OGH 8Ob116/06a

OGH8Ob116/06a18.10.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. Franz B*****, vertreten durch Dr. Peter Primus, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1. Josef W*****, vertreten durch Haßlinger Haßlinger Planinc, Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, sowie

2. Matthäus K*****, vertreten durch Dr. Andreas Konrad und Mag. Johannes Schröttner OEG, Rechtsanwältesozietät in Graz, wegen Feststellung (Streitwert EUR 126.970,92), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 13. Juli 2006, GZ 4 R 83/06t-15, in der Fassung des Beschlusses vom 13. September 2006, ON 18, mit dem infolge der Rekurse beider beklagten Parteien der Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 8. Mai 2006, GZ 20 Cg 77/06t-2, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 29. Mai 2006, ON 8, abgeändert und der Antrag auf Streitanmerkung abgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass der zwischen dem Erstbeklagten und dem Zweitbeklagten über eine bestimmte Liegenschaft abgeschlossene Kaufvertrag ungültig sei, weil er mit dem mittlerweile verstorbenen früheren Liegenschaftseigentümer, dessen Erbe der Erstbeklagte sei, einen Übergabsvertrag abgeschlossen und die Liegenschaft übergeben erhalten habe. Trotz Kenntnis dieses nicht eingetragenen Übergabsvertrages sei die Liegenschaft dem Erstbeklagten im Verlassenschaftsverfahren eingeantwortet und dann trotz mangelndem rechtskräftigen Einantwortungsbeschlusses an den Zweitbeklagten veräußert worden. Auch der Zweitbeklagte habe Bescheid gewusst und die Liegenschaft nicht gutgläubig erworben. Die Einbringung einer Löschungsklage sei mangels Verletzung eines dinglichen Rechts des Klägers nicht möglich, weshalb der Zweitbeklagte jederzeit die Möglichkeit habe die Liegenschaft, auf der sein Eigentumsrecht zu Unrecht einverleibt worden sei, zu veräußern. Daraus ergebe sich das rechtliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung. Weiters begehrte der Kläger die hier gegenständliche Anmerkung der Feststellungsklage nach § 61 GBG. Er stützte dies darauf, dass die Ungültigkeit des Einantwortungsbeschlusses auch die Ungültigkeit des Kaufvertrages zur Folge habe und damit die Ungültigkeit der grundbücherlichen Einverleibung des Eigentumsrechtes des Zweitbeklagten. Da im vorliegenden Fall die Gültigkeit der Einverleibung von zwei aufeinanderfolgenden Nachfolgern bestritten werde, müsse die Streitanmerkung zur Erfüllung ihres Zweckes auch gegen den zweiten Nachfolger, also den Zweitbeklagten als zulässig betrachtet werden. Das Erstgericht bewilligte die Streitanmerkung.

Dagegen erhoben beide Beklagten gesonderte Rekurse. Beiden Rekursen wurde vom Rekursgericht Folge gegeben und der Antrag auf Anmerkung abgewiesen. Es ging zusammengefasst davon aus, dass eine Klagsanmerkung nur dort gestattet sei, wo sie auf besonderen Bestimmungen des Grundbuchsgesetzes oder anderen Gesetzen beruhe. § 61 GBG gestatte aber nur die Streitanmerkung bei Verletzung in bücherlichen Rechten, die jedoch vom Kläger gar nicht behauptet werde. Eine Streitanmerkung bloß auf Feststellung der Unwirksamkeit des Erwerbstitels sei auch nicht zulässig.

Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit weniger als EUR 20.000, ließ jedoch schließlich über Antrag des Klägers den Revisionsrekurs zu, da noch keine Rechtsprechung zu der Frage vorliege, ob nach der neuen Bestimmung des § 2 Abs 2 Z 2 AußStrG durch die Bezeichnung eines Antragsgegners diese auch als Partei des Verfahrens anzusehen sei. Dieser Frage komme wegen der daraus ableitbaren Kostenfolgen Bedeutung zu.

Der Kläger ließ den Beschluss über die Aufhebung der Streitanmerkung hinsichtlich des nunmehrigen grundbücherlichen Eigentümers unbekämpft. Mit dem vorliegenden Revisionsrekurs beantragt der Kläger jedoch den angefochtenen Beschluss des Rekursgerichtes hinsichtlich des Erstbeklagten dahin abzuändern, dass dessen Rekurs mangels Rekurslegitimation zurückgewiesen werde. Er stützt dies zusammengefasst darauf, dass er seinen Antrag auf Erlassung der Streitanmerkung nur gegen den Zweitbeklagten eingebracht habe und dieser auch nur Personen erfassen könne, die Eigentümer der Liegenschaft seien. Nach § 9 AußStrG setze die Rekurslegitimation eine Verletzung in bücherlichen Rechten voraus. Interessen, die nicht Gegenstand solcher bücherlichen Rechte seien, könnten eine Rekurslegitimation nicht bewirken, selbst wenn eine Zustellung des Beschlusses erfolgt sei. Eine Verletzung von bücherlichen Rechten habe der Erstbeklagte aber gar nicht behauptet.

Entgegen den Ausführungen des Revisionsrekurses hat jedoch der Kläger nicht nur seine Klage gegen den Erstbeklagten erhoben, sondern auch seinen Antrag auf Streitanmerkung nicht auf den Zweitbeklagten eingeschränkt, sondern auch darauf gestützt, dass der Einantwortungsbeschluss hinsichtlich des Erstbeklagten als Grundlage für dessen Eigentum an der Liegenschaft ungültig sei. Voranzustellen ist weiters, dass eine rechtskräftige Streitanmerkung nach § 61 GBG auch gegen all jene wirkt, die nach dem Zeitpunkt des Gesuchs um Streitanmerkung Rechte erlangt haben (vgl RIS-Justiz RS0060674) und dass Streitanmerkungen auch dann Wirkungen gegenüber Dritten haben, wenn die Streitanmerkung nach dem Gesetz nicht zu bewilligen gewesen wäre, sofern sie in Rechtskraft erwachsen (vgl RIS-Justiz RS0004962 mwN insbesondere 2 Ob 104/00h ähnlich RIS-Justiz RS0060664). Weiters ist festzuhalten, dass die Einantwortung ja einen der wesentlichen Fälle der Durchbrechung des Eintragungsgrundsatzes hinsichtlich Liegenschaften darstellt (vgl dazu etwa Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II13, 574 mwN; RIS-Justiz RS0012291 mwN). Diese Einantwortung war auch Grundlage für die maßgebliche Einverleibung durch den Zweitbeklagten.

Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich die Rekursberechtigung im Grundbuchsverfahren nicht aus der Tatsache, dass ein Beschluss zugestellt wurde, sondern daraus, dass der angefochtene Beschluss „allenfalls" bücherliche Rechte des Einschreiters verletzt, wobei die Frage, ob eine solche Verletzung dann tatsächlich eintritt, eine Frage des materiellen Rechts ist, über die mit einer Sachentscheidung abzusprechen ist (vgl RIS-Justiz RS0006677 mzwN; zuletzt etwa OGH 5 Ob 12/06p). Auch für die Rekurslegitimation wird ein eigenes Rechtsschutzinteresse vorausgesetzt (vgl RIS-Justiz RS0006693 mzwN; zuletzt etwa 5 Ob 259/06h). Mit dem neuen AußStrG wurden in § 2 Abs 1 neben dem Antragsteller nunmehr auch ausdrücklich die vom Antragsteller als Antragsgegner bezeichneten Personen, aber auch jene Personen, die in ihrer rechtlich geschützten Stellung durch die begehrte oder vom Gericht in Aussicht genommene Entscheidung oder durch eine sonstige gerichtliche Tätigkeit unmittelbar beeinflusst würden, unter anderem als Parteien festgelegt (vgl allgemein zur Unterscheidung zwischen materiellen oder formellen Parteibegriff etwa Fucik/Kloiber, AußStrG § 2 Rz 1 f; ebenso Rechberger, AußStrG § 2 Rz 4 ff). Dabei wird unter Partei im formellen Sinn der bezeichnete Antragsgegner unabhängig von der unmittelbaren Betroffenheit angesehen (vgl Rechberger aaO Rz 4). Hier ist nun nicht nur davon auszugehen, dass sich der Antrag ausdrücklich auch gegen den Erstbeklagten gerichtet hat, sondern auch davon, dass inhaltlich dessen Rechtsstellung und die daraus abgeleitete Verfügungsbefugnis als Erbe hinsichtlich der Erfassung der Liegenschaft in Zweifel gezogen wurde. Wenn das Gericht aber in diesem Fall eine Streitanmerkung im Verfahren gegen den Erstbeklagten erlässt, kann diesem als Antragsgegner und als in seiner Befugnis zum Verkauf bekämpfter Erbe die Rekurslegitimation nicht abgesprochen werden. In diesem Sinne war dem Revisionsrekurs der klagenden und antragstellenden Partei nicht Folge zu geben.

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