OGH 7Ob639/85

OGH7Ob639/8521.11.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A Mobilien Beschaffung und Vermietung Gesellschaft mbH, Wien 3., Kundmanngasse 21, vertreten durch Dr. Wolfgang Putz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Maria B, Landwirtin, Annaberg 18, vertreten durch Dr. Paul Lechenauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 2,780.997,52 s. A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 1. Juli 1985, GZ 4 R 101/85-34, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 27. Februar 1985, GZ 16 Cg 8/85-28, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Revisionsverfahrens gleich weiteren Kosten des Berufungsverfahrens Bedacht zu nehmen haben wird.

Text

Begründung

Das Erstgericht erließ über Antrag der Klägerin auf Grund des Wechsels vom 24.8.1982 gegenüber der Beklagten und der Verlassenschaft nach Johann B sen. als den Akzeptanten einen Wechselzahlungsauftrag über S 2,780.997,52 s.A. In den fristgerecht erhobenen Einwendungen brachten die Beklagte und die Verlassenschaft Johann B sen. vor, der Sohn der Beklagten und ihres verstorbenen Ehegatten Johann B sen., Johann B jun., habe sich von dem Mitarbeiter der Klägerin Othmar C, der gleichzeitig Gesellschafter der Sportstättenbetriebsgesellschaft mbH in Salzburg gewesen sei, zu Vertragsbesprechungen wegen des Ankaufs von vier Bowling-Bahnen überreden lassen. Vereinbart gewesen sei, daß diese Bowling-Bahnen im Lagerhaus der Raiffeisenkasse Annaberg eingebaut werden sollten, wobei die Gemeinde Annaberg für die Kosten aufkommen sollte. Neben dem Kaufvertragsformular habe Othmar C Johann

B jun. auch ein Leasingvertragsformular der Klägerin zur Unterschrift vorgelegt. Der Kauf der Bowling-Bahnen sei ausdrücklich von der Genehmigung der Aufstellung im Gebäude der Raiffeisenkasse Annaberg abhängig gemacht worden. Eine derartige Genehmigung sei jedoch nicht erteilt worden; die Gemeinde Annaberg habe die Übernahme der Einbaukosten abgelehnt. Die Wechselannahme durch die Beklagte und Johann B sen. sei dadurch zustandegekommen, daß Othmar C im Jänner 1982 bei der Beklagten und Johann

B sen. erschienen sei und sich erbötig gemacht habe, einen Umschuldungskredit zu besorgen. Er habe erklärt, daß er hiezu nicht nur vom Sohn der Beklagten, sondern selbstverständlich auch von dessen Eltern Unterschriften benötige. Othmar C habe zugesagt, daß er die Umschuldung in die Hand nehme, und habe die Unterfertigung von Wechselakzepten verlangt. Die Beklagte und ihr Ehegatte hätten diese Unterschriften geleistet, weil sie an sich in Othmar C Vertrauen gesetzt hätten. Diese Wechsel seien in keinem wie immer gearteten Zusammenhang mit den zwischen Johann

B jun. und der Sportstättenbetriebsgesellschaft mbH bzw. der Klägerin vorbereiteten Geschäften gestanden. Tatsächlich habe Othmar C weder einen Kredit beschafft, noch Bowling-Bahnen an Johann B jun. geliefert.

Die Klägerin bestritt dieses Vorbringen und führte aus, die Beklagte und ihr Ehegatte Johann B sen. hätten im Herbst 1981 den Blankowechsel - als Akzeptanten - und eine an die Klägerin gerichtete Wechselwidmungserklärung unterfertigt. Johann B jun. habe mit der Klägerin einen Mietvertrag über vier Bowling-Bahnen abgeschlossen, wobei das Wechselakzept der Beklagten und ihres Ehegatten als zusätzliche Sicherheit beigebracht worden sei. Da Johann B jun. seinen Verpflichtungen aus dem Vertrag nicht nachgekommen sei, habe die Klägerin den Mietvertrag aufgelöst. Per 31.8.1982 hafte ein Betrag in der nunmher begehrten Höhe als Gesamtschuld aus. Es sei unrichtig, daß Othmar C Mitarbeiter der Klägerin sei. Für die Klägerin sei ausschließlich der von Johann B jun. unterfertigte Leasingvertrag

maßgebend. Garantien des Othmar C könnten weder das Verhältnis der Klägerin zu Johann B jun. noch zu der Beklagten und der Verlassenschaft nach Johann B sen. betreffen.

Mit Einantwortungsurkunde vom 15.12.1983 wurde der Nachlaß des am 16.10.1982 verstorbenen Johann B sen. der Beklagten zur Gänze eingeantwortet.

Das Erstgericht hielt den Wechselzahlungsauftrag mit der Maßgabe aufrecht, daß auf Grund des Wechsels vom 24.8.1982 die Beklagte als Akzeptantin schuldig sei, der Klägerin S 2,780.997,52 s.A. zu bezahlen.

Das Berufungsgericht hob den Wechselzahlungsauftrag auf und wies das Klagebegehren ab. Da es Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes hatte, führte es eine Beweiswiederholung durch Verlesung der Protokolle über die Aussagen der Zeugen Othmar C und Johann B jun. sowie der Beklagten als Partei

durch und traf folgende Feststellungen:

Im Herbst 1981 wurden zwischen Johann B jun., dem Sohn der Beklagten und Inhaber eines Holzschlägerungsunternehmens, und Othmar C, dem geschäftsführenden Gesellschafter der AMF-Sportstättenbetriebsgesellschaft mbH, Gespräche über den Ertrag von Bowling-Bahnen geführt, wobei sich Johann B jun. grundsätzlich am Ankauf solcher Bahnen interessiert zeigte. Bei der Abwicklung der folgenden Gespräche trat Johann B jun. nicht als Privatperson, sondern als Inhaber des Schlägerungsunternehmens Johann B auf.

Am 6.9.1981 wurde zwischen der AMF-Sportstättenbetriebsgesellschaft mbH, vertreten durch Othmar

C, und Johann B jun. eine Vereinbarung getroffen,

wonach Johann B jun. von dieser vier Stück gebrauchte AMF-Bowling-Bahnen um einen Preis von insgesamt S 2,040.000 (inklusive Umsatzsteuer S 2,407.200) ankaufte. Die Finanzierung sollte entweder auf Kreditbasis oder durch Abschluß eines Leasingvertrages erfolgen. Für den Fall, daß eine Finanzierung durch Leasing von Othmar C nicht vermittelt werden könnte, wurde die Stornierung des Vertrages vereinbart. Der diesbezügliche handschriftliche Vermerk wurde von Othmar C gesetzt. Der Punkt 3. des Vertrages sah folgende Sondervereinbarung vor:

"Diese Bahnen werden im Lagerhaus der Gemeinde, Raika Annaberg, eingebaut, den Umbau bezahlt die Gemeinde." Othmar C sagte seinem Vertragspartner auch zu, sich sowohl um die Finanzierung als auch um die Aufstellung der Bowling-Bahnen zu bemühen. In der Folge machte Othmar C die Klägerin zur Finanzierung des mit Johann B abgeschlossenen Geschäftes namhaft. Im Dezember 1981 stellte Johann B jun. der Klägerin ein Mietvertragsanbot über die gegenständlichen Bowling-Bahnen; die Mietzeit sollte 102 Monate dauern, die Monatsmiete S 35.989 betragen. Gemäß Punkt 8. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die dem Vertrag nach Annahme durch die Klägerin zugrundelagen, erwirbt die Klägerin mit Übernahme des Mietgegenstandes durch den Mieter Eigentum am Mietgegenstand. Nach Punkt 6. der Geschäftsbedingungen ist die Klägerin zur Auflösung des Vertrages berechtigt, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mieters derart verschlechtern, daß eine regelmäßige Zahlung der vereinbarten Mieten gefährdet erscheint.

Auf Grund einer schriftlichen Bestätigung vom 12.12.1981 übernahm Othmar C gegenüber Johann B jun. für die Zeit, in der ein Betrieb der Bowling-Bahnen in Annaberg noch nicht möglich sein sollte, die Haftung für die in dieser Zeit fällig werdenden Leasingraten.

Vor Unterfertigung des oben genannten Anbotes durch die Klägerin wurde eine Investitionsprüfung durchgeführt und der Abschluß des Leasingvertrages von der Beibringung weiterer Sicherheiten abhängig gemacht.

Johann B jun. erklärte seinen Eltern, die an einer Umschuldung interessiert waren, daß ihnen Othmar C dabei behilflich sein werde. Im Jänner 1982 fand ein Gespräch zwischen Johann B jun., dessen Vater Johann B sen. und Othmar C statt. Im Anschluß daran begaben sich diese Personen in das Schiliftrestaurant, in dem die Beklagte als Köchin arbeitete. Dort besprachen sie in Anwesenheit der Beklagten die Möglichkeit einer Umschuldung, wobei ein Betrag von etwa S 3,000.000 genannt wurde. Othmar C, der das Geld für die Umschuldung beschaffen sollte, erklärte, er brauche von der Beklagten und deren Gatten Unterschriften, weil er bei seiner Bank nicht mit leeren Händen arbeiten könne. Die Beklagte schätzte Othmar C auf Grund seiner Erscheinung und seines Auftretens als seriösen Mann ein und war ebenso wie ihr Gatte froh, daß er bei der Umschuldung behilflich sein wollte. Die beiden unterfertigten daraufhin das von Othmar C vorgelegte Blankoakzept und die Wechselwidmungserklärung Beilage ./J, wobei die Beklagte nur den "Kopf des Schreibens" sah, den weiteren Inhalt jedoch nicht las. Das Blankoakzept und die Wechselwidmungserklärung waren bei den Unterlagen, die Othmar C von der Klägerin über den Direktor der Sparkasse Wels, Peierhuber, erhalten hatte. Dieser gab Othmar C auch die Mitteilung der Klägerin weiter, daß das Blankoakzept und die Wechselwidmungserklärung zu unterfertigen seien. Nicht festgestellt werden kann, ob bei der Unterfertigung der Wechselwidmungserklärung die Textteile "der Firma B Hans, Schlägerungsunternehmen, 5524 Annaberg 18" und "über vier Stück gebr., werksüberholte AMF-Bowling-Bahnen System 82-70 R" bereits eingesetzt waren. Es handelte sich jedenfalls um ein "Formular" der Klägerin, bei dem die den jeweiligen Leasingvertrag betreffenden Daten einzusetzen sind.

Von dem Kauf von Bowling-Bahnen war anläßlich der Unterfertigung des Blankoakzeptes und der Wechselwidmungserklärung nicht die Rede. Johann B jun. hatte zwar einige Zeit vorher der Beklagten mitgeteilt, daß ihm Othmar C ein Geschäft mit Bowling-Bahnen zukommen lassen wolle, hatte aber nicht auch Details erwähnt. Über die Finanzierung der Bowling-Bahnen sprach er mit der Beklagten nie. Die Beklagte hatte zwar schon in anderen Fällen für ihren Sohn gebürgt, hätte aber eine Bürgschaft in diesem Zusammenhang nicht übernommen.

Am 26.3.1982 wurde vom Schlägerungsunternehmen Hans B die ordnungsgemäße Übernahme der Bowling-Bahnen von der AMF-Sportstättenbetriebsgesellschaft mbH bestätigt. Ob die Unterfertigung der Übernahmebestätigung durch Johann B jun. persönlich erfolgte, kann nicht festgestellt werden. Nachdem der Klägerin die Übernahme der Bahnen durch Vorlage dieser Bestätigung nachgewiesen worden war, nahm sie das Mietvertragsanbot des Johann B jun. am 6.4.1982 an und bezahlte an die Sportstättenbetriebsgesellschaft mbH den Kaufpreis in der Höhe von S 2,040.200. Da Johann B jun. seinen Verpflichtungen aus dem Leasingvertrag nicht nachkam, wurde der Vertrag von der Klägerin mit Schreiben vom 24.8.1982 gemäß Punkt 6. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen per 31.8.1982 vorzeitig aufgelöst und die zugunsten der Klägerin aushaftende Gesamtschuld bekanntgegeben, wobei der aushaftende Saldo aus dem Leasingvertrag zum 31.8.1982 S 206.865,89 und die vorzeitig fälliggestellten Mietentgelte für die vorgesehene Vertragsdauer S 2,206.666,96 betrugen. Diese Mietentgelte wurden vereinbarungsgemäß mit 11,8 % auf den Zeitpunkt der Fälligstellung abgezinst. Auf diesen Betrag von insgesamt S 2,413.532,85 wurde eine Depotzahlung von S 36.312 in Anrechnung gebracht, jedoch wurden anteilige Versicherungskosten von S 1.733,42 hinzugeschlagen. Unter weiterer Anrechnung von vereinbarten 15,6 % Verzugszinsen jährlich ab 31.10.1983, das sind S 402.043,25, ergab sich insgesamt eine Forderung der Klägerin in der Höhe von S 2,780.997,52. Im Sinne der Wechselermächtigung wurde der von der Beklagten angenommene Blankowechsel mit diesem Betrag und dem Ausstellungsdatum 24.8.1982, das ist der Tag der Auflösung des Leasingvertrages, ausgefüllt. Über das Vermögen des Johann B jun. wurde am 4.11.1982 der Konkurs eröffnet, der jedoch bereits wieder aufgehoben ist.

Der geplante Einbau der Bowling-Bahnen in Annaberg fand nicht statt, weitere Bemühungen Othmar CS, einen Aufstellplatz zu finden, scheiterten.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Berufungsgericht aus, die Beklagte habe in den Einwendungen gegen den Wechselzahlungsauftrag unter anderem vorgebracht, das Wechselakzept unterfertigt zu haben, weil Othmar C erklärt habe, einen Umschuldungskredit zu besorgen, für den er die Unterschrift von Johann B jun. und dessen Eltern benötige; die Beklagte habe die Unterschrift geleistet, weil sie in Othmar C Vertrauen gesetzt habe. Der Einwand der Irreführung durch die Beklagte erweise sich als berechtigt. Ein Irrtum im Sinne des § 871 ABGB sei auch dann durch den "Anderen" veranlaßt, wenn dieser nicht der Vertragspartner selbst, ja nicht einmal dessen Vertreter, wohl aber eine Person sei, die für den Vertragspartner bei Vertragsabschluß oder bei dessen Vorbereitung tätig gewesen sei. Dies treffe zu, wenn ein Vertreter einer Lieferfirma Formulare eines Leasingunternehmens mit sich führe und damit den Vertrag zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer vorbereite. Sei der Verkäufer Verhandlungsgehilfe des Finanzierers, indem etwa dem Verkäufer Formulare vom Finanzierer überlassen würden oder er ermächtigt sei, den Käufer zur Ausfüllung zu veranlassen, müsse der Finanzierer die Anfechtung des Vertrages gegen sich gelten lassen, wenn der Verkäufer bei dessen Abschluß einen Willensmangel der Gegenseite veranlaßt habe, und zwar auch dann, wenn der Finanzierer davon keine Kenntnis gehabt habe oder habe haben müssen, weil der Verkäufer, dessen sich der Finanzierer als Hilfsperson bediene, nicht Dritter im Sinne des § 875 Satz 2 ABGB sei. Nach den getroffenen Feststellungen habe Othmar C, dem das vorgeschriebene Wechselwidmungsformular der Klägerin übergeben worden sei (allenfalls auch die Blankoakzepte mit dem Stampiglienaufdruck der Klägerin als Ausstellerin), die Beklagte veranlaßt, die Wechselwidmungserklärung und das Blankoakzept zu unterfertigen, wobei er ihr vorher wahrheitswidrig erklärt habe, er benötige die Unterschrift für einen "Umschuldungskredit". Daß die Beklagte die Wechselwidmungserklärung ungelesen unterfertigt habe, mache die abgegebene Erklärung dennoch anfechtbar, weil die Vorstellung der Unterschreibenden mit dem Inhalt nicht übereingestimmt habe. Die Beklagte sei der Ansicht gewesen, daß ihre Unterschrift der Beschaffung eines "Umschuldungskredites" gedient habe. Es liege daher ein Erklärungsirrtum vor, der die Beklagte zur Anfechtung berechtige. Gehe man davon aus, daß das von der Klägerin behauptete Grundgeschäft (Übernahme einer Bürgschaft bzw. Schuldbeitritt) zwischen den Streitteilen gemäß § 871 ABGB nicht wirksam sei, könne die Klägerin deshalb auch nicht den von der Beklagten und ihrem Ehegatten angenommenen Wechsel vom 24.8.1982 geltend machen.

Die Klägerin bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit liegt allerdings nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO; vgl. Fasching III 361 f.).

Nicht berechtigt ist die Revision auch, soweit sie sich gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes wendet, Othmar C sei Verhandlungsgehilfe der Klägerin gewesen und habe die Beklagte dadurch veranlaßt, das Blankoakzept und die Wechselwidmungserklärung ungelesen zu unterfertigen, daß er ihr vorher wahrheitswidrig erklärt habe, er benötige die Unterschrift für einen "Umschuldungskredit". Die Ausführungen des Berufungsgerichtes entsprechen der herrschenden Lehre (Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu § 875, Aicher in Rummel, ABGB, Rdz 21 zu § 1063, Bydlinski in Klang 2 IV/2, 440 f., im gleichen Sinn Koziol-Welser, Grundriß 7 I 127) und Rechtsprechung (SZ 33/123, SZ 44/59, JBl 1984, 37 ua.), der Finanzierer müsse, bediene er sich des Verkäufers als seiner Hilfsperson bei der Anbahnung eines Finanzierungsvertrages, indem er ihm etwa die entsprechenden Vertragsformulare übergebe und ihn ermächtige, den Käufer zu ihrer Ausfüllung zu veranlassen und sodann zur Weiterleitung an den Finanzierer zu übernehmen, es gegen sich gelten lassen, wenn der Verkäufer in dieser Eigenschaft den Käufer bei der Ausfüllung des Kreditantrages (also bei der Abgabe seines Vertragsofferts) listig täusche, einen dem Käufer unterlaufenen beachtlichen Irrtum veranlasse oder ihm ein solcher Irrtum erkennbar gewesen sei. Denn derjenige, dessen sich der (spätere) Vertragspartner bei den Vertragsverhandlungen als Hilfsperson bediene, sei nicht "Dritter" im Sinne des § 875 ABGB, sondern dem Vertragspartner selbst zuzurechnen. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin (als Finanzierer) Othmar C, der als geschäftsführender Gesellschafter der Sportstättenbetriebsgesellschaft mbH mit Johann B jun. den Kaufvertrag vom 6.9.1981 abgeschlossen hatte, über die Sparkasse in Wels außer Wechseln, die mit ihrer Firmenstampiglie versehen waren, das Formular einer - an sie gerichteten - Wechselwidmungserklärung überlassen. Es war Aufgabe des Othmar C, die Rückzahlung des von der Klägerin zu leistenden Kaufpreises dadurch sicherzustellen, daß die Eltern des Johann B jun. eine Wechselbürgschaft übernahmen. Dieser Sachverhalt gleicht entgegen der Ansicht der Klägerin in seinen wesentlichen Teilen durchaus jenem, der der Entscheidung SZ 33/123 zugrunde lag. Es ist keinesfalls Voraussetzung für die Einwendung der Beklagten, der "Mitarbeiter" der Klägerin Othmar C habe sie in Irrtum geführt, daß die Klägerin an dieser Irreführung teilnahm oder doch von ihr Kenntnis hatte oder hätte haben müssen, weil Othmar C nicht "unbeteiligter" Dritter im Sinne des § 875 ABGB war (vgl. SZ 44/59). Er stand vielmehr auf Seite der Klägerin als der Erklärungsgegnerin und hat maßgeblich, ja entscheidend, am Zustandekommen des Geschäftes mitgewirkt (vgl. auch hiezu SZ 44/59). Daß Othmar C nicht nur im Interesse der Klägerin als der Finanziererin, sondern auch in seinem eigenen Interesse tätig war, verändert die Rechtslage nicht, zumal dies bei derartigen Geschäften wohl die Regel ist. Nicht verständlich ist die in der Revision vertretene Meinung, Othmar C sei nicht für die Klägerin sondern für die Sparkasse in Wels tätig gewesen, da die Klägerin dieser die im Einzelfall benötigten Formulare übergeben habe. Nach eben diesen Formularen (wie Beilage ./J) ist es nämlich völlig unzweifelhaft, daß es sich um Forderungen der Klägerin handelte, die (wechselmäßig) gesichert werden sollten. Die Ausführungen Iros ("Zurechnung von Gehilfen im Recht der Willensmängel", JBl 1982, 470 ff. und 510 ff.) über das typische Gehilfenrisiko, aaO 514 ff., hat die Revisionswerberin offensichtlich mißverstanden. Othmar C hat den Irrtum der Beklagten keineswegs nur "bei Gelegenheit" der ihm übertragenen Aufgabe veranlaßt. Völlig unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, ob die Klägerin von einer von der Beklagten gewünschten Umschuldung Kenntnis hatte.

Wirft die Klägerin der Beklagten vor, daß diese die Urkunde ungelesen unterschrieben habe, ist ihr zuzugeben, daß derjenige, der eine Urkunde unterfertigt, den durch seine Unterschrift gedeckten Text grundsätzlich zum Inhalt seiner Erklärung macht, auch wenn er ihm unbekannt ist oder er ihn nicht verstanden hat. Doch ist die Erklärung wie jede andere Erklärung anfechtbar, wenn die Vorstellung des Unterschreibenden mit dem Inhalt nicht übereinstimmt (SZ 42/121 ua., Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 8 zu § 871). Die Beklagte hatte nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes eine klare Vorstellung über den Inhalt der von ihr unterfertigten Wechselerklärung, da sie glaubte, es stehe darin das ihrer Meinung nach mündlich vereinbarte (1 Ob 708/77, Koziol-Welser, Grundriß 7 I 113), nämlich die Erwirkung einer Umschuldung. Mit Recht ist deshalb das Berufungsgericht zur Überzeugung gekommen, daß der Beklagten der Umstand, daß sie die Wechselerklärung Beilage ./J ungelesen unterfertigt hat, nicht schadet.

Berechtigt dagegen sind die Revisionsausführungen, soweit sie geltend machen, es ergebe sich aus den Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht, daß auch Johann B sen. gelegentlich der Unterfertigung der Beilage ./J in Irrtum geführt worden sei. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichtes ergibt sich, daß Othmar C das Gespräch über die Möglichkeit einer Umschuldung auch in Gegenwart des Ehegatten der Beklagten führte, und daß er auch diesem gegenüber erklärte, er brauche von der Beklagten und ihm (dem Ehegatten der Beklagten) Unterschriften, weil er bei seiner Bank nicht mit leeren Händen arbeiten könne. Es ergibt sich daraus weiter, daß auch der Ehegatte der Beklagten froh war, daß Othmar C der Beklagten und ihm bei der Umschuldung behilflich sein wollte, und daß nicht nur die Beklagte, sondern auch ihr Ehegatte das ihnen von Othmar C vorgelegte Blankoakzept und die Wechselwidmungserklärung unterfertigte. Den Feststellungen kann dagegen nicht entnommen werden, ob auch Johann B sen. die Wechselerklärung Beilage ./J ungelesen im Glauben unterfertigt hat, seine Unterschrift sei zur Erwirkung der Umschuldung notwendig. Die Rechtssache ist daher, soweit die Beklagte nicht für ihr eigenes Verhalten anläßlich der Unterfertigung von Wechsel und Wechselwidmungserklärung Beilage ./J, sondern für das Verhalten ihres Ehegatten als dessen Alleinerbin haftet, zufolge des aufgezeigten Feststellungsmangels nicht spruchreif. Es war deshalb der Revision Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und dem Berufungsgericht - dem der Feststellungsmangel unterlaufen ist - eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen. Der Kostenvorbehalt erfolgte nach § 52 ZPO.

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