European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0070OB00008.24P.0306.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Versicherungsvertragsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Rechtsmittelbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung:
[1] Der Kläger unterhält bei der Beklagtenunter anderem eine Eigenheimversicherung samt „Sturmversicherung plus“, die auch Hagelschäden umfasst. Dem Versicherungsvertrag liegt die Bedingung 12K („optische Schäden bis EUR 10.000“) zugrunde, die lautet:
„12K – Optische Schäden bis EUR 10.000,‑
In Erweiterung der AStB werden nachweislich entstandene optische Schäden durch Hagel an Gebäudebestandteilen (ausgenommen Dachrinnen und Fallrohre aller Art) bis EUR 10.000,- auf 'Erstes Risiko' ersetzt, sofern eine Wiederherstellung erfolgt.
Für Blech‑ und Kupferdächer beträgt die Höchstentschädigung EUR 5.000,‑ auf 'Erstes Risiko'.“
[2] Am 24. 6. 2021 kam es durch einen starken Hagelschauer zu rein optischen Mängeln im geringfügigen Ausmaß am Dach des Hauses des Klägers.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
[4] 1.1 Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914 ff ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung (RS0050063 [T71]; RS0112256 [T10]; RS0017960). Die Klauseln sind, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen; dabei ist der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen (RS0008901 [insb T5, T7, T87]).
[5] 1.2 Der Oberste Gerichtshof ist zur Auslegung von AGB‑Klauseln nicht jedenfalls, sondern nur dann berufen, wenn die zweite Instanz Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung missachtete oder für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung bedeutsame Fragen zu lösen sind (RS0121516). Dass die Auslegung von Versicherungsbedingungen, zu denen nicht bereits höchstgerichtliche Judikatur existiert, im Hinblick darauf, dass sie in aller Regel einen größeren Personenkreis betreffen, grundsätzlich revisibel ist, gilt nach ständiger Rechtsprechung dann nicht, wenn der Wortlaut der betreffenden Bestimmung so eindeutig ist, dass keine Auslegungszweifel verbleiben (RS0121516 [T6]). Ein solcher Fall liegt vor.
[6] 2. Der Wortlaut der Bestimmung ist – entgegen der Ansicht des Klägers – eindeutig dahin zu verstehen, dass auch der Ersatz von optischen Schäden an Blech‑ und Kupferdächern eine vorherige Wiederherstellung erfordert, wobei abweichend zu Satz 1 lediglich die Höchstentschädigungssumme auf 5.000 EUR begrenzt wird. Die isolierte Betrachtung des Satzes 2 durch den Kläger macht schon deshalb keinen Sinn, weil keine Versicherungsleistung für die genannten Schäden angeordnet, sondern lediglich eine Aussage zur Höchstentschädigungssumme getroffen wird.
[7] 3. Das Berufungsgericht vertrat, dass die Bestimmung als strenge Wiederherstellungsklausel anzusehen sei. Durch sie werde mittelbar Zwang auf den Versicherungsnehmer ausgeübt, der erst bei – hier nicht gegebener – Sicherung der Wiederherstellung an die Versicherungssumme gelange; die Fälligkeit der Entschädigungsforderung – für die Behebung der optischen Schäden – werde bis dahin aufgeschoben (vgl RS0111471). Gegen diese Rechtsansicht wendet sich der Kläger nicht. Auch gegen die weitere Beurteilung des Berufungsgerichts, die Frage nach der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz der Kosten einer – mit der Behebung der optischen Mängel einhergehenden – De‑ und Remontage der Photovoltaikanlage könne sich erst nach Sicherstellung dieser Behebung stellen, bringt der Kläger keine Argumente.
[8] 4. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).
[9] 5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen (RS0035962).
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