Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil, das in seinem Punkt 1. als unangefochten unberührt bleibt, wird in seinem Punkt 2. dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 29.200,- (darin S 3.500,- Umsatzsteuer und S 8.200,- Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 17.1.1991 wurde über das Vermögen der prot.Firma Alfred N***** der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Alle damals beim Gemeinschuldner beschäftigten Arbeitnehmer erklärten innerhalb der einmonatigen Frist gemäß § 25 KO ihren vorzeitigen Austritt. Ab Konkurseröffnung erfolgten keine Lohnzahlungen an die Arbeitnehmer mehr. Mit Schreiben vom 25.2.1991 machte die Beklagte unter anderem Zuschläge für die Lohnwochen 3 und 4 (offenbar des Jahres 1991) in Höhe von S 29.980 sowie eine "Ausbildungsumlage" von S 1.166 für zwei im gemeinschuldnerischen Betrieb beschäftigte Lehrlinge und für den Monat Februar 1991 Zuschläge im Ausmaß von S 48.084 als Masseforderungen geltend.
Mit seiner Klage vom 7.6.1991 begehrt der Masseverwalter die Feststellung, daß es sich bei den von der Beklagten im Konkursverfahren geltend gemachten Zuschlägen zum Lohn für den Verrechnungszeitraum 17.1.1991 bis 24.2.1991 in Höhe von S 79.230 um keine Masseforderungen, sondern um Konkursforderungen handle.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dessen Abweisung.
Das Gericht erster Instanz gab dem Klagebegehren Folge. Es erklärte, gemäß § 28 Abs 1 BUAG seien die Zuschläge zum Lohn "andere öffentliche Abgaben" im Sinne des § 21 leg cit. Die Frage, ob derartige Abgaben Masse- oder Konkursforderungen seien, richte sich gemäß § 46 Abs 1 Z 2 letzter Satz KO nach der Einordnung der Arbeitnehmerforderungen, bei welchen es sich unstrittig um Konkursforderungen handle.
Das Gericht zweiter Instanz stellte in Punkt 1. des angefochtenen Urteils fest, daß die von der Beklagten im Konkursverfahren geltend gemachte Ausbildungsumlage von S 1.166 für den Verrechnungszeitraum 17.1.1991 bis 24.2.1991 keine Masseforderung, sondern eine Konkursforderung sei und wies in Punkt 2. das Mehrbegehren, es werde auch festgestellt, daß die von der Beklagten im Konkursverfahren geltend gemachten Zuschläge zum Lohn für den Verrechnungszeitraum 17.1.1991 bis 24.2.1991 in der Höhe von S 78.064 keine Masseforderungen, sondern Konkursforderungen seien, ab. Es erklärte die ordentliche Revision für zulässig.
Das Berufungsgericht vertrat den Standpunkt, die Zuschläge gemäß § 21 BUAG seien als Masseforderungen zu qualifizieren. Zwar seien gemäß § 46 Abs 1 Z 2 letzter Satz KO die auf Forderungen der Arbeitnehmer entfallenden öffentlichen Abgaben Masseforderungen, soweit dies auf die Arbeitnehmerforderungen selbst zutreffe, dieser vom Gesetz geforderte Zusammenhang der Abgaben mit den Forderungen der Arbeitnehmer bestehe hier aber - anders als im Falle der Lohnsteuer und der Sozialversicherungsbeiträge - nicht, da für die Bemessung der Zuschläge nicht der tatsächlich bezogene, sondern lediglich der kollektivvertragliche Stundenlohn maßgeblich sei. Diese abstrakte Art der Ermittlung zeige, daß die Zuschläge keine öffentlichen Abgaben bildeten, die auf die tatsächlichen Lohnforderungen "entfallen", also mit den tatsächlichen Lohnforderungen in einem errechenbaren Zusammenhang stehen. Da somit der letzte Satz des § 46 Abs 1 Z 2 KO nicht angewendet werden könne, die Voraussetzungen des ersten Satzes dieser Gesetzesstelle aber vorlägen, handle es sich bei den Ansprüchen der Beklagten um Masseforderungen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.
Ob eine Abgabenforderung eine Masseforderung ist, hat das Gericht nach Maßgabe der Bestimmungen des Insolvenzrechtes zu entscheiden (SZ 14/20). Dem Masseverwalter ist ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung zuzubilligen, daß eine als Masseforderung geltend gemachte Forderung nicht zu den nach § 46 KO vorrangig zu befriedigenden Ansprüchen gehört (SZ 58/191; SZ 60/247).
Gemäß § 46 Abs 1 Z 2 erster Satz KO sind Masseforderungen alle Auslagen, die mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbunden sind, einschließlich der Forderungen von Fonds und anderen gemeinsamen Einrichtungen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber, sofern deren Leistungen Arbeitnehmern als Entgelt oder gleich diesem zugute kommen sowie der die Masse treffenden Steuern, Gebühren, Zölle, Beiträge zur Sozialversicherung und anderen öffentlichen Abgaben, wenn und soweit der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt während des Konkursverfahrens verwirklicht wird. Zur Rechtsnatur der vom Arbeitgeber gemäß § 21 BUAG zu leistenden Zuschläge zum Lohn vertritt der Oberste Gerichtshof im Gegensatz zum Verwaltungsgerichtshof (vgl Arb 10.426) die Ansicht, daß trotz des systembedingten Leistungsumwegs im Urlaubsentgelt ein vom Arbeitgeber entrichteter Teil des Arbeitsentgelts vorliegt, bei dem es sich nur formell - aus organisatorischen Gründen - um Leistungen der Urlaubskasse, tatsächlich um Entgeltzahlungen des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer geleistete Arbeit handelt (Arb 10.292; Arb 10.435). Allerdings wird diese rechtliche Qualifikation nur auf die materielle Betrachtung des Verhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer angewendet, während für die isolierte Beurteilung des Charakters der Zuschlagsleistung des Arbeitgebers - gleich wie in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auf die formelle Konzeption des BUAG abgestellt wird (SZ 63/17). Danach sind die Lohnzuschläge gemäß § 21 BUAG öffentlich-rechtliche Beitragsleistungen an eine Körperschaft öffentlichen Rechts (§ 14 Abs 2 BUAG). Sie gelten als "andere öffentliche Abgaben" (§ 28 Abs 1 BUAG). Diese Legaldefinition stellt klar, daß die Zuschläge gemäß § 21 BUAG unter die Bestimmung des § 46 Abs 1 Z 2 erster Satz KO fallen.
Gemäß § 46 Abs 1 Z 2 letzter Satz KO richtet sich die Beurteilung, inwieweit im Konkurs eines Unternehmers die im ersten Satz bezeichneten Forderungen von Fonds und von anderen gemeinsamen Einrichtungen sowie die auf Forderungen der Arbeitnehmer (arbeitnehmerähnlichen Personen) entfallenden öffentlichen Abgaben Masseforderungen sind, nach der Einordnung der Arbeitnehmerforderung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 31.5.1990, Zl 89/09/0159 (teilweise veröffentlicht in ARD 4242/7/91 und ÖJZ 1991, 395) ausgesprochen, daß die Zuschläge nach § 21 BUAG als andere öffentliche Abgaben gemäß § 46 Abs 1 Z 2 erster Satz KO zu den Masseforderungen gehören, sofern nur der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt während des Konkursverfahrens verwirklicht wird, ohne daß die im letzten Satz der genannten Gesetzesstelle normierte Einschränkung Platz greife, weil dort lediglich von "öffentlichen Abgaben" die Rede und bei der Gesetzesauslegung grundsätzlich von der Einheit der Rechtsprache auszugehen sei.
Dieser Ansicht vermag der Oberste Gerichtshof nicht zu folgen. Die wörtliche Auslegung (§ 6 ABGB) zeigt, daß der Begriff "öffentliche Abgaben" im letzten Satz des § 46 Abs 1 Z 2 KO lediglich die im ersten Satz gebrauchten Begriffe ("Steuern, Gebühren, Zölle, Beiträge zur Sozialversicherung und anderen öffentlichen Abgaben") zusammenfaßt. Dies folgt auch aus dem zweiten Satz der genannten Gesetzesstelle, welcher normiert, daß "hiezu.....auch die nach den persönlichen Verhältnissen des Gemeinschuldners bemessenen öffentlichen Abgaben" gehören. Diese Formulierung schließt jeden Zweifel daran aus, daß der Begriff "öffentlichen Abgaben" neben den im ersten Satz ausdrücklich genannten Steuern, Gebühren, Zöllen und Beiträgen zur Sozialversicherung eben auch andere, nicht namentlich genannte öffentliche Abgaben umfaßt. Wie bereits der Verfassungsgerichtshof in seinem zitierten Erkenntnis ausführt, war erklärte Absicht des Gesetzgebers des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 1982, BGBl Nr 370, die Bekämpfung der sogenannten Massearmut, welches Hauptziel insbesondere durch Einführung des klassenlosen Konkurses und durch Reduktion des Volumens der Masseforderungen erreicht werden sollte. Der Gesetzgeber war sich dessen bewußt, damit bisherige Vorrechte der Abgabengläubiger sowie der Sozialversicherungsträger zu beschneiden. Ausdrücklich nannte er unter jenen Einrichtungen, für welche die gleichen Grundsätze gelten sollten, jene nach der Art der Bauarbeiter-Urlaubskasse (1147 Beil.NR 15.GP, 2 und 7). Daß der Gesetzgeber gerade Forderungen nach dem BUAG einer anderen Regelung hätte unterwerfen wollen als Steuern, Gebühren, Zölle und Beiträge zur Sozialversicherung ist daher nicht zu erkennen.
Wie bereits eingangs dargestellt, führt die materiellrechtliche Beurteilung der Rechtsnatur der Zuschläge nach § 21 BUAG zu dem Ergebnis, daß diese Teil des dem Arbeitnehmer geschuldeten Entgelts sind. Es wäre wertungswidersprüchlich, wollte man ohne ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers diese Zuschläge unabhängig von der Einordnung der Arbeitnehmerforderungen privilegieren, und somit ohne sachlich erkennbaren Grund die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse besser stellen als etwa den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds, der aufgrund der Legalzession des § 11 IESG die Ansprüche nur wie der Arbeitnehmer selbst im Konkurs geltend machen kann (vgl Schwarz-Reissner-Holzer-Holler, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz 241).
Gemäß § 22 Abs 5 BUAG hat die Urlaubs- und Abfertigungskasse für den Zuschlagszeitraum die Zuschlagsleistungen aufgrund der Meldung des Arbeitgebers zu errechnen. Bei Nichteinhaltung der Meldepflicht kann die Kasse die Zuschlagsleistungen des Arbeitgebers unter Zugrundelegung der letzten erstatteten Meldung oder aufgrund eigener Ermittlungen errechnen. Berechnungsgrundlage bildet gemäß § 21 a Abs 3 BUAG für den Sachbereich der Urlaubsregelung der um 25 vH erhöhte kollektivvertragliche Stundenlohn, der sich für den einzelnen Arbeitnehmer aufgrund der gesetzlich oder vertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit für die Arbeitsstunde ergibt. Besteht keine kollektivvertragliche Regelung des Stundenlohns, gilt der vereinbarte Stundenlohn als Berechnungsbasis. Ist vertraglich eine kürzere wöchentliche Arbeitszeit als 31 Stunden vereinbart, so ist der erhöhte kollektivvertragliche Stundenlohn mit der Anzahl der für den Arbeitnehmer aufgrund der Vereinbarung geltenden wöchentlichen Arbeitsstunden zu multiplizieren und das Produkt durch die Anzahl der für die übrigen Arbeitnehmer des Betriebes geltenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden zu dividieren (§ 21a Abs 4). Nach der Berechnungsmethode des Absatzes 3 ist - ausgenommen abweichende kollektivvertragliche Regelungen - auch vorzugehen, wenn der Arbeitnehmer in einer Arbeitswoche mehr als die Hälfte der gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Arbeitszeit im Akkord oder Leistungslohn beschäftigt war. Die Höhe des Zuschlages ist sodann durch Multiplikation mit dem gemäß § 21 Abs 1 BUAG durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales festzusetzenden Zuschlagsfaktor zu ermitteln. Die Zuschläge für den Sachbereich Urlaubsregelung sind gemäß § 21a Abs 2 BUAG für jede Anwartschaftswoche, ausgenommen für Zeiten des Urlaubes und der Truppenübungen, zu entrichten. Der dargestellte Berechnungsmodus zeigt, daß keinesfalls eine bloß abstrakte Ermittlung des Zuschlages erfolgt, sondern vielmehr die konkreten Umstände hinsichtlich jedes einzelnen Arbeitgebers die Berechnungsgrundlage bilden. Die Begrenzung mit der Höhe des kollektivvertraglichen Stundenlohnes hat ihre ausschließliche Ursache darin, daß die den anderen Urlaubsvorschriften fremde Diskrepanz zwischen dem Arbeitslohn auf der Ist-Lohnbasis und dem Urlaubsentgelt auf der Kollektivvertragslohnbasis, die für viele Bauarbeiter eine Härte darstellt, weitgehend gemildert werden sollte (Martinek-Wiedorn BUAG 247). Diese Regelung ändert aber nichts daran, daß sich sowohl die vom Arbeitgeber abzuführenden Zuschläge als auch das dem Arbeitnehmer zustehende Urlaubsentgelt der Höhe nach am Lohn des Bauarbeiters orientieren (Arb 10.435; SZ 63/17). Es stellen daher auch die Zuschläge zum Lohn gemäß § 21 BUAG öffentliche Abgaben dar, die auf die Forderungen der Arbeitnehmer entfallen. Für die Beurteilung, ob diese Zuschläge als Masseforderungen zu qualifizieren sind, ist daher § 46 Abs 1 Z 2 letzter Satz KO maßgebend.
Es ist unstrittig, daß sämtliche Arbeitnehmer, für die die streitgegenständlichen Zuschläge begehrt werden, gemäß § 25 KO vorzeitig ausgetreten sind. Die Forderungen der Arbeitnehmer für die Zeit nach Konkurseröffnung stellen daher nach einhelliger Rechtsprechung keine Masseforderungen, sondern Konkursforderungen dar (SZ 58/211; EvBl 1992/118; WBl 1993, 158), weshalb auch für die darauf entfallenden Zuschläge zum Lohn diese Einordnung zu treffen ist.
Es war daher in Stattgebung der Revision das erstgerichtliche Urteil wieder herzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.
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