Spruch:
Die mit Beschluss des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg vom 8. März 2001 zu GZ P 64/98t-157, gemäß § 111 Abs 1 JN verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Hietzing wird nicht genehmigt.
Text
Begründung
Obsorgeberechtigt hinsichtlich des Minderjährigen ist die im Sprengel des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg lebende Mutter. Der Minderjährige wollte, nachdem er im Sommer 1999 bei seinem Vater in Wien war, bei diesem wohnen. Der Vater stellte einen Antrag auf Übertragung der Obsorge und das Bezirksgericht Neumarkt fasste einen Beschluss auf Übertragung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Hietzing. Dieses verweigerte jedoch die Übernahme unter Hinweis auf den offenen Obsorgeantrag, den neuerlichen Aufenthalt des Minderjährigen bei seiner Mutter und die Erklärung des Minderjährigen vom 29. 12. 1999 (ON 120), dass er auf keinen Fall zu seinem Vater möchte (ON 124). Der Vater zog dann in weiterer Folge am 2. 2. 2000 den Antrag auf Übertragung der Obsorge zurück.
Am 5. 9. 2000 stellte er dann erneut einen Antrag auf Übertragung der Obsorge, da der Minderjährige bei der Kindesmutter schlecht behandelt werde.
Seit 9. 9. 2000 befindet sich der Minderjährige wieder bei seinem Kindesvater in Wien. Er hat sich für eine Übertragung der Obsorge an diesen ausgesprochen (ON 141). Dieser hat im Hinblick auf eine massive Gefährdung des Kindeswohles eine einstweilige Übertragung der Obsorge beantragt. Dazu hat das Bezirksgericht Neumarkt bereits die Kindesmutter einvernommen.
Mit seinem Beschluss vom 8. März 2001 hat es seine Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache des Minderjährigen an das Bezirksgericht Hietzing übertragen, da der Minderjährige in dessen Sprengel seinen Aufenthalt habe.
Das Bezirksgericht Hietzing hat den Akt nicht übernommen und auf den offenen Antrag auf Übertragung der Obsorge hinsichtlich des Minderjährigen, aber auch seines Bruders hingewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Die Übertragung ist nicht berechtigt.
Für den Obersten Gerichtshof besteht dann, wenn die Voraussetzungen für die Genehmigung der Übertragung der Zuständigkeit nicht gegeben sind, kein Hindernis, eine Entscheidung schon vor Zustellung und Rechtskraft des Übertragungsbeschlusses zu treffen (vgl 3 Nd 517/99; ähnlich RIS-Justiz RS0047106).
Gemäß § 111 Abs 1 JN kann das Gericht im Interesse des Pflegebefohlenen seine Zuständigkeit übertragen. Nach Abs 2 dieser Bestimmung ist die Übertragung nur dann wirksam wird, wenn das andere Gericht die Zuständigkeit übernimmt oder im Falle der Weigerung des anderen Gerichtes eine Genehmigung durch das den beiden Gerichten zunächst übergeordnete gemeinsame höhere Gericht - hier des Obersten Gerichtshofes - erfolgt. Wesentliches Kriterium für die Übertragung der Zuständigkeit sind die Interessen des Minderjährigen. Dementsprechend bilden auch offene Anträge kein Hindernis für eine Zuständigkeitsübertragung, es sei denn, dem übertragenden Gericht kommt eine besondere Sachkenntnis zu (vgl RIS-Justiz RS0047032 mzwN; etwa zuletzt 5 Nd 512/00 und 5 Nd 517/00; ebenso 3 Nd 517/99 mwN etwa EFSlg 69.770 ua). Dazu gehört es aber auch, wenn das übertragende Gericht bereits durch unmittelbare Einvernahme der maßgeblichen Personen einen Eindruck gewonnen hat (vgl so auch 3 Nd 517/99). Dies ist aber hier der Fall. Wesentliches Gewicht ist dem insbesondere deshalb beizumessen, da ja nach ständiger Judikatur im Falle der Übertragung der Obsorge auch zu prüfen ist, inwieweit durch die Aufrechterhaltung der bisherigen Obsorgeregelung das Kindeswohl konkret gefährdet ist (vgl RIS-Justiz RS0047916, zuletzt OGH 7 Ob 174/00i). Dazu wurden aber vor allem Umstände aus dem Lebensbereich der derzeit noch obsorgeberechtigten Mutter geltend gemacht, die vom Bezirksgericht Neumarkt bereits einvernommen wurde.
Im Ergebnis war daher der Beschluss des Bezirksgerichtes Neumarkt auf Übertragung der Zuständigkeit nicht zu genehmigen.
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