OGH 7Ob88/14p

OGH7Ob88/14p5.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. E***** H*****, vertreten durch Alix Frank Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. W*****-Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Mag. Michael Warzecha, Rechtsanwalt in Wien, 2. U***** AG, *****, vertreten durch Dr. Andreas A. Lintl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, über die Revisionen der beklagten Parteien und den Kostenrekurs der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. Februar 2014, GZ 4 R 198/13m‑23, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 6. Juni 2013, GZ 54 Cg 96/12i‑14, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Der Revision der erstbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 750,44 EUR (darin 68,22 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

II. Der Revision der zweitbeklagten Partei wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass das Ersturteil in der Abweisung des Klagebegehrens gegen die zweitbeklagte Partei wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei die mit 6.085,09 EUR (darin 785,85 EUR USt und 1.370 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist mit 211/4020stel Anteilen Eigentümerin einer Liegenschaft, mit denen Wohnungseigentum an den Wohnungen top 9 bis 12 verbunden ist. Im Grundbuch ist zu diesen Anteilen kein Zubehör einverleibt. In einem dem Kaufvertrag der Klägerin vom 31. 3. 1998 für die Wohnungen top 9 und 10 angeschlossenen Plan war für diese Wohnungen ein Balkon samt Stiege, die in einen rot umrandeten Teil des Gartens führte, eingezeichnet. Im Vertrag war festgehalten, dass dieser Gartenteil zum Vertragsobjekt gehört und nach dem Willen der Parteien dem Wohnungsverband zugeordnet wird. Sollte dies aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht möglich sein, erhalte die Klägerin das unentgeltliche Nutzungsrecht. Im Jahr 1998 errichtete die Klägerin die im Plan ausgewiesene Terrasse samt Stiegen aus Holz.

In dem im Oktober/November 2000 zwischen den Miteigentümern der Liegenschaft abgeschlossenen Wohnungseigentumsvertrag räumten die Vertragsparteien einander wechselseitig das Wohnungseigentumsrecht ein, eine selbständige Wohnung oder eine sonstige Räumlichkeit ausschließlich zu nutzen und hierüber alleine zu verfügen, und zwar an den „in Spalte 4 genannten Bestandsobjekten [...]“. Zur Türnummer „EG/9 + 10“ finden sich dazu in den Spalten 4 und 6 der dem Vertrag angeschlossenen Tabelle folgende Eintragungen:

Bestandsgegenstand: „Wohnung Terrasse Garten“

berichtigte Anteile in 1902: „70“.

Eine gesonderte Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Wohnungseigentümergemeinschaft über die Erhaltungspflicht für die Holzstiege konnte nicht festgestellt werden.

Seit dem Jahr 2006 hat die Klägerin bei der Erstbeklagten eine Bündelversicherung abgeschlossen, die unter anderem eine Haushaltsversicherung und eine Haftpflichtversicherung umfasst. Neben dem Wohnungsinhalt der versicherten Wohnung mit 162 m² Nutzfläche am Versicherungsort Z*****, ist auch „das Vermögen des Versicherungsnehmers und der mitversicherten Personen gegen Schadenersatzansprüche dritter Personen gemäß Abschnitt III ABH als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens“ vom Versicherungsschutz umfasst. Die im Versicherungsvertrag vereinbarten ABH 2004 lauten auszugsweise:

Abschnitt I ‑ Gemeinsame Bedingungen zur Sach‑ und Haftpflichtversicherung

...

Artikel 2 ‑ Gefahrenerhöhung

1. Nach Vertragsabschluss darf der Versicherungsnehmer ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrenerhöhung vornehmen oder die Vornahme durch einen Dritten gestatten. [...]

2. […] Verletzt der Versicherungsnehmer eine der im Absatz 1 genannten Pflichten, ist der Versicherer außerdem nach Maßgabe der §§ 23 bis 21 VersVG von der Verpflichtung zur Leistung frei. [...]

Abschnitt III ‑ Haftpflichtversicherung

...

Artikel 27 ‑ Versicherungsfall und Versicherungsschutz

1. Versicherungsfall

Versicherungsfall ist ein Schadensereignis, das dem Risikobereich (siehe Art 28 Punkt 1) entspringt und aus welchem dem Versicherungsnehmer Schadenersatz-verpflichtungen (Punkt 2) erwachsen oder erwachsen könnten.

2. Versicherungsschutz

2.1 Im Versicherungsfall übernimmt der Versicherer

2.1.1 Die Erfüllung von Schadenersatz-verpflichtungen, die dem Versicherungsnehmer wegen eines Personenschadens, eines Sachschadens oder eines Vermögensschadens, der auf einen versicherten Personen- oder Sachschaden zurückzuführen ist, auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts (in der Folge kurz 'Schadenersatzverpflichtungen' genannt) erwachsen; [...]

Artikel 28 ‑ Sachlicher Umfang des Versicherungsschutzes

1. Die Versicherung erstreckt sich auf Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens mit Ausnahme der Gefahr einer betrieblichen, beruflichen oder gewerbsmäßigen Tätigkeit, insbesondere

1.1 als Wohnungsinhaber (nicht aber als Haus- und/oder Grundbesitzer) und als Arbeitgeber von Hauspersonal; […]

Artikel 30 ‑ Örtliche Geltung der Versicherung

Der Versicherungsschutz erstreckt sich auf die ganze Welt.

Artikel 33 ‑ Ausschlüsse vom Versicherungs-schutz

Nicht versichert sind:

1. Ansprüche, soweit sie auf Grund eines Vertrages oder eine besonderen Zusage über den Umfang der gesetzlichen Schadenersatzpflicht hinausgehen.

Vor Abschluss des Versicherungsvertrags führte die Klägerin ein Gespräch mit einer Angestellten der Erstbeklagten und schilderte ihr, dass sie über eine Wohnung im Hochparterre verfüge, die eine Holzterrasse habe, von der eine Holzstiege in den Garten führe. Sie erkundigte sich bei dieser Mitarbeiterin nicht, ob die Holzterrasse, die Holzstiege oder der Gartenanteil mitversichert seien. Die Mitarbeiterin sprach mit der Klägerin über dieses Thema nicht. Die Klägerin erkundigte sich lediglich wegen eines Versicherungsschutzes für Schäden, die ein im Garten stehender schiefer Holunderbaum verursachen könnte und wegen einer erhöhten Haftpflichtversicherungssumme.

Zwischen der Zweitbeklagten und der Wohnungs-eigentümergemeinschaft Z*****, als Versicherungsnehmerin besteht eine ebenfalls einen Haftpflichtversicherungsschutz beinhaltende Wohnhaus-Bündelversicherung, der die „Klipp & Klar‑Bedingungen für die Feuer-, Sturm-, Leitungswasser-, Glasbruch-, Gebäude- und Grundstückshaftpflichtversicherung Fassung 12/2006“ (kurz: WBV) zugrunde liegen. Diese lauten auszugsweise wie folgt:

Gebäude- und Grundstückshaftpflicht-versicherung

Nachstehender Deckungsumfang gilt nur für diejenigen Positionen, die auch gegen diese Gefahren versichert sind.

Was gilt als Versicherungsfall? ‑ Artikel 5

Ein Versicherungsfall ist ein Schadenereignis, das dem versicherten Risiko entspringt und aus welchem dem Versicherungsnehmer gesetzliche Schadenersatz-verpflichtungen privatrechtlichen Inhalts (in der Folge kurz 'Schadenersatzverpflichtungen' genannt) erwachsen oder erwachsen könnten.

Bei reinen Vermögensschäden ist der Versicherungsfall der Verstoß (Handlung oder Unterlassung), aus welchem dem Versicherungsnehmer Schadenersatz-verpflichtungen erwachsen oder erwachsen könnten. [...]

Welche Gefahren sind versichert? ‑ Artikel 6

1. Die Versicherung erstreckt sich auf Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers

a) aus der Innehabung, Verwaltung, Beaufsichtigung, Versorgung, Reinhaltung, Beleuchtung und Pflege der versicherten Liegenschaft einschließlich der in oder auf ihr befindlichen Bauwerke und Einrichtungen wie zum Beispiel Aufzüge, Heizungs- und Klimaanlagen, Schwimmbecken, Kinderspielplätze und Gartenanlagen [...]

Mitversichert sind Schadenersatzverpflichtungen

‑ des Hauseigentümers und ‑besitzers

...

4. Nicht versichert sind:

a Ansprüche

‑ aus [...]

‑ soweit sie auf Grund eines Vertrags oder einer besonderen Zusage über den Umfang der gesetzlichen Schadenersatzpflicht hinausgehen. [...]

Die Leistung der Versicherung ‑ Artikel 10

...

2. Gebäude‑ und Grundstückshaftpflicht-versicherung

...

Wir übernehmen:

Die Erfüllung von Schadenersatzverpflichtungen, die dem Versicherungsnehmer oder den mitversicherten Personen wegen eines Personenschadens, eines Sachschadens oder eines Vermögensschadens, der auf einen versicherten Personen‑ oder Sachschaden zurückzuführen ist, aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts erwachsen. [...] Die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag steht ausschließlich dem Versicherungsnehmer zu.“

Schon vor Abschluss des Versicherungsvertrags bestand zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und der Zweitbeklagten eine Feuerversicherung, der ein Wertermittlungsgutachten zugrunde lag, worin als „sonstige Austattung“ des Objekts auch erwähnt wurde, dass es „gartenseitig im Erdgeschoss einen Holzbalkon/Terrassen“ gab (Beilage ./EE).

Am 16. 7. 2011 wollte die Schwester der Klägerin über die Holzstiege vom Garten in die Wohnung gehen. Dabei brach eines der Trittbretter, das morsch war, plötzlich ein, wodurch die Schwester der Klägerin stürzte und sich verletzte.

Die Klägerin begehrt gegenüber der Erst‑ und der Zweitbeklagten festzustellen, dass diese ihr auf Grund und im Umfang des jeweils bezeichneten Versicherungsvertrags für den Unfall vom 16. 7. 2011 auf ihrer Holztreppe, bei dem die Schwester der Klägerin verletzt wurde, Deckungsschutz zu gewähren hätten. Die Beklagten stünden auf dem Standpunkt, dass jeweils der andere Versicherer deckungspflichtig sei. Es liege aber eine Deckungsüberschneidung vor.

Der Deckungsanspruch gegen die Erstbeklagte ergebe sich aus der in der Haushaltsversicherung inkludierten Privathaftpflichtversicherung, die sich auf Schadenersatz-verpflichtungen als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens, insbesondere auch als Wohnungsinhaber erstrecke. Die Erstbeklagte habe nicht nur Deckung zu gewähren, wenn sich der Schadensfall innerhalb der Wohnung ereigne; der Haftpflichtversicherungsschutz erstrecke sich nach Art 30 ihrer AVB auf „die ganze Erde“. Dem Begriff „Wohnung“ seien auch die Terrasse und die Holzstiege „als Versicherungsräumlichkeiten“ zuzurechnen (Art 14 Punkt 2 der AVB der Erstbeklagten). Ein Ausschluss vom Versicherungsschutz als „Wohnungsinhaberin“ infolge der Stellung von Wohnungseigentümern als „Haus- und/oder Grundbesitzer“ wäre überraschend und gröblich benachteiligend.

Gegenüber der Zweitbeklagten ergebe sich der Deckungsanspruch aus dem Versicherungsvertrag für fremde Rechnung, der mit der Wohnungseigentümergemeinschaft abgeschlossen worden sei. Die Hausverwaltung habe mit Wirkung für die Wohnungseigentümergemeinschaft der gerichtlichen Geltendmachung des Deckungsanspruchs durch die Klägerin zugestimmt und eine eigene Klagsführung unterlassen. Schon im Wertermittlungsgutachten, das dem Versicherungsvertrag mit der Zweitbeklagten zugrunde liege, sei ausgewiesen, dass die Wohnung der Klägerin über eine Terrasse und eine Holzstiege, die in den Garten führe, verfüge. Dieser Umstand sei der Zweitbeklagten bekannt gewesen. Die Schwester der Klägerin habe Schadenersatzansprüche gegen die Eigentümergemeinschaft erhoben. Nach Art 6 WBV seien aber auch Schadenersatzverpflichtungen der einzelnen Hauseigentümer zu decken. Die Behebung ernster Schäden eines Hauses falle selbst dann der Eigentümergemeinschaft zur Last, wenn die davon betroffenen Gebäudebestandteile ausschließlich von einem einzelnen Wohnungseigentümer benützt würden. Nach den Versicherungsbedingungen seien sowohl die Liegenschaft als auch die darauf befindlichen Bauwerke vom Versicherungsschutz umfasst. Der Versicherungsschutz sei nicht von etwaigen Erhaltungspflichten abhängig. Garten, Terrasse und Holzstiege seien allgemeine Teile der Liegenschaft, die der Klägerin zur alleinigen Nutzung bloß zur Verfügung gestellt worden seien, die Fläche sei im Grundbuch aber nicht als Zubehör einverleibt. Gefahrenerhöhende Umstände lägen nicht vor.

Die Erstbeklagte wendete ein, in der im Haushaltsversicherungsvertrag inkludierten Haftpflicht-versicherung seien nur Gefahren des täglichen Lebens, insbesondere Gefahren als Wohnungsinhaber, also innerhalb der Wohnung, nicht jedoch als Hausbesitzer, gedeckt. Die Verwirklichung der Gefahr einer außerhalb der Wohnung gelegenen Stiege sei allein dem Hausbesitzer zuzurechnen. Die Holzstiege sei grundsätzlich bei der Zweitbeklagten als Gebäudehaftpflichtversicherung mitversichert. Außerdem habe die Klägerin eine zur Leistungsfreiheit führende Gefahrenerhöhung zu verantworten, weil sie die Stiege jahrelang nicht gewartet habe.

Die Zweitbeklagte wendete mangelnde Aktivlegitimation ein, weil die Eigentümergemeinschaft und nicht die Klägerin Versicherungsnehmerin des mit ihr abgeschlossenen Versicherungsvertrags sei. Die Klägerin sei auch nicht mitversichert. Schadenersatzverpflichtungen der einzelnen Wohnungseigentümer seien vom Versicherungs-vertrag nicht umfasst. Die Holztreppe sei nach dem Kaufvertrag und dem Wohnungseigentumsvertrag ausschließlich der Erhaltungspflicht der Klägerin zuzurechnen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren gegen die Erstbeklagte statt; jenes gegen die Zweitbeklagte wies es ab. Über den eingangs ‑ zusammengefasst ‑ wiedergegebenen Sachverhalt hinaus traf es noch folgende Feststellungen:

Die von der Klägerin gemeinsam mit Familienmitgliedern in Eigenregie errichtete, bereits in einem dem Kaufvertrag angeschlossenen Plan ausgewiesene Holzterrasse samt Stiege in den Garten wurde ausschließlich von der Klägerin, nicht jedoch von anderen Wohnungseigentümern benützt. Die Klägerin kümmerte sich selbst um die Erhaltung von Holzstiege und Terrasse, schliff bei Bedarf einzelne Stellen und pinselte diese nach. Größere Reparaturen an der Holzterrasse und Holzstiege ließ die Klägerin zwischen dem Jahr 1998 und dem Unfalltag nicht durchführen. Solche waren aus Sicht der Klägerin auch nicht erforderlich. Im Zeitraum zwischen 2009 und 2010 entschied sich die Klägerin, die vorhandene Holzkonstruktion entfernen zu lassen und durch eine aus Metall gefertigte Terrasse und Stiege zu ersetzen. Nachdem sie diesen Entschluss gefasst hatte, kontrollierte sie den Zustand der Terrasse und Stiege weniger regelmäßig als zuvor. Vor dem Unfalltag bemerkte die Klägerin keine aus ihrer Sicht bedenklichen Beschädigungen an der Terrasse oder Stiege. Zum Unfallszeitpunkt war auf der Stiege kein Moosbefall erkennbar.

Im Juli 2011 hielt sich die Schwester der Klägerin anlässlich einer Geburtstagsfeier in der Wohnung der Klägerin auf und benützte dabei ‑ ebenso wie andere Partygäste ‑ vorerst ohne Probleme mehrfach die Holzstiege, um in den Garten zu gelangen. Am nächsten Morgen, dem „12.“ (gemeint: 16.) Juli 2011 benützte die Schwester der Klägerin neuerlich die Holzstiege, um vom Garten in die Wohnung der Klägerin zu gelangen. Sie ging dabei eher am Rand der Stiege. Plötzlich brach eines der Trittbretter, das morsch war, vollständig ein. Die Schwester der Klägerin stürzte und fiel zwischen zwei Stufenbrettern zu Boden. Auch die Schwester der Klägerin hatte zuvor von einem Problem im Bereich der Holzstiege nichts bemerkt.

Es kann nicht festgestellt werden, inwiefern es sich beim Schaden an der Holzstiege, der zum Sturz der Klägerin am „12.“ (gemeint: 16.) Juli 2011 führte, um einen ernsten Schaden des Hauses (§ 28 Abs 1 Z 1 WEG) handelte.

Bereits kurz nach dem Sturz wurde der Klägerin von ihrer Schwester mitgeteilt, sie hoffe, dass die Klägerin versichert sei, weil sie ihren Schaden ersetzt haben wolle. Daraufhin erstattete die Klägerin am 22. 7. 2011 eine Schadensmeldung an die Erstbeklagte. Diese lehnte den Eintritt in den Versicherungsfall mit der Begründung ab, dass der Vorfall der Grundstückshaftpflichtversicherung zuzuordnen sei. Daraufhin trat die Klägerin mit der Hausverwaltung in Kontakt, um Näheres über eine bestehende Gebäudehaftpflichtversicherung in Erfahrung zu bringen. Die Hausverwaltung erstattete Versicherungsmeldung an die Zweitbeklagte. Diese hat einen Versicherungs-sachverständigen zur Begutachtung der Unfallörtlichkeit entsandt, jedoch letztlich den Eintritt in den Schadensfall abgelehnt, weil der Vorfall von der Haushaltsversicherung der Klägerin zu decken sei.

Die Schwester der Klägerin erhob auch Ansprüche gegen die Eigentümergemeinschaft. Trotz mehrfacher Schreiben an beide Beklagte und diverser Urgenzen erlangte die Klägerin keine Deckungszusage. Die Zweitbeklagte erklärte weder der Hausverwaltung noch der Klägerin gegenüber zu irgendeinem Zeitpunkt, dass sie in den Versicherungsfall eintreten werde.

Bei einer Eigentümerversammlung im September 2012 schilderte die Klägerin den übrigen Wohnungseigentümern ihre Erfahrungen mit den beiden Versicherungen. Die (anwaltlich) vertretene Hausverwaltung der Liegenschaft Z*****, sprach sich unter der Bedingung, dass keine Kosten für die Hausverwaltung entstünden, nicht gegen die beabsichtigte Prozessführung der Klägerin gegen die Zweitbeklagte aus, betonte jedoch, dass für sie nicht ersichtlich sei, aus welchem Grund überhaupt eine Zustimmungserklärung zur Prozessführung erforderlich sei. Einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft, mit dem die Klageführung der Klägerin gegen die Zweitbeklagte genehmigt worden wäre, gibt es nicht.

In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht die Leistungspflicht der Erstbeklagten, weil es sich im Hinblick auf die von der Klägerin übernommene Erhaltungspflicht bei der Verwirklichung des Risikos einer morschen Treppe um eine Gefahr des täglichen Lebens handle. Die behaupteten gefahrenerhöhenden Umstände lägen nicht vor. Verneine man eine Erhaltungspflicht der Eigentümergemeinschaft für die Holzstiege, könne auch keine Schadenersatzverpflichtung der Eigentümergemeinschaft entstehen, sodass schon aus diesem Grund die Zweitbeklagte für den Sturz der Schwester der Klägerin keine Deckung zu gewähren habe. Auf die Aktivlegitimation der Klägerin (vgl 7 Ob 38/12g) brauche daher nicht näher eingegangen zu werden.

Das Berufungsgericht gab der ‑ jeweils wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen ‑ Berufung der Erstbeklagten nicht Folge, jener der Klägerin hingegen Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, dass es der Klage auch hinsichtlich der Zweitbeklagten stattgab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision jeweils zulässig sei.

Zum Deckungsanspruch gegenüber der Erstbeklagten führte es aus, dass vom Versicherungsschutz in der Regel jene Haftpflichtversicherungsansprüche ausgeschlossen seien, die auf Grund vertraglicher oder besonderer Zusagen über den Umfang der gesetzlichen Haftpflicht des Versicherungsnehmers hinausgingen. Dieser ‑ bloß deklaratorische ‑ Ausschluss lasse allerdings den Versicherungsschutz bei vertraglicher Übernahme einer Verkehrssicherungspflicht nicht untergehen; handle es sich doch nicht um die vertragliche Ausdehnung einer Haftpflicht. Allerdings müsse sich diese Übernahmeverpflichtung innerhalb der Grenzen des im Versicherungsvertrag umschriebenen Risikos halten. Bei Haus‑ und Grundbesitzern sei ohne Zweifel die Haftung nach § 1319 ABGB versichert, während bei Wohnungsinhabern deren Haftung nach § 1318 ABGB in Betracht kommen könne. Damit sei aber nicht der gesamte Deckungsumfang umschrieben. Die Haftung für die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten leite sich daraus ab, dass jeder, der auf einem ihm gehörenden oder seiner Verfügung unterstehenden Grund und Boden einen Verkehr für Menschen eröffne und unterhalte, für die Verkehrssicherung Sorge zu tragen habe. Diese Pflichten bestünden gegenüber jenen Personen, für die der Verkehr (in sachlicher und persönlicher Hinsicht) eröffnet werde und die in erlaubter Weise daran teilnehmen würden.

Der Begriff „Inhaber und Besitzer“ gehe über den des Eigentümers hinaus. Auch nur Kraft eines Schuldverhältnisses Berechtigte genössen daher Versicherungsschutz. Insbesondere an Terrassen könne Wohnungseigentumszubehör begründet werden. Sie befänden sich dann örtlich außerhalb, rechtlich jedoch innerhalb des dem Wohnungseigentümer eingeräumten Wohnungseigentums. Die individuelle Erhaltungspflicht des Wohnungseigentümers (die Behebung von ernsten Schäden des Hauses im Objekt und am Zubehör ausgenommen) sei in diesem Fall um das Wohnungseigentumszubehör erweitert. Im Bereich des Zubehörwohnungseigentums komme eine Erhaltungspflicht der Eigentümergemeinschaft nur dann in Betracht, wenn es um die Behebung ernster Schäden des Hauses gehe (§ 3 Abs 1 Z 2 MRG) oder eine allgemeine Funktion für das Haus selbst oder andere Objekte erfüllt werde.

Nach diesen Grundsätzen sei die Auslegung und Abgrenzung des Risikos „als Wohnungsinhaber“ vom Risikoausschluss „aus Haus‑ und/oder Grundbesitz“ durchzuführen. Nach dem Zweck der Abdeckung des Haftungsrisikos aus der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten werde insbesondere bei Wohnungen in größeren (Zins‑)Häusern die Abgrenzung zwischen dem privaten Risiko „insbesondere als Wohnungsinhaber“ einerseits und jenem von „Haus‑ und/oder Grundbesitz“ andererseits schwierig sein, weil erfahrungsgemäß außerhalb der Wohnung befindliche (Dach‑)Terrassen und (offene) Balkone häufig „faktisch“ in den Wohnungsverband miteinbezogen würden. Diese Problematik werde bei Liegenschaften mit Wohnungseigentum noch verschärft, weil die einzelnen Wohnungseigentümer zum einen über einen Miteigentumsanteil an der Liegenschaft verfügten und ihnen zum anderen das ausschließliche Recht zur Benützung ihrer Eigentumswohnung und des außerhalb der Wohnung gelegenen Zubehörs zustehe. Dass jede Verletzung von Verkehrssicherungspflichten unter das Risiko Haus‑ und/oder Grundbesitz falle, könne nicht gemeint sein. Ebensowenig komme es auf die dinglichen Verhältnisse an. Schließlich hänge die Haftung aus der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten nicht ausschließlich von der Erhaltungspflicht ab. Die wohn- und bestandrechtliche Rechtsprechung zur Abgrenzung der Erhaltungspflichten zwischen Vermieter (Wohnungseigentümergemeinschaft) einerseits und Mieter (Wohnungseigentümer) andererseits reiche nicht aus. Zwar träfen die Verkehrssicherungspflichten den Halter einer Anlage, von Bedeutung sei aber auch, wer den Verkehr welchem Personenkreis gegenüber eröffnet habe.

Hier habe die Klägerin eine Holzstiege, die regelmäßig von Personen aus ihrer Wohnung betreten worden sei, errichtet und stets gewartet. Dass die Stiege von Dritten, anderen Wohnungseigentümern oder Hausfremden benützt werde, sei nicht indiziert gewesen. Die Klägerin träfen daher wegen des (auch örtlich) engen Zusammenhangs mit ihrer Wohnung die Verkehrssicherungspflichten gegenüber jenen Personen, denen sie den Zutritt ermögliche (neben Mitbewohnern also vor allem ‑ wie hier ‑ ihren Besuchern). Davon ausgehend trete der Aspekt, dass es sich um eine auf dem Grundstück befindliche bauliche Anlage handle, in den Hintergrund. Aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers sei eine derartige Fallkonstellation vom Versicherungsschutz „als Wohnungsinhaberin“ umfasst. Die in der Berufung der Erstbeklagten relevierten sekundären Feststellungsmängel zur Erhaltungspflicht lägen nicht vor, weil es auf eine Abgrenzung vom Deckungsumfang der bei der Zweitbeklagten abgeschlossenen Gebäudehaftpflicht-versicherung schon wegen der unterschiedlichen, nicht auf einander abgestimmten Bedingungen verschiedener Versicherungsunternehmen nicht ankomme. Auch auf die Frage der aus der Verletzung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten herrührenden Haftung für eine Deckungslücke sei daher nicht einzugehen.

Zum Deckungsanspruch hinsichtlich der Zweitbeklagten verwies das Berufungsgericht darauf, dass bei der Versicherung eines fremden Interesses der (Mit‑)Versicherte seinen Anspruch (zwar) nicht selbst geltend machen könne; nur der Versicherungsnehmer könne auf Leistung an sich oder an den Versicherten klagen (§ 75 VersVG). Ein eigenes Klage- oder Verfügungsrecht des Versicherten bestehe jedoch in den Fällen, in denen der Versicherte den Versicherungsschein besitze, der Versicherungsnehmer zustimme oder dieser den Anspruch erkennbar nicht weiter verfolgen wolle. Angesichts der festgestellten Kenntnis der Wohnungseigentümergemeinschaft (der diese vertretenden Hausverwaltung) von der Klageführung und von deren Auffassung, dass eine formelle Zustimmung gar nicht notwendig sei, müsse von einer schlüssigen Zustimmung zur Klageführung der Versicherungsnehmerin oder zumindest davon ausgegangen werden, dass die Eigentümergemeinschaft den Anspruch selbst nicht weiter verfolgen wolle. Gemäß Art 6 Z 1 der AVB der Zweitbeklagten übernehme der Versicherer in der Gebäude- und Grundstückshaftpflichtversicherung die Erfüllung von Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers aus der Innehabung, Verwaltung, Beaufsichtigung, Versorgung, Reinhaltung, Beleuchtung und Pflege der versicherten Liegenschaft einschließlich der in oder auf ihr befindlichen Bauwerke und Einrichtungen wie zB Aufzüge, Heizungs‑ und Klimaanlagen, Schwimmbecken, Kinderspielplätze und Gartenanlagen. Mitversichert seien unter anderem Schadenersatzverpflichtungen des Hauseigentümers und ‑besitzers. Das Rechtsverhältnis, nämlich der Haus- und Grundbesitz, aus dessen Innehabung der Klägerin Schadenersatzverpflichtungen erwachsen könnten, sei im Versicherungsschein allgemein mit „Wohnhaus mit Fundamenten, Grund‑ und Kellermauern massiv gebaut hart gedeckt“ umschrieben. Aus Art 6 WBV ergebe sich, dass Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers aus der Innehabung der versicherten Liegenschaft und der darauf befindlichen Bauwerke zum versicherten Risiko gehören. Schäden als „Wohnungsinhaber“ seien nicht ausgenommen; vielmehr seien ohne weitere Differenzierung und ohne jegliche Einschränkung (auf eine Anteils- oder Regresshaftung) auch Schadenersatzverpflichtungen des Hauseigentümers und ‑besitzers mitversichert. Mangels weiterer Abgrenzung führe dies zu einer weiten Auslegung zu Gunsten des einzelnen Wohnungseigentümers, weil diese Unklarheiten zu Lasten des Versicherers gingen. Maßgebend für die weitere Beurteilung, ob sich die Schadenersatzverpflichtung aus den in den Bedingungen genannten Verhältnissen zur versicherten Liegenschaft ergebe, sei daher nur, ob der Schaden am Gebäude selbst oder an unselbständigen Bestandteilen davon entstanden sei. Zu letzteren gehörten aber fest verbundene Außentreppen. Die Frage unter wessen Verwaltung und Sondernutzung dieser Teil des Hauses stehe, könne unbeantwortet bleiben; maßgebend sei nur, wer Inhaber der morschen Außentreppe zum Innenhof sei, auf der die Schwester der Klägerin, die ihren Schadenersatzanspruch erkennbar auf diesen Umstand und damit auf ein vom Versicherungsschutz erfasstes Risiko gründe, gestürzt sei. Auch die Zweitbeklagte habe der Klägerin daher Deckung aus dem Versicherungsvertrag zu gewähren.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur über den Einzelfall hinausgehenden (§ 502 Abs 1 ZPO) Abgrenzung der hier beurteilten Risken fehle.

Gegen den bestätigenden Teil dieses Urteils richtet sich die Revision der Erstbeklagten, gegen den abändernden Teil jene der Zweitbeklagten jeweils wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit den Anträgen, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Klagebegehren gegen die Erstbeklagte abgewiesen und hinsichtlich der Zweitbeklagten das klagsabweisende Ersturteil wiederhergestellt werde; hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

In der Revisionsbeantwortung beantragt die Klägerin, die Revisionen zurückzuweisen; hilfsweise ihnen nicht Folge zu geben.

Die beiden Revisionen sind zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof mit der Auslegung der maßgebenden Klauseln noch nicht beschäftigt hat; Berechtigung kommt aber nur jener der Zweitbeklagten zu.

Rechtliche Beurteilung

I. Zur Revision der Erstbeklagten:

Die Ausführungen der Revisionswerberin lassen nicht erkennen, gegen welche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs das Berufungsgericht verstoßen haben soll:

Das Haftpflichtversicherungsrecht ist nach der Rechtsprechung vom Grundsatz der Spezialität der versicherten Gefahr beherrscht, wonach nur für solche Schadensfälle Versicherungsschutz besteht, die sich aus dem im Versicherungsschein (in der Versicherungspolizze und ihren Nachträgen) umschriebenen „versicherten Risiko“ ableiten lassen (RIS‑Justiz RS0081038). Demgemäß ist die Antwort auf die Frage, wofür Versicherungsschutz besteht, aus dem jeweiligen Versicherungsvertrag abzuleiten (Von Koppenfels‑Spies in Looschelders/Pohlmann, VVG-Kommentar² [2011] § 77 Rz 9). Liegen zwei Haftpflichtversicherungsverträge vor, bemüht sich die Rechtsprechung bei der Auslegung der Versicherungsbedingungen zwar darum, den Deckungsschutz der einzelnen Arten der Haftpflichtversicherung so abzugrenzen, dass sie nahtlos ineinandergreifen, also sich weder überschneiden noch eine Deckungslücke lassen (BGH VersR 1991, 172 [174]). In dieser Entscheidung wurde aber weiter ausgeführt, dass es sich dabei nur um ein Auslegungsprinzip handelt, nicht jedoch um einen zwingenden Rechtssatz, der sich gegenüber anderslautenden vertraglichen Vereinbarungen durchsetzen könnte. Auch nach der Lehre ist (nur) im Zweifel bei allgemeinen Versicherungsbedingungen benachbarter Versicherungen davon auszugehen, dass die Parteien des Versicherungsvertrags keine Überschneidungen oder Lücken in der Deckung gewollt haben (Halbach in Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz I [2010] § 77 Rz 25; Armbrüster in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz28 [2010] § 77 Rz 5).

Es ist daher auch in solchen Fällen zweier Versicherungsverträge das versicherte Risiko aus dem jeweiligen Vertrag zu ermitteln; dies unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (Schnepp in Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz9 III [2010] § 77 Rz 26). Nur wenn sich zwei gleichwertige Auslegungsmöglichkeiten bieten und daher ein „Zweifel“ besteht, wäre im Sinne der zitierten Entscheidung (BGH VersR 1991, 172 [174]) jenes Verständnis maßgebend, durch welches weder eine Überschneidung noch eine Deckungslücke entsteht. Es muss durch die Auslegung aber nicht jedenfalls verhindert werden, sowohl ein Überschneiden der Versicherungsbereiche als auch Deckungslücken zuzulassen. Der Gesetzgeber geht (wie sich aus §§ 58 bis 60 VersVG ergibt) vielmehr davon aus, dass es zu Doppelversicherungen ‑ wie hier vom Berufungsgericht angenommen ‑ kommen kann.

Dabei ist ‑ unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ‑ stets vorweg jeder Versicherungsvertrag für sich auszulegen. Entgegen der Zulassungsbegründung des Berufungsgerichts ist es daher gar nicht möglich, vom Einzelfall unabhängige Aussagen zur Abgrenzung der versicherten Risiken „benachbarter“ Haftpflichtversicherungs-verträge zu treffen. AVB sind nach ständiger Rechtsprechung so auszulegen, wie sie sich dem durchschnittlichen Angehörigen aus dem angesprochenen Adressatenkreis erschließen. Ihre Klauseln sind, wenn sie ‑ wie hier ‑ nicht auch Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen (RIS‑Justiz RS0008901). Die Auslegung von AVB hat sich also am Verständnis eines verständigen durchschnittlichen Versicherungsnehmers zu orientieren und an einem Maßstab, der den Kriterien der §§ 914 f ABGB weitgehend entspricht. Unklarheiten sind zu Lasten des Versicherers auszulegen, weil dies die Interessen des Vertrauensschutzes erfordern, der „erkennbare Zweck“ einer Bestimmung der AVB muss aber stets beachtet werden. Risikoeinschränkende Klauseln besitzen daher in dem Maße keine Vertragskraft, als deren Verständnis von einem Versicherungsnehmer ohne juristische Vorbildung nicht erwartet werden kann (RIS‑Justiz RS0112256).

Dementsprechend müssen nach objektivem Gesichtspunkt als unklar aufzufassende AVB (zwar) so ausgelegt werden, wie dies der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer verstehen musste, wobei Unklarheiten zu Lasten des Versicherers gehen (7 Ob 183/13g); zu berücksichtigen bleibt allerdings in allen Fällen der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck der Bestimmung (RIS‑Justiz RS0017960).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers die besondere, hier vorliegende Fallkonstellation vom Versicherungsschutz „als Wohnungsinhaberin“ umfasst ist: Kann doch die allgemeine Risikoumschreibung: Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens (mit Ausnahme der Gefahr einer betrieblichen, beruflichen oder gewerbsmäßigen Tätigkeit), „ insbesondere als Wohnungsinhaber (nicht aber als Haus- und/oder Grundbesitzer), jedenfalls nicht dahin verstanden werden, dass damit jede Verletzung von Verkehrssicherungspflichten nur noch unter das Risiko Haus‑ und/oder Grundbesitz falle, und dass die Erstbeklagte gegenüber Wohnungseigentümern generell von ihrer Deckungspflicht befreit wäre. Ein derart weitgehender Ausschluss vom Versicherungsschutz kann nach dem Verständnis eines verständigen durchschnittlichen Versicherungsnehmers und dem erkennbaren Zweck einer Abgrenzung der Risken nicht gemeint sein. Ein solcher Ausschluss ist auch deshalb nicht anzunehmen, weil jede diesbezügliche Unklarheit zu Lasten des Versicherers gehen muss. Diese Beurteilung steht auch mit der ständigen Rechtsprechung in Einklang, wonach das mit den Miteigentumsanteilen untrennbar verbundene Wohnungseigentum im Verhältnis zum schlichten Miteigentum kein quantitatives „Mehr“, sondern ein aliud darstellt (RIS‑Justiz RS0081766 [T3]; RS0110336 [T1]; RS0041056 [T1]; 5 Ob 11/10v; 5 Ob 15/10g).

Die Revision der Erstbeklagten muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Dabei ist aber ‑ wie die Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung selbst festhält ‑ von einem Streitwert in Höhe von 7.500 EUR als Bemessungsgrundlage auszugehen, nicht (wie verzeichnet) von 15.000 EUR.

II. Zur Revision der Zweitbeklagten:

Diese macht geltend, dass das Berufungsgericht die Frage der Aktivlegitimation mit jener der Deckungspflicht verwechselt habe. Selbst bei einer aktiv legitimierten Klägerin könnte sich die Aktivlegitimation nur auf die Feststellung der Deckungspflicht in Bezug auf die versicherte Wohnungseigentümergemeinschaft beziehen.

Dem ist zu erwidern:

Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 7 Ob 38/12g aufgezeigt hat, schließt die Wohnungseigentümergemeinschaft die Gebäudeversicherung (auch) im Interesse der einzelnen Wohnungseigentümer, die Miteigentümer der Liegenschaft sind, ab. Davon abgesehen legt Art 6.1. lit a der WBV ausdrücklich fest, dass sich die Versicherung nicht nur auf Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers [= Wohnungseigentümergemeinschaft] erstreckt, sondern auch die „Schadenersatzverpflichtungen des Hauseigentümers und ‑besitzers“ explizit „ mitversichert “ sind.

Zu 7 Ob 38/12g wurde auch Folgendes festgehalten: Bei einer solchen Versicherung für fremde Rechnung verstößt die Berufung des Versicherers auf eine Abbedingung der in § 75 Abs 2 VersVG genannten Voraussetzungen für ein eigenes Verfügungsrecht des Versicherten ohne sachlichen Grund und daher mangels eigener Schutzbedürftigkeit gegen Treu und Glauben und ist rechtsmissbräuchlich. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ‑ wie hier ‑ für den Versicherer leicht feststellbar ist, dass der den Anspruch erhebende Versicherte in den Deckungsbereich des Versicherungsvertrags einbezogen ist:

Dann kommt es nämlich nur darauf an, ob der Versicherungsnehmer einer gerichtlichen Geltendmachung des Deckungsanspruchs durch den Versicherten zugestimmt oder eine eigene Klageerhebung aus nicht billigenswerten Gründen unterlassen hat oder der Versicherte im Besitz eines Versicherungsscheins ist.

Auch in dem zu 7 Ob 38/12g entschiedenen Fall stand der klagende Wohnungseigentümer für die beklagte Versicherung namentlich fest. Dort wie hier war sie mit ihm bereits in Verhandlungen getreten, und es war kein billigenswerter Grund für die Ablehnung der Beklagten erkennbar, sich trotz Zustimmung des Versicherungsnehmers direkt mit dem Versicherten auseinanderzusetzen. Die zu 7 Ob 38/12g Beklagte konnte sich daher nicht einmal auf ein „Abtretungsverbot“ berufen. Dazu wurde aufgezeigt, dass es eine Abtretung des Versicherungsanspruchs an den Fremdversicherten insofern gar nicht gibt, als der Versicherte gemäß § 75 Abs 1 VersVG Gläubiger des Anspruchs ist. Überträgt der Versicherungsnehmer seine Rechte an den Versicherten, handelt es sich also nicht um eine „echte“ Abtretung, sondern um einen Verzicht auf die Verfügungsrechte zugunsten des Versicherten. Vereinbaren Versicherungsnehmer und Versicherer, dass eine Zession ausgeschlossen ist, wird daher in der Regel anzunehmen sein, dass auch dieser Verzicht des Versicherungsnehmers ausgeschlossen ist.

Demgemäß ist nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht hier ‑ im Rahmen der Grundsätze ständiger Rechtsprechung ‑ von einer schlüssigen Zustimmung des Versicherungsnehmers zur Klageführung ausging, oder „zumindest“ davon, dass die Eigentümergemeinschaft selbst den Anspruch nicht weiter verfolgen habe wollen. Die Bejahung des eigenen Klage‑ und Verfügungsrechts begegnet angesichts der dazu getroffenen Feststellungen ‑ auch nach den zitierten Entscheidungen 7 Ob 111/09p und 7 Ob 38/12g ‑ somit keinen Bedenken.

Auch wenn die Revision die Ansicht vertritt, das gegen die Zweitbeklagte gerichtete Urteilsbegehren finde im Vorbringen der Klägerin keine hinreichende Deckung, ist ihr nicht zu folgen. Nach ständiger Rechtsprechung kann die Schlüssigkeit von Prozessbehauptungen nur anhand des konkreten Vorbringens im Einzelfall geprüft werden; daher bildet deren Beurteilung regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0037780; RS0116144 [T2]; 4 Ob 30/14m), wenn sie ‑ wie hier ‑ in einer vertretbaren, nachvollziehbaren Weise erfolgte: Hat sich der Kläger doch bereits in der Klage auf die insoweit maßgebende Entscheidung 7 Ob 38/12g berufen und dazu Vorbringen erstattet.

Berechtigt sind die Revisionsausführungen der Zweitbeklagten jedoch soweit, als sie sich darauf beruft, die hier begehrte Deckung falle nicht unter das versicherte Risiko des Gebäudeversicherers und ihre Deckungspflicht sei nicht damit zu begründen, dass Schäden der Wohnungsinhaberin in den WBV nicht ausgenommen worden seien und eine weite Auslegung zu Gunsten der einzelnen Wohnungseigentümer geboten sei. Dass die von der Klägerin in Eigenregie errichtete Holzterrasse samt Stiege in den Garten, die ausschließlich von ihr selbst, nicht aber von anderen Wohnungseigentümern benützt wurde, von der Gebäude- und Grundstückshaftpflichtversicherung, die zwischen der Eigentümergemeinschaft und der Zweitbeklagten bestand, umfasst wäre, kann nämlich aus folgenden grundsätzlichen Erwägungen nicht zutreffen:

Der einzelne Wohnungseigentümer ist Miteigentümer der gesamten Liegenschaft und Rechtsbesitzer des Nutzungsrechtes an einer bestimmten Wohnung. Nach der Rechtsprechung stellt das mit den Miteigentumsanteilen untrennbar verbundene Wohnungseigentum im Verhältnis zum schlichten Miteigentum ‑ wie bereits dargestellt ‑ kein quantitatives „Mehr“, sondern ein aliud dar (RIS‑Justiz RS0081766 [T1 und T3]; RS0110336 [T1]; RS0041056 [T1]; 5 Ob 11/10v; 5 Ob 15/10g).

Der Klägerin als Wohnungsinhaberin ist daher für den begehrten Versicherungsschutz ‑ wie ebenfalls bereits dargelegt wurde ‑ die Erstbeklagte aus der insoweit bestehenden Haftpflichtversicherung deckungspflichtig, wurde doch die von der Klägerin in Eigenregie errichtete Holzterrasse samt Stiege in den Garten ausschließlich von ihr selbst und ihren Gästen, nicht jedoch von anderen Wohnungseigentümern benützt, wobei sie sich selbst auch um deren Erhaltung und geplante Erneuerung (Metallkonstruktion) kümmerte. Es war auch keine Vereinbarung mit der Hausgemeinschaft über die Erhaltungspflicht feststellbar.

Demgemäß kann von einer Deckungspflicht der Zweitbeklagten aus dem nach Art 5 f WBV „versicherten Risiko“ des Gebäudeversicherungsvertrags, der zwischen ihr und der Wohnungseigentümergemeinschaft abgeschlossen wurde und sich auf die gemäß Art 6.1. lit a WBV genannten Gefahren erstreckt, keine Rede sein; danach wären nämlich „Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers aus der Innehabung, Verwaltung, Beaufsichtigung, Versorgung, Reinhaltung, Beleuchtung und Pflege der versicherten Liegenschaft einschließlich der in oder auf ihr befindlichen Bauwerke und Einrichtungen wie zum Beispiel Aufzüge, Heizungs- und Klimaanlagen, Schwimmbecken, Kinderspielplätze und Gartenanlagen“ versichert, und solche des Hauseigentümers und -besitzers mitversichert. Hier geht es aber um eine Schadenersatzverpflichtung der Klägerin als „Wohnungsinhaberin“, also um ein Risiko, das der Gebäudeversicherer nicht zu decken hat.

Daher ist das hinsichtlich der Zweitbeklagten klagsabweisende Urteil erster Instanz wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Hat das Berufungsgericht einer Berufung stattgegeben und das erstgerichtliche Urteil abgeändert, wodurch ein gegen dieses Urteil erhobener Kostenrekurs oder eine Berufung im Kostenpunkt gegenstandslos wurde, und stellt der Oberste Gerichtshof das Urteil erster Instanz wieder her, so hat dieser über die Verfahrenskosten zu entscheiden (RIS‑Justiz RS0036069 [T1]; 2 Ob 164/12z mwN).

Hier hat die Zweitbeklagte den erstinstanzlichen Kostenzuspruch zu Recht mit Kostenrekurs bekämpft: Obwohl das Klagebegehren gegen sie zur Gänze abgewiesen wurde und der in der Hauptsache zur Gänze obsiegenden (das Klagebegehren abwehrenden) Partei somit der Ersatz der gesamten Verfahrenskosten zustand, hat ihr das Erstgericht nämlich nur die Hälfte der Kosten zugesprochen. Wie die Zweitbeklagte im Kostenrekurs selbst einräumt (und auch die Klägerin in der Revisionsbeantwortung zutreffend aufzeigt), sind Bemessungsgrundlage jedoch nur 7.500 EUR (und nicht wie verzeichnet 15.000 EUR oder 30.000 EUR). Nach § 54 Abs 1a letzter Satz ZPO stehen der Erstbeklagten keine Kosten für die Einwendungen gegen das Kostenverzeichnis der Klägerin zu (2 Ob 164/12z mwN).

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