem Geschäft überhaupt oder mit dessen Inhalt abgehalten hätte (SZ 52/22, 53/108 ua). Es besteht aber keine allgemeine Rechtspflicht, den Geschäftspartner über alle Umstände aufzuklären, die auf seine Entscheidungen Einfluß haben können. Eine solche Aufklärungspflicht ist nur dann zu bejahen, wenn der andere Teil nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs eine Aufklärung erwarten durfte (SZ 52/22, 55/51 ua). Insbesondere hat auch der vorausleistende Partner die Kreditwürdigkeit seines Partners selbst zu prüfen und es besteht nur in ganz bestimmten Fällen die Pflicht des Kreditwerbers, Aufklärung über seine wahren Vermögensverhältnisse zu geben (JBl 1982, 429; vgl auch WBl 1988, 341).

Im vorliegenden Fall hat die klagende Partei alle an sie gerichteten Fragen im Antragsformular wahrheitsgemäß beantwortet und auf die mehrfach ergänzenden Anfragen der Mitarbeiter der ÖSTERREICHISCHEN KONTROLLBANK AG stets umfassend und richtig geantwortet. Nach dem Grundsatz des redlichen Geschäftsverkehrs hat die klagende Partei keine Umstände verschwiegen, von denen sie annehmen mußte, daß sie für die beklagte Partei noch von Interesse sein könnten; sie konnte vielmehr davon ausgehen, daß die beklagte Partei, wenn sie noch weitere Detailinformationen gewünscht hätte, nochmals an sie, die klagende Partei, herangetreten wäre. Eine listige oder auch nur grob fahrlässige Irreführung der beklagten Partei ist daher zu verneinen, sodaß es weder zu einem Haftungsaussschluß nach § 1 Abs 1 Z 1 oder 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen kommt, noch der Vertrag wegen Irreführung anfechtbar ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte