OGH 8Ob27/05m

OGH8Ob27/05m17.3.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuras sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*****, vertreten durch Mag. Hubert Traudtner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) V***** GmbH & Co KG, 2.) V***** Beteiligungs GmbH, beide *****, vertreten durch Mondl Trummer Thomas & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 1,063.014,26 sA sowie Übergabe einer Bankgarantie, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 1. Dezember 2004, GZ 38 R 262/04t-51, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Beklagte releviert als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO, dass eine uneinheitliche Rechtsprechung zur Frage des Abstehens vom Bestandvertrag aus wichtigem Grund gemäß § 1117 ABGB vorliege bzw diese überhaupt fehle.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 1117 ABGB ist der Bestandnehmer berechtigt, auch vor Verlauf der bedungenen Zeit von dem Vertrag ohne Kündigung abzustehen, wenn das Bestandstück in einem Zustand übergeben oder ohne seine Schuld in einen Zustand geraten ist, der es zu dem bedungenen Gebrauch untauglich macht, oder ein beträchtlicher Teil durch Zufall auf längere Zeit entzogen oder unbrauchbar wird. Soweit es um die Gesundheitsschädlichkeit gemieteter Räume geht, steht dem Mieter dieses Recht auch dann zu, wenn er im Vertrag darauf verzichtet hat oder die Beschaffenheit der Räume bei Vertragsabschluss kannte.

Hier geht es nun im Kern nur darum, dass die Beklagten geltend machen, dass das von ihnen in Bestand genommene Kinocenter entgegen den Erwartungen die Gewinnschwelle von 800.000 Besucher pro Jahr nicht erreicht habe und die Beklagten jährlich erhebliche Verluste erwirtschafteten. Daraus ergebe sich eine finanzielle Bedrohung der Beklagten.

Nun entspricht es aber der ständigen und einheitlichen Rechtsprechung, dass allein die wirtschaftlich unzutreffende Einschätzung des Geschäftsganges mit der schon bei Abschluss des Vertrages gerechnet werden konnte, keinen Grund für die vorzeitige Auflösung des Bestandvertrages darstellt (vgl in diesem Sinne sowohl OGH 7 Ob 542/81 = RIS-Justiz RS001886 = MietSlg 33.196 - unter Hinweis darauf, dass die bei Vertragsabschluss nicht voll abschätzbaren Auswirkungen des Konkurrenzkampfes nicht Anlass für die Vertragsauflösung sein könnten; OGH 22. 1. 1986, 3 Ob 609/85 = SZ 59/17 = MietSlg 38.203, ebenfalls unter Hinweis darauf, dass die enttäuschte Erwartung über den Geschäftsgang nicht zur Auflösung berechtigt). Auch in der Entscheidung vom 23. 3. 1999, 1 Ob 340/98a = MietSlg 51.159 wurde an diesen Grundsätzen ausdrücklich festgehalten und die Auflösung nur unter Hinweis auf die in unmittelbarer Nähe betriebene aggressive Konkurrenz durch die Bestandgeberin und die Abhängigkeit der Bestandnehmerin von den Warenlieferungen durch die Bestandgeberin als berechtigt erachtet wurde. Ähnliches gilt für die von den Beklagten auch gar nicht herangezogenen Entscheidung des OGH vom 27. 11. 2002 zu 3 Ob 274/02v (= JBl 2003, 643), in der ebenfalls die Bedeutsamkeit der mangelnden Vorhersehbarkeit der - wesentlichen - Änderungen der Umstände, auf die die Vertragsparteien nicht Bedacht genommen haben, betont wurde.

Eine hier relevante Widersprüchlichkeit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vermag die Beklagte also nicht aufzuzeigen.

Hinzu kommt noch, dass im vorliegenden Fall im Rahmen der Vertragsverhandlungen und auch im Vertrag (eingeschränkt auf das betroffene Objekt - Punkt IX) ausdrücklich auf den Bau weiterer Kinocenter eingegangen und festgehalten wurde, dass der mangelnde wirtschaftliche Erfolg des Kinocenters oder der Nebenaktivitäten jedenfalls keinen wichtigen Grund darstellt (Punkt XVII), der den Bestandnehmer zur Aufkündigung berechtigt.

Insgesamt stellt die Beklagte jedenfalls keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl im Übrigen zur Reduktion des Bestandzinses RIS-Justiz RS0108260).

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