OGH 8Ob4/96

OGH8Ob4/9614.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Langer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin V***** Seniorenwohnungen Errichtungs-GmbH, ***** Masseverwalter Dr.Heinz Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwalt in Wien, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers Johann D*****, Gastwirt, ***** vertreten durch Dr.Stephan Probst, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 22. Dezember 1995, GZ 6 R 185/95-56, womit der Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 23. Oktober 1995, GZ 5 S 211/95d-53, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und die Sache an das Rekursgericht zur Entscheidung über den Rekurs unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund zurückverwiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 23.Dezember 1993 wurde über das Vermögen der V***** Seniorenwohnungen Errichtungs-GmbH der Konkurs eröffnet.

Die zur Masse gehörige Liegenschaft EZ 301 KG ***** wurde über Betreiben der Absonderungsgläubigerin A***** regGenmbH gerichtlich versteigert; der Zuschlag erfolgte am 23.Mai 1995.

Vor der Konkurseröffnung hatte die Gemeinschuldnerin mit Johann D***** (im folgenden Antragsteller) einen Kauf- und Tauschvertrag über Teilflächen dieser Liegenschaft abgeschlossen. Die grundbücherliche Durchführung war unterblieben, weil der Vertrag grundbuchsrechtlichen Vorschriften nicht entsprach.

Mit Schriftsatz vom 12.September 1995 ersuchte der Antragsteller das Konkursgericht unter Hinweis auf den abgeschlossenen Vertrag, dem Masseverwalter aufzutragen, diesen Kauf- und Tauschvertrag binnen einer zu setzenden Frist zu erfüllen oder vom Vertrag zurückzutreten. Diesem Schriftsatz war ein Schreiben des Masseverwalters angeschlossen, in dem dieser die grundbücherliche Durchführung des Vertrages unter Hinweis auf die damit verbundene Schmälerung der Masse ablehnte.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Der Antragsteller habe seine vertraglichen Verpflichtungen zur Gänze erfüllt, ein Wahlrecht des Masseverwalters nach § 21 Abs 1 KO bestehe daher nicht mehr. Im übrigen sei die Liegenschaft mittlerweile versteigert worden.

Das Rekursgericht wies den Rekurs des Antragstellers zurück und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Das Einschreiten des Konkursgerichtes gemäß § 21 Abs 2 KO stelle eine Maßnahme der Überwachung des Masseverwalters im Sinne des § 84 KO dar; der Antrag auf Fristsetzung sei als Antrag auf Erteilung einer Weisung an den Masseverwalter aufzufassen, so daß in Ermangelung einer Sonderregelung für die Anfechtung einer derartigen speziellen Weisung der Rechtsmittelausschluß des § 84 Abs 3 zweiter Satz KO zum Tragen komme. Darüber hinaus könne der Antragsteller seine Rechtsmittellegitimation auch nicht aus einer Beteiligtenstellung im Konkursverfahren ableiten, weil er nicht Konkursgläubiger sei.

Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß dem Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluß des Erstgerichtes Folge gegeben werde; hilfsweise wird Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Rückverweisung der Sache an das Rekursgericht zur neuerlichen Entscheidung beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Gemäß § 514 Abs 1 ZPO, der gemäß § 171 KO auch im Konkursverfahren anzuwenden ist, sind gegen Beschlüsse Rekurse - soweit sie nicht ausgeschlossen sind - grundsätzlich zulässig. Dem Vertragspartner des Gemeinschuldners, in dessen Rechtsstellung durch die Einräumung des erst spätestens mit Aufhebung des Konkurses endenden Wahlrechtes des Masseverwalters nach § 21 Abs 1 KO (siehe Petschek/Reimer/Schiemer, Insolvenzrecht, 278; EvBl 1958/337) erheblich eingegriffen wird, wird zum Ausgleich dieser Beeinträchtigung durch § 21 Abs 2 KO das Recht auf die Setzung einer Frist für die Ausübung dieses Wahlrechtes des Masseverwalters durch das Konkursgericht eingeräumt. Dieses dem anderen Vertragsteil im Konkursverfahren eingeräumte Antragsrecht ist entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes mit dem Beschwerderecht gegen Maßnahmen oder das Verhalten des Masseverwalters nach den §§ 84 Abs 3 und 124 Abs 3 KO nicht vergleichbar, da es hier nicht um die Überprüfung einer Maßnahme des Masseverwalters geht, sondern dem Vertragspartner des Gemeinschuldners ein Recht auf eine inhaltlich determinierte, sich nicht in einer bloßen Überprüfung des Verhaltens des Masseverwalters erschöpfende Entscheidung des Konkursgerichtes eingeräumt wird. Eine analoge Anwendung des Rechtsmittelausschlusses nach § 84 Abs 3 zweiter Satz KO auf die Entscheidungen nach § 21 Abs 2 KO kommt daher nicht in Frage. Entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes ist der Vertragspartner des Gemeinschuldners, dem die KO in § 21 Abs 2 - anders als dem Konkursgläubiger, dem mit § 84 Abs 3 Satz 1 KO nur ein (nachträgliches) Beschwerderecht gegen Maßnahmen des Masseverwalters zugebilligt wird (vgl auch Petschek/Reimer/Schiemer, aaO 166 Anm 47; SZ 46/75 sowie 8 Ob 33/90) - ein Antragsrecht einräumt, insoweit am Konkursverfahren beteiligt und damit grundsätzlich auch zum Rekurs gegen die über seinen Antrag ergehende Entscheidung des Konkursgerichtes berechtigt.

Dem Revisionsrekurs des Antragstellers war daher im Sinne des Eventualantrages Folge zu geben.

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