Spruch:
Aus Anlaß der Revision werden die Urteile der Vorinstanzen im Umfang der Verurteilung des Erstbeklagten zur Zahlung eines Betrages von S 1.000,- an den Kläger als nichtig aufgehoben. In diesem Umfang wird das gegen den Erstbeklagten gerichtete Klagebegehren zurückgewiesen.
Die Kosten des für nichtig erklärten Verfahrens werden
gegenseitig aufgehoben.
Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt in diesem Umfang dem Endurteil vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger wurde am 29. Mai 1982 gegen 16,30 Uhr als Mitfahrer in dem vom Erstbeklagten gelenkten PKW mit dem Kennzeichen S 113.426 schwer verletzt, als dieses Fahrzeug auf der Waldbadstraße in Anif von der Fahrbahn abkam und gegen einen Baum prallte. Die Zweitbeklagte ist die Halterin, die Drittbeklagte der Haftpflichtversicherer dieses Kraftfahrzeuges.
Wegen dieses Verkehrsunfalles wurde der Erstbeklagte mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 18. Oktober 1982, 21a E Vr 2802/82-6, des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4 (81 Z 2) StGB und des Vergehens der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 StGB schuldig erkannt. Es wurde ihm zur Last gelegt, daß er als Lenker des genannten Fahrzeuges auf der Fahrt über die Waldbadstraße in Richtung Waldbad Anif durch Außerachtlassung der im Straßenverkehr gebotenen Vorsicht und Aufmerksamkeit dadurch, daß er für die bestehenden Fahrbahnverhältnisse mit überhöhter Geschwindigkeit fuhr, in seinem PKW vier Personen mitführte, obwohl dieses Fahrzeug nur für zwei Personen zugelassen war und überdies am Fahrzeug zwei Reifen montiert waren, die dafür nicht zugelassen waren, wodurch er in einer Rechtskurve die Herrschaft über sein Fahrzeug verlor und in der Folge über den linken Fahrbahnrand hinaus gegen einen Baum prallte, fahrlässig unter anderem die Verletzung des Klägers herbeigeführt habe; er habe sich ferner vor der Tat, wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand versetzt (1,7 %o Blutalkoholgehalt), obwohl er vorhergesehen habe bzw. vorhersehen habe können, daß ihm mit dem Lenken eines PKW eine Tätigkeit bevorstehe, deren Vornahme in diesem Zustand eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit und die körperliche Sicherheit anderer herbeizuführen oder zu vergrößern geeignet war. Mit diesem Strafurteil wurde dem Kläger als Privatbeteiligten gemäß § 369 Abs 1 StPO ein Schmerzengeldbetrag von S 1.000,- zuerkannt. Eine vom Erstbeklagten gegen dieses Urteil erhobene Strafberufung blieb erfolglos.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall zuletzt (ON 38) die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 505.607,52 s.A. und die Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand für weitere 50 % seiner künftigen Unfallschäden, wobei sich die Haftung der Drittbeklagten bis zur Höhe der bestehenden Haftpflichtdeckungssumme erstrecke. Bereits mit Teilanerkenntnisurteil vom 13. Jänner 1983 (ON 2) war dem Kläger ein von den Beklagten anerkannter Schmerzengeldbetrag von S 100.000,-
zugesprochen und seinem Feststellungsbegehren in Ansehung von 50 % seiner künftigen Schäden aus diesem Verkehrsunfall stattgegeben worden. Das zuletzt gestellte Leistungsbegehren des Klägers umfaßt unter anderem einen (weiteren) Betrag von S 450.000,- aus dem Titel des Schmerzengeldes.
Der Kläger stützte sein Begehren dem Grunde nach im wesentlichen auf die Behauptung, daß den Erstbeklagten das Alleinverschulden an diesem Verkehrsunfall treffe. Er habe den Kläger aufgefordert, in dem von ihm gelenkten Fahrzeug mitzufahren. Der Erstbeklagte habe trotz seiner Alkoholisierung das Fahrzeug gelenkt, habe insgesamt vier Personen mitgenommen, obwohl das Fahrzeug nur für zwei Personen zugelassen gewesen sei, sei mit nicht zugelassenen Reifen gefahren und habe eine weit überhöhte Fahrgeschwindigkeit eingehalten. Die schweren Verletzungen, die der Kläger bei diesem Unfall erlitten habe, rechtfertigten den Zuspruch eines Schmerzengeldes von insgesamt S 550.000,-; sein Feststellungsinteresse sei in den eingetretenen gesundheitlichen Dauerfolgen begründet. Die Beklagten wendeten dem Grunde nach im wesentlichen ein, daß den Kläger ein mit 50 % zu bewertendes Mitverschulden treffe. Er sei bei der Fahrt, auf der sich der Unfall ereignet habe, am Hinterrand der Karosserie des PKW (eines sogenannten "Buggy") gesessen. Dieses Fahrzeug sei - unbeschadet des Umstandes, daß es nur für zwei Personen zugelassen gewesen sei - im Fond mit einer Art Sitzschale in einer Breite von etwa 1 m ausgestattet gewesen. Obwohl der Erstbeklagte die drei am hinteren Rand der Karosserie sitzenden Mitfahrer, zu denen auch der Kläger gehört habe, aufgefordert habe, sich auf diese Sitzschale zu setzen, hätten sie es vorgezogen, ohne jeden Halt außen auf der Karosserie Platz zu nehmen. Der Kläger sei praktisch auf dem linken Kotflügel gesessen. Dadurch sei das Fahrzeug so instabil geworden, daß es der Erstbeklagte nicht in der Spur halten habe können. Dem Kläger sei die Fahrweise des Erstbeklagten wohl bekannt gewesen. Der Kläger und seine Freunde hätten den Erstbeklagten gedrängt, sie mitzunehmen. Die dem Kläger zugefügten Verletzungen rechtfertigten nur ein Schmerzengeld von (ungekürzt) S 200.000,-.
Das Feststellungsinteresse des Klägers ist nicht mehr strittig. Das Erstgericht sprach mit Teilurteil (zu Unrecht als Endurteil bezeichnet) über den Anspruch des Klägers auf Schmerzengeld und sein Feststellungsbegehren ab; hinsichtlich der übrigen Ansprüche des Klägers wurde Ruhen des Verfahrens vereinbart (ON 41 S 206). Das Erstgericht sprach aus, daß die Beklagten zur ungeteilten Hand dem Kläger über die mit dem Teilanerkenntnisurteil vom 13. Jänner 1983 festgestellte Haftung hinaus für weitere 25 %, insgesamt daher für 75 % aller künftigen Unfallschäden ersatzpflichtig sind, wobei die Haftung der Drittbeklagten mit der Höhe der damals bestehenden Haftpflichtversicherungssumme für den PKW mit dem Kennzeichen S 113.426 beschränkt ist. Es verurteilte die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 275.000,- s.A. an den Kläger und wies dessen auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 175.000,- gerichtetes Leistungsmehrbegehren ebenso ab wie sein Feststellungsmehrbegehren.
Das Erstgericht stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Am Nachmittag des 29. Mai 1982 hielt sich der Kläger mit einigen Bekannten im Gästehaus Weinleitner in Niederalm auf, wo sich auch der Erstbeklagte mit seiner Lebensgefährtin Sonja F*** befand. Der Erstbeklagte wies von einer schweren Alkoholisierung in der vorangegangenen Nacht noch einen erheblichen Blutalkoholgehalt auf und trank im Gasthaus noch einen halben Liter Bier. Den dort anwesenden Personen fiel eine Alkoholisierung des Erstbeklagten nicht auf.
Die Anwesenden kamen sodann überein, zu einem Bekannten des Erstbeklagten nach Grödig zu fahren. Der Erstbeklagte entschloß sich aber, vorher noch ins Waldbad Anif zu fahren. Er erklärte, daß einige der Anwesenden mit ihm fahren könnten und erlaubte Horst S***, Roland R*** und dem Kläger, hinten im VW-Buggy einzusteigen. Rechts neben dem Erstbeklagten saß dessen Lebensgefährtin Sonja F***.
Da den drei hinten sitzenden Personen die Sitzbank zu eng erschien, setzten sie sich auf deren Rand, wobei Horst S*** rechts, Roland R*** in der Mitte und der Kläger links saßen. Bei enger Sitzweise wäre es möglich gewesen, daß alle drei Personen auf der Sitzbank im Heck des Fahrzeuges Platz nehmen hätten können. Während der Fahrt hielten sie sich am Überrollbügel des VW-Buggy fest. Daß der Erstbeklagte die drei genannten Mitfahrer aufgefordert hätte, sich vom Rand herunter und direkt auf die Sitzbank zu setzen, ist nicht erwiesen. Durch die drei hinten sitzenden Personen wurde das Fahrzeug so stark belastet, daß ein zum Schutz des Fahrzeugbodens angebrachter Bügel wiederholt auf der Fahrbahn streifte.
Auf der Fahrt zum Waldbad Anif bog der Erstbeklagte zunächst vom Parkplatz des Gästehauses Weinleitner nach links in die Salzachtal-Bundesstraße und mußte sodann von dieser im rechten Winkel nach rechts in Richtung Waldbad auf die Waldbadstraße abbiegen. Bis zum späteren Unfall bemerkte der Erstbeklagte nicht, daß die Lenkung des Fahrzeuges nicht richtig funktioniert hätte, obwohl er beim Verlassen der Bundesstraße eine starke Rechtskurve durchfahren mußte. Auf dem zunächst einige hundert Meter gerade verlaufenden Abschnitt der Waldbadstraße durchfuhr der Erstbeklagte noch eine große Pfütze, um die hinten Sitzenden dadurch anzuspritzen. Die bei Beginn des Waldes befindliche Linkskurve konnte der Erstbeklagte noch bewältigen. In der anschließenden Rechtskurve fuhr das Fahrzeug jedoch wegen überhöhter Geschwindigkeit und möglicherweise auch wegen der Überladung geradeaus, stürzte nach links über den Fahrbahnrand und prallte dort gegen einen Baum. Das linke Vorderrad zeichnete dabei eine Schleuderspur von 17,2 m, die fast völlig gerade verlief. Durch den Anprall am Baum wurde der Plastikaufbau des Buggy praktisch auseinandergerissen. Der links außen sitzende Kläger wurde herausgeschleudert und prallte mit dem Kopf gegen einen Baum. Der Erstbeklagte wurde bereits am 11. April 1982 auf der Salzachtal-Bundesstraße in Hallein dabei betreten, daß er in dem nur für zwei Personen zugelassenen Fahrzeug insgesamt mit fünf Personen fuhr und der rechte hintere und der rechte vordere Reifen an der Außenseite zur Gänze abgefahren waren und keine Profiltiefe mehr aufwiesen.
Bei diesem Unfall erlitt der Kläger einen Schädelbasisbruch, eine Gehirnerschütterung, eine Gehirnquetschung und einen Oberarmbruch. Auf Grund der Schädelverletzungen kam es zu einer Durchtrennung des linken Sehnerves und damit zu einer völligen Erblindung des linken Auges, bei dem nicht einmal mehr Hell-Dunkel-Empfindung möglich sind. Der Kläger befand sich vom Unfall bis zum 2. August 1982 in Krankenhauspflege. Mit diesen Verletzungen waren durch 10 Tagen starke, durch 21 Tage mittlere und durch 80 Tage leichte Schmerzen, jeweils gerafft dargestellt, verbunden. Es ist in weiterer Folge jährlich mit 5 bis 6 Tagen leichten Schmerzen pro Jahr zu rechnen, wobei diese Schmerzen bis einschließlich 1985 berücksichtigt werden.
Als Folge der Kopfverletzungen trat beim Kläger auch ein posttraumatisches hirnorganisches Psychosyndrom auf, das in Form einer verminderten Hemmungsschwelle, in intellektuellen Einbußen mit einer Beeinträchtigung der Gedächtnis- und Merkfähigkeitsfunktionen und in einer Affektlabilität und vermehrten Reizbarkeit auffällig wird. Weiters kommt es zu einer wetterabhängigen Neigung zu Kopfschmerzen, zu Hitze- und Sonnenunverträglichkeit, zu vegetativen Beschwerden und zu einer Verminderung der Alkoholtoleranz, sodaß es notwendig sein wird, daß sich der Kläger alkoholabstinent verhält. Unfallbedingt ist es beim Kläger auch zum Auftreten einer posttraumatischen Epilepsie gekommen, die bereits vom 1. auf den 2. November 1983 sowie vom 16. auf den 17. April 1984 je zu einem großen epileptischen Anfall führte. Auf Grund dieser Anfälle ist der Kläger nicht mehr fahrtauglich, sodaß er weder einen PKW noch ein Moped lenken darf. Bereits geringfügige Alkoholmengen können einen neuerlichen Anfall auslösen. Der Kläger muß regelmäßig antiepileptische Medikamente einnehmen.
Unter Berücksichtigung dieser posttraumatischen Epilepsie ergibt sich neurologisch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers um 50 %. Auf Grund der Erblindung am linken Auge ist eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 % gegeben. Mit dieser Erblindung ist ein Verlust des plastischen Sehens gegeben, sodaß der Kläger seinen angestrebten Beruf als Kunstschlosser nicht mehr ausüben kann. Mit einer späteren Schädigung des unverletzten rechten Auges ist derzeit nicht zu rechnen. Es wird aber zu einer zunehmenden Schielstellung des linken erblindeten Auges kommen.
Am 9. September 1983 gegen 18.40 Uhr erlitt der Kläger auf der Riefer Hauptstraße auf der Fahrt zur Bundesstraße 159 einen Verkehrsunfall, bei dem er aus ungeklärter Ursache zu Sturz kam. Dabei erlitt er eine Gehirnerschütterung, zahlreiche Hautabschürfungen und Prellungen am linken Ellbogen und am Brustkorb rechts. Er selbst hat an den Unfall keine Erinnerung. Dieser Unfall hatte auf die bereits eingetretenen Folgen des Unfalles vom 29. Mai 1982 keinen Einfluß und es erfolgte auch keine zusätzliche Gehirnverletzung, sodaß anzunehmen ist, daß auch ohne diesen zweiten Unfall die epileptischen Anfälle aufgetreten wären. Die zu erwartende Besserung des hirnorganischen Psychosyndroms wurde durch diesen Unfall nicht verzögert oder vereitelt. Daß der Unfall vom 9. September 1983 durch einen epileptischen Anfall ausgelöst worden wäre, ist nicht erwiesen.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß infolge der strafgerichtlichen Verurteilung des Erstbeklagten davon auszugehen sei, daß er den Unfall rechtswidrig und schuldhaft herbeigeführt habe. Ein Mitverschulden des Klägers in der Richtung, daß er sich einem alkoholisierten Fahrzeuglenker anvertraut habe, liege nicht vor, weil der Erstbeklagte im Gästehaus Weinleitner nur einen halben Liter Bier getrunken habe und seine Alkoholisierung sonst nicht erkennbar gewesen sei. Die Fahrt sei auch nicht auf Verlangen des Klägers unternommen worden, sondern auf Vorschlag des Erstbeklagten. Für den Kläger sei auch nicht erkennbar gewesen, daß nach der Zulassung des Fahrzeuges sein Mitfahren nicht erlaubt gewesen wäre. Denn zunächst habe der Erstbeklagte, von dem der Kläger die diesbezüglichen Kenntnisse voraussetzen habe können, den Kläger und zwei weitere Personen eingeladen, hinten im Fahrzeug Platz zu nehmen; im übrigen hätten in der Sitzschale im Fond des Wagens drei Personen - wenn auch bei enger Sitzweise - Platz gehabt. Hingegen sei dem Kläger als Mitverschulden anzulasten, daß er sich mit den beiden anderen Personen auf den Rand der Sitzschale hinaufgesetzt habe. Ungeachtet seines jugendlichen Alters habe für ihn unmittelbar einsichtig sein müssen, daß dies nicht die ordnungsgemäße Besetzung des Fahrzeuges darstellen könne und daß mit dieser Sitzweise für ihn erhebliche Gefahren verbunden gewesen seien, weil jede Schleuderbewegung des Fahrzeuges für ihn die Gefahr mit sich gebracht habe, den Halt zu verlieren und aus dem Fahrzeug geschleudert zu werden. Dazu habe es keiner besonderen technischen Kenntnisse bedurft, sodaß dieses Verhalten dem Kläger im Sinne des § 1304 ABGB als Mitverschulden anzulasten sei. Das weitaus überwiegende Verschulden liege allerdings beim Erstbeklagten, der unzulässigerweise mehr als die doppelte Anzahl der zulässigen Personen im Auto befördert habe und mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren sei. Dem Kläger sei unter diesen Umständen ein Mitverschulden von 25 % anzulasten.
Im Hinblick auf die festgestellten Verletzungsfolgen des Klägers sei einschließlich des Jahres 1985 ein Schmerzengeld von insgesamt S 500.000,- angemessen. Unter Berücksichtigung des Mitverschuldens des Klägers von einem Viertel stehe ihm daher ein Schmerzengeld von S 375.000,- zu, von dem der ihm mit dem Teilanerkenntnisurteil zugesprochene und bezahlte Betrag von S 100.000,- abzuziehen sei. Dem Kläger sei daher an Schmerzengeld ein Betrag von S 275.000,-
zuzusprechen, sein Mehrbegehren aber abzuweisen.
Diese Entscheidung wurde von beiden Streitteilen mit Berufung bekämpft.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht beiden Rechtsmitteln teilweise Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es dem Kläger einen Betrag von S 312.500,- s.A. zusprach und sein Mehrbegehren auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 137.500 s.A. abwies. Die Entscheidung des Erstgerichtes über das Feststellungsbegehren bestätigte das Berufungsgericht mit der Maßgabe, daß die Haftung der Drittbeklagten auf den Rahmen des bezüglich des PKW mit dem Kennzeichen S 113.426 zwischen der Zweit- und der Drittbeklagten zum Unfallszeitpunkt bestandenen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungsvertrages beschränkt wurde.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich. Es billigte die vom Erstgericht vorgenommene Verschuldensteilung im Verhältnis von 3 : 1 zu Gunsten des Klägers und erachtete zur Abgeltung aller derzeit überschaubaren Verletzungsfolgen (ohne zeitliche Beschränkung) ein Schmerzengeld von S 550.000,- als angemessen. Dieser Betrag sei um die Mitverschuldensquote von 25 % und sodann um den bereits mit dem Teilanerkenntnisurteil zuerkannten Betrag von S 100.000,- zu kürzen, was den Zuspruch eines Betrages von S 312.500,- s.A. und die Abweisung des auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 137.500,-
gerichteten Mehrbegehrens ergebe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpfen es aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, "daß das Klagebegehren, soweit es den im Teilanerkenntnisurteil anerkannten Betrag von S 100.000,- übersteigt, abgewiesen werde;" hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.
Der Kläger beantragt, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, ohne die im § 503 Abs 2 ZPO normierten Einschränkungen der Revisionsgründe zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO). In ihrer Rechtsrüge bekämpfen die Beklagten zunächst die von den Vorinstanzen vorgenommene Verschuldensteilung im wesentlichen mit dem Argument, daß im vorliegenden Fall im Hinblick auf die besonders leichtsinnige Verhaltensweise des Klägers, der, wie die übrigen im Fahrzeug mitbeförderten Personen, die leichtsinnige Fahrweise des Erstbeklagten gebilligt und gewünscht habe, eine Verschuldensteilung im Verhältnis von 1 : 1 gerechtfertigt sei.
Dem kann nicht gefolgt werden.
Soweit die Rechtsrüge der Beklagten nicht von den Feststellungen der Vorinstanzen ausgeht, ist sie nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt und kann dazu nicht Stellung genommen werden.
Im übrigen entspricht es ständiger Rechtsprechung, daß es sich bei den Bestimmungen des § 106 Abs 1 und Abs 3 KFG über die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen um Schutznormen im Sinne des § 1311 ABGB handelt, die sich nicht nur an den Fahrzeuglenker, sondern auch an die in einem Fahrzeug mitbeförderten Personen richten. Der Schutzzweck dieser Vorschriften liegt nicht nur darin, eine Beeinträchtigung des Fahrzeuglenkers hintanzuhalten, sondern auch darin, eine Gefährdung der beförderten Personen zu vermeiden. Wenn daher der mitbeförderte Fahrgast erkennt oder erkennen kann, daß seine Mitbeförderung gegen diese Schutznormen verstößt, trotzdem aber mitfährt, trifft auch ihn ein Mitverschulden an seiner erfolgten Beschädigung, es sei denn, er beweist, daß der Schaden in gleicher Weise auch ohne Übertretung der Schutznorm eingetreten wäre (ZVR 1983/56 mwN ua.).
Es ist den Beklagten sicher zuzugestehen, daß der Kläger aus der von ihm gewählten Art der Beförderung, nämlich links hinten auf der Karosserie des offenen PKW sitzend und sich am Überrollbügel festhaltend, ohne weiteres erkennen konnte, daß diese Art der Beförderung von Personen schon deswegen mit erheblichen Gefahren verbunden war, weil bei ihr die Möglichkeit eines Sturzes aus dem Fahrzeug ganz erheblich vergrößert wurde. Die Frage, ob der Kläger aus den gegebenen Umständen erkennen konnte, daß in dem Fahrzeug eine Anzahl von Personen befördert wurde, für die es nicht zugelassen war, tritt dem gegenüber völlig in den Hintergrund. Daß den Kläger bei dieser von ihm gewählten Art der Beförderung, die einer auffallenden Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten entspricht, ein erhebliches Mitverschulden trifft, ist nicht zu bezweifeln.
Bei der Verschuldensabwägung im Sinne des § 1304 ABGB entscheidet aber, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, nicht die ziffernmäßige Gegenüberstellung verletzter Rechtsnormen, sondern vor allem der Grad der Fahrlässigkeit der Beteiligten, die Wichtigkeit der verletzten Vorschriften für die Sicherheit des Verkehrs und die Größe und Wahrscheinlichkeit der durch das schuldhafte Fehlverhalten bewirkten Gefahr (zuletzt etwa 8 Ob 53/83; 8 Ob 35/84; 8 Ob 27/85).
Unter diesen Gesichtspunkten ist nicht zu übersehen, daß der Kläger bei seiner Mitfahrt in dem vom Erstbeklagten gelenkten PKW durch die Wahl seines Sitzplatzes ein recht erhebliches Maß an Leichtsinn an den Tag legte. Dem steht aber ein Fehlverhalten des Erstbeklagten gegenüber, das wesentlich schwerer wiegt als das des Klägers. Auf Grund der Bindungswirkung des gegen den Erstbeklagten ergangenen Strafurteiles im Sinne des § 268 ZPO steht fest, daß der Erstbeklagte nicht nur mehr Personen mit dem PKW beförderte, als auf Grund der Zulassung gestattet war (Übertretung der Schutznorm des § 106 Abs 3 KFG), sondern auch für die Fahrt mit dem PKW nicht dafür zugelassene Reifen verwendete (Übertretung der Schutznorm des § 102 Abs 1 KFG). Die Beförderung der drei auf der Karosserie sitzenden Personen widersprach überdies der Schutznorm des § 106 Abs 1 KFG. Der Unfall wurde schließlich durch den Erstbeklagten fahrlässig durch Einhaltung einer überhöhten Geschwindigkeit herbeigeführt. Alle diese Verstöße des Erstbeklagten waren ursächlich für die Schädigung des Klägers. Zieht man schließlich noch in Betracht, daß der Erstbeklagte sein schuldhaftes Fehlverhalten in einem durch seine Alkoholisierung beeinträchtigten Zustand setzte, was nach ständiger Rechtsprechung dazu führt, daß es als besonders schwerwiegend zu beurteilen ist (ZVR 1983/19; ZVR 1984/195; ZVR 1985/21 uva.), dann ist in der von den Vorinstanzen vorgenommenen Verschuldensteilung im Verhältnis von 3 : 1 zu Gunsten des Klägers ein Rechtsirrtum nicht zu erkennen. Die Beklagten bekämpfen ferner in ihrer Rechtsrüge die Schmerzengeldbemessung des Berufungsgerichtes. Sie führen zwar nicht ausdrücklich aus, welches Schmerzengeld sie für angemessen erachten, doch ist immerhin ihrem Revisionsantrag zu entnehmen, daß sie der Meinung sind, die festgestellten Verletzungsfolgen des Klägers rechtfertigten nur die Bemessung seines Schmerzengeldanspruches mit (ungekürzt) S 200.000,-.
Auch hier ist der Revision nicht zu folgen.
Das Schmerzengeld ist die Genugtuung für alles Ungemach, das der Geschädigte infolge seiner Verletzungen und ihrer Folgen zu erdulden hat. Es soll den gesamten Komplex der Schmerzempfindungen unter Bedachtnahme auf die Dauer und Intensität der Schmerzen nach ihrem Gesamtbild, auf die Schwere der Verletzung und auf das Maß der physischen und psychischen Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes abgelten, die durch die Schmerzen entstandenen Unlustgefühle ausgleichen und den Verletzten in die Lage versetzen, sich als Ersatz für die Leiden und anstelle der ihm entzogenen Lebensfreude auf andere Weise gewisse Annehmlichkeiten und Erleichterungen zu verschaffen (ZVR 1982/392; ZVR 1983/200; 8 Ob 69/85; 8 Ob 46/86 uva.). Hieraus folgt einerseits, daß bei der Bemessung des Schmerzengeldes auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen, andererseits aber zur Vermeidung einer Ungleichmäßigkeit in der Rechtsprechung ein objektiver Maßstab anzulegen ist (vgl. Jarosch-Müller-Piegler, Das Schmerzengeld in medizinischer und juristischer Sicht 4 156 ff, insbesondere 160; ZVR 1982/392; 8 Ob 194/83; 8 Ob 69/85; 8 Ob 46/86 ua.).
Im vorliegenden Fall schließt die gebotene Beachtung der hier gegebenen besonderen Umstände einen Vergleich mit den in der Revision der Beklagten angeführten Entscheidungen, die völlig andere Verletzungsfolgen zum Gegenstand hatten, von vornherein aus. Im Vordergrund stehen - trotz ihrer Schwere - nicht so sehr die durch den Unfall unmittelbar hervorgerufenen Knochenverletzungen und die dadurch bedingten Schmerzen, sondern vor allem der Umstand, daß der Kläger infolge der Unfallverletzungen auf einem Auge vollständig erblindete, daß diese Verletzungen beim Kläger eine posttraumatische Epilepsie auslösten und daß beim Kläger als Folge der beim Unfall erlittenen Kopfverletzungen ein posttraumatisches hirnorganisches Psychosyndrom vorliegt, das zu einer sehr erheblichen Persönlichkeitsveränderung des Klägers führte (intellektuelle Einbußen, Beeinträchtigung der Gedächtnis- und Merkfähigkeitsfunktionen, Affektlabilität, vermehrte Reizbarkeit, verminderte Hemmungsschwelle). Im Hinblick auf diese sehr weitreichenden gesundheitlichen Dauerfolgen und die dadurch bedingte erhebliche Beeinträchtigung des körperlichen und seelischen Wohlbefindens des Klägers ist auch in der Schmerzengeldbemessung des Berufungsgerichtes, das unter Berücksichtigung aller derzeit überschaubaren Verletzungsfolgen ein Schmerzengeld von (ungekürzt) S 550.000,- für angemessen erachtete, ein Rechtsirrtum nicht zu erkennen.
Aus Anlaß der Revision der Beklagten war allerdings eine (im Rechtsmittel nicht geltend gemachte) den Vorinstanzen unterlaufene Nichtigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Die Vorinstanzen haben nämlich nicht berücksichtigt, daß der Erstbeklagte im Adhäsionsverfahren zur Zahlung eines Betrages von S 1.000,- aus dem Titel des Schmerzengeldes an den Kläger verurteilt wurde. Dieser Entscheidung des Strafgerichtes kommt Rechtskraftwirkung zu (SZ 24/281 ua.), die im Sinne des § 411 Abs 2 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen ist (SZ 30/48 ua.). Diese gegen den Erstbeklagten im Adhäsionsverfahren ergangene Entscheidung begründet das Prozeßhindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache, sodaß im Umfang dieser Entscheidung die gegen den Erstbeklagten ergangenen Urteile der Vorinstanzen als nichtig aufgehoben werden mußten und das gegen den Erstbeklagten gerichtete Klagebegehren zurückzuweisen war. Die Kosten des für nichtig erklärten Verfahrens waren im Sinne des § 51 Abs 2 ZPO gegenseitig aufzuheben.
Im übrigen mußte der Revision der Beklagten ein Erfolg versagt bleiben.
Der Vorbehalt der Kosten des Revisionsverfahrens beruht insoweit auf § 52 Abs 2 ZPO.
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