OGH 8Ob51/01k

OGH8Ob51/01k13.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. Johann K*****, vertreten durch Hauser, Newole & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte*****Z-***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Eckert & Fries, Rechtsanwälte Gesellschaft mbH in Baden, wegen S 2,750.000 sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 20. November 2000, GZ 4 R 182/00i-68, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 25. Mai 2000, GZ 25 Cg 87/98d-60, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die ehedem erstbeklagte Liegenschaftsverwertung Gesellschaft mbH (in der Folge GesmbH) wurde Ende der 80er-Jahre mit dem Zweck gegründet, in Wien 19 ein Bauprojekt zu verwirklichen. Die GesmbH kaufte für dieses Projekt zusammenhängende Liegenschaften im Ausmaß von 25.000 m2. Einer der Eigentümer der in der Folge angekauften Liegenschaften bestand zunächst auf einem Grundstückstausch, weshalb die Gesellschaft mbH auch eine Liegenschaft in Klosterneuburg ankaufte. Als sich der beabsichtigte Liegenschaftstausch nicht verwirklichen ließ, erwarb die GesmbH zur besseren Verwertbarkeit der Klosterneuburger Gründe auch ein daran angrenzendes Grundstück in der KG Kahlenbergerdorf. Für die Realisierung des Bauprojekts hatten diese Grundstücke keine Bedeutung.

Im November 1992 legten der Kläger und ein weiterer Architekt unter der Bezeichnung "Ateliergemeinschaft" gefolgt von den beiden Familiennamen ein gemeinsames Anbot für die Bereiche "Projektmanagement" und "Generalunternehmerbauaufsicht". Dieses Anbot wurde sowohl vom Kläger als auch vom zweiten Architekten unterfertigt.

Der Planung lagen insgesamt Projektkosten von S 1.780,000.000 zugrunde. Die Finanzierbarkeit hing vor allem davon ab, inwieweit bereits vor Baubeginn ein großer Teil der zu errichtenden Büros, Wohnungen und Geschäftslokale verkauft werden konnte. Nachdem insgesamt 72 % der Nutzflächen verkauft worden waren und sich die Gemeinde Wien im Mai 1993 verpflichtet hatte, einen großen Teil des fertiggestellten Gebäudes zu übernehmen und dafür S 1.000,000.000 nach Baufortschritt zu bezahlen, entschloss sich die GesmbH, mit dem Bau zu beginnen und die dafür notwendigen Werkverträge abzuschließen.

Am 17. 5. 1993 übermittelte die GesmbH einen bereits von ihrem Geschäftsführer unterzeichneten Vertragstext für die Leistung "Terminmanagement". Da sich der Kläger auf Urlaub befand, unterfertigte sein Partner am 19. 5. 1993 den Vertrag "für den Auftragnehmer", wobei der Kläger für die Vertragsunterfertigung eine Vollmacht zurückgelassen hatte. Am 8. 6. 1993 unterfertigten der Geschäftsführer der GesmbH und der Partner des Klägers einen weiteren Vertrag über die "Generalunternehmerbauaufsicht". Der Partner des Klägers erklärte diesem, die Verträge nur im eigenen Namen unterfertigt zu haben. Er bot dem Kläger an, mit ihm Subwerkverträge zu schließen, wonach dem Kläger 45 % der Honorare zustehen sollten. Obwohl der Kläger der Ansicht war, direkter Vertragspartner der GesmbH zu sein, schloss er schließlich diese Werkverträge ab. Beide mit der GesmbH abgeschlossenen Verträge nehmen auf das Anbot vom 16. 11. 1992 mit Ergänzungen und Änderungen Bezug. Entsprechend Punkt 7. der Verträge haben sowohl der Kläger als auch sein Partner ihre Haftpflichtversicherungen auf S 10,000.000 erweitert.

In weiterer Folge kam es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und seinem Partner über die Zahlungen aufgrund der zwischen ihnen abgeschlossenen Subwerkverträge. In einem Teilvergleich vom 2. 2. 1996 vereinbarten die Parteien, dass das gegenüber der GesmbH noch ausstehende Honorar hinsichtlich der Teilleistungen "Projektmanagement/Terminplanung" und "Generalunternehmerbauaufsicht" dem Kläger mit 45 % zusteht und dass beide Partner ihren jeweiligen Anteil gesondert gegenüber den Auftraggebern außergerichtlich und gerichtlich geltend machen und sie darüber frei disponieren können.

Der Vertrag "Terminmanagement" sieht ein Pauschalhonorar von 19,500.000 zuzüglich USt vor. In Punkt 4.3. ist festgelegt, dass zur Berechnung der Teilzahlungen der ungefähre Anteil der bis zum Teilzahlungszeitpunkt geleisteten Teilleistungen herangezogen wird. Es wurde ein Zahlungsplan mit monatlichen Teilzahlungen von S 516.000 einschließlich USt vereinbart.

Der Vertrag "Generalunternehmerbauaufsicht" sieht ein Pauschalhonorar von S 10,500.000 vor. In Punkt 4.4. ist festgelegt, dass zur Berechnung der Teilzahlungen der ungefähre Anteil der bis zum Teilzahlungszeitpunkt geleisteten Teilleistungen herangezogen wird. Laut Zahlungsplan haben monatliche Teilzahlungen von S 279.000 inklusive USt zu erfolgen. Fertigstellungstermin des Projekts sollte der 31. 12. 1996 sein.

Unmittelbar nach Abschluss der Verträge begannen der Kläger und sein Partner mit den vorgesehenen Tätigkeiten, wobei zahlreiche Terminpläne erstellt und abgestimmt, ein Projekthandbuch als Leitfaden erstellt und die Tätigkeit im Rahmen der Bauaufsicht begonnen wurde. Bis 31. 1. 1994 wurden vereinbarungsgemäß Teilrechnungen über insgesamt S 6,360.000 einschließlich USt gelegt, denen aber nur Zahlungen über S 3,310.400 einschließlich USt gegenüber standen, sodass für den Leistungszeitraum bis einschließlich Jänner 1993 ein Zahlungsrückstand der GesmbH von S 3,049.600 bestand.

Da die das Projekt finanzierende Bank ihre Finanzierung in der Folge zurückzog, ersuchte die Mehrheitsgesellschafterin der GesmbH den Partner des Klägers mit Schreiben vom 10. 2. 1994, alle an der Planung und Projektierung beteiligten Konsulenten anzuweisen, weitere Tätigkeiten bis zur endgültigen Klärung des Projektablaufs einzustellen. Ab diesem Zeitpunkt erbrachten der Kläger und sein Partner keine weiteren Leistungen mehr, hielten sich aber für eine sofortige Wiederaufnahme der Tätigkeit, welche nahezu die gesamte Kapazität der Bürogemeinschaft auslastete, bereit. Auch mehrere Mitarbeiter waren eigens für dieses Projekt eingestellt worden. Erst mit Schreiben vom 31. 5. 1994 wurden die Architekten darüber informiert, dass die Beklagte beabsichtige, die Liegenschaft von der GesmbH zu erwerben und dass im Falle der Rechtswirksamkeit des Kaufvertrages alle bisherigen Verträge und Vereinbarungen storniert seien. Nunmehr trennten sich die Architekten von den zusätzlich aufgenommenen Mitarbeitern und begannen ab Juni 1994 sich um andere größere Aufträge umzuschauen. Der Kläger hatte bis zur Vollauslastung mit anderen Projekten eine gewisse Anlaufphase. Einen derart großen und lukrativen Auftrag konnte er aber nicht mehr abschließen.

Das Ansinnen der GesmbH, dass die noch offenen Rechnungen zu stornieren seien, sodass keine weiteren Forderungen gegenüber der GesmbH bestünden, beantworteten der Kläger und sein Partner mit Schreiben vom 1. 6. 1994 dahingehend, dass sie die GesmbH aufforderten, die offenen Teilrechnungen sowie ein Entgelt für die Stillstandszeit vom 1. 2. bis 31. 5. 1994 zu bezahlen. Für den Fall, dass die Verträge nicht auf die Käuferin der Liegenschaft überbunden werden, wurde eine Abschlagszahlung von S 9,000.000 gefordert.

Die Beklagte nahm am 16. 11. 1994 das Anbot der GesmH vom 14. 6. 1994 zum Kauf der Liegenschaft um einen Kaufpreis von S 237,100.000 an, wobei im Vertrag festgehalten wurde, dass S 137,100.000 auf den Grundkostenanteil und S 100,000.000 auf die sonstigen übernommenen Leistungen, nämlich S 80,000.000 auf Bauleistungen und S 20,000.000 auf sonstige verwertbare Vorleistungen entfallen. Ausgenommen von diesem Kostenanteil waren die Leistungen der planenden Architekten. Die Vertragsparteien kamen weiters überein, dass die Käuferin der Verkäuferin auch die auf den Betrag von S 100,000.000 entfallende Umsatzsteuer zu ersetzen habe.

Das Erstgericht konnte nicht feststellen, ob der Kaufpreis dem damaligen Wert der erworbenen Liegenschaft samt den übernommenen Vor- und Bauleistungen zuzüglich der übernommenen vermögenswerten vertraglichen Rechte abzüglich der übernommenen vertraglichen Verpflichtungen entsprach.

Die Beklagte erlegte bei der im Kaufvertrag bestimmten Treuhänderin zunächst S 236,100.000 und am 24. 11. 1994 weitere S 383.663. Was mit dem restlichen Kaufpreis von S 616.337 geschah, konnte das Erstgericht nicht feststellen. Ebensowenig konnte es feststellen, inwieweit der im Kaufvertrag vereinbarte Ersatz der Umsatzsteuer Gläubigern der GesmbH zugute kam. Die Treuhanderläge zuzüglich Zinsen abzüglich KESt und Kontospesen verwendete die Treuhänderin zur Befriedigung der hypothekarisch sichergestellten Gläubiger. Den Restbetrag von S 47,598.285,47 überwies sie an einen Rechtsanwalt, der den Auftrag hatte, aus dem Treuhanderlag Auszahlungen an jene Gläubiger vorzunehmen, die ihm von der GesmbH als Berechtigte genannt wurden. In der dem Treuhänder vom Geschäftsführer der GesmbH übergebenen Liste der offenen Gläubigerforderungen schien auch die vom Kläger und seinem Partner angemeldete Forderung in der Höhe von S 13,000.000 auf. Diese Forderung wurde vom Geschäftsführer der GesmbH nicht anerkannt, weshalb die beiden Architekten aus dem Treuhanderlag nichts erhielten.

Ein Teil der Klosterneuburger Liegenschaft wurde von der GesmbH um S 28,000.000 verkauft. Der andere Teil dieser Liegenschaft sowie die Grundstücke im Kahlenbergerdorf wurden im Konkursverfahren mit einem Wert von S 6,450.000 geschätzt.

Mit seiner am 26. 6. 1996 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger zuletzt, die Beklagte zur Zahlung von S 2,750.000 sA zu verpflichten. Die Ateliergemeinschaft habe die beauftragten Leistungen bis 10. 2. 1994 ordnungsgemäß erbracht und dafür Rechnungen über insgesamt S 6,360.000 gelegt. Auf diesen Betrag habe die GesmbH lediglich S 3,310.400 bezahlt, sodass ein Restbetrag von S 3,049.600 unberichtigt aushafte. Ende Mai 1994 habe die GesmbH mitgeteilt, dass sie beabsichtige, die Liegenschaft zu verkaufen und dass sämtliche Aufträge als storniert anzusehen seien. Die Ateliergemeinschaft, die nahezu ihre gesamte berufliche Kapazität auf die Abwicklung des Bauprojekts ausgerichtet habe, sei weiterhin leistungsbereit gewesen, und zwar auch für einen neuen Grundeigentümer. Der Ateliergemeinschaft stehe der Ersatz des mit der GesmbH vereinbarten Entgelts unter Anrechnung des Unterbleibens der ab dem Baustopp zu erbringenden Leistungen im Ausmaß von 70 % hinsichtlich Projektmanagement und von 90 % hinsichtlich Bauaufsicht zu. Dies ergebe unter Anrechnung der Zahlungen der GesmbH einen Betrag von S 15,372.670, wovon der Anteil des Klägers S 6,917.700 betrage. Dieser Betrag setze sich aus S 4,873.545 an bereits erbrachten, aber nicht bezahlten Leistungen und S 2,044.155 als Ersatz für jene Leistungen zusammen, die aufgrund des Vertragsbruchs der GesmbH nicht mehr hätten erbracht werden können. Im Zeitpunkt des unberechtigten Vertragsrücktritts seien bereits 50 % der Terminmanagementleistungen und 20 % der Bauaufsichtleistungen erbracht gewesen, die GesmbH habe aber lediglich 9 % des vereinbarten Gesamthonorars bezahlt.

Die Beklagte habe am 16. 11. 1994 von der GesmbH jene Liegenschaft erworben, auf der das genannte Bauprojekt betrieben worden sei. Sie hafte daher nach § 1409 ABGB. Die Liegenschaft habe im Wesentlichen das gesamte Vermögen der GesmbH dargestellt, was die Beklagte gewusst habe oder zumindest hätte wissen müssen. Der vereinbarte Kaufpreis habe nicht dem tatsächlichen Wert des übernommenen Vermögens entsprochen, Letzterer sei tatsächlich wesentlich höher. Die Bestimmung des § 2 Abs 2 Punkt 4 des Kaufvertrages, in welcher festgehalten sei, der gesamte Restkaufpreis sei nach Tilgung der Bankschulden an einen Treuhänder zu überweisen, um zur Befriedigung der Gläubiger der Verkäuferin in der Reihenfolge ihres Zuvorkommens verwendet zu werden, sei eine Vertragsbestimmung zugunsten Dritter, sodass die Haftung der Zweitbeklagten auch auf die Verletzung dieser Bestimmung gestützt werde. Die Ateliergemeinschaft habe ihre Forderungen bei der GesmbH vor den Auszahlungen des Treuhänders geltend gemacht.

Die Beklagten wendeten die mangelnde Aktivlegitimation des Klägers ein, weil dieser nicht ihr Vertragspartner gewesen sei. Die Baustelle sei am 10. 2. 1994 eingestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt seien erst Bauleistungen von S 80,000.000, somit 4,7 % der mit S 1.700,000.000 angenommenen Gesamtbaukosten erbracht gewesen. 4,7 % der vereinbarten Gesamthonorare ergeben aber nur einen Betrag von S 1,692.000. Gemäß Punkt 8.1. der Verträge könnten bei Vertragsrücktritt nur die erbrachten Leistungen verrechnet werden, nicht erbrachte Leistungen seien nicht zu vergüten. Die mangelnde Finanzierbarkeit sei zwischen den Parteien als wichtiger Grund zur Vertragsauflösung anerkannt worden. Selbst bei Abrechnung gemäß § 1168 ABGB ergebe sich kein die geleisteten Zahlungen übersteigender Betrag.

Die Beklagte habe nicht das Vermögen oder das Unternehmen der GesmbH übernommen, sondern lediglich eine Liegenschaft angekauft. Diese sei auch keineswegs der im Wesentlichen ganze Güterstand der GesmbH gewesen, vielmehr habe diese weitere Liegenschaften im Wert von mindestens S 34,450.000 und auch sonstiges Vermögen besessen. Die Liegenschaft habe, da die darauf lastenden hypothekarisch sichergestellten Verbindlichkeiten vom Kaufpreis abzuziehen seien, lediglich einen Wert von ca S 47,600.000 repräsentiert. Zudem sei der gesamte Kaufpreis zur Abdeckung von Verbindlichkeiten der GesmbH verwendet worden. Der Preis für die Liegenschaft von S 237,000.000 sei auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens festgesetzt worden. Aus dem Kaufpreis seien zunächst die Hypothekargläubiger befriedigt worden, der Restkaufpreis sei zur Befriedigung der übrigen Gläubiger der Verkäuferin in der Reihenfolge ihres Zuvorkommens verwendet worden. § 2 Abs 2 Punkt 4 des Kaufvertrags sei keine Bestimmung zugunsten Dritter, er spiegle nur die Sorgfaltspflicht der Käuferin wider, falls § 1409 ABGB anwendbar sein sollte. Die Beklagte habe mit dem Kaufvertrag auch Verpflichtungen übernommen, so insbesondere eine Belastung in Höhe von S 1.000,500.000 gegenüber der Gemeinde Wien zur Schaffung von Wohnungseigentum.

Das Erstgericht stellte gegenüber der ehedem erstbeklagten GesmbH, die während des Verfahrens in Konkurs verfallen ist, fest, dass die vom Kläger angemeldete Forderung in Höhe von S 2,750.000 in der allgemeinen Klasse der Konkursgläubiger zu Recht bestehe. Es wies das Klagebegehren, die (ehemals Zweit-)Beklagte sei schuldig, dem Kläger S 2,750.000 sA zu bezahlen, ab. Das Erstgericht traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und bejahte im Rahmen der rechtlichen Beurteilung die Aktivlegitimation des Klägers, weil 45 % der offenen Honorarforderungen gegen die GesmbH mit Vergleich vom 2. 2. 1996 an den Kläger abgetreten worden seien. Wegen der vereinbarten Zahlungspläne könnten als tatsächlich erbrachte Leistungen ohne weiteres die Beträge der bis Jänner 1994 gelegten Teilrechnungen herangezogen werden, somit ein Gesamtbetrag von S 6,360.000. Abzüglich der bezahlten S 3,310.400 ergebe sich ein offener Betrag von S 3,049.600, wovon dem Kläger 45 %, somit S 1,372.320 zustehen. Gemäß § 1168 ABGB stehe aber dem Werkunternehmer, wenn die Ausführung des Werks zum Teil unterbleibe, nicht nur das Entgelt für die tatsächlich erbrachten Leistungen zu, sondern der gesamte Werklohn, wenn der Unternehmer leistungsbereit sei und nur durch Umstände auf Seiten des Bestellers an der Leistung gehindert werde. Es könnten keine Zweifel bestehen, dass der Grund für das Unterbleiben der restlichen Leistungen in der Sphäre der GesmbH gelegen sei. Mangelnde Zahlungsfähigkeit sei generell nicht als wichtiger Kündigungsgrund im Sinne höherer Gewalt anzusehen. Dem Einwand, den Parteien sei bewusst gewesen, die Unfinanzierbarkeit des Projektes stelle einen wichtigen Kündigungsgrund dar, könne nicht gefolgt werden. Wie sich aus dem Sachverhalt ergebe, seien die Verträge gerade deshalb erst im Mai und Juni 1993 geschlossen worden, weil aus der Sicht der Vertragsparteien zu diesem Zeitpunkt die Finanzierung endgültig gesichert erschienen sei. Im Zeitraum Februar bis einschließlich Mai 1993 sei die Zukunft des Projekts unsicher gewesen und habe das Ingenieurbüro weiterhin die vollen Kapazitäten bereitgehalten, um jederzeit wieder mit der Arbeit beginnen zu können. Unter Anwendung des § 273 ZPO scheine für diesen Zeitraum infolge der geringen Ersparnismöglichkeiten eine Entlohnung von 65 % der sich aus dem Zahlungsplan ergebenden Teilrechnungen von insgesamt S 3,180.000 angemessen. Dies sei ein Betrag von S 2,067.000, von welchem der 45 %-Anteil des Klägers S

930.150 ausmache. Ab endgültigem Abbruch des Projekts im Juni 1994 sei eine höhere Ersparnis anzusetzen, weil nunmehr die überzähligen Mitarbeiter abgebaut und neue Aufträge angenommen worden seien. Es erscheine daher die Annahme einer durchschnittlichen Einbuße von 20 % für sechs Monate angemessen. Dies ergebe bei vorgesehenen Teilrechnungen im Gesamtbetrag von S 4,770.000 einen Betrag von S 954.000, wovon der 45 %-Anteil des Klägers S 429.300 betrage. Insgesamt beziffere sich daher der Anspruch des Klägers mit S 2,731.700, sodass angesichts der Schätzungsunschärfen der eingeklagte Betrag von S 2,750.000 als Rundungsbetrag angemessen erscheine.

Zur Haftung gemäß § 1409 ABGB habe die Beklagte zwar den Beweis erbringen können, dass der Kaufpreis zur Abdeckung von Schulden der GesmbH verwendet worden sei, nicht aber, dass dieser Kaufpreis den tatsächlichen Wert des übernommenen Unternehmens (Vermögens) entsprochen habe. Eine Haftung nach § 1409 ABGB liege jedoch dennoch nicht vor. Die GesmbH habe sozusagen als "Nebenprodukt" über die für das Bauprojekt benötigten Liegenschaften hinaus weitere Liegenschaften erworben, welche einen Wert von S 34,500.000 repräsentieren. Selbst wenn der von der Beklagten bezahlte Kaufpreis zu niedrig gewesen sein sollte, könne nicht davon gesprochen werden, die Beklagte habe das im Wesentlichen einzige und gesamte Eigentum der GesmbH übernommen. Maßgeblich sei, ob durch die Übergabe des Vermögens den nicht pfandrechtlich besicherten Gläubigern der im Wesentlichen einzige Deckungsfonds entzogen worden sei. Dies sei aber - selbst wenn der tatsächliche Wert der verkauften Liegenschaft wesentlich höher gewesen sein sollte als der vereinbarte Kaufpreis - hier nicht der Fall. Es liege auch kein Sondervermögen vor, weil keine wirtschaftliche Zugehörigkeit bestimmter Vermögensstücke zu einem Deckungsfonds bestimmter Gläubiger gegeben sei.

Das Gericht zweiter Instanz hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Zur Rechtsrüge führte das Berufungsgericht aus, dass Sondervermögen mangels Abgrenzbarkeit vom sonstigen Vermögen des Übergebers nicht vorliege. Die Beklagte habe nicht das gesamte Vermögen der Klägerin übernommen. In einem solchen Fall sei § 1409 ABGB dann anzuwenden, wenn es sich beim veräußerten Vermögen im Wesentlichen um das gesamte Vermögen des Veräußerers handle. Welchen Wert die beim Veräußerer zurückbleibenden Vermögensbestandteile erreichen dürften, ohne dass die Haftung nach § 1409 ABGB entfalle, sei in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes noch nicht konkretisiert. Die deutsche Lehre ziehe die Grenze bei rund 10 % des Wertes des gesamten Vermögens. Für die Annahme des Erstgerichts, § 1409 ABGB sei nicht anzuwenden, weil das bei der GesmbH verbliebene Vermögen erheblich sei, fehle die Tatsachengrundlage. Es könne nicht auf den absoluten Wert des beim Veräußerer verbliebenen Vermögens abgestellt werden, maßgeblich sei vielmehr dessen Relation zum veräußerten Vermögen. Bei der Lösung der Frage, welche Werte hiebei heranzuziehen seien, sei davon auszugehen, dass Vermögen im Sinn des § 1409 ABGB nur das Aktivvermögen sei. Zur Herstellung der Relation müsse daher der Verkehrswert des übertragenen sowie des bei der Übergeberin verbliebenen Vermögens festgestellt werden. Es treffe nicht zu, dass die Beweisanträge des Klägers in dieser Richtung präkludiert wären.

Der dagegen erhobene Rekurs der Beklagten ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 1409 Abs 1 erster Satz ABGB ist der Übernehmer eines Vermögens oder eines Unternehmens unbeschadet der fortdauernden Haftung des Veräußerers den Gläubigern aus den zum Vermögen oder Unternehmen gehörigen Schulden, die er bei der Übernahme kannte oder kennen musste, unmittelbar verpflichtet. Dieser - unabdingbare (§ 1409 Abs 3 ABGB) - gesetzliche Schuldbeitritt, der nach dem Vorbild des - mit 1. Jänner 1999 - aufgehobenen § 419 BGB durch die 3. Teilnovelle den Bestimmungen über die Schuldübernahme eingefügt wurde, geht auf die Erwägung zurück, dass das Vermögen des Schuldners objektiver Haftungsfonds für die Forderung von dessen Gläubigern ist, der diesen durch die Übertragung des im Wesentlichen gesamten Vermögens nicht entzogen werden soll (SZ 56/140; SZ 59/163; EvBl 1995/157; SZ 68/221; 1 Ob 11/01a ua). Der Haftungstatbestand greift somit dann ein, wenn der den Gläubigern zur Verfügung stehende Haftungsfonds durch die Übertragung (messbar) vermindert wird, also etwa mangels eines äquivalenten Kaufpreises oder wegen Uneinbringlichkeit der Kaufpreisforderung bzw der gleichzeitigen Verfügung über diese Forderung zugunsten Dritter verringert wird. Das ist immer schon dann anzunehmen, wenn die Gegenleistung des Erwerbers den Gläubigern des Veräußerers nicht die gleiche Sicherheit bzw die gleichen Befriedigungschancen wie dessen bisheriges Vermögen gewährt. Trotz gegebener Wertäquivalenz des Kaufpreises trifft dies auch dann zu, wenn die Gegenleistung in Geld besteht, es sei denn, dass das - dem Wert des übernommenen Vermögens entsprechende - Entgelt zur Gänze zur Befriedigung von Gläubigern des Überträgers verwendet wurde (SZ 68/221 mwH).

Die Haftung des Erwerbers nach § 1409 Abs 1 ABGB setzt aber nicht voraus, dass der Übernehmer alle geldwerten Vermögensgegenstände des Veräußerers ohne Ausnahme übernimmt. Mit Rücksicht auf das bereits dargestellte Motiv für die Gesetzwerdung des § 1409 ABGB wendet die Rechtsprechung diese Bestimmung auch an, wenn das übernommene Vermögen "im Wesentlichen" das gesamte Vermögen des Überträgers darstellt, oder anders ausgedrückt, wenn vom Veräußerer "nichts Erhebliches" zurückbehalten wird (SZ 52/12; SZ 59/163; ÖBA 1994, 159; SZ 68/221 ua). Welches (wirtschaftliche) Ausmaß das beim Veräußerer zurückbleibende Vermögen haben muss, damit den Erwerber keine Haftung nach § 1409 ABGB trifft, ist - wie das Berufungsgericht zutreffend dargestellt hat - im österreichischen Recht noch nicht prozentuell beziffert worden. Es ist auch zutreffend, dass zu § 419 BGB vertreten wurde, dass der beim Veräußerer zurückbleibende Vermögensteil nicht mehr als 10 % des gesamten Vermögens betragen dürfe, um die Haftung auszulösen (Riedler, Der Vermögens- und Unternehmensbegriff des § 1409 ABGB, JBl 1992, 563, hier: 570 mwH). Auf diese Frage kommt es jedoch hier nicht entscheidend an:

Nach den Feststellungen wurde die GesmbH ausschließlich zu dem Zweck gegründet, ein Bauprojekt auf den nun an die Beklagte veräußerten Liegenschaften zu verwirklichen. Im Zeitpunkt des Baubeginns waren bereits 72 % der geplanten Nutzflächen verkauft und hatte sich die Gemeinde verpflichtet, einen großen Teil des fertiggestellten Gebäudes zu übernehmen und dafür S 1.000,000.000 je nach Baufortschritt zu bezahlen. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags waren nach dessen Inhalt Vorleistungen im Wert von S 20,000.000 und Bauleistungen im Wert von S 80,000.000 erbracht. Es ergibt sich daher ein Bild, das weit über einen bloßen Liegenschaftserwerb durch die Beklagte hinausgeht. Neben unfertigen Bauteilen übernahm die Beklagte ein ganzes Bündel von Berechtigungen und Verpflichtungen wie etwa einen bereits gegebenen Kundenstock, das durch Bauplanung und Vermarktung gewonnene know how, sowie den sich aus dem hohen Auslastungsgrad ergebenden good will und die darauf basierenden Erwerbschancen. Es lag die "organisierte Erwerbsgelegenheit" eines Bauträgers vor, sodass ohne weiteres davon gesprochen werden kann, die Beklagte habe das von der GesmbH betriebene Unternehmen erworben (vgl WBl 1989, 31).

Ein Unternehmen wird dann als Ganzes übertragen, wenn seine wesentlichen Teile übergehen, die dessen Substanz und individuellen Charakter ausmachen (Riedler aaO 630). Entscheidend ist, ob der Aktivenentzug durch Ausgliederung von Teilbereichen derartig ist, dass durch ihn die Weiterführung des bisherigen Unternehmens unmöglich wird. Denn nur dann ist das Unternehmen selbst im Wesentlichen der Gläubigersicherung entzogen. Kann der Übernehmer das erworbene Unternehmen weiterführen, hat er eine Betriebsmöglichkeit, so ist dies ein Indiz dafür, dass er (zumindest) die wesentlichen Teile des veräußerten Unternehmens übernommen hat (9 ObA 6/96). Wenngleich auch bei Übernahme von Unternehmensteilen ein Wertvergleich zu den beim Veräußerer zurückgebliebenen Teilen erforderlich werden kann (Riedler aaO), hat dieser doch dann zu entfallen, wenn der wesentliche Kernbereich des Unternehmens übernommen wurde und beim Veräußerer nur Liegenschaften zurückbleiben, deren unternehmerische Nutzung weder beabsichtigt noch ohne unverhältnismäßigen Aufwand überhaupt möglich ist. Es ist daher von der Übertragung des gesamten Unternehmens auszugehen, weshalb grundsätzlich der Haftungsfall des § 1409 ABGB anzunehmen ist, ohne dass es auf die Wertrelation zum zurückgebliebenen Vermögen ankäme.

Unter Vermögen oder Unternehmen im Sinn des § 1409 ABGB versteht die herrschende Rechtsprechung die Aktiven (RIS-Justiz RS0010004; SZ 56/140; JBl 2000, 593). Den Beweis für die Höhe der Aktiven, ihren Wert und den Umfang der bereits bezahlten Schulden muss der Unternehmer erbringen, der sich zur Ablehnung weiterer Haftung darauf beruft (EvBl 1979/239; 7 Ob 691/88; ÖBA 1994, 159 ua). Der für die Wertermittlung maßgebliche Zeitpunkt ist jener des Abschlusses des dem Erwerb als Rechtstitel dienenden Verpflichtungsgeschäftes, weil bereits zu diesem Zeitpunkt eine ohne enormes Prozess- und Bonitätsrisiko nicht mehr rückgängig zu machende obligatorische Bindung des Schuldners und Übernehmers bestand (SZ 68/221).

Mit der Frage, ob Pfandbelastungen des übernommenen Vermögens oder Unternehmens bei der Wertberechnung in Abzug zu bringen sind, hat sich der Oberste Gerichtshof jüngst in seiner Entscheidung JBl 2000, 593 ausführlich auseinandergesetzt und die dazu bestehende Rechtsprechung und Lehre dargestellt. Er gelangte zu dem Ergebnis, dass zwar die Haftungsobergenze durch den Wert der Aktiven gebildet werde, aber der Übernehmer durch die Zahlung von auf dem übernommenen Vermögen oder Unternehmen pfandrechtlich sichergestellten Forderungen diese Haftungsgrenze reduziere. Gleiches gelte, wenn im Einverständnis mit den betreffenden Gläubigern eine den Veräußerer von der Haftung befreiende Übernahme der pfandrechtlich sichergestellten Forderungen durch den Erwerber erfolgt sei. An dieser Rechtsansicht ist festzuhalten, vermindern doch im Wirtschaftsleben Pfandbelastungen einer Liegenschaft nicht deren objektiven Wert, sondern im Falle der Übernahme durch den Käufer lediglich den bar zu bezahlenden Kaufpreis.

Es bedarf daher im fortgesetzten Verfahren der Ermittlung des Wertes des von der Beklagten übernommenen Unternehmens. Dieser ist nicht schlechthin mit dem Liegenschaftswert einschließlich der bereits bestehenden Vor- und Bauleistungen gleichzusetzen, sondern bedarf es einer nach objektivem Maßstab vorzunehmenden Bewertung aller zum Unternehmen gehöriger Komponenten wie "good will" Kundenstock, Erwerbschancen, bestehende Rechte und bestehende Verbindlichkeiten (8 ob 602/86; RdW 2001, 405). Ist der objektive Verkehrswert des Unternehmens ermittelt, sind im Sinne der bereits zitierten Entscheidung JBl 2000, 593 die zur Tilgung der pfandrechtlichen Belastungen der Liegenschaft aufgewendeten Beträge ebenso in Abzug zu bringen wie die an die nichtbesicherten Gläubiger bereits geleisteten Zahlungen. Aus einem allfällig verbleibenden Differenzbetrag ist sodann die Forderung des Klägers zu befriedigen.

Da die Rechtssache - entgegen der in der Rekursbeantwortung geäußerten Meinung - noch nicht entscheidungsreif ist, weil anderenfalls die Beklagte durch die Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofs überrascht würde, ist dem Rekurs der Beklagten nicht Folge zu geben und der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts im Ergebnis zu bestätigen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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