OGH 8Ob590/85

OGH8Ob590/8524.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl T*, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei P*gesellschaft mbH, *, vertreten durch Dipl. Dolm. Dr. Herbert Scheiber, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 72.027,91 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 19. April 1985, GZ. 4 R 39/85‑24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 26. November 1984, GZ. 39 Cg 197/84‑19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00590.85.1024.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 5.197,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von S 1.800,‑‑ und die USt. von S 308,85) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte betreibt das konzessionierte Pfandleihergewerbe. Sie hat Othmar R* gegen Verpfändung eines Segelbootes „J*“, Seriennummer *, samt Bootsanhänger Marke G*, Fahrgestellnummer *, ein Darlehen gewährt. Der Kläger hat, um diese Pfandsachen auslösen zu können, der Beklagten S 72.027,91 bezahlt.

Der Kläger begehrte die Rückzahlung dieses Betrages aus dem Titel des Schadenersatzes mit der Begründung, er selbst sei nach wie vor Eigentümer dieses Bootes samt Anhänger gewesen, die Beklagte habe daran kein wirksames Pfandrecht erworben gehabt. Er habe nämlich im Oktober 1980 der G*-Gesellschaft mbH (in der Folge „G*“ genannt) den Auftrag erteilt, ihm ein neues Motorboot „C*“ zu bauen. Hiefür sei das Segelboot „J*“ samt Anhänger von der G* um S 185.000,-- in Zahlung genommen worden. Dieser Betrag stelle auch den Wert des Segelbootes dar. Nach dem Bootsverkauf hätte die G* ein Drittel des Geldes bekommen sollen, ein weiteres Drittel bei Ausbaubeginn des von ihr herzustellenden Motorbootes und den Rest bei dessen Fertigstellung. Der Geschäftsführer der G*, Othmar R*, habe aber ohne Wissen des Klägers das nach wie vor in seinem Eigentum stehende Segelboot samt Anhänger widerrechtlich an die Beklagte verpfändet. Diese habe bei der Pfandnahme die notwendige Sorgfalt außer acht gelassen, weil sie den Pfandschein auf Othmar R* ausgestellt habe, obwohl die ihr von diesem vorgelegten Urkunden sämtliche auf die G* gelautet hätten. Diese Urkunden seien überhaupt ungeeignet gewesen, eine Verpfändungsberechtigung des Othmar R* darzutun. Auch habe die Beklagte nicht in das Original des Kaufvertrages Einsicht genommen und die ihr vorgelegten Vertragsunterlagen nicht geprüft, insbesondere habe sie es verabsäumt, die das Boot und den Anhänger betreffenden entsprechenden behördlichen Zulassungspapiere zu verlangen. Der zwischen dem Kläger und der G* am 9. 12. 1980 abgeschlossene Kaufvertrag sei durch einen Betrug dieser Firma zustandegekommen. Die Unterschrift des Klägers auf Beil ./4 sei offenbar gefälscht. Die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Othmar R* scheitere an dessen Vermögenslosigkeit.

Die Beklagte hielt dem entgegen, daß ihr von Othmar R* zwei Kaufverträge vom 20. 11. 1980 vorgelegt worden seien, aus denen er und der Kläger als Vertragspartner hervorgegangen seien. Der eine habe das Segelboot „J*“ betroffen, der zweite eine „Sportboot‑Verdrängungsversion“ mit dem Vermerk, daß hiefür das Segelboot „J*“ in Zahlung genommen wurde. Beide Urkunden seien von den Vertragspartnern eigenhändig unterschrieben gewesen und hätten keinerlei Hinweis auf die G* enthalten. Weiters seien der Beklagten eine Einzelgenehmigung und ein Zulassungsschein für den Einachsanhänger sowie der Reisepaß des Othmar R* zum Identitätsnachweis vorgelegt worden. Die Beklagte habe vor Abschluß des Darlehens- und Pfandvertrages das Boot besichtigen lassen. Diese Besichtigung habe die Identität des Pfandobjektes mit dem im Kaufvertrag beschriebenen Segelboot ergeben. Aus dem Kaufvertrag sei auch nicht hervorgegangen, daß R* nur über einen bestimmten Kaufpreisteil verfügungsberechtigt gewesen sein sollte, vielmehr habe sich daraus dessen unbeschränkte Verfügungsberechtigung ergeben. Am 20. 2. 1981 sei der Beklagten von Rechtsanwalt Dr. Otto Franz M* ein Betrag von S 58.912,-- mit der Widmung „Glasfiberbelehnung Segelboot Rückzahlung“ überwiesen worden. Da aber die mit R* vereinbarte Darlehenslaufzeit sechs Monate betragen habe und erst am 8. 5. 1981 abgelaufen wäre, habe die Beklagte über Ersuchen von R* das Darlehen wieder auf die ursprüngliche Höhe aufgestockt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es traf nachstehende Feststellungen:

Im Herbst 1980 erteilte der Kläger der Firma G*, deren alleiniger Geschäftsführer Othmar R* war, den Auftrag, ihm ein Motorboot zu bauen. Er gab sein Segelboot J* in Zahlung. Am 20. 11. 1980 wurden die technischen Daten des vom Kläger in Auftrag gegebenen Sportbootes Type C*, auf einem mit „Bestellung“ überschriebenen und mit dem Aufkleber „G*-Ges.m.b.H.. ....“ versehenen Formular festgehalten. Auf einem zweiten Blatt wurde ua vermerkt „Die C* ist voll bezahlt. incl. Hänger Einachser. Echolot/Sumlog inbegriffen. J* in Zahlung incl. Hänger zu 185.000,00 öS ... Kaufpreis des Bootes incl. 30 % MwSt. inbegriffen ...“ Dieses Blatt ist von Othmar R* und vom Kläger unterschrieben. Der Kläger vereinbarte mit Othmar R*, daß dieser berechtigt sein sollte, das Boot zu verkaufen. Den Verkaufserlös sollte er zur Gänze auf ein Konto einzahlen, das auf den Namen des Klägers lautete. Ein Drittel des Betrages sollte er bei Beginn der Arbeiten am neuen Boot, ein Drittel während der Arbeiten und ein Drittel bei Fertigstellung erhalten.

Einige Zeit danach rief Othmar R* den Kläger an. Er ersuchte ihn, ihm die Papiere für den Bootsanhänger zu schicken. Othmar R* sagte, er habe bereits einen Käufer. Der Kläger schickte die Papiere für den Bootsanhänger. Die Papiere für das Segelboot gab ihm der Kläger nicht. Das Boot hatte wegen eines Außenbordmotors ein Motorbootkennzeichen. Othmar R* verlangte vom Kläger keine Ausfertigung des Motorbootkennnzeichenscheines.

Im Herbst 1980 stellte die Firma G* das Segelboot auf der Gebrauchtbootbörse der „A*“ aus. Es fand sich kein Käufer. Am letzten Messetag stand das Boot beim Stand der Firma G*. Dort wurde es von Ing. Wolfgang A* im Auftrag der Beklagten besichtigt. Othmar R* hatte die Beklagte ersucht, das Segelboot zu belehnen.

Othmar R* erklärte Ing. Wolfgang A*, ihm sei das Boot von jemandem zurückgegeben worden, der bei ihm ein neues Boot gekauft habe. Er sei jetzt in finanziellen Schwierigkeiten und wolle das Boot belehnen. Ing. Wolfgang A* schätzte das Boot. An Unterlagen wurde ihm ein Bootsbrief vorgelegt. Unterlagen darüber, wer Eigentümer des Boots war, erhielt er nicht. Zulassungsscheinähnliche Dokumente gibt es für Boote nur, wenn sie einen Motor haben.

Am 9. 12. 1980 schlossen Othmar R* und die Beklagte einen Pfandvertrag über das Segelboot samt Bootsanhänger. Othmar R* legte der Beklagten die Bestellung vom 20. 11. 1980 über das Segelboot C* vor (./3). Er gab ihr weiters ein mit „Bestellung“ überschriebenes Formular, datiert mit 20. 11. 1980, auf dem vermerkt war: „1 Segelboot J* mit Hänger * Radio‑Sumlog‑Echolot übernommen u. durch Sportboot C* bezahlt.“ Am Kopf dieses Formulars sind Name und Anschrift des Klägers angegeben, unter „Bestellung“ steht „Kaufvertrag“ und darunter „von Hr. Othmar R*. Kondition: bar bezahlt durch C* ...“

Diese Urkunde ist von Othmar R* unterschrieben. Neben seiner Unterschrift scheint der Namenszug des Klägers auf. Dieser Namenszug unterscheidet sich nicht wesentlich von jener Unterschrift, die der Kläger auf die „Bestellung“ über das Sportboot C* gesetzt hat.

Die der Beklagten vorgelegten Urkunden waren Durchschriften, die Othmar R* einem Block entnommen hatte, zwischen dessen Blättern jeweils ein Blaupapier eingelegt war. Der Kläger hatte das jeweils erste Blatt erhalten; die Durchschriften wurden nicht gesondert unterschrieben.

Othmar R* legte der Beklagten auch den Zulassungsschein für den Bootsanhänger vor. Er wies sich durch seinen Reisepaß und den Meldezettel aus.

In einem mit 9. 12. 1980 datierten und von Othmar R* unterschriebenen Aufnahmeblatt der Beklagten ist das Segelboot beschrieben. Es ist als „J* (G* Rumpf)“ bezeichnet. Bei „Bemerkungen zu Bootskörper“ steht: „G* Rumpf mit Stahlkiel ....“. Der Vermerk „Original v. Kaufvertrag fo... nach“ ist abgehakt und durchgestrichen.

Am 9. 12. 1980 schlossen der Kläger und Othmar R* einen Kaufvertrag über den Bootsanhänger. Der Käufer ist als „Othmar R* (G*)“ bezeichnet. Der Kaufvertrag ist vom Kläger und von Othmar R* unterschrieben. Unter dem Namenszug steht jeweils in Klammer, mit Maschine geschrieben der Name desjenigen, der unterschrieben hat. Bei der Unterschrift des Othmar R* ist die Stampiglie der Firma G* beigesetzt.

Bei Abschluß dieses Kaufvertrages nahm der Kläger an, daß Othmar R* bereits einen Käufer für das Segelboot und den Anhänger habe.

Die Beklagte wurde bei Abschluss des Pfandvertrages von Adelheid A* vertreten. Adelheid A* wurde nicht erklärt, daß die Firma G* Eigentümer des Bootes sei. Adelheid A* hatte nie ein Problem gesehen, wenn ein Unternehmen etwas verpfänden wollte. Sie erklärte nie, daß es der Beklagten lieber wäre, wenn eine Privatperson als Verpfänder aufträte.

Nachdem Darlehen einmal zurückgezahlt, dann wieder in Anspruch genommen worden war, wurde das Segelboot vom Kläger ausgelöst. Sein Rechtsvertreter hatte herausgefunden, daß das Boot der Beklagten verpfändet worden war. Das neue Boot hätte im Jänner 1981 fertig sein sollen. Othmar R* hatte den Kläger aber immer wieder vertröstet. Um das Boot zu erhalten, mußte der Kläger der Beklagten S 72.027,91 bezahlen.

Der Kläger erstattete gegen Othmar R* eine Strafanzeige. Im Strafakt befindet sich eine Kopie der Bestellung vom 20. 11. 1990 über das Sportboot C*. Diese Kopie ist die Kopie einer Urkunde, die mit dem Aufkleber der Firma G* versehen ist. Das Strafverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Der Kläger beantragte, über das Vermögen der Firma G* das Konkursverfahren zu eröffnen. Der Antrag wurde mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß die Beklagte bei der Pfandnahme des Segelbootes nicht grob fahrlässig vorgegangen sei. Aus den ihr vorgelegten Urkunden habe sich vielmehr eindeutig ergeben, daß R* das Eigentum daran erworben hatte. Unter diesen Umständen sei sie auch zu weiteren Nachforschungen nicht verpflichtet gewesen. Da die Beklagte demnach wirksam ein Pfandrecht erworben habe, habe sie die Herausgabe des Bootes gegenüber dem Kläger nicht rechtswidrig von der Zahlung des Klagebetrages abhängig gemacht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge, bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung und sprach aus, daß die Revision zulässig sei, weil eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage des gutgläubigen Pfandrechtserwerbes eines konzessionierten Pfandleihers bisher fehle. Im vorliegenden Fall gelte § 4 Abs. 4 des Gesetzes vom 23. 3. 1885, RGBl. Nr. 48, idF des Art. 16 der Verordnung GBlÖ Nr. 86/1939. Diese Vorschrift sei auch durch § 291 GewO 1973 als „durch dieses Bundesgesetz nicht berührt“ bezeichnet worden. Danach könne der Eigentümer gegen den Pfandleiher nur dann durchdringen, wenn diesem bei der Übergabe der beweglichen Sache zur Verpfändung das fremde Eigentumsrecht „bekannt oder doch deutlich erkennbar war und der gute Glaube des Gewerbeinhabers auch nicht nach den sinngemäß anzuwendenden Vorschriften des § 367 HGB als ausgeschlossen gilt“. Ein Pfandleiher erwerbe demnach ein Pfandrecht vom Nichtberechtigten nur bei Gutgläubigkeit, wobei diese Gutgläubigkeit jedoch nur durch positive Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnissen (arg „doch deutlich erkennbar war“) vom wahren Eigentum eines Dritten ausgeschlossen werde. Insoweit stimme diese Vorschrift mit jener des § 366 Abs. 1 HGB voll überein, weshalb zu dieser Frage auch die Lehre und Rechtsprechung zur zuletzt genannten Bestimmung herangezogen werden könne. Eine „Privilegierung“ des konzessionierten Pfandleihers bestehe nach der geltenden Rechtslage nur mehr insoweit, als er bei entsprechender Gutgläubigkeit auch ein Pfandrecht vom nichtberechtigten Nichtkaufmann bzw. von einem Kaufmann im Wege eines reinen Privatgeschäftes erwerben kann und daß die Gutgläubigkeit erst durch grobes Verschulden ausgeschlossen wird, daß sein wirksamer Pfandrechtserwerb daher insoweit nicht an die strengeren Voraussetzungen des § 456 (367) ABGB gebunden ist. Die Beklagte habe nicht grob fahrlässig gehandelt, als sie auf Grund der ihr von Othmar R* vorgelegten Urkunden diesen für den Eigentümer des Segelbootes samt Anhänger gehalten hat. Im Durchschreibeverfahren hergestellte Vertragsurkunden stünden im allgemeinen dem Original gleich. Im Geschäftsleben sei es durchaus üblich, daß Ausfertigungen im Durchschreibeverfahren anhand eines Bestell- oder Auftragsblockes hergestellt werden, von denen dann die eine oder andere dem Kunden ausgefolgt wird, das dazugehörige Original oder die entsprechende Durchschrift aber beim Unternehmer verbleibt. Durch die der Beilage ./3 entsprechende Durchschrift sei der Beklagten unbedenklich dokumentiert worden, daß der Kläger bei Othmar R* am 20. 11. 1980 ein „Sportboot/Verdrängerversion“ lt. detaillierter Beschreibung bestellt hat, und daß dieses Motorboot voll bezahlt ist, weil dafür vom Kläger das Segelboot „J*“ inklusive Hänger zum Preise von S 185.000,-- in Zahlung gegeben wurde. Die Übernahme dieses Segelbootes samt Hänger sei durch die Urkundendurchschrift entsprechend der Beilage ./4 dokumentiert worden, wobei die Beklagte hinsichtlich der Unterschrift des Klägers wegen deren wesentlicher Übereinstimmung mit jener auf der Beilage ./3 keine Echtheitsbedenken haben mußte. Werde aber bei einem Kauf- oder Werkvertrag eine andere Sache „in Zahlung gegeben“, liegt regelmäßig ein Doppelgeschäft vor. Für die Beklagte sei daher lückenlos und ausreichend das Titelgeschäft für den Eigentumserwerb des Othmar R* am Segelboot „J*“ samt Anhänger und auch der Erwerbungsakt durch Übergabe bzw. Übernahme dokumentiert. Im Hinblick darauf habe für sie keine weitere Nachforschungspflicht mehr bestanden. Daran ändere auch nichts, daß im vorgelegten Zulassungsschein des Anhängers der Kläger als Zulassungsberechtigter aufschien, weil er ja auch den Anhänger dem Othmar R* urkundsmäßig in Zahlung gegeben hatte; ebensowenig sei die Gutgläubigkeit der Beklagten durch das am Segelboot noch befindliche Motorbootkennzeichen beeinträchtigt worden, weil es sich unbestrittenermaßen nicht mehr um ein Motorboot gehandelt hatte. Die Beklagte sei daher unter Berücksichtigung all dieser Umstände des Einzelfalles gutgläubig gewesen; es könne ihr diese Gutgläubigkeit nicht durch den Vorwurf eines grob fahrlässigen Verhaltens abgesprochen werden. Sie habe von Othmar R* wirksame Pfandrechte am Segelboot und Anhänger erworben. Der Anregung des Klägers zur Stellung eines Antrages beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 89 Abs. 2 Satz 2 B‑VG könne das Berufungsgericht nicht folgen, weil es gegen die Anwendung des § 4 Abs. 4 des Gesetzes RGBl. 1885/48 idF des Art. 16 der VO GBlÖ 1939/86 aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit keine Bedenken habe. Der Kläger übersehe, daß der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 7 B‑VG nach Lehre und Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur die Ausprägung eines allgemeinen Sachlichkeitsgebotes bedeute, daß daher sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlungen durch den Gesetzgeber nicht verfassungswidrig sind. In diesem Sinne erleichterten bereits die §§ 366, 367 HGB im Verhältnis zu § 456 (367) ABGB den gutgläubigen Pfandrechtserwerb von einem Kaufmann bzw. an bestimmten Wertpapieren, weil dies einer typischen Interessenlage des kaufmännischen Verkehrs entspreche. Die darüber hinausgehende Begünstigung des gutgläubigen Pfandrechtserwerbes eines konzessionierten Pfandleihers durch § 4 Abs. 4 des genannten Gesetzes sei gleichermaßen sachlich gerechtfertigt. Dies ergebe sich einerseits aus den strengen Voraussetzungen, an die eine solche Gewerbeausübung geknüpft ist, und aus den strengen Regeln und Kontrollen, denen sie unterliegt, andererseits aus dem Zweck der Zulassung einer solchen gewerblichen Tätigkeit, durch die Personen die Überbrückung wirtschaftlicher Notlagen im Wege seriöser Pfanddarlehensgewährung ermöglicht und damit verhindert werden soll, daß sie andernfalls privaten Wucherern in die Hände fallen.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Klägers aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Auszugehen ist von der durch § 291 GewO für Pfandleiher aufrecht erhaltenen Bestimmung des § 4 Abs. 4 G23. 3. 1885 RGBl. 48 idF des Art. 16 der V GBlÖ 1939/86, wonach früher erworbene Rechte dritter Personen auf Wertpapiere und andere bewegliche Sachen, welche von einem solchen Gewerbsinhaber aufgrund eines zu seinem Gewerbebetriebe gehörigen Geschäftes als ein Vermögen seiner Schuldner übernommen worden sind, den Ansprüchen des Gewerbsinhabers in diesem Falle nur dann vorgehen, wenn jene früheren Rechte dem Gewerbeinhaber schon bei der Übergabe bekannt oder doch deutlich erkennbar waren (Text siehe Manzsche große Gesetzesausgabe 32 Fußnote III 3 zu § 461 ABGB). Dem als Anregung aufzufassenden Antrag des Klägers, beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung dieser Bestimmung wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes zu beantragen, war nicht zu entsprechen. Der in Art. 7 B‑VG normierte Gleichheitsgrundsatz verpflichtet den Gesetzgeber, an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen; er verbietet also willkürliche Differenzierungen, läßt aber unterschiedliche Regelungen dort zu, wo sie durch entsprechende Unterschiede im Tatsächlichen sachlich gerechtfertigt sind (SZ 49/101; JBl. 1985, 178 ua). Zutreffend verwies das Berufungsgericht darauf, daß schon die §§ 366, 367 HGB im Verhältnis zu den §§ 367, 456 ABGB aus Gründen einer typischen Interessenlage des kaufmännischen Verkehrs Erleichterungen für den gutgläubigen Pfandrechtserwerb normieren. Dass aus ähnlichen Erwägungen auch das konzessionierte Pfandleihgewerbe privilegiert wird, erscheint sachlich durchaus begründet.

Wendet man aber die Grundsätze des § 4 Abs. 4 leg. cit an, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die Beklagte der darin zum Ausdruck gebrachten Sorgfaltspflicht bei Belehnung des Segelbootes samt Hängers des Klägers nicht zuwidergehandelt hat. Von einem „deutlich erkennbaren“ Eigentumsrecht des Klägers an den genannten Gegenständen kann nicht die Rede sein. Im Gegenteil, der Beklagten lag nach den getroffenen Feststellungen die vom Kläger selbst unterschriebene Bestellung Nr. 506 (Beilage ./3) vor, wonach das Segelboot incl. Hänger zu S 185.000,‑‑ „in Zahlung“ für das Sportboot C*, das als „voll bezahlt“ aufscheint, gegeben wurde. Weiters erhielt die Beklagte die Bestellung Nr. 507, die jedenfalls den Namenszug des Klägers aufwies und aus welcher hervorging, daß das Segelboot samt Hänger von Othmar R* übernommen und durch das Sportboot C* bezahlt wurde. Im Gegensatz zur Ansicht des Klägers waren diese Urkunden weder verworren noch wiesen sie Widersprüche auf; vielmehr scheint jedes dieser Schriftstücke auf das andere Bezug zu nehmen und in logischer Folge den ordnungsgemäßen Eigentumsübergang darzulegen.

Mit einer listigen Vorgangsweise R*s mußte die Beklagte mangels irgendwelcher Anhaltspunkte hiefür nicht rechnen. Bei einem im Inland auf den Markt kommenden gebrauchten Segelboot war nicht etwa wie bei einem Auto, bei welchem im Hinblick auf häufig vorkommende Diebstähle oder eines durchaus üblichen Eigentumsvorbehaltes besondere Sorgfalt verlangt wird (vgl. HS 5282; HS 6291; 1 Ob 592/79 ua), von vornherein derartiges in Rechnung zu stellen. Die Beklagte war demnach weder unachtsam noch kann ihr angelastet werden, ein „deutlich erkennbares“ Eigentumsrecht des Klägers an Segelboot und Hänger übersehen zu haben. Im Gegenteil, unachtsam war der Kläger selbst, der durch seine eigene Unterschrift bestätigte, daß ihm daran kein Eigentumsrecht mehr zustand und dies auch noch durch die Übergabe von Boot und Hänger in die Gewahrsame des Othmar R* nach außen hin dokumentierte.

Zutreffend gingen demnach die Vorinstanzen davon aus, daß die Beklagte im Rahmen ihrer Befugnisse als konzessionierter Pfandleiher gehandelt hat und dem Kläger daher kein Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte zusteht. Seiner Revision war somit der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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