OGH 8Ob513/89

OGH8Ob513/8929.3.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef D***, Angestellter, Vaduz, Dammweg 4, Fürstentum Liechtenstein, vertreten durch Dr. Gerold Hirn und Dr. Burkhard Hirn, Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die beklagte Partei Annemarie B***, Hausfrau, Nenzing, Beschling 80, vertreten durch Dr. Ludwig Gaßner, Rechtsanwalt in Bludenz, wegen 462.060 S sA (Rekursinteresse 451.000 S sA), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 6. September 1988, GZ 1 R 188/88-24, womit das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 29. März 1988, GZ 4 Cg 223/87-19, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Dem Berufungsgericht wird die neuerliche Entscheidung

aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Die Streitteile, die Geschwister sind, ihr Bruder Dr. Karlheinz D*** und deren gemeinsamer Vater Josef D*** sen. waren bis 25. Jänner 1972 zu je 1/4 Eigentümer der Liegenschaft EZ 1633 KG 90013 Nenzing (folgend KG Nenzing), zu der die Gp 2403 im Ausmaß von 1.683 m2 und weitere Grundstücke gehören. Mit Vertrag vom 25. Jänner 1972 schenkte Josef D*** sen. seinen Liegenschaftsanteil dem Kläger, während die Beklagte und Dr. Karlheinz D*** ihre Liegenschaftsanteile der damaligen Gattin des Klägers schenkten; dadurch wurden der Kläger und seine Gattin je Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 1633 KG Nenzing. Im Schenkungsvertrag übernahm der Kläger die Verpflichtung, sich diesen ihm und seiner damaligen Gattin zugekommenen Empfang bei der seinerzeitigen Aufteilung des Gemeinschaftsbesitzes anrechnen zu lassen. Mit Kaufvertrag vom 17. August 1972 erwarben der Kläger und seine damalige Gattin vom Ehepaar M*** aus der EZ 316 KG Nenzing die Gp 2193 mit einer Fläche von 251 m2 um 9.300 S. Da die Gp 2403 kein Baugrund war, der Kläger aber bauen wollte, schlossen er und seine damalige Gattin am 10. Jänner 1973 mit Christian K*** einen Tauschvertrag; sie erhielten die Bauliegenschaft Gp 2194 mit einer Fläche von 590 m2 zu einem angenommenen Quadratmeterpreis von 57 S gegen die Gp 2403, bei der ein Quadratmeterpreis von 20 S festgelegt worden war. Die EZ 1633 bestand nun aus den Gp 2194 Acker und der zugeschriebenen Gp 2193 Acker.

Nach der Ausebnung des Baugrundes begannen der Kläger und seine damalige Gattin mit der Errichtung eines Eigenheimes, sie trugen sich aber nach Aufrichtung des Rohbaues mit Verkaufsgedanken, wovon die Beklagte Kenntnis erlangte. Bei Gesprächen mit der Beklagten und ihrem Gatten Eugen B*** verlangte der Kläger als Entgelt für das Haus ohne Grund die Übernahme der auf der Liegenschaft hypothekarisch sichergestellten Forderungen und die Begleichung offener Handwerkerrechnungen. Als der Beklagten ein für den Hauskauf erforderliches Darlehen in Aussicht gestellt worden war, bewertete der mit der Schätzung beauftragte gerichtlich beeidete Ortsschätzer Josef T*** in seinem Gutachten vom 15. Juni 1978 das Grundstück mit 1,000.000 S und den Bauplatz mit 250.000 S. Es war den (späteren) Vertragspartnern damals bewußt, daß dabei der Preis des Grundstückes noch nicht berücksichtigt war. Die Beklagte war schließlich bereit, das Haus des Klägers zu übernehmen. Im Sommer 1978 bezog die Beklagte mit ihrer Familie das - damals teilweise ausgebaute - Haus. Der Gatte der Beklagten überwies am 6. September 1978 an die damalige Gattin des Klägers 200.000 S und am 30. Jänner 1979 100.000 S an den Kläger. Durch Schuldübernahmen und Begleichung von Rechnungen brachten die Beklagte und ihr Gatte, die damals nur außerbücherliche Eigentümer der Liegenschaft waren, insgesamt - der genaue Betrag ist nicht feststellbar - etwa 1,300.000 S bis 1,400.000 S auf.

Zur Erstellung eines verbücherungsfähigen Kaufvertrages wandte sich der Gatte der Beklagten im Winter 1979/80 an den mittlerweile bereits verstorbenen Gerichtsbeamten Sulpitius D***, einen Onkel der Streitteile, der ihn an Rainer R***, einen Beamten des Bezirksgerichtes Bludenz, weiterverwies. Sulpitius D*** und Rainer R*** waren in der Folge um die Abfassung eines den Parteiwünschen entsprechenden Vertrages bemüht. Unter gleichzeitiger Teilnahme der Streitteile und ihrer Gatten gab es bei Rainer R*** zwei Besprechungen. Beim zweiten Treffen wurde der Vertrag von Rainer R*** Punkt für Punkt vorgelesen und mit den Parteien erörtert. Was von den dabei beteiligten Personen zu den einzelnen Punkten gesagt wurde, ist nicht feststellbar. Bei einer dieser Zusammenkünfte wurde der Beklagten und ihrem Gatten auch klar, daß der Kläger zum eingetauschten Baugrundstück noch die Gp 2193 hinzugekauft hatte. Als der Schenkungs- und Kaufvertrag den Vorstellungen aller Beteiligten entsprach, wurde er am 31. Jänner 1980 von den Streitteilen und deren Gatten unterfertigt und von Rainer R*** beglaubigt. In den wesentlichen Punkten lautet der Vertrag (gekürzt):

III.Die damalige Gattin des Klägers schenkt ihren Hälfteanteil an der EZ 1633 KG Nenzing dem Kläger.

IV. Der Kläger verkauft die EZ 1633 Nenzing samt dem darauf erstellten Wohnhaus an die Beklagte.

V. Der vereinbarte Kaufpreis beträgt 380.000 S und wird von der Beklagten derart entrichtet, daß sie die auf der Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellten Darlehensforderungen einer Bausparkasse von 203.400 S und 195.700 S (diese Forderungen haften noch mit insgesamt rund 380.000 S unberichtigt aus) als Personalschuldnerin zur alleinigen Vertretung, Verzinsung und Rückzahlung übernimmt.

VI. Die Beklagte schenkt einen Hälfteanteil an der Liegenschaft ihrem Gatten.

VII.Die Übergabe und Übernahme der Liegenschaft und der Liegenschaftsanteile erfolgte bereits am 1. November 1978. IX. "Die Käuferin Annemarie B*** verpflichtet sich - für sich und ihre Rechtsnachfolger -, sich den vollen Verkehrswert der gekauften Liegenschaft ohne Abzug des entrichteten Kaufpreises als Vorausempfang auf den gesetzlichen Erb- und Pflichtteil nach ihrem Vater Josef D*** sen. anrechnen zu lassen."

Am 23. Oktober 1985 verstarb Josef D*** sen. und hinterließ seinen drei Kindern seine 1/4-Anteile an vier Liegenschaften in Nenzing. Auf Grund gesetzlicher Erbfolge waren die Streitteile und Dr. Karlheinz D*** zu je 1/3 erbberechtigt. Da die Beklagte nun ihre Erbschaft nach ihrem Vater bekommen hatte, war sie verhalten, sich die geerbten Grundstücke zugunsten des Klägers auf die Klageforderung anrechnen zu lassen und einen allfälligen Minderbetrag auf den vollen Verkehrswert der von ihr gekauften Liegenschaft nachzuzahlen. Sie hatte auch die Möglichkeit, ohne Anrechnung von Grundstücken den Verkehrswert des Grundstückes zu leisten. Die Beklagte traf bei der Verlassenschaftsabhandlung am 25. November 1985 durch einen Notar keine Verfügung zugunsten ihres Bruders zwecks Bezahlung der Gp 2193 und 2194. Ihr wurde somit wie den beiden anderen Erben 1/3 des väterlichen Nachlasses eingeantwortet.

In der Folge war der Kläger, weil er von der Beklagten aus der Erbschaft nichts erhalten hatte, um eine Abwicklung des Vertrages vom 31. Jänner 1980 bemüht und gab bezüglich der Gp 2193 und 2194 zwei Schätzungsgutachten in Auftrag, die mit Juni 1986 einen Wert von 479.000 S bzw. 445.120 S ergaben. Der Beklagten und ihrem Gatten erschien diese Bewertung zu hoch; ein von ihnen beauftragtes Schätzungsgutachten bestimmte den Verkehrswert zum September 1986 mit 315.008 S. Darauf verschärften sich die Fronten zwischen den Streitteilen: Stein des Anstoßes zwischen den Streitteilen war Punkt IX. des Vertrages vom 31. Jänner 1980. Die Parteien waren deshalb um eine Auslegung dieses Passus bemüht und wandten sich an den bei der Vertragserstellung mitwirkenden Rainer R***. Dieser teilte dem Kläger seine Auslegung zunächst telefonisch und im Mai 1987 auch schriftlich mit. Er vertrat dabei die Auffassung, daß im Vertrag die Liegenschaft und nicht das darauf befindliche Haus abgerechnet werden sollte. Die Beklagte solle sich nach dem Tod des gemeinsamen Vaters den Wert der Liegenschaft auf ihren Erbteil anrechnen lassen. Liege der Wert des Grundstückes höher als der Erbteil des Beklagten, dann hätte sie die Differenz zum vollen Verkehrswert abzugelten. Bereits mit Schreiben des Klagevertreters vom 20. November 1986 hatte der Kläger die Klageforderung mit 12. Dezember 1986 fällig gestellt.

Der Verkehrswert der Liegenschaft EZ 1633 KG Nenzing betrug:

a) 1972 im ursprünglichen Zustand 62.000 S und im ausgebauten Zustand 113.000 S;

b) am 31. Jänner 1980 (Vertragsabschluß) im ursprünglichen Zustand 177.000 S und mit ebenen Flächen 324.000 S;

c) am 23. Oktober 1985 (Tod des Vaters der Streitteile) völlig unbebaut 247.000 S, und zwar ohne Haus und Garage, jedoch mit ebenen Flächen, Stützmauer, Zufahrt und Anschlüssen 451.000 S.

Der Kläger begehrte von der Beklagten, gestützt auf Punkt IX. des Vertrages vom 31. Jänner 1980, 462.060 S sA als Verkehrswert der Liegenschaft EZ 1633 im maßgeblichen Zeitpunkt des Todes des Vaters der Streitteile. Der im Vertrag vom 31. Jänner 1980 genannte Betrag von 380.000 S sei lediglich der Preis für das Haus - ohne Grund - gewesen. Die Schenkung vom 25. Jänner 1972 müsse sich der Kläger anrechnen lassen, doch nur hinsichtlich 3/4 der Liegenschaft, weil er ja bereits 1/4 der Liegenschaft besessen habe. Allfällige Anrechnungsforderungen der Beklagten aus dieser Schenkung seien noch nicht fällig, weil die Anrechnung für den Zeitpunkt der - noch nicht erfolgten - Aufteilung des Gemeinschaftsbesitzes vereinbart worden sei.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach und wendete - neben einer im vorliegenden Rekursverfahren nicht mehr interessierenden Gegenforderung - im wesentlichen ein, es sei keineswegs vereinbart worden, daß sie den Verkehrswert der Liegenschaft EZ 1633 KG Nenzing bezahlen müsse, vielmehr müsse sie sich den vollen Verkehrswert der gekauften Liegenschaft ohne Abzug für das Gebäude auf ihren gesetzlichen Erb- und Pflichtteil anrechnen lassen; dazu sei sie jederzeit bereit. Bei Anrechnung stelle sich heraus, daß der Vorempfang die Höhe des Erbteiles übersteige; sie sei daher bereit, dem Kläger und Dr. Karlheinz D*** den ihr angefallenen Erbteil nach ihrem Vater zu überlassen. Für das eingetauschte Grundstück sei die Beklagte bereit, dessen Mehrwert dem Kläger zu vergüten; ein Preis sei damals nicht genannt worden. Das Erstgericht erachtete die Klageforderung mit 451.000 S (Zeitwert der Liegenschaft im vereinbarten Zeitpunkt - Tod des Vaters der Streitteile) als zu Recht bestehend, die Gegenforderung der Beklagten als nicht zu Recht bestehend, verhielt die Beklagte zur Zahlung von 451.000 S sA und wies das Mehrbegehren von 11.060 S sA rechtskräftig ab. Es stellte noch zusätzlich zum dargelegten Sachverhalt fest: Da die Beklagte und ihr Gatte bei sofortiger Bezahlung des Baugrundes finanziell überfordert gewesen wären, habe sich der Kläger diese Forderung für einen späteren Zeitpunkt vorbehalten. Die Vertragsparteien seien einhellig der Ansicht gewesen, daß die Beklagte nach dem Tod ihres Vaters zu Geld kommen werde und dann den Grundpreis zahlen könne. Der Kläger habe Punkt IX., der über seine Initiative in den Vertrag aufgenommen worden sei, so aufgefaßt, daß die Beklagte den Preis für den Baugrund nicht sofort nach Vertragsschluß bezahlen müsse, weil sie zu diesem Zeitpunkt nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügt habe. Es sei klar gewesen, daß sie aber nach dem Tode ihres Vaters Grund erben werde. Seine Vorstellung sei dahin gegangen, daß die Beklagte für den Grund, auf dem ihr Wohnhaus stehe, bis zum Tode des gemeinsamen Vaters nichts bezahlen müsse. Nach dem Tod des Vaters könnte sie sich das vorhandene Erbe auf den vollen Verkehrswert anrechnen lassen und hätte nur mehr die Differenz dazu an den Kläger zu leisten. Der Kläger sei der Ansicht gewesen, daß die Beklagte nach dem Tod ihres Vaters in der Lage sein werde, die nötigen Geldmittel aufzubringen. Auch die Vorstellungen der Beklagten zu Punkt IX. seien dahin gegangen, daß sie für das Grundstück noch eine Gegenleistung zu erbringen habe; so sei es für sie selbstverständlich gewesen, daß sie für den vom Kläger zugekauften Grund etwas zu bezahlen habe. Den eingetauschten Grund habe sie sich bei ihrem Erbteil anrechnen lassen wollen, wie es eben sonst der Kläger sich nach dem Inhalt des Schenkungsvertrages vom 25. Jänner 1972 hätte gefallen lassen müssen. Von der Beklagten sei nicht ihre Zahlungsverpflichtung, sondern nur deren Höhe bestritten worden.

Rechtlich schloß der Erstrichter, beiden Teilen sei bei Vertragsabschluß klar gewesen, daß unmittelbar nach Vertragsabschluß die Beklagte nur den Preis für das im Rohbau fertiggestellte Haus zu bezahlen habe, die Beklagte die finanziellen Mittel für den Grund nicht aufbringen, aber bei Tod ihres Vaters mit einer Erbschaft rechnen könne. In Punkt IX. des Vertrages sei die Form der Finanzierung des Grundes statuiert worden. Der Kläger habe der Beklagten dabei die Möglichkeit eingeräumt, nach dem Tod des gemeinsamen Vaters den ihr dann zukommenden Erb- und Pflichtteil auf den vollen Verkehrswert der Liegenschaft anrechnen zu lassen. Aus den Verfahrensergebnissen sei zu schließen, daß der Kläger nicht auf diese Form der Vertragserfüllung bestanden habe, sondern der Beklagten insoferne entgegengekommen sei, als sie dadurch geringere Barmittel aufzubringen gehabt habe. Der im umstrittenen Passus enthaltene Begriff des "Vorausempfanges" dürfe nicht iS des Erbrechts gesehen werden, weil sonst eine unbeabsichtigte Bereicherung der Beklagten auf Kosten des Klägers eintrete; denn nach § 793 ABGB sei ein Überling nicht zurückzuzahlen. Die Verpflichtung des Klägers aus der Vereinbarung vom 25. Jänner 1972 sei trotz Eintausch der Liegenschaft gegen die Gp 2194 nach wie vor aufrecht. Die Beklagte sei mit ihrer Ansicht, daß sie sich anstelle des Klägers die Gp 2403 anrechnen lassen könne, im Irrtum, denn das streitgegenständliche Grundstück liege durch Eintausch gegen die Gp 2403, durch Zukauf der Gp 2193 sowie durch Erschließungsarbeiten im Wert über dem Vorempfang von 1972. Außerdem stünden dann Dr. Karlheinz D*** keine Ansprüche gegen die Beklagte zu, weil er im Vertrag vom 31. Jänner 1980 nicht erwähnt werde. Die Beklagte habe einem Teil der Klageforderung dadurch ausweichen können, daß sie im Verlassenschaftsverfahren nach ihrem Vater eine Verfügung zugunsten des Klägers getroffen hätte; diesfalls wäre von ihr nur mehr der Unterschiedsbetrag zum vollen Verkehrswert der Gp 2193 und 2194 zu entrichten gewesen. Als Bewertungszeitpunkt der Liegenschaft sei der Tod von Josef D*** sen. anzusehen; zu diesem Zeitpunkt sei der Erbanfall der Beklagten erfolgt. Die eingewendete Gegenforderung bestehe nicht zu Recht, weil es sich bei den betreffenden Zahlungen der Beklagten bzw. ihres Gatten um den vereinbarten Kaufpreis für das Gebäude ohne Grund handle.

Das Berufungsgericht hob über Berufung der Beklagten den klagestattgebenden Teil dieses Urteils aus folgenden rechtlichen Erwägungen unter Rechtskraftvorbehalt auf.

Aus der Anrechnungsvorschrift des Punktes IX. sei der bereits entrichtete Kaufpreis ausgeklammert, u.zwar. nicht nur die in Punkt V. erwähnten 380.000 S, sondern auch die übrigen von der Beklagten für den Rohbau geleisteten Zahlungen. Punkt IX. betreffe nur das Entgelt für die unbebaute Grundfläche. Zwischen dem Vertrag vom 25. Jänner 1972 und dem vom 31. Jänner 1980 habe der Kläger die Gp 2193 erworben und die Gp 2403 gegen die Gp 2194 getauscht. Die Gp 2194 sei offenbar von beiden Streitteilen übereinstimmend als Ersatzgrundstück hinsichtlich der vom Kläger im Vertrag vom 25. Jänner 1972 übernommenen Verpflichtungen angesehen worden; offenbar deshalb sei zwischen den Streitteilen auch unstrittig, daß die Beklagte den Wert der Gp 2193 zu ersetzen habe. Der Vertrag vom 31. Jänner 1980 dürfe nicht isoliert von jenem vom 25. Jänner 1972 betrachtetnwerden; durch den Vertrag vom 31. Jänner 1980 habe die Beklagte das Surrogatgrundstück für jenes Grundstück erhalten, für das der Kläger nach dem Vertrag vom 25. Jänner 1972 ein Entgelt zu leisten gehabt hätte. Durch den Vertrag vom 31. Jänner 1980 sei die Verpflichtung des Klägers aus dem Vertrag vom 25. Jänner 1972, soweit es die Beklagte betreffe - Dr. Karlheinz D*** sei ja an diesem Vertrag nicht beteiligt gewesen - untergegangen und durch die Verpflichtung der Beklagten nach Punkt IX. des Vertrages vom 31. Jänner 1980 ersetzt worden. Punkt IX. sei daher so auszulegen, daß zugunsten der Beklagten ihr eigenes Erbdrittel nach dem Vater der Streitteile zu berücksichtigen und der Kläger nicht nur legitimiert sei, die Anrechnung hinsichtlich seines eigenen, sondern auch hinsichtlich des weiteren, auf Dr. Karlheinz D*** entfallenden Erbdrittels zu verlangen. Denn der Kläger sei von seiner vertraglichen Verpflichtung, bei Aufteilung des Gemeinschaftsbesitzes sich den Anteil des Dr. Karlheinz D*** anrechnen zu lassen, nicht entbunden worden. Würde man diese Ansicht nicht vertreten, müßte zwar der Kläger seinem Bruder dessen Drittel entgelten, seinerseits aber nur Anspruch auf Abgeltung seines eigenen Drittels gegenüber der Beklagten haben, wogegen diese das Surrogat der gesamten Gp 2403 erhielte, aber nur den Drittelanteil des Klägers, nicht aber jenen des Dr. Karlheinz D*** zu ersetzen hätte und so durch eine durch nichts gerechtfertigte Vermögensverschiebung begünstigt wäre. Der Vertrag vom 31. Jänner 1980 könne daher nach den Grundsätzen von Treu und Glauben und der Übung des redlichen Verkehrs nur so ausgelegt werden, daß die Beklagte mit Punkt IX. die Verpflichtung zur Abgeltung der Anteile ihrer beiden Geschwister gegenüber dem Kläger übernommen habe.

Nähere Bestimmungen, wie die Anrechnung laut Punkt IX. des Vertrages vom 31. Jänner 1980 erfolgen solle, enthalte der Vertragstext nicht. ndfrGrund der Verwendung von Fachausdrücken aus dem Erbrecht sei jedoch klargestellt, daß Punkt IX. iS der entsprechenden erbrechtlichen Gesetzesvorschriften auszulegen sei. Hiebei spiele es keine Rolle, daß man im Erbrecht üblicherweise von "Vorempfang" und nicht wie im Punkt IX. von "Vorausempfang" spreche, weil durch die Wahl des Wortes "Vorausempfang" ganz offensichtlich kein Unterschied zum Begriff des Vorempfanges gemacht werden sollte. Zur Auslegung von Punkt IX. seien daher die §§ 790 ff., insbesonders § 793 ABGB und die Berechnungsmethode des Judikats 114 sinngemäß anzuwenden. Deshalb sei der Wert des Vorausempfangs dem Wert des reinen Nachlasses nach Josef D*** sen. zuzuzählen und die Summe durch drei zu teilen. Von dem auf die Beklagte entfallenden Drittel wäre der Wert des Vorausempfanges abzuziehen. Weil die Beklagte ihr Erbdrittel nach ihrem Vater beretis zur Gänze erhalten habe, könne nur mehr ein Geldausgleich stattfinden; die Beklagte müsse dem Kläger den Wert des Vorempfanges bis zum Wert ihres Erbdrittels ersetzen. Diese Einschränkung ergebe sich aus § 793 zweiter Satz ABGB. Die gegenteilige, vom Kläger vertretene Ansicht wäre nur dann gerechtfertigt, wenn Punkt IX. umgekehrt formuliert wäre, etwa sich die Beklagte den Erb- und Pflichtteil nach ihrem Vater auf den Kaufpreis anrechnen lassen müsse. Punkt IX. könne auch nicht dahin verstanden werden, daß die Höhe des Erb- und Pflichtteiles keine Obergrenze für den Erstattungsanspruch des Klägers darstelle, weil dann eine Anrechnungsvorschrift überhaupt nicht erforderlich gewesen, sondern die Zahlungspflicht der Beklagten mit dem Tod ihres Vaters befristet oder mit einem Erbanfall bedingt worden wäre. Die Beklagte habe dem Kläger den Wert des Grundstückes 2193 zur Gänze, jenen des Surrogat-Grundstückes 2194 nur nach Maßgabe der aufgezeigten Berechnungsmethode und der Höhe nach beschränkt mit dem Wert ihres Erbdrittels zu ersetzen. Da der Wert des Erbdrittels der Beklagten noch nicht geklärt sei, sei die Sache noch nicht entscheidungsreif.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Klägers ist berechtigt.

Gemäß § 914 ABGB ist bei der Auslegung von Verträgen nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Wie bei der Auslegung von Gesetzen hat auch bei der Vertragsauslegung die wörtliche Auslegung am Anfang des Interpretationsvorganges zu stehen; zunächst ist somit vom Wortsinn auszugehen (SZ 60/216; Rummel in Rummel2, § 914 ABGB Rz 4; Koziol-Welser, Grundriß8 I 87 f.). Der Ausleger darf jedoch dabei nicht stehenbleiben, sondern muß vielmehr den Willen der Parteien erforschen. Dabei ist freilich die dem Erklärungsgegner erkennbare Absicht des Erklärenden maßgeblich (SZ 49/59 ua; 2 Ob 557/89), d.h. iS des § 914 ABGB der Geschäftszweck, den jeder der vertragsschließenden Teile redlicherweise der Vereinbarung unterstellen muß (SZ 52/18, SZ 49/59; JBl. 1979, 146; JBl. 1978, 428). Läßt sich auch auf diese Weise kein eindeutiger Sinn ermitteln, so ist die Willenserklärung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Dabei sind die Umstände, unter denen die Erklärung erfolgte, und die im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche zu berücksichtigen. Schließlich ist auch der wirtschaftliche Inhalt und Zweck des geschlossenen Vertrages (EvBl 1987/176 mwN) von Bedeutung. Hier ist wohl die festgestellte Absicht des Klägers bedeutsam, der Beklagten den Kauf des Grundstückes samt Haus dadurch zu ermöglichen, daß sie den Preis für den Grund erst nach dem Tode ihres Vaters, wenn sie zu Geld gekommen sei, bezahlen müsse. Maßgebend ist aber, wie schon erwähnt, weder allein der Wille des Erklärenden noch die subjektive Auslegung des Erklärungsempfängers, sondern vielmehr der objektive Erklärungswert der Willensäußerung (SZ 49/59 uva; Koziol-Welser aaO). Die Auslegung einer nach Inhalt und Form unbestrittenen Urkunde gehört nach ständiger Rechtsprechung (SZ 58/199, SZ 51/156 uva.) in das Gebiet der rechtlichen Beurteilung. Werden aber zur Auslegung der einer Urkunde zugrunde liegenden Absicht der Parteien auch andere Beweismittel (insbesondere Zeugen und Parteien) herangezogen, sind die dann von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen nicht revisibel, selbst wenn der Urkundeninhalt ein entscheidendes Beweismittel für eine getroffene Sachverhaltsfeststellung gewesen sein sollte (SZ 58/199; JBl. 1979, 94; JBl. 1975, 602; SZ 41/33 uva.). Die Feststellungen, welche Parteienerklärungen erfolgten, der Schluß von bestimmten Tatsachen auf einen bestimmten Willen oder eine bestimmte Absicht, gehören in den irrevisiblen Tatsachenbereich. Erst wenn die übereinstimmende Parteienabsicht nicht als erwiesen gilt, darf der Gehalt der schriftlichen Willenserklärung im Wege der rechtlichen Beurteilung durch Auslegung ermittelt werden (5 Ob 681/83 ua.). Nur die Auslegung erwiesener Willenserklärungen stellt rechtliche Beurteilung dar (SZ 49/43; RZ 1974/54; Fasching IV 333 und Lehr- und Handbuch2 Rz 1926).

Im vorliegenden Fall hat der Erstrichter zwar erklärt, es könne nicht festgestellt werden, "was zu den einzelnen Punkten" des Vertrages vom 31. Jänner 1980 "von wem gesagt worden war" (S 14 der Urteilsausfertigung); er hat aber keineswegs wörtlich oder erschließbar zum Ausdruck gebracht, daß er seiner Vertragsauslegung des strittigen Punktes IX. des Vertrages vom 31. Jänner 1980 ausschließlich die Urkunde über diesen Vertrag (Beilage A) zugrundelege. Vielmehr ergibt sich sowohl aus seinen Feststellungen, insbesondere zur Erklärung des Vertragsverfassers Rainer R*** gegenüber den Streitteilen, aber auch über den wirtschaftlichen Zweck und die festgestellte einhellige Ansicht der Parteien, daß die Beklagte nach dem Tod ihres Vaters zu Geld kommen werde und dann den Grundpreis zahlen könne, und auch aus der den Feststellungen zugrunde liegenden Beweiswürdigung, namentlich zur Darstellung der Beklagten und der von ihr veranlaßten Schätzung der gesamten Liegenschaft (S 21 der Urteilsausfertigung unten), ebenso wie auch aus der rechtlichen Beurteilung der Entscheidung, daß er auch Schlüsse auf die Parteienabsicht, besonders zum wirtschaftlichen Inhalt und Zweck der Vereinbarung, gezogen hat. Aus diesen Gründen durfte die zweite Instanz die Beweis- und Tatsachenrüge in der Berufung der Beklagten nicht mehr aus rechtlichen Erwägungen übergehen und unabhängig davon schon eine eigene Vertragsauslegung vornehmen.

Zutreffend wird im übrigen vom Rekurswerber auch darauf hingewiesen, daß die Schlußfolgerung der zweiten Instanz, die Gp 2194 sei "offenbar" von beiden Streitteilen übereinstimmend als Ersatzgrundstück für die vom Kläger bzw. seiner damaligen Gattin 1972 erhaltenen Gp 2403 angesehen worden, in den erstgerichtlichen Feststellungen keine ausreichende Grundlage hat. Die Gp 2194 mußte ja vom Kläger vor ihrem Verkauf an seine Schwester erst erschlossen werden.

Aus diesen Erwägungen muß die Entscheidung zweiter Instanz aufgehoben werden, ohne daß jetzt schon auf die Richtigkeit der erst- oder zweitinstanzlichen Auslegung des Punktes IX. des Vertrages eingegangen werden könnte.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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