European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0080NC00029.19K.0108.000
Spruch:
Der Ordinationsantrag wird abgewiesen.
Begründung:
1. Die Antragsteller begehrten als Kläger in einer vor dem Bezirksgericht Schwechat eingebrachten Klage vom beklagten Flugunternehmern mit Sitz in der Türkei die Leistung einer Ausgleichszahlung gemäß der VO (EG) Nr 261/2004 (Fluggastrechte‑VO).
Das Bezirksgericht Schwechat sprach seine Unzuständigkeit aus und wies die Klage a limine zurück. Das Landesgericht Korneuburg als Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.
In einem Eventualantrag begehren die Kläger die Bestimmung des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien als zuständiges Gericht gemäß § 28 JN durch den Obersten Gerichtshof.
Rechtliche Beurteilung
2. Der Oberste Gerichtshof hat, wenn für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts im Sinne dieses Gesetzes oder einer anderen Rechtsvorschrift nicht gegeben oder nicht zu ermitteln sind, aus den sachlich zuständigen Gerichten eines zu bestimmen, welches für die fragliche Rechtssache als örtlich zuständig zu gelten hat, wenn der Kläger österreichischer Staatsbürger ist oder seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz im Inland hat und im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre (§ 28 Abs 1 Z 2 JN).
3. Die in Österreich wohnhaften Kläger stützen ihren Antrag auf eine Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung im Sitzstaat der Beklagten. Die türkischen Gerichte würden wahrscheinlich nicht die EU‑FluggastrechteVO, sondern eine dieser nachempfundene türkische Verordnung anwenden, die– soweit den Klägern bekannt – keine gleichwertigen Ansprüche bei Flugverspätung gewähre. Auch wenn türkische Gerichte die EU‑FluggastrechteVO anwenden sollten, wäre es eine übermäßige Erschwerung für Verbraucher, wenn sie ihre Rechte nur in einem Drittstaat wahrnehmen könnten.
4. Gemäß § 28 Abs 4 zweiter Satz JN hat der Kläger in streitigen bürgerlichen Rechtssachen das Vorliegen der Voraussetzungen des Abs 1 Z 2 leg cit zu behaupten und zu bescheinigen (RIS‑Justiz RS0124087).
Die Kläger stellen jedoch in ihrem Antrag letztlich lediglich Mutmaßungen auf. Sie behaupten auch weder, dass ihre Ansprüche in der Türkei nicht durchsetzbar wären, noch dass ein Urteil eines türkischen Gerichts in Österreich nicht anerkannt und vollstreckt werden könnte (RS0124087 [T1]; vgl 8 Nc 27/09a, 10 Nc 38/19y).
5. Im Übrigen hat die Beklagte im Verfahren ohnehin bekanntgegeben, dass sie an der Klagsanschrift über eine inländische Niederlassung verfügt, die den Gerichtsstand des § 99 Abs 1 und 3 JN begründe.
6. Die Voraussetzungen für eine Ordination nach § 28 Abs 1 JN sind daher nicht bescheinigt.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)