OGH 8Ob553/85

OGH8Ob553/8510.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Zadruźna Z*, vertreten durch Dr. Johann Wiegele, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei Maria M*, vertreten durch Dr. Kurt Dellisch, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Herausgabe von Sparbüchern (Streitwert S 1,841.263,‑‑), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 7. März 1984, GZ. 4 R 29/84‑30, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 30. Dezember 1983, GZ. 19 Cg 555/81‑25, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00553.85.1010.000

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Ein Zuspruch von Kosten des Rekursverfahrens findet nicht statt.

 

Begründung:

Die Klägerin begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe von 32 Sparbüchern der Hranilnica in Posojilnica Celovec registrirana zadruga z neomejenim jamstvom in Klagenfurt, die sie im einzelnen nach Sparbuchnummer, Name der Spareinlage und eingezahltem Betrag bezeichnete. Sie bewertete ihr Klagebegehren mit S 1,841.263,‑‑ und brachte vor, die Beklagte habe als seinerzeitige Geschäftsführerin der Hranilnica in Posojilnica Celovec registrirana zadruga z neomejenim jamstvom in Klagenfurt, nunmehr Posojilnica Celovec registrirana zadruga z neomejenim jamstvom, 32 der Klägerin gehörige Sparbücher verwaltet und verwahrt und weigere sich nunmehr, die von ihr widerrechtlich zurückbehaltenen Sparbücher an die Klägerin als rechtmäßige Eigentümerin dieser Sparbücher auszufolgen (ON 1). Die in der Klage angeführten Spareinlagen seien von der Klägerin bei der Spar‑ und Darlehenskasse Klagenfurt, nunmehr Darlehenskasse Klagenfurt, mit den angeführten Bezeichnungen und mit den angeführten Beträgen getätigt worden; sie seien daher Eigentum der Klägerin (ON 5 S. 17). Dr. Martin Z*, der geschäftsführende Obmann und Stellvertreter des Verbandes slowenischer Genossenschaften, sei als Treuhänder der Klägerin beauftragt gewesen, ihm übergebene Gelder der Klägerin beim Verband slowenischer Genossenschaften oder bei den diesem Verband angeschlossenen Kreditgenossenschaften für die Klägerin anzulegen. Er habe zu Beginn der Fünfzigerjahre, großteils zwischen 1952 und 1955, diese Gelder bei dem Verband slowenischer Genossenschaften angehörenden Kreditgenossenschaften, und zwar bei den Spar‑ und Darlehenskassen St. Stefan bei Villach, Völkermarkt, Eisenkappel, Ludmannsdorf, Glainach, Maria Gail und St. Thomas a.Z. angelegt. Die diesbezüglichen Sparbücher hätten wie in der Klage angeführt gelautet, allerdings ohne auf die einzelnen Kreditgenossenschaften hinweisenden Zusätze. In der Folge, und zwar am Jahresende 1966 und in einigen wenigen Fällen zu Beginn des Jahres 1967, seien die Einlagen von diesen Sparbüchern vom Treuhänder behoben und bei der Spar‑ und Darlehenskasse Klagenfurt mit den damaligen Einlageständen neue Sparbücher mit den selben Bezeichnungen, jedoch mit auf die vorerwähnten Sparbücher hinweisenden Zusätzen (z.B. steb, vel, czel etc.) begründet worden. Die Einlagenstände der neuen (den Gegenstand dieses Rechtsstreites bildenden) Sparbücher stimmten mit den Einlagenständen der alten Sparbücher überein. Die Klägerin sei daher auch Eigentümerin der den Gegenstand dieses Rechtsstreites bildenden Sparbücher (ON 12 S. 43 f.).

Die Beklagte stellte außer Streit, daß sich die in der Klage angeführten Sparbücher in ihrer Verwahrung befinden, wendete aber ein, die Klägerin sei nicht Eigentümerin dieser Sparbücher und sie habe mit der Klägerin auch keinen Verwahrungsvertrag oder sonstigen Vertrag hinsichtlich dieser Sparbücher abgeschlossen. Die Klägerin sei daher nicht aktiv klagslegitimiert. Die Beklagte sei jederzeit bereit, diese Sparbücher dem wahren Eigentümer herauszugeben. Sie sei auch bereit, diese Sparbücher bei Gericht zu erlegen. Die Klägerin habe diese Sparbücher nicht in ihrer Eigenschaft als seinerzeitige Geschäftsführerin der Hranilnica in Posojilnica Celovec registrirana zadruga z neomejenim jamstvom in Klagenfurt, nunmehr Posojilnica Celovec registrirana zadruga z neomejenim jamstvom, erhalten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es begründete seine Entscheidung in tatsächlicher Hinsicht, damit die Feststellung, die Klägerin sei Eigentümerin jener Sparbücher, deren Herausgabe sie begehre, könne nicht getroffen werden. Ebensowenig könne festgestellt werden, daß die Beklagte diese Sparbücher für die Klägerin verwahrt habe. Auch die Feststellung, daß Dr. Martin Z* als Treuhänder der Klägerin die Sparbücher bei der Darlehenskasse Klagenfurt angelegt habe, könne nicht getroffen werden.

Rechtlich führte das Erstgericht im wesentlichen aus, die Klägerin berufe sich auf ihr Eigentumsrecht an den im Besitz der Beklagten befindlichen Sparbüchern. Der Kläger habe im Eigentumsprozeß sein Eigentum und die Innehabung des Beklagten darzutun. Die Innehabung der verlangten Sparbücher durch die Beklagte stehe außer Streit. Der Eigentumsnachweis erfordere die Darlegung des Erwerbes vom früheren Eigentümer nach Rechtsgrund und Übergabe oder des eigenen ursprünglichen Erwerbes. Ein originärer Eigentumserwerb der Klägerin sei nicht behauptet worden und scheide aus. Die Klägerin hätte daher ihren derivativen Eigentumserwerb an den Sparbüchern nachweisen müssen, was ihr durch lückenlose Anführung der Voreigentümer möglich wäre. Dieser Beweis sei der Klägerin nicht gelungen, da nicht feststehe, daß sie – wie sie behaupte – Dr. Martin Z* als Treuhänder Bargeld zur Veranlagung bei slowenischer Kreditgenossenschaft in Kärnten übergeben habe. Es stehe zwar fest, daß Dr. Z* von verschiedenen (nicht näher bekannten) Organisationen in den Jahren 1952 bis 1955 Bargeld zur Veranlagung bei slowenischen Kreditgenossenschaften Kärntens erhalten habe, doch sei nicht erwiesen, daß die Klägerin Rechtsnachfolgerin dieser Organisationen sei. Es fehle an eindeutigen Behauptungen der Klägerin und am lückenlosen Nachweis ihres Eigentumsrechtes. Eine Klagsstattgebung nach § 376 ABGB komme nicht in Betracht, weil die Beklagte den Besitz der Sparbücher nicht geleugnet habe. Auch wer die Sache vorbehaltlos der Behörde ausgefolgt habe, könne nicht auf Herausgabe geklagt werden. Nichts anderes habe aber die Beklagte getan, wenn sie in der Klagebeantwortung angeboten habe, die Sparbücher bei Gericht zu hinterlegen. Was den erleichterten Eigentumsbeweis nach § 372 ABGB anlange, so habe die Klägerin auch den Beweis ihres besseren Besitzes nicht erbracht; sie hätte auch in diesem Fall Titel und echten Erwerb behaupten und beweisen müssen, was sie nicht getan habe. Die Klage sei daher mangels ausreichenden Beweises des Eigentumsrechtes der Klägerin abzuweisen.

Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Klägerin gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Beschluß Folge. Es hob das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Mit Beschluß vom 5. Februar 1985 (ON 35) ergänzte das Berufungsgericht seine Entscheidung durch den Ausspruch, daß der von der Aufhebung betroffene Wert des Streitgegenstandes in Ansehung eines jeden einzelnen Sparbuches, dessen Herausgabe von der Klägerin verlangt wird, S 15.000,‑‑, nicht aber S 300.000,‑‑ übersteigt.

Das Berufungsgericht führte im wesentlichen aus, die Klägerin stütze ihren Herausgabeanspruch auf das Eigentumsrecht und den Rückforderungsanspruch eines Hinterlegers. Beide Anspruchsgründe seien voneinander unabhängig und daher für sich zu prüfen.

Das Eigentum an einem Sparbuch werde anläßlich dessen Neuausstellung dadurch erworben, daß der Einleger in seiner Verfügung stehendes Geld dem Sparinstitut übergebe und hierüber ein Beweis‑ und Wertpapier, eben das Sparbuch, ausgestellt erhalte. Weil Geld von gleichartigen Sachen, nämlich anderem Geld, nicht unterschieden werden könne, bewirke die Vermengung von Geld in der Regel ursprünglichen Eigentumserwerb des Besitzes nach § 371 ABGB ohne Rücksicht auf dessen Redlichkeit. Wer somit ihm gehörendes oder mit seinem Geld ununterscheidbar vermengtes Geld einem Sparinstitut übergebe und sich ein Sparbuch ausstellen lasse, werde dessen Eigentümer durch originären Erwerb, weil das Recht am Papier mangels abweichender Vereinbarung dem Gläubiger aus dem mit der Sparunternehmung abgeschlossenen Vertrag zustehe. Ein Rückgriff auf vorhergehende Eigentümer des Geldes sei begrifflich ausgeschlossen, weil es an einem derivativen Erwerbsvorgang mangle. Nach den von der Klägerin vorgelegten Spareinlagekonten seien die Einlagen und die Ausgabe der Sparbücher zwischen 30. Dezember 1966 und 30. Dezember 1967 erfolgt. Seien die Klägerin oder deren Rechtsvorgänger 1966/67 Eigentümer der bei der Darlehenskasse Klagenfurt angelegten Gelder gemäß § 371 ABGB gewesen, könne auf das Eigentum an früher mit diesen Geldern dotierten Sparbüchern nicht mehr zurückgegriffen werden. Die darauf bezügliche Klagsbehauptung sei nicht geprüft worden.

Allerdings habe die Klägerin behauptet, ihr Treuhänder Dr. Z* habe die alten Sparbücher realisiert und die Gelder bei der Darlehenskasse Klagenfurt eingelegt. Das Erstgericht habe dazu zwar ausgeführt, das Bestehen eines solchen Treuhandschaftsverhältnisses nicht feststellen zu können, doch ergebe sich aus dem Akteninhalt nicht, ob die hiefür angebotenen Beweismittel, besonders die Vernehmung des Zeugen Dr. Z* zu dieser Frage, überhaupt durchgeführt worden seien. Sollte sich Treuhandschaft zwischen der Klägerin und Dr. Z* beider Geldeinlage feststellen lassen, so wäre die Klägerin – unterstelle man die Anwendung österreichischen Rechtes auf das Treuhandschaftsverhältnis – aktiv zur Eigentumsklage nur legitimiert, wenn dieses Treuhandschaftsverhältnis zwischenzeitig wieder aufgelöst worden wäre. Der Treuhänder sei nämlich nach österreichischem Recht Vollrechtsinhaber, wenn auch in fremden Interesse. Das ihm übertragene Recht schließe die Geltendmachung desselben Rechtes durch den Treugeber gegenüber Dritten aus. Welches Recht auf die Begründung und Beendigung eines solchen Treuhandschaftsverhältnisses anzuwenden sei, bestimme sich nach dem Grundsatz locus regit actum, außer die Partner hätten die Anwendung eines anderen Rechtes vereinbart (§ 37 ABGB, der zumindest für die Begründung eines solchen Rechtsverhältnisses vor Inkrafttreten des IPRG am 1. Jänner 1979 anzuwenden sei). Bei Beendigung eines Treuhandschaftsverhältnisses nach dem 1. Jänner 1979 wären allerdings die Kriterien des § 35 IPRG für die Bestimmung des anzuwendenden Rechtes maßgeblich. Hätten die Vertragspartner danach keine Rechtswahl getroffen und auch die Anwendung eines bestimmten Rechtes nicht unterstellt, wäre die Generalklausel des § 1 IPRG anzuwenden. Dies alles würde jedoch nur für die schuldrechtliche Seite der Vertragsbeziehung gelten. Für die sachenrechtliche Seite – Voraussetzung des Eigentumserwerbes an in Österreich befindlichen Sparbüchern – würde sowohl nach der alten wie nach der neuen Rechtslage auf dem Gebiet des internationalen Privatrechtes das Recht der gelegenen Sache wirksam sein.

Aus den Aussagen der Zeugen Dr. Z* und Uroś gehe hervor, daß die Klägerin möglicherweise 1966/67 in ihrer heutigen Form noch nicht bestanden habe, sondern erst 1972 gegründet worden sei. Sollte dies zutreffen, so müßte das nunmehr von der Klägerin geltend gemachte Eigentumsrecht von einer Rechtsvorgängerin auf sie übergegangen sein. Dieser Rechtsübergang unterläge hinsichtlich seiner schuldrechtlichen Erfordernisse und Wirkungen dem Recht des Abschlußortes, hinsichtlich der sachenrechtlichen Voraussetzungen und Auswirkungen der lex rei sitae. Von Interesse seien nur letztere, weil die Klägerin ihren Anspruch auf ihr Eigentumsrecht stütze. Dabei müsse wieder unterschieden werden, ob die Beklagte die Sparbücher im Zeitpunkt, als die Rechtsnachfolge auf Klägerseite eintrat, schon innegehabt habe oder nicht.

Im letzteren Fall müßte festgestellt werden, wo sich die Sparbücher im Zeitpunkt dieser Rechtsnachfolge befunden hätten. Nach dem Recht der gelegenen Sache bestimme sich nämlich die Wirkung des Eigentumserwerbsaktes. Hier allenfalls anzuwendendes jugoslawisches Recht müßte dann ermittelt werden und erfüllt sein, um von einem auch in Österreich wirksamen Eigentumsrecht sprechen zu können. Wären die Bücher aber stets in Österreich gewesen, so käme österreichisches Recht zur Anwendung. Das Recht aus Inhaberpapieren wie den vorliegenden Sparbüchern werde in Österreich durch Übertragung des Papiers übertragen. Die Übertragung eines Inhaberpapiers wiederum erfolge nach den für die Übertragung beweglicher körperlicher Sachen geltenden Regeln. Danach werde für den Eigentumsübergang das Vorliegen von Titel und Modus verlangt. Als Titel käme ein nach dem Recht des jeweiligen Abschlußortes zu beurteilender Vertrag zwischen dem Rechtsvorgänger und der Klägerin, ein behördlicher Hoheitsakt des jugoslawischen Staates und überhaupt jeder nach dem Recht Jugoslawiens wirksame Eigentumsübertragungstitel in Betracht. Modus könnte nach österreichischem Recht Übergabe von Hand zu Hand oder durch Erklärung, entweder in Form der Besitzauflassung oder des Besitzauftrages, sein, um die Eigentumsübertragung wirksam werden zu lassen.

Hätte die Beklagte die Bücher im Zeitpunkt der Rechtsnachfolge auf Klägerseite allerdings schon innegehabt, dann wäre – unterstelle man, daß sich die Bücher in diesem maßgeblichen Zeitpunkt in Österreich befunden hätten – als Modus nur die Besitzanweisung, nämlich die Anweisung des Rechtsvorgängers an die Beklagte, die Bücher nun im Namen der Klägerin innezuhaben, zur Wirksamkeit des Eigentumsüberganges geeignet. Eine solche hätte aber solange keine dingliche Wirkung, als die angewiesene Beklagte nicht erklärt habe, die Anweisung anzunehmen und die Sache nun im Namen der Klägerin innezuhaben. Hätte die Beklagte daraufhin mit Handlungen geantwortet, die mit einem Besitz der Klägerin als Rechtsnachfolgerin nicht zu vereinbaren wären, so wäre die Besitzanweisung nicht wirksamer Modus des Eigentumsüberganges, weil der Besitz nicht übergegangen wäre. Es wäre in diesem Fall daher zu prüfen, ob die Beklagte anläßlich der Rechtsnachfolge auf Klägerseite der Besitzanweisung widersprochen oder Handlungen gesetzt habe, die schlüssig einem Widerspruch gegen eine erfolgte Anweisung gleichkämen. In diesem Fall stünde die Eigentumsvindikation nicht zu Gebote. Die von der Beklagten allerdings einmal erklärte oder schlüssig zum Ausdruck gebrachte Annahme der Anweisung könnte von ihr nicht mehr widerrufen werden; in der nunmehrigen Behauptung, die Klägerin sei nicht Eigentümerin, könne eine solche Ablehnung der einmal angenommenen Anweisung nicht erblickt werden. Hätten sich die Bücher zum Zeitpunkt der Rechtsnachfolge auf Klägerseite in Jugoslawien befunden, so wäre für den Rechtsübergang jugoslawisches Recht anzuwenden und der nach diesem wirksame Eigentümerwechsel auch hierzulande anzuerkennen.

Im übrigen müsse auch die Rechtspersönlichkeit eines allfälligen Rechtsvorgängers der Klägerin geklärt werden. Habe es sich um eine juristische Person oder ein einer solchen ähnliches Gebilde gehandelt, sei ihre Rechtsfähigkeit nach der in Österreich herrschenden „Sitztheorie“, somit nach dem Verwaltungssitz dieser Person zu beurteilen. Der tatsächliche Verwaltungssitz (Hauptverwaltungssitz) entscheide über das anzuwendende Recht. Nach jugoslawischem Recht gegebene Rechts‑ und Handlungsfähigkeit einer solchen Person wäre auch für den österreichischen Rechtsbereich anzuerkennen, selbst wenn vergleichbare inländische Rechtssubjekte fehlten oder in Österreich keine Rechtspersönlichkeit besäßen.

Schließlich wäre auch noch die Frage des Eigentumsüberganges von der Klägerin auf den Treuhänder Dr. Z* und umgekehrt, wenn eine solche Behauptung weiter aufrechterhalten würde, nach den dargelegten Grundsätzen zu prüfen.

Die Klägerin stütze ihren Anspruch aber auch auf das Bestehen eines ausdrücklich oder schlüssig abgeschlossenen Verwahrungsvertrages. Dieser Behauptung komme insofern Bedeutung zu, als dem Hinterleger oder dessen Rechtsnachfolger gegenüber von Seiten des Verwahrers nicht mangelndes Eigentum an der hinterlegten Sache entgegengehalten werden könne. Der Hinterleger mache nämlich nicht seinen Eigentumsanspruch, sondern einen obligatorischen Rückforderungsanspruch geltend. Dieser Anspruch stehe dem Hinterleger jederzeit zu. Da die Beklagte das Bestehen eines Verwahrungsvertrages bestreite, müsse, was bisher unterblieben sei, erörtert werden, auf welche Weise die Beklagte Inhaberin der Sparbücher wurde. Ein Verwahrungsvertrag müsse nicht ausdrücklich als solcher eingegangen oder bezeichnet werden. Die Pflichten eines Verwahrers träfen als Nebenpflichten auch denjenigen, der die Sache aus verschiedenartigen anderen Gründen, etwa auch als Bearbeiter, innehabe. Habe die Beklagte die Sparbücher von der Klägerin oder deren Rechtsvorgängerin in Verwahrung oder zur Bearbeitung übergeben erhalten, so hätte sie die Bücher an die Klägerin auf Verlangen herauszugeben. Unter Übergabe in Verwahrung oder in Bearbeitung mit der Nebenpflicht der Verwahrung könne auch durchaus die Mitnahme der Bücher durch die Beklagte als Geschäftsführerin des Sparinstitutes angesehen werden, da Sparbücher mangels anderer Vereinbarung im Eigentum des Einlegers stünden und ohne Realisierung der Einlage der Sparunternehmung nur zur Verwahrung (oder allenfalls Bearbeitung wie Nachberechnung von Zinsen und dergleichen) übergeben worden sein könnten. Die Beklagte wäre in diesem Fall der Geltendmachung des Hinterlegerrückforderungsanspruches seitens des Sparinstitutes nachgeschaltete Subverwahrerin der Sparbücher. Aber auch ohne eine solche Rechtskonstruktion könne der obligatorische Herausgabeanspruch von der Klägerin dann gegenüber der Beklagten geltend gemacht werden, wenn die Beklagte die Sparbücher von der Darlehenskasse Klagenfurt in Bearbeitung übergeben erhalten haben sollte oder sie als Geschäftsführerin zu diesem Zweck mitgenommen haben sollte und der Rückforderungsanspruch von der Darlehenskasse * der Klägerin oder deren Rechtsnachfolgerin abgetreten worden sein sollte. Die Abtretung eines solchen Rückforderungsanspruches wäre der Klägerin, sollte sie Einlegerin oder Rechtsnachfolgerin einer Einlegerin gewesen sein, vom Sparinstitut geschuldet worden, soferne es selbst verpflichtet gewesen wäre, die Sparbücher an die Klägerin auszufolgen. Damit wäre auch der kausale Teil (das Grundgeschäft) der Abtretung gegeben gewesen. Der Übergang eines obligatorischen Anspruches auf einen anderen Berechtigten erfordere im Gegensatz zum Übergang eines dinglichen Anspruches keine Erwerbsart.

Auch die Behauptung, die Klägerin verlange die Sparbücher von der Beklagten als deren Verwahrerin zurück, sei im bisherigen Verfahren nicht geprüft worden. Die bloß getroffene Feststellung, ein Verwahrschaftsverhältnis zwischen den Streitteilen könne nicht festgestellt werden, ohne daß erörtert worden sei und die angebotenen Beweise dazu aufgenommen worden seien, auf welcher Rechtsgrundlage die Beklagte Inhaberin der Sparbücher geworden sei und ob nicht der Klägerin daraus Rückforderungsansprüche zustünden, lasse ein insoweit wegen Verletzung der Anleitungspflicht nach § 182 ZPO mangelhaft geführtes Verfahren in ein mangelhaftes Urteil münden, das nach § 496 Abs. 1 Z 2. und Z. 3 ZPO aufzuheben sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und in der Sache selbst durch Urteil im Sinne der Bestätigung der Entscheidung des Erstgerichtes zu erkennen, allenfalls den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung der Klägerin aufzutragen.

Die Klägerin hat eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag erstattet, dem Rekurs der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist unzulässig.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seinem in diesem Rechtsstreit ergangenen Beschluß vom 6. Dezember 1984, 8 Ob 575/84, auf dessen Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen im einzelnen verwiesen werden kann, ausführlich dargelegt, daß ein Anspruch auf Herausgabe eines Sparbuches keine Geldleistung zum Gegenstand hat, daß hier der Streitgegenstand nicht in einem Geldbetrag besteht, daß daher im Falle eines solchen Begehrens die im § 500 Abs. 2 ZPO normierten Bewertungsvorschriften anzuwenden sind und daß im vorliegenden Fall, da das Vorbringen der Klägerin für die Annahme eines rechtlichen oder tatsächlichen Zusammenhanges ihrer geltend gemachten Herausgabeansprüche bezüglich der einzelnen Sparbücher nicht ausreicht, bei der Beurteilung der Rechtsmittelzulässigkeit davon auszugehen ist, ob nach der vom Berufungsgericht vorzunehmenden Bewertung der von der Aufhebung betroffene Wert des Streitgegenstandes in Ansehung eines jeden einzelnen Sparbuches, dessen Herausgabe von der Klägerin verlangt wird, S 15.000,‑‑ und, wenn dies bejaht wird, S 300.000,‑‑ übersteigt.

Das Berufungsgericht hat nun ausgesprochen, daß der von der Aufhebung betroffene Wert des Streitgegenstandes in Ansehung eines jeden einzelnen Sparbuches, dessen Herausgabe von der Klägerin verlangt wird, S 15.000,‑‑, nicht aber S 300.000,‑‑ übersteigt. Die Anordnung des Rechtskraftvorbehaltes hat es damit begründet, daß die aufgetretenen Rechtsfragen insgesamt von erheblicher Bedeutung seien.

Der Rekurs gegen einen unter Rechtskraftvorbehalt gefaßten Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes im Sinne des § 519 Abs. 1 Z 3 ZPO ist in beiden Fällen des § 502 Abs. 4 ZPO zulässig. § 508 a Abs. 1 ZPO gilt hier sinngemäß auch im Rekursverfahren über einen derartigen Aufhebungsbeschluß. Die dem Rechtskraftvorbehalt zugrundegelegte Ansicht des Berufungsgerichtes über das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 502 Abs. 4 Z. 1 ZPO ist für den Obersten Gerichtshof nicht bindend. Für den Rekurs gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß gilt kraft Größenschlusses ebenfalls die Beschränkung der Anfechtungsgründe im Sinne des § 503 Abs. 2 ZPO (siehe dazu Fasching Lehrbuch Rdz. 1884; Petrasch in ÖJZ 1983, 203; 2 Ob 612, 613/84; 6 Ob 666/84). Durch die in der ZVN 1983 getroffenen Regelungen ist somit der Rekurs gegen Aufhebungsbeschlüsse des Berufungsgerichtes mit Rechtskraftvorbehalt weitgehend der Revision angeglichen worden (Fasching a.a.O. Rdz. 1983).

Der Oberste Gerichtshof hat bei Entscheidungen über Revisionen im Zulassungsbereich bereits mehrfach ausgesprochen, daß in derartigen Rechtsmitteln nur Rechtsfragen des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes im Sinne des § 502 Abs. 4 Z. 1 ZPO geltend gemacht werden dürfen. Werden im Rechtsmittel keine solchen Rechtsfragen aufgeworfen, dann ist das Rechtsmittel nicht gesetzmäßig im Sinne des § 503 Abs. 2 ZPO ausgeführt und damit zurückzuweisen (4 Ob 328/84; 6 Ob 523/84; 8 Ob 53/84 u.a.). Begründet wurde dies im wesentlichen damit, daß in ähnlicher Weise gemäß § 502 Abs. 4 ZPO in der Fassung vor der ZVN 1983 die Revision in Kündigungsstreitigkeiten lediglich aus dem im § 503 Z. 4 ZPO (alte Fassung) bezeichneten Grund und nur dann zulässig war, wenn sie im Urteil des Berufungsgerichtes für zulässig erklärt worden war. Lehre und Rechtsprechung (Fasching Kommentar IV 286 und ErgBd. 104 f.; MietSlg. 28.611 u.a.) haben dazu die Auffassung vertreten, daß selbst dann, wenn die Revision vom Berufungsgericht zugelassen wurde, sie dennoch zurückzuweisen sei, wenn sie sich auf unzulässige Revisionsgründe stütze. Nichts anderes könne aber dann gelten, wenn in einer nach § 500 Abs. 3 ZPO zugelassenen Revision kein Revisionsgrund nach § 503 Abs. 2 ZPO (§ 502 Abs. 4 Z. 1 ZPO) geltend gemacht wird.

Die gleichen Überlegungen haben uneingeschränkt auch für Rekurse gegen Aufhebungsbeschlüsse des Berufungsgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt im Zulassungsbereich bei einem S 300.000,‑‑ nicht übersteigenden Streitwert Geltung. Auch hier ist der Rechtsmittelwerber, wie bereits ausgeführt, auf die Anfechtungsgründe im Sinne des § 503 Abs. 2 ZPO beschränkt. Macht er derartige Anfechtungsgründe nicht geltend, dann ist sein Rechtsmittel auch hier nicht gesetzmäßig im Sinne dieser Gesetzesstelle ausgeführt und auch dann, wenn das Berufungsgericht im Sinne des § 519 Abs. 2 ZPO zulässigerweise einen Rechtskraftvorbehalt ausgesprochen hat, aus den dargelegten Erwägungen zurückzuweisen.

Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus folgendes:

Daß für die Beurteilung der Rechtsmittelzulässigkeit die Herausgabeansprüche bezüglich der einzelnen Sparbücher nicht zusammenzurechnen sind, wurde bereits ausgeführt. Nach der vom Berufungsgericht vorgenommenen Bewertung liegt der Wert des Streitgegenstandes in Ansehung eines jeden einzelnen Sparbuches, dessen Herausgabe von der Klägerin verlangt wird, zwischen S 15.000,‑‑ und S 300.000,‑‑, also im Zulassungsbereich. Das Berufungsgericht hat im Sinne des § 519 Abs. 2 ZPO durchaus zulässigerweise einen Rechtskraftvorbehalt ausgesprochen, weil es sich bei den in seiner Entscheidung erörterten Rechtsfragen zumindest zum Teil um solche im Sinne des § 502 Abs. 4 Z. 1 ZPO handelt.

Die Beklagte macht aber in ihrem Rekurs nicht geltend, daß die Entscheidung des Berufungsgerichtes auf der unrichtigen Lösung von Rechtsfragen des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes beruht, denen erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs. 4 Z. 1 ZPO zukommt.

Im Rekurs wird im wesentlichen ausgeführt, daß die Klägerin im Verfahren erster Instanz gar nicht behauptet habe, mit der Beklagten einen Verwahrungsvertrag abgeschlossen zu haben und daß ihr von dritten Personen Herausgabeansprüche abgetreten worden seien. Die Klägerin habe hinsichtlich der von ihr beanspruchten Sparbücher weder einen ausreichenden Titel noch eine ausreichende Erwerbsart behauptet und auch keine Behauptungen darüber aufgestellt, wer ihre Rechtsvorgänger gewesen seien und inwieweit diesen Rechtsvorgängern ein Herausgabeanspruch hinsichtlich der Sparbücher zugestanden sei. Sollte Dr. Z* tatsächlich Treuhänder der Klägerin hinsichtlich der Sparbücher sein, dann hätte nur er und nicht die Klägerin einen Herausgabeanspruch. Eine „allenfalls aus dem angefochtenen Beschluß herauszulesende Empfehlung an die Klägerin, das Treuhandverhältnis vor Schluß der mündlichen Verhandlung auszuheben“, wäre eine Verletzung des § 182 ZPO. Da es sich bei den Sparbüchern „um umgeschriebene Sparbücher, die noch dazu nicht auf den Namen der Klägerin lauten“, handle, „dürfte es sich doch um einen derivativen Erwerb handeln“. Bei der gegebenen Sach‑ und Rechtslagen habe das Erstgericht zu Recht Feststellungen über die Art des Entstehens dieser Sparbücher unterlassen.

Damit wird nicht die unrichtige Lösung von Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs. 4 Z. 1 ZPO behauptet. Die Ausführungen der Beklagten, daß es sich – offenbar beim Erwerb der Sparbücher durch die Klägerin – um einen derivativen Erwerb handeln dürfte, lassen nicht erkennen, was die Beklagte daraus ableiten will und in welchem Zusammenhang sie damit die unrichtige Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 4 Z. 1 ZPO durch das Berufungsgericht aufzeigen will. Im übrigen ist es sich richtig, daß es dem Kläger im Sinne des § 226 ZPO obliegt, die Tatsachen auf welche sich sein Anspruch gründet, im einzelnen kurz und vollständig anzugeben; wie aber im vorliegenden Einzelfall das Tatsachenvorbringen des Klägers im Verfahren erster Instanz zu verstehen ist und welche Schlußfolgerungen in tatsächlicher Hinsicht aus diesem Vorbringen abzuleiten sind, ist nur für den Einzelfall von Bedeutung und keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 4 Z. 1 ZPO. Von einer im angefochtenen Beschluß enthaltenen „Empfehlung“ an die Klägerin, ein bestehendes Treuhandverhältnis mit Dr. Z* vor Schluß der Verhandlung in erster Instanz zu beenden, kann keine Rede sein. daß die Prozeßleitungspflicht auch die Verpflichtung des Gerichtes umfaßt, darauf hinzuwirken, daß für die Entscheidung erhebliche Tatsachenangaben gemacht oder ungenügende Angaben über die zur Begründung des Anspruches geltend gemachten Umstände vervollständigt werden, ergibt sich aus § 182 Abs. 1 ZPO und entspricht ständiger Rechtsprechung (JBl. 1975, 369; RZ 1978/120; SZ 52/122 u.v.a.). Einen in dieser Richtung dem Berufungsgericht unterlaufenen Verstoß im Sinne des § 502 Abs. 4 Z. 1 ZPO zeigt die Beklagte mit ihren Rekursausführungen nicht auf.

Insgesamt ist aus den Ausführungen der Beklagten in ihrem Rechtsmittel nicht die Behauptung zu entnehmen, daß die Entscheidung des Berufungsgerichtes auf der unrichtigen Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes beruht, der erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs. 4 Z. 1 ZPO zukommt.

Der Rekurs der Beklagten war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Die Beklagte hat die Kosten ihres unzulässigen Rechtsmittels selbst zu tragen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Rekursbeantwortung, weil sie den vorliegenden Zurückweisungsgrund nicht geltend gemacht hat (§§ 40, 41, 50 ZPO).

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