Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Beim Kläger wurde ein Darmpolyp entfernt, ohne daß er vorher von der Entdeckung des Polypen im Zuge einer Endoskopie und von der beabsichtigten Operation informiert wurde. Als Folge der Operation kam es zu einer Koagulationsnekrose und sodann zu einem Durchbruch der Darmwand; der Kläger wurde daraufhin neuerlich operiert und ein künstlicher Darmausgang angelegt.
Die Vorinstanzen sind bei Erforschung des hypothetischen Willens des Klägers für den Fall einer Aufklärung über das Risiko einer Darmperforation bei Entfernung des Polypen zwar nicht der Aussage des Klägers gefolgt, er hätte einer Operation des Darmpolypen, der ihm keine Beschwerden verursacht habe, nicht zugestimmt, sondern haben seine Aussage dahin gewürdigt, daß nicht festgestellt werden könne, daß der Kläger bei entsprechender Aufklärung dieser Operation zugestimmt hätte.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Revisionswerberin behauptete Verstoß gegen die den Kläger treffende, der Verhinderung eines Mißbrauches des Einwandes der mangelnden Aufklärung dienende Substantiierungspflicht bezüglich der Gründe für die Ablehnung der Operation im Sinne der vom OLG Linz in der Entscheidung RZ 1994/22 übernommenen Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofes (NJW 1984, 1397 = VersR 1984, 465 = BGHZ 90/11; NJW 1991, 1543 ua) liegt nicht vor. Der Kläger hat ausdrücklich vorgebracht, er hätte bei Aufklärung über das Risiko einer Darmperforation der Entfernung des gutartigen Polypen, der ihm keine Beschwerden verursacht habe, nicht zugestimmt (Seite 3 der Klage) und damit hinreichend dargelegt, daß er bei ordnungsgemäßer Aufklärung vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden wäre, aus dem heraus die von ihm behauptete Ablehnung der Therapie verständlich wird. Dieses Vorbringen wurde durch die für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen bestätigt, wonach es sich um einen gutartigen Polypen handelte, der mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 bis 40 % zu einem Karzinom werden konnte, sofern der Patient noch lange genug gelebt hätte. Zieht man in Betracht, daß der Kläger im Zeitpunkt der Operation 83 Jahre alt war, wäre eine Entscheidung gegen einen derartigen Eingriff auch bei einer Betrachtung ex ante nicht so abwegig gewesen, daß sie von vorneherein nicht als plausibel anzusehen wäre. Dem von der beklagten Partei erst unmittelbar vor Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz erhobenen Einwand, der Kläger hätte auch bei Aufklärung über das bei nur 0,3 % liegende Risiko einer Darmperforation im Hinblick auf das Krebsrisiko bei vernünftiger Überlegung in jedem Fall seine Zustimmung zur Abtragung des Polypen erteilt, wurde daher bereits in der Klage mit der Darlegung plausibler, durch die Beweisergebnisse bestätigter Gründe für eine Verweigerung der Zustimmung begegnet.
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