Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Ehe der Streitteile wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 30.4.1985, 9 Cg 3986/85-2, gemäß § 55 a EheG geschieden. In der der Ehescheidung vorangegangenen Verhandlung schlossen die Parteien einen Vergleich, demzufolge sie auf gegenseitigen Unterhalt verzichteten. Der Antragsgegner verpflichtete sich, der Antragstellerin bis 31.10.1985 100.000 S zu bezahlen. Hinsichtlich der vermögensrechtlichen Ansprüche kamen die Parteien überein, daß jeder von ihnen eine der zwei Eigentumswohnungen, die im gemeinsamen Eigentum standen, einschließlich Inventar ins Alleineigentum erhält. Außerdem wurde eine Regelung über die beiden PKWs getroffen. Der Antragsgegner verpflichtete sich, die ehelichen Schulden (über 500.000 S), mit Ausnahme eines Betrages von ca. 75.000 S, allein zu bezahlen. Die Höhe dieser Verbindlichkeiten ist in der Vereinbarung nicht angeführt. Überhaupt wurde über die Höhe des aufzuteilenden Vermögens bei Abschluß der Vereinbarung nicht näher gesprochen. Unter Punkt III 9 der Vereinbarung haben die Ehegatten erklärt, daß weitere Aufteilungsansprüche nicht bestehen.
Mit dem vorliegenden Antrag begehrt die Antragstellerin die Aufteilung eines Guthabens von mindestens sfr 17.975, weil es sich hiebei um eheliche Ersparnisse handle, die der Antragsgegner bei Abschluß der Vereinbarung verschwiegen habe. Sie verlangt 80.000,- S. Während das Erstgericht den Antrag mit der Begründung abgewiesen hat, der Antragsgegner habe einen erheblichen Teil des verfahrensgegenständlichen Betrages von einem Konto abgebucht, über das beide Teile verfügungsberechtigt gewesen seien, weshalb es sich die Antragstellerin selbst zuzuschreiben habe, wenn sie keine Kenntnis von diesen Vermögensbestandteilen gehabt habe, hob das Rekursgericht die erstgerichtliche Entscheidung mit der Begründung auf, weil grundsätzlich auch im Falle einer Scheidung nach § 55 a EheG ein Verfahren nach den §§ 81 ff EheG, §§ 229 ff AußStrG bezüglich solcher Ansprüche einzuleiten sei, die der Vereinbarung zwischen den ehemaligen Eheleuten nur deshalb nicht zugrunde gelegt worden sind, weil einem der Teile das Vorhandensein eines solchen Vermögensbestandteiles unbekannt gewesen sei. In einem solchen Falle müsse davon ausgegangen werden, daß dieser Vermögensbestandteil nicht von der Vereinbarung umfaßt gewesen sei. Das Erstgericht werde daher Feststellungen darüber treffen müssen, ob sich die Vereinbarung zwischen den Streitteilen auf das erwähnte Konto nur deshalb nicht erstreckt hat, weil die Antragstellerin irrtümlich von ihm nichts gewußt habe. Sollte das Erstgericht zu dem Ergebnis gelangen, daß ein Verfahren bezüglich des Kontos einzuleiten sei, dann müsse bei der Entscheidung auf die Vereinbarung über das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse vom 30.4.1985 Bedacht genommen werden, wobei diese Vereinbarung weiterhin aufrecht bleibe.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Antragsgegner gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Rekurs ist nicht gerechtfertigt.
Die im Rekurs vertretene Rechtsansicht, das erwähnte Konto wäre in eine allfällige Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG nicht einzubeziehen, findet keine Deckung im Gesetz. Nach § 81 Abs.1 EheG sind auch die ehelichen Ersparnisse in die Aufteilung einzubeziehen. Nach § 81 Abs.3 EheG sind eheliche Ersparnisse Wertanlagen gleich welcher Art, die die Ehegatten während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft angesammelt haben und die ihrer Art nach üblicherweise für eine Verwertung bestimmt sind. Die Legaldefinition der Ersparnisse verweist auf Wertanlagen jeder Art, demnach auf Sachen schlechthin, körperliche und unkörperliche, bewegliche und unbewegliche, verbrauchbare und unverbrauchbare (Pichler in Rummel, Rdz 6 zu §§ 81, 82 EheG). Daß das vorerwähnte Konto aus Ersparnissen im reinsten Wortsinn gebildet worden ist, kann auch der Antragsgegner nicht bestreiten. Wenn er diese Ersparnisse dem eigenen Bedarf widmen wollte, schließt dies die Einbeziehung in eine Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG solange nicht aus, als der andere Ehegatte einer solchen Widmung nicht zugestimmt hat. Sollten diesen ehelichen Ersparnissen Schulden gegenüberstehen, würde dies an der Qualifikation der Ersparnisse nichts ändern, sondern lediglich dazu führen, daß auch auf die Schulden bei der Aufteilung Bedacht genommen werden muß.
Richtig wurde vom Rekursgericht erkannt, daß bei einer anläßlich der einverständlichen Scheidung nach § 55a EheG abgeschlossenen Vereinbarung, die in bezug auf einzelne Vermögensbestandteile wegen Unkenntnis eines Ehegatten unvollständig geblieben ist und über die keine einvernehmliche Regelung zu erzielen ist, das Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff EheG und den §§ 229 ff AußStrG offensteht (EvBl.1986/13, JBl.1985, 287). Voraussetzung für die Einleitung des genannten Verfahrens ist aber, wie das Rekursgericht zutreffend hervorhebt, daß es sich tatsächlich um Vermögensbestandteile handelt, die nicht Gegenstand der getroffenen Vereinbarung sein sollten. Hat sich die Vereinbarung auch auf diese Gegenstände bezogen, so bleibt kein Raum mehr für das Verfahren nach den §§ 81 ff EheG, weil ja dann Unkenntnis nicht vorgelegen wäre. Dies gilt auch dann, wenn die Parteien bei Abschluß der Vereinbarung zwar den genauen Umfang und Wert dieses Vermögensbestandteiles nicht kannten, trotzdem aber seine Einbeziehung in die Vereinbarung wollten. Anders liegt die Sache allerdings dann, wenn einer der Ehepartner bezüglich dieses Vermögensbestandteiles in einem Irrtum befangen war. Das Rekursgericht hat also richtig erkannt, daß vorerst zu prüfen wäre, ob durch die zwischen den Streitteilen getroffene Vereinbarung auch bewußt eine Regelung über Vermögensangelegenheiten, wie das vorliegende Konto, getroffen werden sollte. Wäre dies der Fall, so müßte der Antrag abgewiesen werden. Wäre dies nicht der Fall, hätte sich also die Antragstellerin bezüglich dieses Kontos in einem Irrtum befunden, so wäre ein Verfahren nach den §§ 81 ff EheG einzuleiten. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 234 AußStrG, weil vor einer abschließenden Entscheidung nicht beurteilt werden kann, inwieweit die Verurteilung zum Kostenersatz der Billigkeit entspricht.
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