OGH 8Ob24/94

OGH8Ob24/9431.8.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Langer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Ausgleichssache über das Vermögen der Firma S***** & Co, ***** vertreten durch DDr.Hubert Kinz, Rechtsanwalt in Bregenz, infolge Rekurses des Mitgliedes des Gläubigerausschusses Kammer für Arbeiter und Angestellte für Vorarlberg, 6800 Feldkirch, Widnau 2-4, vertreten durch Dr.Wilhelm Winkler, Dr.Gebhard Winkler-Heinzle, Dr.Julia Winkler, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 31.Mai 1994, GZ 1 R 100/94-90 (Sa 21/93 des Landesgerichtes Feldkirch) in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Beschlüssen ON 72 und ON 76 entschied das Erstgericht über die im Ausgleichsverfahren geltend gemachten Ansprüche der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände sowie des Ausgleichsverwalters. Dem dagegen erhobenen Rekurs des Mitgliedes des Gläubigerausschusses Kammer für Arbeiter und Angestellte für Vorarlberg gab das Gericht zweiter Instanz teilweise Folge und änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß es die Honoraransprüche in geringerem Umfang festsetzte. Es sprach aus, daß gegen seinen Beschluß gemäß §§ 23 Abs 2 letzter Satzund 33 Abs 2 AO ein weiteres Rechtsmittel nicht zulässig sei. Den dennoch dagegen erhobenen Revisionsrekurs der Rekurswerberin wies das Gericht zweiter Instanz mit dem angefochtenen Beschluß als unzulässig zurück. Es sprach aus, daß der ordentliche Rekurs gegen den Zurückweisungsbeschluß gemäß § 528 Abs 1 ZPO, § 76 Abs 1 AO nicht zulässig sei und führte in seiner Entscheidungsbegründung aus: Die von der Rekurswerberin geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken sowie die von ihr angestellte Überlegung, daß bei der umfassenden Regelung der Grundsatzrevision durch die Erweiterte Wertgrenzennovelle 1989 die Rechtsmittelbeschränkungen der §§ 23 und 33 AO lediglich aus Versehen bestehen geblieben seien, könnten nicht geteilt werden, da § 528 Abs 2 Z 3 ZPO eine korrespondierende Bestimmung enthalte. Selbst wenn die Rechtsmittelausschlüsse der AO nicht zur Anwendung gelangen könnten, wäre das Rechtsmittel nach der zitierten Bestimmung der ZPO jedenfalls unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Zurückweisungsbeschluß erhobene Rekurs ist nicht berechtigt.

Weist das Gericht zweiter Instanz einen gegen seine Entscheidung erhobenen Revisionsrekurs als sogenanntes Durchlaufgericht zurück, ist das dagegen erhobene Rechtsmittel unabhängig von der Regelung des § 528 ZPO zulässig (Petrasch, Der Weg zum Obersten Gerichtshof nach der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989, ÖJZ 1989, 751; RZ 1990/118; 1 Ob 582/92; 7 Ob 557/92; 2 Ob 553/91; 3 Ob 41, 42/93).

Gemäß § 23 Abs 2 AO hat das Ausgleichsgericht über die Ansprüche der bevorrechtigten Gläubigerschutzverbände und gemäß § 33 Abs 2 AO über die Ansprüche des Ausgleichsverwalters zu entscheiden. In beiden Fällen kann der Beschluß vom Schuldner und allen Mitgliedern des Gläubigerbeirates durch Rekurs angefochten werden, worüber das Oberlandesgericht endgültig entscheidet.

Entgegen der Ansicht der Rekurswerberin bestehen gegen diese Bestimmung auch im Lichte der Erweiterten WGN 1989 keine Bedenken. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist es dem Gesetzgeber nämlich nicht verwehrt, innerhalb eines von ihm geschaffenen Ordnungssystems einzelne Tatbestände auf eine nicht systemgerechte Art zu regeln. Das Abgehen von einem Ordnungssystem für sich allein ist noch nicht gleichheitswidrig; die Regelung muß nur in sich dem Gleichheitsgrundsatz entsprechen (VfSlg 8233; 8457;

9138). Der Gesetzgeber ist durch das Gleichheitsgebot auch nicht gehalten, bei der Regelung verschiedener Rechtsinstitute oder Verwaltungsmaterien gleichartig vorzugehen (VfSlg 8938; 10.084;

10.367). Dem Gesetzgeber wäre es daher nicht verwehrt, die Zulässigkeit von Rechtsmitteln an den Obersten Gerichtshof in verschiedenen Verfahrensarten verschieden zu regeln (vgl 3 Ob 41, 42/93), wobei eine differenzierte Behandlung in der Praxisnähe der Tatsacheninstanzen ihre sachliche Begründung finden könnte, wie dies in der Denkschrift zur Einführung einer Konkursordnung, einer Ausgleichsordnung und einer Anfechtungsordnung 1914 (zitiert in Beiträge zum ZPR III 76 FN 6) zum Ausdruck gebracht wird.

Tatsächlich ist jedoch der von der Rekurswerberin behauptete Widerspruch zu § 528 ZPO idF WGN 1989 nicht gegeben. Der Gesetzgeber orientierte sich zwar am Leitmodell der Grundsatzrevision, wollte diese jedoch keinesfalls ohne Einschränkung einführen, sondern nahm in Kauf, daß für Materien "geringeren Gewichts" im Ergebnis die Zweiinstanzlichkeit herbeigeführt wurde (991 BlgNR XVII.GP 10). Es wurde daher die Revisionsmöglichkeit unabhängig von der Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage im § 502 Abs 2 ZPO durch das Einziehen der Wertgrenze von S 50.000,-- eingeschränkt. Die Zulässigkeit des Rekurses wurde darüber hinaus in Anbetracht der Tatsache, daß im Rechtsstreit die Sachentscheidung im allgemeinen von größerer Bedeutung ist als die ihr vorangehenden Beschlüsse (vgl 3 Ob 41, 42/93) noch weiter im Sinne der §§ 528 Abs 2 Z 2 bis 6 ZPO eingeschränkt. Gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist der Revisionsrekurs über den Kostenpunkt jedenfalls unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung ist aber die Entscheidung über die Kosten des Masse- und Ausgleichsverwalters eine solche im Kostenpunkt (SZ 53/90; 3 Ob 35, 36, 1021, 1023/90; 8 Ob 1/91; 8 Ob 6/92).

Die Bestimmungen des § 23 Abs 2 vorletzter Satz AO und des § 33 Abs 2 letzter Satz AO über den Ausschluß eines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof gehen daher mit den auch der WGN 1989 zugrundeliegenden Intentionen des Gesetzgebers konform. Es war daher dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.

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