Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 371,52 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 61,92 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Der Kläger ist Eigentümer der Liegenschaft mit der Grundstücksadresse ***** W*****. Die Beklagte ist Mieterin der Wohnung Top Nr. 5 in dem auf der Liegenschaft errichteten Gebäude.
Mit Schreiben vom 1. 9. 2004 schrieb der Kläger der Beklagten eine Mietzinserhöhung (statt bisher 1,32 EUR pro m2 1,39 EUR pro m2) vor. Die Beklagte bezahlte den Erhöhungsbetrag für die Monate November 2004 bis Februar 2005 in Höhe von 62,64 EUR ebenso wie die Vorschreibungserhöhung für März 2005 vor Klageeinbringung. Beide Zahlungen leistete die Beklagte unter Vorbehalt. Der Kläger nahm eine Rücküberweisung dieser Beträge vor.
Der Kläger begehrt Zahlung von 78,30 EUR (auf eine Wertsicherungserhöhung gemäß § 45 MRG gestützte Mietzinsdifferenzen für die Monate November 2004 bis März 2005) und die Räumung der von der Beklagten gemieteten Wohnung. Die Beklagte sei vor Klageeinbringung darauf hingewiesen worden, dass unter Vorbehalt geleistete Mietzinszahlungen nicht zur Tilgung der Schuld angenommen werden könnten. Der Kläger habe den Rückstand vor Klageeinbringung gemahnt und eine Auflösungserklärung nach § 1118 zweiter Fall ABGB abgegeben.
Die Beklagte wendet ein, dass der erhöhte Mietzins rechnerisch nicht nachvollziehbar und im Übrigen nicht ordnungsgemäß vorgeschrieben worden sei. Dennoch habe die Beklagte, allerdings unter dem Vorbehalt der Rückforderung, die vorgeschriebenen Mietzinserhöhungen bezahlt. Dadurch sei ihre Schuld, so sie überhaupt bestehe, getilgt worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht gab der dagegen vom Kläger erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil gefestigte oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob vom Mieter bestrittene, unter Vorbehalt bezahlte Mietzinserhöhungen vom Vermieter anzunehmen seien und durch die Vorbehaltszahlung die Verbindlichkeit des Schuldners auch dann endgültig erlösche, wenn der Vermieter diese Zahlungen rücküberweise.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die inhaltlich allein auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde. Hilfsweise stellt der Kläger einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen; in eventu, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) nicht zulässig; an den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichts ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO).
In Übereinstimmung mit der überwiegenden Lehre verhindert nach der Rechtsprechung der Vorbehalt der Rückforderung für den Fall des Nichtbestehens der Verbindlichkeit nicht die Tilgung der Schuld, falls sie besteht. Der Gläubiger darf daher die Leistung unter Vorbehalt nicht zurückweisen (9 ObA 44/88 = RdW 1988, 431; 2 Ob 188/99g; offen lassend 4 Ob 214/97t = SZ 70/173; Rummel in Rummel3 § 1412 ABGB Rz 3; Koziol in KBB2 § 1412 Rz 4; Mayrhofer in Ehrenzweig³, Das Recht der Schuldverhältnisse Allgemeine Lehren [1986] 558; Gschnitzer in Klang2 VI, 367). Auch nach der älteren Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0033234; 7 Ob 761/81; 2 Ob 989/34 = JBl 1935, 369) gilt das uneingeschränkt jedenfalls dann, wenn der Schuldner objektiv begründete Zweifel an seiner Verbindlichkeit hatte. Damit im Einklang steht die ständige Rechtsprechung, wonach der Schuldner, der Zweifel über den Bestand der Schuld hatte und dennoch leistete, die Leistung nicht zurückfordern kann. Wenn der Schuldner in einem solchen Fall vermeiden will, dass die Zahlung in diesem Sinn ausgelegt wird, muss er bei der Zahlung einen Vorbehalt machen; sonst ist eine Rückforderung unter Berufung auf § 1431 ABGB ausgeschlossen (RIS‑Justiz RS0033612; 5 Ob 89/07k; zuletzt 2 Ob 81/07m).
Von dieser Rechtsprechung abzugehen, sieht sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlasst. Gerade im Mietrecht ist die schuldtilgende Wirkung der Zahlung unter Vorbehalt von doppelter Bedeutung: Zum einen vermeidet sie für den Mieter das Risiko, dass der Vermieter ihn möglicherweise erfolgreich wegen Bestehen eines Mietzinsrückstands kündigt (§ 30 Abs 2 Z 1 MRG) bzw eine auf § 1118 zweiter Fall ABGB gestützte Auflösungserklärung abgibt. Zum anderen wird im Sinne der dargelegten Grundsätze der Rechtsprechung dem Mieter, der Zweifel über das Bestehen der Schuld hatte, eine Rückforderungsmöglichkeit nach § 1431 ABGB überhaupt nur eröffnet, wenn er die Leistung unter Vorbehalt der Rückforderung erbringt (s auch Schwimann/Binder, ABGB3 V § 1096 Rz 98).
Die dazu vertretenen gegenteiligen Lehrmeinungen (Schwimann/Harrer/Heidinger, ABGB2 VII § 1412 Rz 3; s aber nun die differenzierende Auffassung in Schwimann/Heidinger, ABGB3 Band VI § 1412 Rz 5 f), wonach der Gläubiger eine Zahlung unter Vorbehalt zurückweisen könne, damit er mit Leistungsklage den Anspruch durchsetzen und auf diese Weise eine verbindliche Streitbereinigung bewirken könne, überzeugen nicht. Das Streitbereinigungsbedürfnis kann der Gläubiger durch eine Klage auf Feststellung, dass er dem Schuldner keine Rückgabe schulde, befriedigen (Rummel aaO § 1412 Rz 3 mwN).
Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht somit im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.
Der in der Revision enthaltene Hinweis auf die „Rechthaberei" der beklagten Mieterin, die der Kläger offensichtlich unter den Auflösungsgrund des unleidlichen Verhaltens (§ 1118 erster Fall ABGB) subsumieren will, entfaltet schon deshalb keine Entscheidungsrelevanz, weil Gegenstand des Revisionsverfahrens neben dem Zahlungsbegehren ausschließlich eine auf § 1118 zweiter Fall ABGB gestützte Auflösungserklärung des Klägers ist. Die im Verfahren vom Kläger vorgenommene Klageänderung (Klageerweiterung) dahin, dass die Auflösungserklärung nun auch auf § 1118 erster Fall ABGB gestützt werde, wurde bereits vom Erstgericht mit dem in das Ersturteil aufgenommenen rechtskräftigen Beschluss nicht zugelassen.
Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers hingewiesen.
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