OGH 8Nd512/89

OGH8Nd512/899.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch und Dr.Schwarz als weitere Richter in der beim Bezirksgericht Favoriten zur AZ 10 P 187/89 anhängigen Vormundschaftssache der mj. Michael D***, geboren am 20.November 1971, und Markus D***, geboren am 6. Mai 1975, beide 8225 Pöllau, Unterneuberg 7, beide vertreten durch den Vormund Bezirksjugendamt für den 10. Bezirk in Wien, gemäß § 111 Abs. 2 JN den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 111 Abs. 1 und 2 JN an das Bezirksgericht Hartberg wird nicht genehmigt.

Text

Begründung

Die Vormundschaftssache der beiden minderjährigen Michael und Markus D*** ist beim Bezirksgericht Favoriten anhängig. Die Eltern dieser Kinder sind unbekannten Aufenthaltes. Ihr Vormund brachte sie bei Pflegeeltern in Pöllau in der Steiermark unter. Unerledigt ist ein Antrag der Stadt Wien vom 4.Juli 1989, die Mutter zum teilweisen Ersatz der Pflegekosten zu verpflichten. Das Bezirksgericht Favoriten übertrug - ohne diesen Antrag behandelt zu haben - mit Beschluß vom 19.Juli 1989 die Zuständigkeit gemäß § 111 JN an das Bezirksgericht Hartberg, zur Begründung führte es an, daß die Minderjährigen nun ihren Wohnsitz und Lebensmittelpunkt im Sprengel dieses Gerichtes hätten.

Das Bezirksgericht Hartberg lehnte die Übernahme der Sache mit der Begründung ab, daß beide unterhaltspflichtigen Elternteile in Wien wohnten und dort auch der Sachwalter dieser Kinder seinen Sitz habe. Die Wohnung der Kinder im Sprengel des Bezirksgerichtes Hartberg bilde für sich allein keinen Grund für die Übertragung der Pflegschaftssache dorthin.

Rechtliche Beurteilung

Die zur Wirksamkeit der vom Bezirksgericht Favoriten ausgesprochenen und vom Bezirksgericht Hartberg abgelehnten Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 111 Abs. 2 Satz 2 JN erforderliche Genehmigung durch den Obersten Gerichtshof ist zu verweigern:

Die Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 111 Abs. 1 JN setzt voraus, daß dies vor allem durch die dann voraussichtlich wirksamere Handhabung des Vormundschaftsoder kuratelsbehördlichen Schutzes des Pflegebefohlenen in dessen Interesse gelegen erscheint. Diese Voraussetzung ist aber schon dadurch allein erfüllt, daß der zur Bestimmung des Aufenthaltes der Minderjährigen berechtigte Vormund die seinem Schutz Anvertrauten im Sprengel eines anderen Bezirksgerichtes unterbringt, wenn aller Voraussicht nach pflegschaftsbehördliche Maßnahmen, die einen speziellen Bezug zum Aufenthaltsort dieser Personen haben, nicht erforderlich sind, aber noch eine Entscheidung über einen Antrag aussteht, der stärkere Beziehungen zum bisher mit der Sache befaßten Gericht aufweist (Sitz des Regreßberechtigten, letzter bekannter Wohnort der Regreßpflichtigen).

Es besteht daher derzeit kein Anlaß zur Übertragung dieser Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Hartberg.

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