Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Anträge der mj. Kinder Jörg B***, geboren am 17.November 1974, und Elke B***, geboren am 21.April 1976, ihnen vom 1.4.1990 bis 31.3.1993 einen monatlichen Unterhaltsvorschuß von je S 1.500,--, höchstens in der Höhe des jeweiligen Richtsatzes für pensionsberechtigte Halbwaisen nach §§ 293 Abs 1 c bb erster Fall, 108 f ASVG zu gewähren, abgewiesen wird.
Text
Begründung
Jörg und Elke B*** sind die ehelichen Kinder von Ursula K***, geschiedene B***, und Peter B***, deren Ehe
mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 25.10.1978 geschieden wurde. Die Obsorge für die Kinder kommt dem Vater zu. Auf Grund des Beschlusses des Erstgerichtes vom 21.10.1987 ist die Mutter zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 1.500,-- je Kind verpflichtet. Am 26.4.1990 beantragten die beiden Minderjährigen die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach den §§ 3, 4 Z 1 UVG. Ihre Mutter halte sich in Deutschland auf.
Das Erstgericht gab dem Antrag statt.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist. Nach § 4 Z 1 UVG seien Vorschüsse (auch) zu gewähren, wenn die im § 3 Z 2 UVG bezeichnete Exekution im Ausland zu führen sei. Der Revisionsrekurs sei zuzulassen gewesen, weil die Rechtsprechung der zweiten Instanzen widersprüchlich sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
Auch der Oberste Gerichtshof hat in einer Entscheidung vom 11.7.1990, 2 Ob 582/90, die Ansicht des Rekursgerichtes geteilt, die Voraussetzungen für die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen iS des § 4 Z 1 UVG - wonach Vorschüsse auch zu gewähren sind, wenn zwar die Voraussetzungen des § 3 Z 1 UVG (Bestehen eines im Inland vollstreckbaren Exekutionstitels für den gesetzlichen Unterhaltsanspruch) gegeben sind, aber die Führung einer Exekution nach § 3 Z 2 UVG (Exekution nach § 6 Abs 3 LPfG oder, sofern der Unterhaltsschuldner offenbar nicht Bezieher eines Arbeitseinkommens im Sinne des Lohnpfändungsgesetzes ist, Exekution nach § 372 EO) aussichtslos erscheint, besonders weil im Inland ein Drittschuldner oder ein Vermögen, dessen Verwertung einen die laufenden Unterhaltsbeiträge deckenden Ertrag erwarten läßt, nicht bekannt ist - seien jedenfalls gegeben, wenn die Exekution im Ausland durch einen Inländer geführt werden müsse. Eine derartige Exekutionsführung stelle selbst dann, wenn sie durch das B*** bei funktionierendem ausländischem Gerichtsbetrieb betrieben werde, eine Erschwernis der Befriedigung von Unterhaltsbedürfnissen dar. Durch die Bestimmung des § 4 Z 1 UVG habe aber jede derartige Erschwerung ausgeschaltet werden sollen. In der nachfolgenden Entscheidung vom 11.10.1990, 6 Ob 648/90, hat der Oberste Gerichtshof diese Ansicht jedoch nicht aufrecht erhalten und die Entscheidung vom 11.7.1990, 2 Ob 582/90, die sich insbesondere auf die Ausführungen von Knoll, Komm.z.UVG, Rz 21 ff zu § 4 Z 1 UVG in ÖA, 4. Lfg. Dezember 1987 gestützt hatte, ausdrücklich abgelehnt. Die Bestimmung des § 4 Z 1 UVG hebe zwar die Notwendigkeit einer Exekutionsführung im Ausland als Beispiel einer aussichtslos scheinenden Exekutionsführung heraus, doch könne es nicht zweifelhaft sein, daß die im Ausland notwendige Exekutionsführung gegen den Unterhaltsschuldner etwa dann nicht aussichtslos sei, aber auch nicht aussichtslos scheine, wenn Aufenthalt und Beschäftigung des Unterhaltsschuldners bekannt seien und die Vollstreckung durch internationale Verträge nicht bloß geordnet, sondern auch durch die konkrete Behördenpraxis gewährleistet sei. Die genannte Bestimmung könne daher entgegen den vom objektiven Wortsinn dieser Gesetzesstelle nicht gedeckten Materialien (276 BlgNR XV. GP, 8), die diese Erwägungen außer acht ließen, bei Bedachtnahme auf die Zielsetzungen des Unterhaltsvorschußgesetzes nur so verstanden werden, daß es im Fall einer notwendigen Exekutionsführung im Ausland zwar nahe liege, daß die Exekutionsführung aussichtslos scheine, daß aber das Gericht nicht jedweder Prüfung der Aussichtslosigkeit enthoben sei. Hätte der Gesetzgeber die Exekutionsführung im Ausland in jedem Fall einer aussichtslos scheinenden Exekutionsführung iS des § 4 Z 1 UVG gleichsetzen wollen, hätte er dies eindeutig - etwa als Fiktion - zum Ausdruck bringen müssen.
In der Entscheidung vom 15.11.1990, 8 Ob 627/90, hat sich der Oberste Gerichtshof der in der Entscheidung vom 11.10.1990, 6 Ob 648/90, vertretenen Rechtsansicht angeschlossen.
Auch der erkennende Senat kommt bei Prüfung der Rechtslage zum Ergebnis, daß § 4 Z 1 UVG ungeachtet der bereits in der Entscheidung 6 Ob 448/90 zitierten Materialien (276 BlgNR XV. GP, 8: Eine Exekution sei besonders dann als aussichtslos zu betrachten, wenn das in § 3 Z 2 UVG vorgesehene Exekutionsmittel im Inland nicht erfolgversprechend eingesetzt werden kann), die aber mit dem Wortlaut des § 4 Z 1 UVG (" ... besonders weil im Inland ein Drittschuldner ... nicht bekannt ist") nicht in Einklang stehen,
nicht dahin zu verstehen ist, daß eine Exekutionsführung im Ausland jedenfalls als aussichtslos anzusehen ist, sondern nur dann, wenn - was im Einzelfall zu prüfen ist - die Vollstreckung des vorhandenen Exekutionstitels durch internationale Verträge nicht geordnet und durch eine konkrete Behördenpraxis nicht gewährleistet ist. Im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland bestehen hinsichtlich der Vollstreckung eines österreichischen Exekutionstitels geordnete Rechtshilfebeziehungen (Vertrag vom 6.6.1959, BGBl Nr 105/1960). Es besteht daher kein Anlaß, eine derartige Exekutionsführung als aussichtslos iS des § 4 Z 1 UVG anzusehen.
Die angefochtene Entscheidung war daher spruchgemäß abzuändern.
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