European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0080OB00124.18W.0924.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Mit Beschluss vom 26. 2. 2018 eröffnete das Erstgericht über das Vermögen des Schuldners über dessen Antrag das Schuldenregulierungsverfahren. Die Eigenverwaltung wurde ihm nicht entzogen. Der Schuldner hat die Annahme eines Zahlungsplans beantragt.
Die Revisionsrekurswerberin ist Gläubigerin einer unbestrittenen Insolvenzforderung.
Am 15. 5. 2018 stellte sie den Antrag, dem Schuldner die Vorlage 1. der Kontoauszüge sämtlicher seiner Bankkonten, 2. sämtlicher von ihm ausgestellter Rechnungen, 3. des Kassabuchs, 4. einer Kopie des abgegebenen Vermögensverzeichnisses, 5. einer Auflistung über den Verbleib der von der Gläubigerin laut Forderungsanmeldung gelieferten Waren, alles für den Zeitraum von August 2017 bis Insolvenzeröffnung, sowohl an das Gericht als auch an die Antragstellerin aufzutragen. Als Begründung für den Antrag nannte sie die Prüfung der Angemessenheit des Zahlungsplanvorschlags.
Das Erstgericht übersandte der Antragstellerin daraufhin die Kopie des Vermögensverzeichnisses und teilte ihr mit, dass es die übrigen angeforderten Unterlagen für die Prüfung gemäß § 194 IO nicht relevant erachte.
Die Gläubigerin wiederholte daraufhin ihren Antrag am 22. 5. 2018, nunmehr mit der Begründung, sie benötige die angeforderten Unterlagen zur Kontrolle der Richtigkeit des Vermögensverzeichnisses, zur Verfolgung allfälliger Forderungen gegenüber Dritten zugunsten der Masse sowie zur Prüfung etwaiger Anfechtungsansprüche.
Mit Verfügung vom 23. 5. 2018 (ON 25a) übermittelte das Erstgericht die Anträge der Gläubigerin an den Schuldnervertreter zur Vorlage der darin genannten Unterlagen anlässlich der anberaumten Tagsatzung vom 29. 5. 2018.
In dieser Tagsatzung, die zur Abstimmung über einen geänderten Zahlungsplan erstreckt wurde, erklärte der Schuldner, er sei aus Gründen des Datenschutzes nicht zur Vorlage der angeforderten Unterlagen bereit.
Die Gläubigerin beantragte daraufhin mit Schriftsatz vom 14. 6. 2018 neuerlich, dem Schuldner die Vorlage der Dokumente gemäß den Punkten 1–3 und 5 ihrer vorangegangenen Anträge aufzutragen. Der Schuldner sei gemäß § 185 Abs 3 IO verpflichtet, seine Angaben im Vermögensverzeichnis zu belegen, die Vorlage sei ihm zumutbar.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den neuerlichen Antrag vom 14. 6. 2018 ab und teilte unter einem mit, dass es die Bestellung eines Insolvenzverwalters beabsichtige.
Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs der Gläubigerin als unzulässig zurück. Gegenstand der Anfechtung sei eine Entscheidung im Rahmen der Überwachungs- und Weisungsbefugnisse des Gerichts gemäß § 84 IO. Den Insolvenzgläubigern komme auch bei Eigenverwaltung des Schuldners kein Antragsrecht auf solche gerichtlichen Maßnahmen zu und es gelte der Rechtsmittelausschluss nach § 84 Abs 3 IO.
Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil den behandelten Rechtsfragen Bedeutung iSd § 528 Abs 1 ZPO iVm § 252 IO zukomme.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Schuldnerin ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, unzulässig.
1. Die Entscheidungsbegründung des Rekursgerichts, dass es sich bei einem Vorlageauftrag an den eigenverwaltungsberechtigten Schuldner (bzw der Ablehnung, einen solchen Auftrag zu erteilen) um eine Weisung in Angelegenheiten der Überwachung gemäß § 84 Abs 1 IO handelt, legt der Revisionsrekurs zugrunde ( Konecny , Eigenverwaltung im Konkurs in Buchegger , BeitrZPR V 62; vgl allerdings auch Kodek , Privatkonkurs 2 Rz 147).
Ausgehend davon ist aber auf die Rechtsprechung zu verweisen, wonach gegen die Erteilung einer entsprechenden Weisung nach § 84 Abs 3 IO kein Rechtsmittel zulässig ist. Für eine lediglich zur Klarstellung ausgesprochene Nichterteilung einer Weisung kann nichts anderes gelten (RIS‑Justiz RS0124961 [T3] = 8 Ob 85/15f; RS0065165; 8 Ob 23/09d).
2. Für die im Revisionsrekurs aufgestellte These, der Rechtsmittelausschluss nach § 84 Abs 3 IO gelte dann nicht, wenn es sich bei der angefochtenen Entscheidung um keine „richterliche“, sondern jene eines Rechtspflegers handle, bleibt er eine Begründung schuldig.
Lediglich zur Klarstellung ist festzuhalten, dass Rechtspflegern gemäß § 1 RPflG als Organen des Bundes die Besorgung von Geschäften der Gerichtsbarkeit übertragen ist; dazu zählen nach § 17a RPflG die Geschäfte in Insolvenzsachen vor dem Bezirksgericht. Die Entscheidungen des Rechtspflegers können nach § 11 Abs 1 RPflG wie die des Richters angefochten werden.
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