European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0080OB00049.15M.0527.000
Spruch:
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
Die Antragsteller sind Kinder der Antragsgegnerin und leben bei ihrem Vater. Zuletzt begehrten sie, die Antragsgegnerin ab 1. Juli 2014 zur Zahlung monatlicher Unterhaltsbeträge in der Höhe von jeweils 1.000 EUR abzüglich erhaltener Beträge zu verpflichten, weil die Antragsgegnerin mit Scheidungsvergleich vom 30. Juni 2014 einen Betrag von 85.000 EUR zugesprochen erhalten habe. Außerdem habe die Antragsgegnerin auch zwei von ihr bezahlte, für die Kinder gedachte Bausparverträge erhalten.
Das Erstgericht verpflichtete die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 11. Februar 2015 zur Zahlung zusätzlicher monatlicher Unterhaltsbeträge von 175 EUR bzw von 194 EUR, je ab 1. September 2014, und wies das Mehrbegehren von weiteren 825 EUR bzw 806 EUR monatlich sowie einen Antrag auf Verpflichtung zur Bezahlung eines Sonderbedarfs für den Zweitantragsteller ab (ON 29). Eine Ausgleichszahlung iSd § 94 EheG werde nicht als Vermögen behandelt, soweit der Unterhaltsschuldner diese absehbar zur Beschaffung einer Ersatzwohnung oder zur Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz verwenden werde. Auch das Guthaben aus den von der Mutter bezahlten Bausparverträgen werde von der Antragsgegnerin zur Wohnraumschaffung und -einrichtung benötigt und sei daher bei der Bemessung der Unterhaltsansprüche nicht zu berücksichtigen.
Das Rekursgericht gab dem ausdrücklich (nur) gegen die Abweisung der Unterhaltsmehrbegehren (Punkte 1b und 2b) erhobenen Rekurs der Antragsteller mit Beschluss vom 1. April 2015 nicht Folge (ON 33). Nach der Rechtsprechung sei eine Ausgleichszahlung an den Unterhaltspflichtigen mit Rücksicht darauf, dass diese in den allermeisten Fällen zur Beschaffung einer Ersatzwohnung, deren Einrichtung und ganz allgemein auch zur Sicherung der wirtschaftlichen Grundlagen verwendet werden muss, nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Ausgehend von den Feststellungen sei der Antragsgegnerin, die bei ihren Eltern wohne, Zeit zu gewähren, eine für sie passende Ersatzwohnung zu suchen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil zur entscheidenden Rechtsfrage gesicherte Rechtsprechung vorliege.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der „außerordentliche Revisionsrekurs“ der Antragsteller, mit dem beantragt wird, dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben, hilfsweise, die „Rechtssache aufzuheben“ und an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Rechtliche Beurteilung
Die Aktenvorlage ist unzutreffend.
1. Im Unterhaltsbemessungsverfahren besteht der Entscheidungsgegenstand ausschließlich in einem Geldbetrag (RIS‑Justiz RS0122735 [T8]). Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts in Unterhaltsbemessungsverfahren ist der 36-fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien noch strittig war. Unterhaltsansprüche, die vor diesem Zeitpunkt strittig waren, haben hingegen unberücksichtigt zu bleiben (RIS‑Justiz RS0122735).
Im Unterhaltsverfahren ist der Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts für jedes Kind einzeln zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0112656). Die Unterhaltsansprüche mehrerer Kinder beruhen nämlich nicht auf demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund, sondern stellen nur gleichartige, auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche dar; eine Zusammenrechnung findet daher nicht statt (RIS‑Justiz RS0112656 [T2]).
2. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs ‑ außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG ‑ jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Die „Zulassungsvorstellung“ ist mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden.
Der Erstantragsteller bekämpfte den Beschluss des Erstgerichts in der Abweisung des Mehrbegehrens von 825 EUR, der Zweitantragsteller wegen der Abweisung von 806 EUR monatlich. Der Wert des Entscheidungsgegenstands beträgt daher in beiden Fällen nicht 30.000 EUR.
3. Den Rechtsmittelwerbern steht also nur der Rechtsbehelf der Zulassungsvorstellung nach § 63 AußStrG zur Verfügung. Ihr Rechtsmittel war nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, weil im Streitwertbereich des § 63 AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch des § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen sind (§ 69 Abs 3 AußStrG). Dies gilt auch, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ bezeichnet wird und direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist. Wird gegen eine Entscheidung, die nur mit Zulassungsvorstellung angefochten werden kann, ein ordentlicher oder ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben, so hat daher ‑ auch wenn das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist ‑ das Erstgericht dieses Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel als Anträge iSd § 63 AußStrG zu werten sind (2 Ob 11/15d; 10 Ob 9/08h = RIS‑Justiz RS0109623 [T13]).
Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS‑Justiz RS0109623 [T14]).
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