Spruch:
Mit erfolgreicher Geltendmachung des Interesses ist der Eigentumsvorbehalt des Gläubigers erloschen
OGH 22. 3. 1984, 7 Ob 687/83 (OLG Innsbruck 2 R 85/83; LG Innsbruck 8 Cg 655/81)
Text
Die klagende Partei begehrt die Herausgabe von zwei Öl-Erdeinbautanks, die sie am 18. 5. 1979 an den Erstbeklagten gegen Eigentumsvorbehalt verkauft hat und die in der Folge in zwei Liegenschaften seiner Ehefrau, der Zweitbeklagten, eingebaut wurden, mit der Behauptung ihres Rücktrittes von diesem Kaufvertrag, zur ungeteilten Hand sowohl vom Erst- und der Zweitbeklagten (gegen letztere ist ein Versäumungsurteil in Rechtskraft erwachsen) als auch von den Dritt- bis Siebentbeklagten als den Erstehern der beiden Liegenschaften in einem gegen die Zweitbeklagte geführten Zwangsversteigerungsverfahren.
Die Beklagten wendeten ihren gutgläubigen Erwerb und das Erlöschen des Eigentumsvorbehaltes der klagenden Partei ein.
Der Erstrichter wies das Klagebegehren gegen die Dritt- bis Siebentbeklagten ab. Nach seinen Feststellungen sind die Öltanks jeweils durch Leitungen mit den auf den beiden Liegenschaften befindlichen Gebäuden verbunden. Die klagende Partei hat zunächst den Kaufpreis gegen den Erstbeklagten eingeklagt und ein Versäumungsurteil erwirkt und dann mit einer Drittschuldnerklage auch die Verurteilung der Zweitbeklagten zur Zahlung des vom Erstbeklagten geschuldeten Betrages. Gegen die Zweitbeklagte führte die klagende Partei in der Folge sowohl eine Fahrnisexekution als auch eine Zwangsversteigerung durch Beitritt zu jenem Verfahren, in dem schließlich der Drittbeklagten die eine Liegenschaft der Zweitbeklagten und den Viert- bis Siebentbeklagten die andere Liegenschaft der Zweitbeklagten zugeschlagen wurden. Im Fahrnisexekutionsverfahren hatte die klagende Partei keine Herausnahme der beiden Tanks von der Pfändung und Verwertung begehrt, allerdings kam es auch nicht zu solchen Vollzugshandlungen. Im Zwangsversteigerungsverfahren wurden die Öltanks nicht geschätzt, aber auch von der klagenden Partei nicht exszindiert. Der Masseverwalter in dem sodann eingeleiteten Konkursverfahren über das Vermögen des Erst- und der Zweitbeklagten trat in den Kaufvertrag betreffend die beiden Öltanks nicht ein. Der Kaufpreis ist noch offen.
Nach der Rechtsansicht des Erstgerichtes sei der Eigentumsvorbehalt der klagenden Partei durch ihre Fahrnisexekution, die nicht auf andere Fahrnisse als die beiden Öltanks beschränkt wurde, somit durch schlüssigen Verzicht erloschen, falls nicht die Öltanks ohnehin als unselbständige Bestandteile der Liegenschaft und damit als Gegenstand des Zwangsversteigerungsverfahrens anzusehen seien.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es ließ offen, ob die beiden Erdöltanks nach dem Einbau in die Liegenschaft der Zweitbeklagten sonderrechtsfähig geblieben seien und ob der Eigentumsvorbehalt schon durch die unbeschränkte Fahrnisexekution erloschen sei. Die klagende Partei habe jedenfalls durch die Drittschuldnerklage, mit der sie die Zahlung des Kaufpreises auch von der Zweitbeklagten begehrte, die Veräußerung der Öltanks vom Erstbeklagten an die Zweitbeklagte genehmigt und bereits dadurch das vorbehaltene Eigentum verloren.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Vorauszuschicken ist, daß das Klagebegehren gegen die Drittbeklagte einerseits und gegen die Viert- bis Siebentbeklagten andererseits jedenfalls in dem Umfang nicht berechtigt ist, in dem die Herausgabe jeweils auch des auf der anderen als der von den betreffenden Beklagten selbst ersteigerten Liegenschaft befindlichen Erdtanks begehrt wird. Die Herausgabeklage setzt die Innehabung der geforderten Sache voraus (§§ 369, 372 ABGB; Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rdz. 3 zu § 369 und Rdz. 3 zu § 372).
Die Revisionswerberin rügt zu Unrecht die Berücksichtigung eines weiteren als des vom Erstgericht festgestellten Inhaltes der Akten 8 Cg 458/80 des Erstgerichtes aus dem Gesichtspunkte einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens wegen Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes. Einerseits hat schon das Erstgericht diese Akten seiner Entscheidung zugrunde gelegt, andererseits vermag die Revisionswerberin naturgemäß den vom Berufungsgericht ergänzend festgestellten Inhalt ihrer eigenen damaligen Drittschuldnerklage nicht zu bestreiten, sodaß einer allfälligen Verletzung der Verfahrensgesetze keine erhebliche Bedeutung zukommt.
Ob der Schluß, den das Berufungsgericht aus dem Vorbringen der klagenden Partei in ihrer Drittschuldnerklage gezogen hat - daß nämlich die Weiterveräußerung und der Einbau der Erdtanks in die Liegenschaften der Zweitbeklagten mit zumindest stillschweigender Zustimmung der Klägerin erfolgten, weil sie andernfalls den Herausgabeanspruch des Käufers und nicht nur den Ersatzanspruch auf Grund der Weiterveräußerung gepfändet hätte -, richtig ist, ist bereits eine Frage der rechtlichen Beurteilung. Dabei ist der Revisionswerberin zuzugeben, daß ihre seinerzeitige Behauptung in der Drittschuldnerklage, dem Käufer der Erdtanks (dem jetzigen Erstbeklagten) stehe gegen seine Ehefrau (die Zweitbeklagte) eine Forderung auf Ersatz der der Verkäuferin (klagende Partei) gegen den Erstbeklagten zustehenden Forderung für den Verkauf der Erdtanks zu, nicht ganz zweifelsfrei erkennen läßt, ob der Erstbeklagte die Erdtanks an die Zweitbeklage weiterveräußert habe. Dieses Vorbringen allein mag deshalb den vom Berufungsgericht gezogenen Schluß noch nicht rechtfertigen, daß die klagende Partei der Weiterveräußerung zugestimmt habe, indem sie die angeblich dem Erstbeklagten gegen die Zweitbeklagte zustehende Forderung auf Ersatz der Kaufpreisforderung der klagenden Partei geltend machte. Die Revisionswerberin hat aber in ihrer damaligen Klage überdies ausdrücklich wegen Unmöglichkeit der Rückstellung im gleichen Zustand wie bei der Lieferung anstelle eines Herausgabeanspruches das Interesse gemäß § 368 EO in der Höhe des ausstehenden Kaufpreises geltend gemacht. Dieses Vorbringen, das die klagende Partei nach der zutreffenden Ansicht der Revisionsgegner nicht widerrufen kann und das objektiv zu beurteilen ist, läßt im Ergebnis den vom Berufungsgericht gezogenen Schluß zu, daß die klagende Partei der Weitergabe der Tanks (aus welchem Rechtstitel immer) zugestimmt und auf deren Rückforderung in Natur und so auch auf ihren Eigentumsvorbehalt gegen die Mithaftung der Zweitbeklagten für den Kaufpreis verzichtet hat. Das Eigentumsrecht an einer Sache wird nämlich dadurch aufgegeben, daß anstelle der primär geschuldeten Herausgabe der Sache der Ersatz ihres Wertes (das Interesse gemäß § 368 EO) verlangt wird (EvBl. 1977/231). Hat der Gläubiger im Interessenprozeß Erfolg, so hat er ein ihm zustehendes Wahlrecht verbraucht. Der Schuldner muß es sich nicht gefallen lassen, daß sich der Gläubiger später wieder für die Naturalleistung entscheiden will (Heller-Berger-Stix, EO[4] 2626 f.). Wenngleich die Weiterveräußerung den Eigentumsvorbehalt grundsätzlich nur dann zum Erlöschen bringt, wenn das Volleigentum übergeht (Bydlinski in Klang[2] IV/2, 632 f.), was nach dem oben Gesagten fraglich bliebe, wirkte demnach die Erklärung der klagenden Partei in der Drittschuldnerklage als Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt (vgl. Bydlinski aaO 636 f.). Daß dieser Verzicht nur mittelbar gegenüber dem Erstbeklagten als ihrem Vertragspartner erfolgte, fällt hier wegen des offenkundigen Zusammenwirkens der Ehegatten nicht ins Gewicht.
Das Vorbehaltseigentum, auf das allein die klagende Partei ihre Eigentumsklage stützt, war daher in Wahrheit längst erloschen. Daran ändert es nichts, daß der Masseverwalter in dem (nach der Aktenlage nur zwischen dem 11. 9. 1980 und dem 2. 1. 1981 anhängig gewesenen) Konkurs über das Vermögen des Erstbeklagten in den Kaufvertrag nicht eingetreten - nach den Klagsbehauptungen und den Urteilsfeststellungen nicht aber vom Vertrag zurückgetreten - ist. Es blieb dann dem Verkäufer der unter Eigentumsvorbehalt verkauften Sache unbenommen, von dem unvollständig erfüllten Vertrag selbst zurückzutreten (EvBl. 1957/23 ua.) oder das vorbehaltene Eigentum aufzugeben.
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