OGH 8Ob23/09d

OGH8Ob23/09d30.7.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Glawischnig und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Ali H*****, vertreten durch Mag. Manfred Pollitsch und Mag. Hannes Pichler, Rechtsanwälte in Graz, über den Revisionsrekurs der Gläubigerin V*****, vertreten durch Walch & Zehetbauer Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen den „Beschluss" des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 19. Dezember 2008, GZ 4 R 327/08z-30, womit der Rekurs der Gläubigerin gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 4. September 2008, GZ 243 S 53/08a-8, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Beschluss vom 3. 9. 2008 wurde über das Vermögen des Ali H***** das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet, dem Schuldner wurde die Eigenverwaltung nicht entzogen.

Mit „Beschluss" vom 4. 9. 2008 trug das Erstgericht dem Schuldner auf, umgehend unter anderem eine A***** Förderpension, abgeschlossen bei der Revisionsrekurswerberin, aufzukündigen und den Erlös auf ein Konto des Gerichts zu überweisen sowie darüber zu berichten. Das Rekursgericht wies einen gegen diesen „Beschluss" erhobenen Rekurs der Gläubigerin als unzulässig zurück. Die Rekurswerberin sei durch den angefochtenen „Beschluss" nicht in ihren Rechten verletzt worden und daher nicht zum Rekurs legitimiert. Sie werde durch den angefochtenen „Beschluss" auch nicht zur Auflösung des Vertrags verpflichtet.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil die Rekurslegitimation eines Dritten zu beurteilen sei, der behaupte, in seinem Recht verletzt zu sein, wenn ein Auftrag an den Schuldner erteilt werde, einen Versicherungsvertrag aufzulösen, dessen Gegenstand eine prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge betreffe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Gläubigerin aus dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass ihrem Rekurs stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des § 84 KO im Schuldenregulierungsverfahren bei Eigenverwaltung fehlt. Er ist jedoch nicht berechtigt. Die Revisionsrekurswerberin führt zusammengefasst aus, dass Gegenstand des hier in Rede stehenden Versicherungsvertrags eine prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge sei. Diese umfasse gemäß § 108g Abs 1 Z 2 EStG die unwiderrufliche Verpflichtung des Versicherungsnehmers, für einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren ab Einzahlung des ersten Beitrags auf eine Rückzahlung des aus dem geleisteten Beitrag resultierenden Anspruchs zu verzichten. Eine außerordentliche Kündigung sei daher gesetzlich ausgeschlossen, ein Rückkaufswert versicherungsmathematisch nicht vorgesehen. Die Revisionsrekurswerberin werde daher nicht bloß wirtschaftlich, sondern auch rechtlich belastet, weil sie bei Nichterfüllung des gerichtlichen Auftrags mit gerichtlichen Schritten des Schuldners (des Masseverwalters) gegen sie zu rechnen habe.

Der Gegenstand des „Beschlusses" des Erstgerichts ist jedoch inhaltlich eine Weisung an den Schuldner, dem die Eigenverwaltung überlassen wurde. Ist der Schuldner wie hier eine natürliche Person, so gelten gemäß § 181 KO die Bestimmungen des ordentlichen Konkursverfahrens mit den in den §§ 182 bis 216 KO festgelegten Besonderheiten. Dem Schuldner steht im Schuldenregulierungsverfahren gemäß § 186 Abs 1 KO die Eigenverwaltung zu, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt. Der Umfang der Eigenverwaltung ist in § 187 KO umschrieben.

Zweckmäßigerweise müssen auf den Schuldner sinngemäß alle Vorschriften angewendet werden, die im Konkursverfahren gewöhnlich den Masseverwalter treffen, wobei die Doppelstellung des Schuldners als Verwaltungsorgan und Gemeinschuldner sachgerecht zu berücksichtigen ist. Insbesondere stehen dem Gericht daher auch alle in § 84 KO genannten Überwachungs- und Weisungsbefugnisse gegenüber dem Schuldner zu (Konecny, Eigenverwaltung im Konkurs privater Schuldner, BeitrZPR V 58; Kodek, Privatkonkurs Rz 147). Über Beschwerden eines Gläubigers gegen einzelne Maßnahmen, die das Gericht gemäß § 84 KO anordnet, oder über das Verhalten des Masseverwalters entscheidet das Konkursgericht gemäß § 84 Abs 3 KO endgültig. Gegen eine in Beschlussform ergehende Weisung des Konkursgerichts gemäß § 84 Abs 1 KO ist ein Rekurs ebenfalls nicht zulässig, weil es im Ergebnis gleich ist, ob über eine Beschwerde gemäß § 84 Abs 3 KO entschieden wird, oder ob das Konkursgericht das Verhalten, über das Beschwerde geführt wird, bindend anordnet (8 Ob 259/00x; Chalupsky/Duursma-Kepplinger in Bartsch/Pollak/Buchegger, Insolvenzrecht4 III § 84 Rz 12; RIS-Justiz RS0065165). Von der Möglichkeit, Beschwerde gegen die erteilte Weisung des Gerichts gemäß § 84 Abs 3 KO zu erheben, hat die Rechtsmittelwerberin keinen Gebrauch gemacht.

Vom Rechtsmittelausschluss des § 84 Abs 3 KO sind mit Ausnahme des Masseverwalters sämtliche Beteiligte, daher auch ein Konkursgläubiger, betroffen (Hierzenberger/Riel in Konecny/Schubert, KO § 84 Rz 9). Diese Rechtslage gilt aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 181 KO auch im Schuldenregulierungsverfahren. Einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob lediglich wirtschaftliche oder rechtliche Interessen der Rechtsmittelwerberin als Vertragspartnerin des Schuldners durch diesen „Beschluss" des Erstgerichts berührt sind, bedarf es aus diesen Gründen nicht.

Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu gegeben. Ein Kostenersatz findet im Verfahren gemäß § 173 Abs 1 Z 1 KO nicht statt.

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