OGH 8Ob21/03a

OGH8Ob21/03a20.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling, Dr. Kuras und Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Mag. Wolfgang S*****, vertreten durch Dr. Andreas König, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider den Gegner der gefährdeten Partei Johann D*****, Gastwirt, *****, vertreten durch Dr. Günter Harasser und Dr. Simon Brüggl, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung (Streitwert EUR 218.020), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 3. Jänner 2003, GZ 4 R 562/02d-10, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei wird gem. §§ 402 Abs 4, 78 EO, § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Mit einem Optionsvertrag wird einem Vertragsteil das Recht eingeräumt, ein inhaltlich bereits festgelegtes Schuldverhältnis durch einseitige Erklärung in Geltung zu setzen (SZ 67/137 mwN). Die Auslegung eines Optionsvertrages richtet sich nach den Grundsätzen, die auch sonst für die Vertragsauslegung gelten. Die Auslegung einer Urkunde kann wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung vor dem Obersten Gerichtshof nur dann bekämpft werden, wenn sie mit den Sprachregeln, den allgemeinen Erkenntnissätzen oder mit den gesetzlichen Auslegungsregeln, zB der §§ 914, 915 ABGB, in Widerspruch steht. Wenn aber eine nach diesen Kriterien unbedenkliche Urkundenauslegung nur durch eine andere ebenfalls mögliche Auslegung ersetzt werden soll, kann von einer Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen nicht gesprochen werden (JBl 1972, 200; NZ 1989, 266; AnwBl 1989, 229; SZ 62/201). In Fällen, für die die Parteien nicht Vorsorge getroffen haben, ist der Vertrag nach der "Übung des redlichen Verkehrs" ergänzend auszulegen. Dabei sind die sich aus der Vertragsregelung ergebende Willensrichtung und die Grundsätze von Treu und Glauben zugrundezulegen. Es ist zu erkunden, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten (stRsp ua JBl 1983, 592; WBl 1987, 240 [Scolik]). Die maßgeblichen Auslegungskriterien müssen immer dem Vertrag selbst oder den ihn begleitenden maßgeblichen Umständen zu entnehmen sein (Schwimann/Binder, ABGB² V § 914 Rz 118 ff mwN). Auch in diesem Fall kommt der Frage, ob ein Vertrag nach den im konkreten Fall gegebenen Umständen richtig ausgelegt wurde, keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu ( 4 Ob 339/97z ua).

Der Entscheidung des Rekursgerichtes ist zu entnehmen, dass es zu dem Schluss kam, die Option könne auch von einem der drei Berechtigten allein ausgeübt werden. Dem steht der Vertragstext nicht entgegen, wäre es doch den Parteien - von denen einer ein Rechtsanwalt ist - ein Leichtes gewesen, einen anderslautenden Willen durch den Hinweis, das Optionsrecht sei nur gemeinsam auszuüben, zu artikulieren. Dass die Parteien durchaus auch an getrenntes Vorgehen gedacht haben, ergibt sich aus Punkt 9. der Vereinbarung, wonach ein Verstoß gegen das obligatorische Belastungsverbot "die drei Vertragspartner und Bürgen - auch jeder einzeln für sich -" dazu berechtigt, das Bürgschaftsverhältnis sofort aufzukündigen. Zumindest für den Bereich des Provisorialverfahrens ist somit eine grobe Fehlbeurteilung nicht zu erkennen, weshalb eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegt.

Auf die Frage der Zession und ihres Rechtsgrundes (sowie darauf, ob die Bedenken P. Bydlinskis in "Die Übertragung von Gestaltungsrechten", 238 ff [vgl auch Ertl in Rummel ABGB³ § 1393 Rz] auch im Fall des Weiterverbleibs eines der bisherigen Vertragspartner in vollem Umfang zutreffen [vgl. auch, allerdings zu unterschiedlichen Sachverhalten RIS-Justiz RS0032642; RS0038501; 1 Ob 507/93; 4 Ob 2146/96h]) braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden. Ebensowenig ist zu klären, ob - vergleichbar der actio pro socio - ein Berechtigter den Anspruch auch für die übrigen Genossen geltend machen könnte.

Entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers ist - wieder nur für den Bereich des Provisorialverfahens (dessen Wesen es geradezu verbietet, erst die Ergebnisse eines Hauptverfahrens abzuwarten) - durch die dargestellte Vertragsauslegung nicht nur der Anspruch bescheinigt, sondern auch die Antragslegitimation. Zu letzterer ist abgesehen von obigen Erwägungen noch anzumerken, dass zwar etwa der Anspruch mehrerer Käufer auf Übertragung von Miteigentumsanteilen an einer Liegenschaft als Gesamthandforderung beurteilt (JBl 1992,590), dem einzelnen Teilhaber einer Gemeinschaft aber das Recht zugestanden wird, sich der zur Wahrung des Gesamtrechts erforderlichen Rechtsbehelfe zu bedienen (SZ 53/2 ua).

Die Frage, ob durch eine Neuformulierung des Spruches nur eine Verdeutlichung vorgenommen, oder das Begehren unter Berücksichtigung des dazu erstatteten Vorbringens in unzulässiger Weise überschritten wurde, ist keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (RIS-Justiz RS0041192). Dies gilt auch für die in das pflichtgemäße Ermessen der Vorinstanzen gestellte Beurteilung, ob und in welcher Höhe eine Sicherheitsleistung aufzutragen ist (RIS-Justiz RS0001795). Eine grobe Fehlbeurteilung, die eine Korrektur durch den Obersten Gerichtshof erforderlich machte, ist auch insoweit nicht zu erkennen.

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