OGH 8Ob17/94

OGH8Ob17/9416.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Schwarz, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Theodor Strohal, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Wiesingerstraße 6, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der M*****gesellschaft mbH, ***** wider die beklagte Partei E*****-Bank, ***** vertreten durch Dr.Peter Karl Wolf, Dr.Andreas Theiss u.a., Rechtsanwälte in Wien, wegen S 279.322,95 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 11.März 1993, GZ 3 R 242/92-15, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 22.September 1992, GZ 25 Cg 288/91-10, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Über das Vermögen der nunmehrigen Gemeinschuldnerin wurde mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 21.5.1990 das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt.

Der Geschäftsführer der nunmehrigen Gemeinschuldnerin eröffnete am 25.10.1989 für diese bei der Beklagten ein Girokonto. Die Geltung der AGBöKr wurde vereinbart. Die Beklagte räumte keinen Kreditrahmen ein, das Konto sollte vielmehr auf Habenbasis geführt werden. Die Beklagte gestattete jedoch in der Folge Kontoüberziehungen, und zwar meistens nach Verständigung durch den Geschäftsführer der nunmehrigen Gemeinschuldnerin, daß für die nächsten Tage Eingänge am Konto zu erwarten seien. Auf dieses Aviso hin beglich die Beklagte die vom Geschäftsführer ausgestellten Schecks; in jenen Fällen, in denen die zugesagten Eingänge ausblieben, hat sie die Scheckeinlösungen jedoch wieder storniert. Der Beklagten war bekannt, daß die Geschäftsverbindung zu ihr nicht die bankmäßige Hauptgeschäftsverbindung der nunmehrigen Gemeinschuldnerin war. Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Dezember 1989 wurde der Beklagten avisiert, daß ein größerer Eingang im Betrag von S 420.000,-- zu erwarten sei. Ende März 1990 stellte der Geschäftsführer der nunmehrigen Gemeinschuldnerin die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung, aus welchen sich ergab, daß Mitte April 1990 ein Ablösebetrag für ein Geschäftslokal eingehen werde. Der Geschäftsführer der nunmehrigen Gemeinschuldnerin begründete die Auflösung dieser Filiale damit, daß er selbst zwecks Abschlusses seiner Facharztausbildung als Zahnarzt sich aus dem Unternehmen zurückziehen und seine Gattin dieses in verkleinertem Umfang weiterführen wolle. Der Filialleiter der beklagten Bank gab zwar keine Zusage dahingehend ab, in welchem Umfang nunmehr Schecks eingelöst würden, achtete jedoch bei der Kontoführung darauf, daß der Debetsaldo den avisierten Betrag von S 420.000,-- nicht übersteige. Er löste daher im April 1990 zumindest zwei Schecks je über einen Betrag von S 126.492,50 nicht ein. Die Ablösezahlung von S 420.000,-- wurde dem Girokonto am 4.5.1990 gutgeschrieben. Am 17.5.1990 gab der Geschäftsführer der nunmehrigen Gemeinschuldnerin den Auftrag, das Konto zu schließen. Ein zum damaligen Zeitpunkt bestehendes Guthaben wurde zur Gänze auf Zinsen und Spesen verrechnet. Der beklagten Partei war nicht bekannt, daß die nunmehrige Gemeinschuldnerin zahlungsunfähig bzw. überschuldet gewesen wäre.

Mit seiner am 17.5.1991 bei Gericht überreichten Anfechtungsklage begehrte der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Urteil, die Schaffung der Aufrechnungslage durch Hereinnahme von Zahlungen sowie die Zahlungen selbst, die die im Gegenzug von der Beklagten zur Verfügung gestellten Kreditmittel um S 260.410,10 überstiegen, sowie eine allenfalls vorgenommene Aufrechnung von der Beklagten gegenüber der Gemeinschuldnerin allenfalls zustehenden Forderungen mit dem per 18.5.1990 zugunsten der Gemeinschuldnerin im Ausmaß von S 18.912,85 bestehenden Kontoguthaben gegenüber den Gläubigern im Konkursverfahren ***** des Handelsgerichtes Wien für rechtsunwirksam zu erklären und die Beklagte schuldig zu erkennen, der Klägerin S 279.322,85 sA zu bezahlen. Hiezu brachte der Masseverwalter vor, die nunmehrige Gemeinschuldnerin sei jedenfalls mit 27.4.1990 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe bereits die im Status vom 15.Mai 1990 angeführte Überschuldung von rund 9,5 Mill.S bestanden. Der Geschäftsbetrieb sei bereits stark eingeschränkt gewesen und es sei nicht mehr möglich gewesen, aus den Erlösen die bestehende Überschuldung zu reduzieren. Die Beklagte sei als Hausbank in ständiger Geschäftsbeziehung mit der nunmehrigen Gemeinschuldnerin gestanden. Sie habe einen Kredit eingeräumt, dessen Debetsaldo per 27.4.1990 sich auf S 260.410,10 belaufen habe. Von diesem Zeitpunkt an, sohin innerhalb der 60tägigen Frist des § 30 KO, habe die nunmehrige Gemeinschuldnerin Einzahlungen auf das Konto geleistet, sodaß sich per 18.5.1990 ein Guthaben von S 18.912,85 ergeben habe. An diesem Tag sei der Antrag auf Konkurseröffnung beim Handelsgericht Wien eingelangt. Der Beklagten sei als Hausbank die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung spätestens seit März 1990 bekannt gewesen oder hätte ihr zumindest bekannt sein müssen. Die Beklagte habe beginnend mit 8.März 1990 die Einlösung von Schecks mangels Deckung fortlaufend verweigert. Schon seit Kontoeröffnung habe ständig ein Debetsaldo bestanden. Die Beklagte hätte daher den Schluß ziehen müssen, daß der Kreditkunde sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinde. Es wäre ihr ein leichtes gewesen, durch Bucheinsicht die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung des gemeinschuldnerischen Unternehmens festzustellen. Die "durch Hereinnahme von Zahlungen in einem die zusätzlich bzw. Zug um Zug gewährten Kreditmittel übersteigenden Ausmaß geschaffene Aufrechnungslage und dadurch erfolgte Saldierung des mit S 260.410,10 aushaftenden Kredites" werde aus sämtlichen in der Konkursordnung vorgesehenen Anfechtungsgründen, insbesondere auch gemäß § 30 Abs.1 Z 1 KO angefochten.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung mit folgender Begründung: Abgesehen von kurzfristigen Überziehungen sei die Entwicklung des Kontos der nunmehrigen Gemeinschuldnerin unauffällig gewesen. Es habe keine Kreditvereinbarung bestanden, sondern seien überwiegend Schecks eingelöst worden. Zur Gewährung der faktischen Kontoüberziehung sei die Beklagte bereit gewesen, da ihr für Anfang Mai 1990 ein Eingang von ca. S 420.000,-- zugesagt worden sei. Die Überziehung sei jederzeit fällig gewesen, sodaß die erfolgte Befriedigung in jedem Fall kongruent sei. Die behauptete Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit sei der Beklagten nicht bekannt gewesen und hätte ihr auch nicht bekannt sein müssen. Die Beklagte sei nicht die Hausbank der nunmehrigen Gemeinschuldnerin gewesen. Sie habe keinerlei Informationen über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens gehabt. Daß fallweise Schecks von der Beklagten nicht eingelöst worden seien, sei lediglich darauf zurückzuführen, daß die Umsätze auf dem Konto zurückgegangen seien. Die Beklagte habe daraus nicht auf Zahlungsunfähigkeit, sondern vielmehr darauf geschlossen, daß die nunmehrige Gemeinschuldnerin verstärkt mit einer anderen Bank zusammenarbeite.

Das Gericht erster Instanz wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen, und würdigte sie rechtlich dahin, daß sich im Verfahren kein Anhaltspunkt dafür ergeben habe, daß die Beklagte von einer allfälligen Begünstigungsabsicht des Geschäftsführers der nunmehrigen Gemeinschuldnerin gewußt habe oder hätte wissen müssen. Auch die Kontoüberziehung in der Größenordnung von S 420.000,-- sei nicht auffällig gewesen, da ein derartiger Betrag im heutigen Wirtschaftsleben nicht ungewöhnlich sei. Der Anfechtungstatbestand des § 30 KO sei daher nicht verwirklicht. Auch jener des § 31 Abs.1 Z 2 KO liege nicht vor, da die Beklagte keine positive Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der nunmehrigen Gemeinschuldnerin gehabt habe und ihr die Unkenntnis dieser Tatsache auch nicht vorwerfbar sei. In Anbetracht der relativ losen Geschäftsverbindung könne von der Beklagten nicht gefordert werden, sie hätte von der nunmehrigen Gemeinschuldnerin Bucheinsicht verlangen oder andere Nachforschungen über die Zahlungsfähigkeit anstellen müssen.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das erstgerichtliche Urteil. Es legte die erstgerichtlichen Feststellungen seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde und führte dazu aus, daß der vom Kläger im Berufungsverfahren nur mehr herangezogene Anfechtungsgrund des § 31 Abs.1 Z 2 KO nicht vorliege. Da die Beklagte nicht Hausbank der nunmehrigen Gemeinschuldnerin gewesen sei, habe es nicht auffällig sein müssen, daß Ende 1989/Anfang 1990 nur wenige Kontobewegungen stattgefunden haben. Auch der Kontoschließungsantrag habe keinen Grund zu Nachforschungen gegeben, da in diesem Zeitpunkt das Konto im wesentlichen bereits abgedeckt gewesen sei.

Da sich beide Vorinstanzen mit wesentlichen Fragen des Anfechtungsrechtes nicht auseinandergesetzt haben und insbesondere die Beurteilung der Gutgläubigkeit der Beklagten nicht den zu dieser Frage in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entwickelten Grundsätzen entspricht, ist die Revision des Klägers zulässig. Es kommt ihr im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 30 Abs.1 Z 1 KO ist eine nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach dem Antrag auf Konkurseröffnung oder in den letzten 60 Tagen vorher vorgenommene Sicherstellung oder Befriedigung eines Gläubigers anfechtbar, wenn der Gläubiger eine Sicherstellung oder Befriedigung erlangt hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht in der Zeit zu beanspruchen hatte, es sei denn, daß er durch diese Rechtshandlung vor den anderen Gläubigern nicht begünstigt worden ist. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde zwischen der nunmehrigen Gemeinschuldnerin und der Beklagten ein Girovertrag abgeschlossen, dessen Wesen darin besteht, daß sich die Bank dem Kunden gegenüber zur Durchführung von Gutschriften auf dem Konto und von Überweisungen, Scheckeinlösungen und Barauszahlungen zu Lasten des Kontos verpflichtet. Der Girovertrag geht von der Voraussetzung der Deckung der Dispositionen des Kunden durch ein Guthaben aus. Es steht aber der Bank frei, Dispositionen auch zu Lasten des Kontos durchzuführen, wenn keine ausreichende Deckung vorhanden ist. Dies hat aber die Verpflichtung des Kunden zur Abdeckung des Debetsaldos und zur Zahlung der banküblichen Kreditzinsen zur Folge (vgl. Schinnerer/Avancini, Bankverträge3 I 76 f). Derartige Überziehungsbeträge konnte die Beklagte gemäß § 904 ABGB sofort fälligstellen. Da die Beklagte somit gegenüber der nunmehrigen Gemeinschuldnerin einen jederzeit einklagbaren Anspruch hatte, mangelt es den zur Abdeckung des Debetsaldos vorgenommenen Rückzahlungen an der Inkongruenz im Sinne der genannten Gesetzesstelle. Der Anfechtungstatbestand des § 30 Abs.1 Z 1 KO ist daher nicht erfüllt (ÖBA 1989, 922; ÖBA 1990, 469; ÖBA 1991, 286).

Gemäß § 31 Abs.1 Z 2 KO sind nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach dem Antrag auf Konkurseröffnung vorgenommene Rechtshandlungen, die innerhalb von sechs Monaten vor der Konkurseröffnung vorgenommen worden sind (§ 31 Abs.4 KO), anfechtbar, und zwar 1. Rechtshandlungen, durch die ein anderer Konkursgläubiger Sicherstellung oder Befriedigung erlangt hat (erster Fall) und 2. alle vom Gemeinschuldner mit anderen Personen eingegangenen, für die Gläubiger nachteiligen Rechtsgeschäfte (zweiter Fall), wenn dem anderen Teil die Zahlungsunfähigkeit oder der Eröffnungsantrag bekannt war oder bekannt sein mußte. Diese Anfechtungsbestimmung enthält somit zwei Tatbestände, denen als objektives Erfordernis der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder das Vorliegen eines Konkurseröffnungsantrages und als subjektives Erfordernis die Kenntnis oder die verschuldete Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung (vgl. SZ 59/216) oder des Eröffnungsantrages gemeinsam ist. Im vorliegenden Fall ist festgestellt, daß der Beklagten die Zahlungsunfähigkeit des nunmehrigen Gemeinschuldners nicht bekannt war. Ob ihr dessen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung hätte bekannt sein müssen, ist eine Rechtsfrage (ÖBA 1989, 922; ÖBA 1990, 310). Die Beweislast für die verschuldete Unkenntnis des Anfechtungsgegners von der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung trifft den Kläger (SZ 59/216). Der subjektive Tatbestand ist erfüllt, wenn Umstände dargetan werden, aus denen sich ergibt, daß die Unkenntnis des Anfechtungsgegners auf einer Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt beruht. Hiebei genügt bereits leichte Fahrlässigkeit des Anfechtungsgegners. Ob ihm eine solche zur Last fällt, bestimmt sich nach den ihm im Zeitpunkt der Vornahme der anzufechtenden Rechtshandlung zu Gebote stehenden Auskunftsmittel, dem Maß ihrer vernunftgemäß zumutbaren Heranziehung und der Ordnungsmäßigkeit ihrer Bewertung, wobei das Wissenmüssen der mit der Sache für den Anfechtungsgegner befaßten Personen entscheidet (SZ 55/65; SZ 57/87; ÖBA 1990, 310; SZ 59/216).

Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen kann ein vom Kläger auch behaupteter Sorgfaltsverstoß der Beklagten nach der bisherigen Aktenlage nicht ohneweiteres ausgeschlossen werden. Zwar hat das Verfahren ergeben, daß die Beklagte nicht als sogenannte Hausbank der nunmehrigen Gemeinschuldnerin eingeschritten ist; dies bedeutet jedoch lediglich, daß an die Beklagte nicht der sich aus der Sonderstellung einer Hausbank ergebende strenge Maßstab hinsichtlich des Kennenmüssens der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (vgl. ÖBA 1990, 387) anzulegen ist. Eine Verletzung der Sorgfaltspflicht kann nämlich auch im Unterlassen der Einholung im Einzelfall gebotener Erkundigungen liegen. Es ist durchaus nicht unüblich, daß in der Krise befindliche Unternehmen ihren Vermögensverfall solange als möglich zu verschleiern trachten. In einem derartigen Fall ist der Versuch naheliegend, der Hausbank Eingänge, die sich diese nicht durch Zession gesichert hat, wie dies etwa bei außerhalb des üblichen Geschäftsbetriebes anfallenden Ablösen der Fall sein könnte, vorzuenthalten und in die Geschäftsverbindung zu einem anderen Geldinstitut auszuweichen (vgl. EvBl. 1983/151). Durch diese Vorgangsweise wird vermieden, der Hausbank nicht bekannte Einkünfte zur Absenkung von dort bestehenden Debetsalden verwenden zu müssen. Daß derartige Verhaltensmuster bestehen, konnte auch den mit dem gegenständlichen Girokonto befaßten Personen der Beklagten nicht verborgen sein. Den Leuten der Beklagten war bekannt, daß die nunmehrige Gemeinschuldnerin in ständiger Geschäftsverbindung mit einer anderen Bank stand und es hat sich bisher im Verfahren kein "unverdächtiger" Grund für die Kontoeröffnung bei der Beklagten (wie etwa Abwicklung der gesamten Geschäftsgebarung einer bestimmten Filiale oder ähnliches) ergeben. In einem derartigen Falle wäre aber die Beklagte verpflichtet gewesen, vom Geschäftsführer der nunmehrigen Gemeinschuldnerin bei Kontoeröffnung oder zumindest in dem Zeitpunkt, wo eine für ein Girokonto ungewöhnlich hohe Überziehungsmöglichkeit eingeräumt wurde - wie dies offenkundig im Zeitpunkt des Inaussichtstellens des Eingehens einer Ablösezahlung von S 420.000,-- der Fall war - Erkundigungen darüber einzuziehen, warum gerade dieser Teil des Zahlungsverkehrs des Unternehmens nicht über die Hausbank abgewickelt wurde, allenfalls sich die entsprechenden Auszüge der der Beklagten nach ihrem eigenen Vorbringen namentlich bekannten Hausbank zeigen zu lassen (vgl. hiezu ÖBA 1989, 922).

Inwieweit der Beklagten in diesem Sinne ein Sorgfaltsverstoß anzulasten ist, kann jedoch nach den bisherigen Verfahrensergebnissen nicht beurteilt werden. Es bedarf vorerst der Feststellung der Entwicklung des gegenständlichen Kontos, um beurteilen zu können, ob schon bei Begründung dieser Kontoverbindung eine Erkundungspflicht bestand oder ob sich in späterer Folge signifikante Änderungen ergaben, die neuerlich die Pflicht zur Nachfrage begründen konnten. Es wird weiters festzustellen sein, zu welchem Zeitpunkt eine Einsicht in die Auszüge der bei der Hausbank der nunmehrigen Gemeinschuldnerin geführten Konten die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der nunmehrigen Gemeinschuldnerin hätte bringen können. Schließlich ist festzustellen, ob, in welcher Form und mit welchem Ergebnis die Leute der Beklagten Erkundigungen eingezogen haben. Erst nach Vorliegen dieser ergänzten Verfahrensergebnisse wird festgestellt werden können, ob der Beklagten eine schuldhafte Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der nunmehrigen Gemeinschuldnerin vorzuwerfen und damit das Vorliegen der weiteren Anfechtungsvoraussetzungen des § 31 Abs.1 Z 2 KO zu prüfen ist.

Für den Fall, daß ein Sorgfaltsverstoß der Beklagten erwiesen wird, wird der Zeitpunkt des Eintrittes der Zahlungsunfähigkeit festzustellen sein, wozu die vom Kläger beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich sein wird. Hinsichtlich der übrigen Voraussetzungen sind die beiden vorher dargestellten Anfechtungsfälle streng zu trennen (SZ 57/87; ÖBA 1987, 193; ÖBA 1990, 310). Nach dem ersten Fall des § 31 Abs.1 Z 2 KO ist so wie nach § 30 Abs.1 Z 1 KO Voraussetzung, daß durch die angefochtene Rechtshandlung ein Konkursgläubiger Sicherstellung oder Befriedigung in der Krise erlangt, daß sich also die bekämpften Rechtshandlungen auf die bereits bestehende Gläubigerstellung des Anfechtungsgegners auswirken. Betreffen sie jedoch gleichzeitig oder später begründete Gläubigerrechte, dann kommt eine Anfechtung grundsätzlich nicht in Betracht. Daher sind insbesondere sogenannte "Zug-um-Zug-Geschäfte" anfechtungsfest. Die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle liegen somit nicht vor, wenn die Begründung der Forderung und die Bestellung der Sicherheit auf einem einheitlichen Vertrag beruhen, was etwa dann der Fall ist, wenn die Zusicherung oder Erweiterung eines Kredites von der Bestellung einer bestimmten Sicherheit abhängig gemacht wird und damit der Sicherstellungsakt ein Teil des die Schuld begründenden Rechtsverhältnisses ist (SZ 57/87; ÖBA 1990, 310). Auch die verbindliche Zusage von Zahlungseingängen und die entsprechend dieser Zusage jeweils eingeräumte Möglichkeit der Kontoüberziehung stellt ein derartiges anfechtungsfestes Zug-um-Zug-Geschäft dar (ÖBA 1991, 286). Nach den bisherigen eher kursorischen Feststellungen hat sich die Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und der nunmehrigen Gemeinschuldnerin tatsächlich in Form derartiger aneinandergereihter Zug-um-Zug-Geschäfte abgewickelt, sodaß zumindest nach dem derzeitigen Verfahrensstand der Anfechtungstatbestand des ersten Falles des § 31 Abs.1 Z 2 KO nicht erwiesen ist.

Das Fehlen der Voraussetzungen nach diesem Anfechtungstatbestand schließt aber eine Anfechtung nach anderen Tatbeständen, insbesondere eine Anfechtung des ganzen Rechtsgeschäftes wegen Nachteiligkeit im Sinne des § 31 Abs.1 Z 2 zweiter Fall KO nicht aus (SZ 57/87; ÖBA 1990, 310). Danach setzt die Anfechtbarkeit voraus, daß sich das Rechtsgeschäft als Ganzes, somit die Kreditgewährung gegen Sicherheit, tatsächlich nachteilig für die Gläubiger ausgewirkt hat. Nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung ist die Nachteiligkeit eines Rechtsgeschäftes nicht mit der Befriedigungstauglichkeit gleichzusetzen. Neben der Befriedigungstauglichkeit, die immer dann gegeben ist, wenn die Beseitigung des Erfolges der Rechtshandlung geeignet ist, die Befriedigungsaussichten der Konkursgläubiger oder zumindest der Massegläubiger zu fördern, wird eine typische Nachteiligkeit des Geschäftes gefordert. Danach ist nach der Sachlage zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz des Anfechtungsprozesses zu beurteilen, ob sich das angefochtene Geschäft für die übrigen Gläubiger tatsächlich nachteilig ausgewirkt hat. Ein Geschäft, von dem sich bei einer Betrachtung ex post herausstellte, daß dadurch ein Nachteil für die Gläubiger nicht eingetreten ist, wäre anfechtungsfest. Die grundsätzliche Zulässigkeit der Anfechtung ist daher durch eine Differenzrechnung zu prüfen, bei der auch Vorteile zu veranschlagen sind, die aus Gewinnen aus der Fortführung des Geschäftes entstanden sind. Erst wenn sich daraus ergibt, daß sich das Rechtsgeschäft auch tatsächlich nachteilig auf die Befriedigungsmöglichkeit der Gläubiger ausgewirkt hat, ist weiters zu prüfen, ob diese Nachteiligkeit im Zeitpunkt des Abschlusses des Rechtsgeschäftes objektiv vorhersehbar war. Den Masseverwalter trifft insoweit die Beweislast für die Voraussehbarkeit der Nachteiligkeit, als er behaupten und nachweisen muß, daß die gewährten Kredite nicht zur Beschaffung von Waren gegen Bezahlung und Weiterverkauf der Ware gegen Gewinn verwendet wurden (SZ 62/97; ÖBA 1990, 310).

Das Erstgericht wird somit im fortgesetzten Verfahren - falls nach den Verfahrensergebnissen erforderlich - den Masseverwalter zu entsprechendem Vorbringen Gelegenheit zu geben und die angebotenen Beweise aufzunehmen haben.

Es war daher der Revision Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs.1 ZPO.

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