OGH 7Ob696/84

OGH7Ob696/8422.11.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch Dr. Kurt Asamer, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei F***** Gesellschaft mbH in *****, vertreten durch Dr. Karl Friedrich Strobl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 14.990 US‑Dollar samt Nebengebühren, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 10. September 1984, GZ 4 R 68/84‑22, womit der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 29. Februar 1984, GZ 14 a Cg 21/84‑5, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00696.840.1122.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird unter Streichung des Wortes „ersatzlos“ durch den Ausspruch ergänzt, dass das Versäumungsurteil des Erstrichters vom 24. Februar 1984, ON 3, als nichtig aufgehoben wird.

Die Rekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

 

Begründung:

Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Rekursgericht den Beschluss des Erstrichters, womit eine nach Fällung des Versäumungsurteils vom 24. 2. 1984 eingelangte Klagebeantwortung als verspätet zurückgewiesen worden war, ersatzlos auf, weil die Zustellung der Klage infolge Ortsabwesenheit des Geschäftsführers der beklagten Partei nicht schon mit dem Beginn der am Rückschein vermerkten Abholfrist 26. 1. 1984, sondern erst mit der tatsächlichen Übernahme des Rückscheinbriefs am 7. 2. 1984 wirksam geworden und die am 28. 2. 1984 überreichte Klagebeantwortung demnach rechtzeitig erfolgt sei. Den im Rekurs der beklagten Partei beantragten weiteren Auftrag an das Erstgericht, eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung anzuberaumen, erließ das Rekursgericht mit der Begründung nicht, dass das bereits erlassene Versäumungsurteil von der beklagten Partei (bisher) nicht angefochten worden sei.

Während die Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses unangefochten blieb, erhebt die beklagte Partei einen „außerordentlichen“ Revisionsrekurs, weil nicht zugleich das Versäumungsurteil als nichtig aufgehoben wurde.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Revisionsrekurs ist richtigerweise als ordentliches Rechtsmittel gegen die zweitinstanzliche Entscheidung anzusehen und daher als Vollrekurs im Sinne des § 528 Abs 2 ZPO iVm § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nF zulässig, weil der Streitwert der Entscheidung zweiter Instanz nach dem maßgeblichen Devisenmittelkurs der Fremdwährungsforderung am Tag der Erlassung des rekursgerichtlichen Beschlusses (EvBl 1974/125, öAmtsVmd 1983 H 4, S 110 ua) 300.000 S übersteigt (14.990 US‑Dollar x 20,985). Er ist auch berechtigt.

Der Rekurs der beklagten Partei gegen den erstgerichtlichen Beschluss war auf den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO gestützt, weil die Klage zunächst nicht gesetzmäßig zugestellt worden sei. Das Rekursgericht bejahte das Vorliegen dieses Nichtigkeitsgrundes, sodass die Klagebeantwortung rechtzeitig ist. Dann war aber auch das inzwischen erlassene Versäumungsurteil (dessen Zustellung sich mit der vermeintlich verspäteten Klagebeantwortung gekreuzt hatte) von der Nichtigkeit betroffen. Diese Nichtigkeit war selbst ohne ausdrückliche Antragstellung von Amts wegen wahrzunehmen, weil die dem Urteil anhaftende Nichtigkeit (anders als in den Sonderfällen der Entscheidungen SZ 38/27 und EvBl 1975/297) auch auf die Erledigung der angefochtenen Entscheidung von Einfluss war. Das zeigt sich deutlich an der Konsequenz, die die angefochtene rekursgerichtliche Entscheidung hätte: Das Versäumungsurteil bliebe aufrecht (auch wenn der noch unerledigte Wiedereinsetzungsantrag keinen Erfolg hätte), zugleich aber wäre die Klagebeantwortung als rechtzeitig überreicht vom Gericht angenommen. Darin läge ein unüberbrückbarer Widerspruch.

Dem Revisionsrekurs war daher wie im Spruch Folge zu geben. Die Entscheidung über die Rekurskosten beruht auf § 51 Abs 2 ZPO. Auch das Ergebnis des Revisionsrekurses ist eine Folge der von keiner Partei verschuldeten Nichtigkeit.

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