Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Antragsteller sind zu gleichen Teilen Eigentümer der Liegenschaft EZ *****, GB *****, die aus mehreren Grundstücken mit einer Gesamtfläche von 1.143 m² besteht. Mit Bescheid des Amts der Wiener Landesregierung vom 27. 5. 2003 wurde die Enteignung durch Einräumung einer Tunnelservitut ohne Bauverbot auf Dauer hinsichtlich eines Teils dieser Liegenschaft zur Duldung der Errichtung, des Bestands und des Betriebs einer unterirdischen Eisenbahnanlage, die in geschlossener Bauweise errichtet wird, verfügt. Der dort zu errichtende Eisenbahntunnel wird mit seiner Oberkante etwa 24 m unter dem Gelände liegen. Durch die Untertunnelung wird eine Fläche von 764 m² der Liegenschaft in Anspruch genommen. Auf der Liegenschaft befindet sich ein zu Wohnzwecken genutztes Einfamilienhaus mit einer Baufläche von 207 m², sie hat eine stark geneigte Hanglage Richtung Süden. Der Verkehrswert des vom Tunnelservitut unbelasteten Grundstückswerts wurde von den Parteien mit 255 EUR je m² Grundstücksfläche der Höhe nach außer Streit gestellt.
Das Erstgericht verpflichtete die Antragsgegnerin, der Antragstellerin eine Enteignungsentschädigung in Höhe von 9.700 EUR zu leisten. Es führte aus, dass der objektive Vermögensnachteil im Sinn des außerordentlichen Werts des besonderen Interesses zu ersetzen und auch die zwangsweise Einräumung einer Tunnelservitut entschädigungsfähig sei. Nur die unmittelbaren Folgen der Enteignung seien zu entschädigen, weil der Tunnel noch nicht in Betrieb sei. Allenfalls zukünftig entstehende, über die bescheidmäßig zugelassenen hinausgehende Immissionen seien nicht zu berücksichtigen. Die Bemessung der Höhe der Entschädigung durch die Einräumung der Tunnelservitut sei, ausgehend vom Verkehrswert, vom Freigrundwert zu ermitteln. Es komme nicht darauf an, ob sich auf der betroffenen Liegenschaft ein Bauwerk befinde. Für die Entschädigung sei vom Ausmaß der untertunnelten Fläche, nicht aber vom Gesamtgrundstück auszugehen. Ein prozentueller Abschlag von 5 % sei pauschal vorzunehmen, unabhängig davon, ob es sich um eine zulässige Baufläche oder eine außerhalb der Baufläche liegende Fläche handle.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller gegen diesen Beschluss in der Hauptsache nicht Folge. Die Wahl des Wertermittlungsverfahrens obliege dem Sachverständigen; dessen Gutachten sei begründet und nachvollziehbar. Der Sachverständige habe nachvollziehbar dargelegt, dass die Wertminderung der Liegenschaft durch die Untertunnelung lediglich Auswirkungen auf den Bodenwert, nicht jedoch den Bauwert der Liegenschaft habe. Die Wertminderung des Grundstücks sei anhand der Größe der von der Dienstbarkeit in Anspruch genommenen Fläche zu bemessen. Durch die Tunnelservitut seien lediglich 67 % der Liegenschaft betroffen, sodass nicht der Freigrundwert der gesamten Liegenschaft als Bemessungsgrundlage heranzuziehen sei. Die Berücksichtigung des Immissionspotentials bei der Preisbildung durch Marktteilnehmer habe der Sachverständige berücksichtigt.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof habe zwar in der Entscheidung 2 Ob 282/05t ausgesprochen, dass die durch die Einräumung einer Tunnelservitut eintretende merkantile Wertminderung der auf der Liegenschaft befindlichen Wohnung zu prüfen sei. Es fehle jedoch Rechtsprechung, nach welchen Grundsätzen dies zu geschehen habe.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Die Antragsgegnerin beantragte die Zurück- bzw Abweisung des Revisionsrekurses.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts, an den der Oberste Gerichtshof gemäß § 71 Abs 1 AußStrG nicht gebunden ist, unzulässig.
I. Die Auswahl der Methode zur Ermittlung des Verkehrswerts, wofür gemäß § 3 Abs 1 LBG insbesondere das Vergleichs-, das Ertrags- und das Sachwertverfahren in Betracht kommen, hat danach zu erfolgen, welche Methode am besten den Umständen des Einzelfalls gerecht wird. Gemäß § 7 Abs 1 LBG hat der Sachverständige selbst die geeignete Methode unter Beachtung des jeweiligen Stands der Wissenschaft und der im redlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten auszuwählen, wenn ihm das Gericht nicht eine bestimmte Bewertungsmethode vorgibt, was hier nicht der Fall war. § 3 Abs 1 LBG enthält somit keine abschließende Aufzählung der zulässigen Bewertungsverfahren (RIS-Justiz RS0109006; 9 Ob 74/08k; 6 Ob 171/09d).
Die Auswahl der Methode kann im Enteignungsverfahren nur dann als eine nicht nur dem Tatsachenbereich zuzurechnende Frage vom Obersten Gerichtshof überprüft werden, wenn das Rekursgericht die vom Erstgericht gewählte Methode ohne Änderung der Sachverhaltsgrundlage aufgrund rein abstrakter Argumente modifiziert und dadurch zu anderen Ergebnissen gelangt als das Erstgericht. Sonst gehört die Ermittlung des Verkehrswerts dem für den Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Tatsachenbereich an, es sei denn, sie beruhte auf mit den Gesetzen der Logik oder Erfahrung unvereinbaren Schlussfolgerungen (9 Ob 74/08k).
II. Im vorliegenden Fall hat der Sachverständige aber seine Prämissen klar aufgezeigt und einerseits darauf hingewiesen, dass mangels Vergleichswerten für Grundstücke bzw Wohnungen ohne Untertunnelungen im Verhältnis zu solchen mit Untertunnelungen die durch das LBG vorgegebenen Bewertungsmethoden keine Schlussfolgerungen mit der für das vorliegende Verfahren notwendigen Sicherheit zulassen. Andererseits hat er nachvollziehbar ausgeführt, dass der Bauwert einer auf der Liegenschaft errichteten Baulichkeit im konkreten Fall durch die Untertunnelung nicht beeinträchtigt wird. Die vom Sachverständigen gewählte Methode, auf die üblicherweise im Wiener U-Bahn-Bau erfolgten Entschädigungen zurückzugreifen (die als prozentueller Abschlag vom Wert der tatsächlich in Anspruch genommenen Grundstücksfläche erfolgen), widerspricht weder den Gesetzen der Logik, noch beruht sie auf mit der Erfahrung unvereinbaren Schlussfolgerungen. Soweit bei anderen Sachverhalten eine - zusätzliche - Wertminderung der verbleibenden, von der Servitut nicht unmittelbar in Anspruch genommenen Grundstücksteile feststellbar und daher auch zu berücksichtigen war (RIS-Justiz RS0057972), lässt dies nicht den zwingenden Schluss zu, dass dies auch im vorliegenden Fall möglich sein müsste. Im Übrigen verkennen die Revisionsrekurswerber, dass der Sachverständige zwar die Minderung des Werts der von der Servitut betroffenen Fläche als wesentlich erachtet, diese aber als Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Wertminderung der gesamten Liegenschaft heranzieht.
Auch die weiteren Ausführungen der Antragsteller werfen keine Rechtsfragen auf, sondern beziehen sich ausschließlich auf den vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Tatsachenbereich.
III. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
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