OGH 8Ob164/98w

OGH8Ob164/98w24.8.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Rohrer, Dr.Adamovic und Dr.Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** *****gesellschaft mbH & Co KG, *****, ***** vertreten durch Dr.Helmut Neudorfer ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Dr.Friedrich S***** vertreten durch Dr.Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, und 2.) Dr.Silvia W*****vertreten durch Dr.Elmar Kresbach, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 326.152,87 sA (Revisionsinteresse S 298.233,35 sA) infolge außerordentlicher Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 16.Dezember 1997, GZ 12 R 216/97s-33, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.) Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal eines Substituten von einem Erfüllungsgehilfen liegt darin, daß der Substitut den Auftrag im Gegensatz zum Erfüllungsgehilfen in eigener Verantwortung, wenn auch nach den ihm vom ersten Beauftragten mitgegebenen Weisungen auszuführen hat; er unterstützt den Beauftragten nicht nur bei seiner Tätigkeit, sondern handelt selbständig, dh er entscheidet selbst über die zur Durchführung erforderlichen Maßnahmen und tritt daher bei der Ausführung an die Stelle des ersten Beauftragten (SZ 69/115 uva). Unterliegt der "Substituierte" der Aufsicht des "Substituierenden", korrigiert zB letzterer in einem gerichtlichen Verfahren die vom ersteren verfaßten Schriftsätze, liegt darin keine Substitution (4 Ob 381/97a). Richtig ist, daß das Gesamtbild hiefür maßgebend und nicht nur ausschlaggebend ist, ob die Zweitbeklagte selbständige Rechtsanwältin war. Nicht wesentlich für die Stellung als Substitut ist aber, ob die Zweitbeklagte ständig für den Erstbeklagten tätig wurde, ein Fixum erhielt und sie eine gewisse Anwesenheitspflicht traf. Wesentlich ist vielmehr, ob sie in eigener Verantwortung tätig wurde und selbst über die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zu entscheiden hatte.

Ob die Zweitbeklagte als Substitutin oder Erfüllungsgehilfin des Erstbeklagten (wie eine angestellte Konzipientin) handelte, betrifft einen Einzelfall, bei dessen Beurteilung dem Berufungsgericht jedenfalls keine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen ist, sodaß eine erhebliche Rechtsfrage nicht vorliegt: Das Berufungsgericht ist auf Grund der umfangreichen Feststellungen des Erstgerichtes (S 9 bis 12) nachvollziehbar zum Ergebnis gelangt, daß die Zweitbeklagte selbständig gehandelt hat und nicht der Aufsicht des Erstbeklagten unterlegen ist (vgl insbesondere die Erklärung der Zweitbeklagten, sie werde keine schriftliche Klagebeantwortung verfassen, sondern alles Notwendige in der mündlichen Verhandlung vorbringen, was allerdings in der Folge nicht geschehen ist).

2.) Die Zweitbeklagte bestreitet nicht, daß sie es unterließ, in der mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht darauf hinzuweisen, daß der dortigen Klägerin Umsatzsteuer nicht gebühre, weil es sich um einen echten Schadenersatzanspruch handle (SZ 68/41; 69/57; 69/102 uva); sie wendet sich nur dagegen, daß diese Unterlassung für den Zuspruch vor dem Schiedsgericht kausal gewesen wäre.

Auch hiebei handelt es sich um einen Einzelfall, den das Berufungsgericht im Rahmen der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung geklärt hat: Liegt das Verschulden des Rechtsanwalts in einer unterlassenen rechtlichen Einwendung, ist der Prozeß hypothetisch nachzuvollziehen und zu beurteilen, wie er mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geendet hätte, wenn die Einwendung erhoben worden wäre (SZ 56/181; RdW 1987,96 uva). Das Berufungsgericht ist vom mangelnden Problembewußtsein des Schiedsgerichts in der Frage der bei echten Schadenersatzansprüchen nicht gebührenden Umsatzsteuer ausgegangen; in der Ansicht des Berufungsgerichtes, bei entsprechendem Hinweis der Zweitbeklagten auf die Nichtberechtigung dieses Umsatzsteuerbetrages hätten die Schiedsrichter diesen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zuerkannt, kann keine Fehlbeurteilung erblickt werden.

3.) Ob die klagende Partei im konkreten Fall ein Mitverschulden deshalb trifft, weil sie ihrer Schadensminderungspflicht nicht hinreichend nachgekommen sei, betrifft ebenfalls einen Einzelfall, dem schon deshalb nicht die Qualität einer erheblichen Rechtsfrage zuerkannt werden kann, weil die Zweitbeklagte auch in ihrer außerordentlichen Revision nicht schlüssig nachvollziehbar darlegen kann, was die klagende Partei unterlassen haben soll; der Hinweis, diese hätte eine "Rechnungskorrektur" versuchen müssen, ist in dieser Kürze unverständlich.

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