European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0080OB00168.18S.0429.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung:
Der Kläger begehrt vom Beklagten, der einen Autohandel betreibt, die Zahlung von insgesamt 5.489,42 EUR für die wiederholte Lieferung von Autoersatzteilen zwischen Mai und August 2016. Der Klagsbetrag setzt sich aus der Summe von elf einzelnen Rechnungen zusammen, die höchste davon beläuft sich auf 2.859,55 EUR.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es dem Klagebegehren mit dem angefochtenen Teilurteil in der Hauptsache stattgab. Hinsichtlich der geltend gemachten Nebenforderung und der Kosten hob es die Entscheidung des Erstgerichts auf und trug ihm eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
Gemäß § 508 ZPO erklärte das Berufungsgericht über Antrag der klagenden Partei nachträglich die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO für zulässig, weil der Beklagte in seinem Rechtsmittel möglicherweise eine rechtliche Fehlbeurteilung aufzeige.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist nach § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig, weil der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, 5.000 EUR nicht übersteigt.
Mehrere in einer Klage geltend gemachte Forderungen bilden nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN erfüllt sind. Die Regelung des § 55 Abs 1 Z 1 JN gilt auch für das Rechtsmittelverfahren (§ 55 Abs 4 JN) und damit für den Entscheidungsgegenstand (RIS‑Justiz RS0053096, RS0037838 [T38]). Danach sind mehrere in einer Klage geltend gemachte Forderungen, die – wie hier – von einer einzelnen Partei gegen eine einzelne Partei erhoben werden, zusammenzurechnen wenn sie in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (§ 55 Abs 1 Z 1 JN).
Mehrere Ansprüche stehen in einem tatsächlichen Zusammenhang, wenn sie allesamt aus demselben Sachverhalt abgeleitet werden können, wenn also das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, um auch über den anderen geltend gemachten Anspruch entscheiden zu können, ohne dass noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre (RS0042766). Ein rechtlicher Zusammenhang liegt vor, wenn die Ansprüche aus demselben Vertrag oder aus derselben Rechtsnorm abgeleitet werden und miteinander in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (RS0037648). Dieser Zusammenhang besteht dann nicht, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben kann; in einem solchen Fall ist jeder Anspruch gesondert zu beurteilen, ohne dass eine Zusammenrechnung stattfindet (RS0037648 [T18]; RS0037899).
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass Ansprüche aus verschiedenen Verträgen betreffend verschiedene Rechtsgüter auch bei Gleichartigkeit nicht in einem sachlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (RS0037926 [T26]). Eine Zusammenrechnung von Ansprüchen aus lediglich gleichartigen Verträgen findet nicht statt (RS0037648 [T15]).
Bei der Prüfung der Frage, ob die geltend gemachten Ansprüche in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen, ist vom Vorbringen des Klägers auszugehen (RS0042741; RS0106759). Ein solcher Zusammenhang folgt nach der Rechtsprechung nicht schon aus mehreren Aufträgen über die Lieferung gleichartiger Sachen und dem Bestehen einer ständigen Geschäftsbeziehung (vgl RS0037899 [T8]). Wurde ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang der den einzelnen Rechnungsbeträgen jeweils zu Grunde liegenden Warenlieferungen nicht behauptet, ist von mehreren Entscheidungsgegenständen auszugehen.
Dem Klagsvorbringen sind in diesem Sinne keine Anhaltspunkte für einen tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang der aus mehreren einzelnen Rechnungen für einzelne Materialbestellungen abgeleiteten, allesamt 5.000 EUR unterschreitenden Klagsforderungen zu entnehmen. Die Ansprüche sind daher nicht zusammenzurechnen.
Da das Berufungsgericht nicht über einen 5.000 EUR übersteigenden Streitgegenstand entschieden hat, ist die Revision nach § 502 Abs 2 ZPO zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 50 Abs 1, 40 Abs 1 ZPO. Der Klägerin gebührt unabhängig vom Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache kein Kostenersatz für die Revisionsbeantwortung, weil sie darin auf die absolute Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat (RS0035979).
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