European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00001.85.0710.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Akten werden dem Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, sein Urteil hinsichtlich der die einzelnen Beklagten betreffenden Streitgegenstände durch die erforderlichen Aussprüche nach § 500 Abs. 2 Z 2 und Z 3 ZPO, allenfalls auch nach § 500 Abs. 3 ZPO, zu ergänzen.
Begründung:
Der Kläger begehrte aus dem Rechtsgrund des Rückgriffes (§§ 1302, 896 ABGB) für aus Anlaß eines Verkehrsunfalles vom 16. 10. 1974 an die mj. K* erbrachte Schadenersatzleistungen die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 33.900,‑ s.A.; überdies begehrte er die Feststellung, daß ihm die Beklagten für sämtliche Leistungen zur ungeteilten Hand regreßpflichtig sind, die er dem H* oder der mj. K* aus dem Verkehrsunfall vom 16. 10. 1974 zu erbringen hat.
Das Erstgericht entschied, daß die Beklagten dem Kläger je zu 25 % für sämtliche Leistungen regreßpflichtig sind, die der Kläger dem H* oder der mj. K* aus dem Verkehrsunfall vom 16. 10. 1974 zu erbringen hat; es erkannte die Beklagten schuldig, dem Kläger je einen Betrag von S 8.475.‑ s.A. zu bezahlen. Das Mehrbegehren auf Feststellung der Regreßpflicht der Beklagten gegenüber dem Kläger jeweils für weitere 75 % sämtlicher Leistungen zur ungeteilten Hand und auf Verurteilung der Beklagten jeweils zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines weiteren Betrages von S 25.425,‑ s.A. wies das Erstgericht ab.
Dieses Urteil wurde im klagsstattgebenden Teil von den Beklagten und im klagsabweisenden Teil vom Kläger mit Berufung bekämpft.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der Berufung des Klägers nicht Folge. Hingegen gab es der Berufung der Drittbeklagten zur Gänze und den Berufungen der Erst‑ und der Zweitbeklagten teilweise Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es feststellte, daß nur die Erst- und die Zweitbeklagte dem Kläger jeweils für 25 % sämtlicher Leistungen regreßpflichtig sind, die der Kläger dem H* oder der mj. K* aus dem Verkehrsunfall vom 16. 10. 1974 zu erbringen hat und daß es die Erst‑ und die Zweitbeklagte schuldig erkannte, dem Kläger jeweils S 7.500,‑ s.A. zu bezahlen. Hingegen wies es das Mehrbegehren auf Feststellung der Regreßpflicht der Drittbeklagten (zur Gänze) sowie der Erst‑ und der Zweitbeklagten (für weitere drei Viertel) und auf Zahlung von weiteren S 26.400,‑ s.A. (hinsichtlich der Erst‑ und der Zweitbeklagten) sowie von S 33.900,‑ s.A. (hinsichtlich der Drittbeklagten) ab. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 60.000,‑ übersteigt, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes hinsichtlich der Drittbeklagten S 15.000,‑ übersteigt und daß der Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, insgesamt S 300.000,‑ übersteigt.
Seine Bewertungsaussprüche begründete das Berufungsgericht mit dem Hinweis auf § 500 Abs. 2 ZPO. Obgleich der Kläger sein Feststellungsbegehren nur mit S 61.000,‑ bewertet habe, sei von einem S 300.000,- übersteigenden Streitwert auszugehen. Der mj. K* sei bereits rechtskräftig ein Schmerzengeldbetrag von S 300.000,‑ zugesprochen worden, wobei die Ansprüche bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres des Kindes begrenzt worden seien. Es sei daher nicht auszuschließen, daß in Zukunft noch weitere darüber hinausgehende Ansprüche gestellt werden könnten. Das Interesse an der Regreßpflicht übersteige daher wirtschaftlich gesehen auf jeden Fall den Betrag von S 300.000,‑.
Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionen des Klägers und der Erst‑ und Zweitbeklagten. Der Kläger bekämpft sie aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Regreßpflicht der Erst‑ und der Zweitbeklagten zu je 40 % und die der Drittbeklagten zu 10 % für sämtliche künftige Leistungen festgestellt werde, die der Kläger dem H* und der mj. K* aus dem Verkehrsunfall vom 16. 10. 1974 zu erbringen hat und daß die Erst‑ und die Zweitbeklagte dem Kläger je S 12.000,‑ s.A. und die Drittbeklagte S 3.000,‑ s.A. zu bezahlen habe; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag. Die Erst‑ und die Zweitbeklagte bekämpfen die Entscheidung des Berufungsgerichtes gleichfalls aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, sie im Sinne der Abweisung des gegen sie gerichteten Klagebegehrens abzuändern; die Zweitbeklagte stellt hilfsweise auch einen Aufhebungsantrag.
Der Kläger und die Beklagten haben Revisionsbeantwortungen mit dem Antrag erstattet, der Revision des Gegners nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Über die vorliegenden Rechtsmittel kann derzeit nicht abgesprochen werden, weil ihre Zulässigkeit nicht erschöpfend beurteilt werden kann. Gegen mehrere Beklagte gerichtete Ansprüche könnten bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nur dann zusammengerechnet werden, wenn es sich um materielle Streitgenossen im Sinne des § 11 Z 1 ZPO handelte; Ansprüche gegen formelle Streitgenossen im Sinne des § 11 Z 2 ZPO sind hingegen für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht zusammenzurechnen (SZ 24/335; SZ 28/134; 8 Ob 620/84 uva.).
Die Beklagten sind nur formelle Streitgenossen im Sinne des § 11 Z 2 ZPO. Sie stehen in Ansehung des Streitgegenstandes nicht in Rechtsgemeinschaft und sind weder aus demselben tatsächlichen Grund noch solidarisch verpflichtet. Ihre Regreßpflicht gegenüber dem Kläger ist danach zu beurteilen, ob und inwieweit sie jede für sich durch eigenes schuldhaftes und rechtswidriges Handeln gemeinsam mit dem Kläger zur Schädigung der mj. K* beigetragen haben. Damit liegen die Voraussetzungen einer materiellen Streitgenossenschaft (siehe dazu Fasching Kommentar II 185; Zivilprozeßrecht Rdz. 371) auf Seiten der Beklagten nicht vor.
Es kommt daher für die Beurteilung der Zulässigkeit der vorliegenden Revisionen nur der Wert des jede der Beklagten für sich betreffenden Streitgegenstandes im Berufungsverfahren in Betracht. Daraus folgt, daß die Bewertungsaussprüche des Berufungsgerichtes nicht ausreichen, um die Zulässigkeit der vorliegenden Rechtsmittel beurteilen zu können.
Es ist vielmehr, da hinsichtlich jeder der drei Beklagten der bestätigende Teil der Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht ausschließlich einen Geldbetrag betrifft, im Sinne des § 500 Abs. 2 Z 2 ZPO hinsichtlich jeder der Beklagten gesondert auszusprechen, ob der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 60.000,‑ übersteigt. Ein Ausspruch im Sinne des § 500 Abs. 2 Z 1 ZPO ist hinsichtlich der Erst‑ und der Zweitbeklagten nicht erforderlich, weil hinsichtlich dieser Beklagten der von der Abänderung betroffene Teil des Streitgegenstandes nur in einem Geldbetrag besteht. Hinsichtlich der Drittbeklagten enthält die Entscheidung des Berufungsgerichtes den Ausspruch nach § 500 Abs. 2 Z 1 ZPO. Wohl aber hat der erforderliche Ausspruch nach § 500 Abs. 2 Z 3 ZPO hinsichtlich des jede der Beklagten betreffenden Streitgegenstandes gesondert zu erfolgen. Allenfalls werden auch nach § 500 Abs. 3 ZPO erforderliche Aussprüche hinsichtlich jeder der Beklagten gesondert zu erfolgen haben. Da das Berufungsgericht diese erforderlichen Aussprüche unterlassen hat, ist ihm ihre Nachholung durch Berichtigung (Ergänzung) des Urteilsspruches und auch durch Nachholung einer allenfalls notwendigen Begründung (im Falle des § 500 Abs. 3 ZPO) aufzutragen (1 Ob 731/83 ua.).
Sollte das Berufungsgericht aussprechen, daß die Revision hinsichtlich des eine der Beklagten betreffenden Streitgegenstandes nicht nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig ist, wäre eine davon betroffene bereits erstattete Revision dem jeweiligen Parteienvertreter zur allfälligen Ergänzung im Sinne des § 506 Abs. 1 Z 5 ZPO zurückzustellen.
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