OGH 8Ob21/12i

OGH8Ob21/12i28.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Insolvenzsache der Schuldnerin M***** S*****, Masseverwalter Dr. Franz Seidl, Rechtsanwalt in Kottingbrunn, wegen Ablehnung (§ 19 JN), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Schuldnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 2. Jänner 2012, GZ 28 R 253/11y-11, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Am 29. 9. 2011 brachte die Rechtsmittelwerberin einen Antrag auf Ablehnung des in ihrem Insolvenzverfahren zuständigen Richters ein. Dieser Antrag wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom 3. 11. 2011 mit inhaltlicher Begründung zurückgewiesen.

In der Prüfungstagsatzung vom 17. 11. 2011 erklärten sowohl die Schuldnerin als auch ihr Rechtsvertreter, den Antrag auf Ablehnung des Richters zurückzuziehen.

Dessen ungeachtet erhob die Schulderin in der Folge Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluss, den das Rekursgericht mit der nun angefochtenen Entscheidung zurückwies. Die Zurücknahme eines Antrags im Ablehnungsverfahren sei analog zur Bestimmung des § 237 ZPO über die Zurücknahme der Klage bis zur Entscheidung über den Rekurs zulässig. Der Rekurswerberin fehle es daher schon an der für die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels erforderlichen Beschwer. Im Übrigen ließen die im Rekurs geltend gemachten Gründe ohnedies keinen Rückschluss auf eine Befangenheit des abgelehnten Richters zu. Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 30.000 EUR, der Revisionsrekurs sei aber mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Schuldnerin ist ungeachtet § 24 Abs 2 JN nicht absolut unzulässig, weil für einen Beschluss, in dem das Rekursgericht aus formellen Gründen eine meritorische Behandlung des gegen die erstgerichtliche Sachentscheidung über den Ablehnungsantrag gerichteten Rekurses ablehnte, der Rechtsmittelausschluss nicht anzuwenden ist (RIS-Justiz RS0098751 [T9]). Zwar hat das Rekursgericht sich auch beiläufig inhaltlich mit den geltend gemachten Ablehnungsgründen auseinandergesetzt, im Ergebnis hat es seine Entscheidung jedoch auf die formale Unzulässigkeit des Rekurses gestützt.

Der außerordentliche Revisionsrekurs wäre aber darüber hinaus nur zur Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 ZPO zulässig; eine solche Rechtsfrage wird nicht aufgezeigt.

Die allein an den Wortlaut des vom Rekursgericht zitierten § 237 Abs 1 ZPO geknüpfte Ansicht, ein Ablehnungsantrag könne nur bis zum Schluss der mündlichen Streitverhandlung bzw vor der erstinstanzlichen Sachentscheidung wirksam zurückgenommen werden, übersieht § 483 Abs 3 ZPO. Nach dieser Bestimmung, die im Rekurs- und Revisionsrekursverfahren analog anzuwenden ist (RIS-Justiz RS0081567 [insb T14]) ist eine Rücknahme der Klage auch im Rechtsmittelverfahren möglich, wenn der Beklagte zustimmt oder gleichzeitig auf den Anspruch verzichtet wird.

Das Ablehnungsrecht nach § 19 JN unterliegt der Parteiendisposition und erlischt bereits durch Verschweigen, wofür es genügt, dass die Verfahrenspartei in Kenntnis des Ablehnungsgrundes weitere Verfahrenshandlungen gesetzt hat (RIS-Justiz RS0045982 [T1]; RS0046040). Die ausdrückliche Rücknahme eines Ablehnungsantrags in der folgenden Tagsatzung impliziert daher denknotwendig auch einen Verzicht auf den Anspruch, weil die selben Ablehnungsgründe nicht neuerlich geltend gemacht werden könnten.

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