Spruch:
Die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei wird zurückgewiesen.
Der Revision der erstbeklagten Partei wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es als Teilurteil insgesamt zu lauten hat:
Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 134.237,85 samt 4 % Zinsen und 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen seit 20.8.1985 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Das Klagebegehren, die erstbeklagte Partei sei (zur ungeteilten Hand mit der zweitbeklagten Partei) schuldig, der klagenden Partei S 134.237,85 samt 4 % Zinsen und 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen seit 20.8.1985 binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Zweitbeklagte war vom Betreiber des Ambulatoriums für elektrophysikalische Medizin und Hydrotherapie mit der Sanierung der Blitzschutzanlage des Ambulatoriums beauftragt worden. Die Blitzschutzanlage bestand aus einer Ringleitung, von der aus Tiefenerder gesetzt worden waren. Zur Instandsetzung der Tiefenerder bediente sich der Zweitbeklagte der erstbeklagten Partei. Beim Einschlagen eines Tiefenerders durch die Monteure der erstbeklagten Partei wurde ein im Eigentum der klagenden Partei stehendes 20 Kilovolt-Kabel durchschlagen. Die klagende Partei begehrt von den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand den Ersatz der Reparaturkosten für das beschädigte Kabel von S 129.731,85, die Kosten der Setzung von Reparaturmuffen von S 4.506,-- und eine Wertminderung von S 101.352,-- infolge der Möglichkeit zukünftiger Schäden, zusammen S 235.589,85 s.A.
Das Erstgericht verurteilte die erstbeklagte Partei zum Ersatz der Reparaturkosten und der Kosten für die Reparaturmuffen von zusammen S 134.237,85 samt 4 % Zinsen und wies das Mehrbegehren ab.
Nach den Feststellungen des Erstgerichtes sollten sich (vereinbarungsgemäß) zwei Monteure der erstbeklagten Partei beim Zweitbeklagten einfinden und dort nähere Informationen erhalten. Als die Monteure (verspätet) beim Zweitbeklagten eintrafen, war dieser nicht mehr in seinem Büro. Von einer Angestellten des Zweitbeklagten wurden die Monteure angewiesen, zum Ambulatorium zu fahren, wo sie von einem Monteur des Zweitbeklagten erwartet wurden. Dieser zeigte ihnen die Art der Erdungsanlage und wies auf die einzelnen Tiefenerder hin. Aufgabe der Monteure der erstbeklagten Partei war es, die schadhaften Tiefenerder herauszufinden und zu ersetzen. Über Tiefeneinbauten wurde nichts gesprochen. Von der erstbeklagten Partei war auch, entgegen der sonst üblichen Vorgangsweise, kein Kabelplan oder der Plan von Erdeinbauten angefordert worden. Beim Einschlagen des zweiten oder dritten Tiefenerders auf der Hinterseite des Gebäudes im Bereich von Punkt 6. des Blitzschutzschemas (Beilage 2) wurde das Kabel beschädigt. Das Kabel verläuft in dem Bereich parallel zur Hausmauer von einem in der Nähe des Hauseckes befindlichen Hochspannungsmast ausgehend. In unmittelbarer Umgebung der Einschlagstelle befindet sich eine Trafostation. Die beiden Monteure der erstbeklagten Partei hatten sich keinerlei Gewißheit darüber verschafft, ob ein ungefährdetes Einschlagen des Tiefenerders möglich ist. Die Kosten der Kabelreparatur betrugen S 129.731,85. Es wurden zwei Reparaturmuffen eingesetzt, wofür die klagende Partei S 4.506,-- aufwendete.
Am 30.7.1987 kam es durch Blitzschlag zu einer weiteren Schädigung des Kabels. Da auf einer Länge von ca. 40 m zwei weitere Reparaturmuffen hätten gesetzt werden müssen, was aus sicherheitstechnischen Gründen nicht zu tolerieren war, kam es zu einem Austausch der gesamten Kabellänge von 82 m. Die klagende Partei bezifferte den durch diesen Vorfall entstandenen Schaden mit S 157.591,48. Hievon entfielen auf das Lagermaterial S 37.388,50, auf Personalkosten S 21.580,-- und auf Fremdkosten S 93.227,98. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, um welchen Betrag sich die Reparaturkosten des ersten Schadensereignisses nach dem Blitzschlag erhöhten.
Nach der Rechtsansicht des Erstgerichtes sei das Verhalten der Monteure der erstbeklagten Partei kausal für die rechtswidrige Beschädigung des Eigentums der Klägerin gewesen. Das Verhalten der Monteure sei auch fahrlässig gewesen, weil sie sich hätten vergewissern müssen, wo die von ihnen wahrgenommene Starkstromleitung verlaufe. Auch die Nähe der Trafostation habe für das Vorhandensein von Erdeinrichtungen gesprochen. Die erstbeklagte Partei hafte daher der klagenden Partei für den dieser entstandenen Schaden. Den Zweitbeklagten treffe dagegen kein Verschulden, und es fehle hinsichtlich des Zweitbeklagten auch am Rechtswidrigkeitszusammenhang. Es sei nicht Aufgabe des Zweitbeklagten gewesen, die sachkundigen Monteure der erstbeklagten Partei anzuleiten. Eine Haftung des Zweitbeklagten könne auch nicht auf § 1315 ABGB gestützt werden, weil keinerlei Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit vorlägen. Eine Haftung nach § 1313a ABGB scheide aus, weil der Zweitbeklagte in keiner Vertragsbeziehung zur klagenden Partei stehe. Die erstbeklagte Partei habe aber nur den Reparaturaufwand zu ersetzen.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, daß es mit Teilurteil beide beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zum Ersatz der Reparaturkosten von S 134.237,85 s.A. verpflichtete. Im abweisenden Teil hob das Berufungsgericht das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung auf.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision und der Rekurs hinsichtlich der erstbeklagten Partei zulässig, die ordentliche Revision hinsichtlich des Zweitbeklagten unzulässig ist.
Nach der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes bestehen aus dem Vertrag zwischen dem Liegenschaftseigentümer und dem Zweitbeklagten über die Reparatur der Blitzschutzanlage Schutz- und Sorgfaltspflichten nicht nur zwischen den Vertragspartnern, sondern auch gegenüber Dritten, die zwar aus dem Vertrag nicht unmittelbar berechtigt sind, aber der vertraglichen Leistung nahestehen. Begünstigte Personen seien diejenigen, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung bei Vertragsabschluß voraussehbar gewesen sei und die der Vertragspartner entweder erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstige oder an denen er ein sichtbares Interesse habe. Bei Verträgen mit Schutzwirkung zugunsten Dritter werde diesen die Geltendmachung eines eigenen Schadens aus fremdem Vertrag zuerkannt. Die geschützten Sachen des Dritten müßten entweder in Kontakt mit der Hauptleistung kommen oder es müßen den Vertragspartner selbst Sorgfaltspflichen an diesen Sachen treffen. Der Schuldner hafte dem begünstigten Dritten nicht nur für eigenes schuldhaftes Verhalten, sondern auch für Pflichtverletzungen seiner Erfüllungsgehilfen nach § 1313a ABGB. Der Anspruch der klagenden Partei gegen den Zweitbeklagten könne daher auf die Vertragshaftung gestützt werden, weil es nicht zweifelhaft sei, daß die beschädigte Sache in einem Naheverhältnis zur vertraglichen Hauptleistung gestanden sei. Die erstbeklagte Partei sei als Subunternehmerin Erfüllungsgehilfin des Zweitbeklagten gewesen. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob den Zweitbeklagten am eingetretenen Schaden ein eigenes Verschulden treffe, weil er der klagenden Partei jedenfalls aus dem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter hafte und auch für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfin einzustehen habe.
Die erstbeklagte Partei könne von der klagenden Partei als Erfüllungsgehilfin des Zweitbeklagten in Anspruch genommen werden. Der Erfüllungsgehilfe selbst hafte zwar grundsätzlich nur nach Deliktsrecht, dies betreffe aber nur die Haftung gegenüber dem Gläubiger des Geschäftsherrn. Anders verhalte es sich bei der Schädigung eines Dritten, der weder zum Geschäftsherrn noch zu dessen Erfüllungsgehilfen in Vertragsbeziehung stehe und seinen Anspruch nur auf einen fremden Vertrag stützen könne. Es sei nicht einzusehen, warum nur der Vertrag zwischen dem Liegenschaftseigentümer und dem von ihm beauftragten Zweitbeklagten Schutzwirkungen zugunsten Dritter entfalten solle, nicht aber auch der Subunternehmerauftrag, zumal der Schaden bei der Erbringung der Hauptleistung des Subunternehmervertrages entstanden sei. Für eine unterschiedliche Behandlung der beiden Verträge bestehe kein Anlaß, weil in beiden Fällen das Naheverhältnis zwischen beschädigter Sache und vertraglicher Leistung gleich sei, sodaß auch die erstbeklagte Partei aus der Vertragshaftung heraus in Anspruch genommen werden könne. Es hafte somit auch die erstbeklagte Partei der klagenden Partei gegenüber für die Pflichtverletzungen ihrer Monteure. Diesen sei anzulasten, daß sie ihre Arbeit begonnen hätten, ohne sich über die Lage der erkennbar existierenden Kabel durch Einsicht in die Kabelpläne oder durch sonstige Informationen vergewissert zu haben.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Teilurteil der zweiten Instanz erhobene außerordentliche Revision des Zweitbeklagten ist unzulässig.
Es ist in Lehre und Rechtsprechung allgemein anerkannt, daß Schutz- und Sorgfaltspflichten nicht nur zwischen den Vertragspartnern, sondern auch gegenüber dritten Personen bestehen, die zwar aus dem Vertrag nicht unmittelbar berechtigt sind, aber der vertraglichen Leistung nahestehen (Verträge mit Schutzwirkung zugunsten Dritter; eingehender in SZ 54/65 mit zahlreichen Nachweisen aus Lehre und Rechtsprechung). Die Beurteilung des Vertrages zwischen dem Zweitbeklagten und dem Liegenschaftseigentümer und Betreiber des Ambulatoriums als eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten der klagenden Partei entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in den sogenannten Kabelbruchfällen (SZ 50/102; SZ 48/23), insbesondere in dem vergleichbaren Fall der SZ 54/65, von dem sich der vorliegende nur dadurch unterscheidet, daß hier ein Erdkabel beschädigt wurde. Daß nach der gesamten Anlage hier das Vorhandensein von Erdkabeln erkennbar war, räumte, wie bereits das Berufungsgericht richtig hervorhob, der Zweitbeklagte selbst ein (AS 6 ON 2, AS 50 f ON 10). Die in der Entscheidung ZVR 1978/265 ohne nähere Begründung vertretene andere Rechtsansicht, auf die sich die Revision beruft, wurde bereits in SZ 54/65 abgelehnt.
Demgemäß ist die außerordentliche Revision des Zweitbeklagten mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach § 502 Abs.1 ZPO zurückzuweisen. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 510 Abs.3 ZPO Abstand genommen.
Die Revision der erstbeklagten Partei ist berechtigt.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist der Vertrag zwischen einem Geschäftsherrn und seinem Erfüllungsgehilfen regelmäßig keine Vereinbarung mit Schutzwirkungen zugunsten des Gläubigers des Geschäftsherrn. Dies aus der Erwägung, daß der Erfüllungsgehilfe dem geschädigten Gläubiger grundsätzlich nur deliktisch haftet. Die Lehre vom Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter wurde entwickelt, um dem Geschädigten, dem sonst nur deliktische Ansprüche zustünden, auch Ersatzansprüche wegen Verletzung einer rechtlichen Sonderverbindung zu verschaffen. In den Fällen der Schädigung des Gläubigers durch den Erfüllungsgehilfen hat der Gläubiger aber ohnehin vertragliche Ansprüche gegen den Geschäftsherrn, sodaß ihm ein ausreichender Schutz zukommt. Die Lehre von den Schutz- und Sorgfaltspflichen gegenüber einem der Vertragsleistung nahestehenden Dritten dient nicht dazu, dem Erfüllungsgehilfen - auch wenn es sich hiebei um einen selbständigen Unternehmer handelt - die Vertragshaftung mit den Folgen der Beweislastumkehr des § 1298 ABGB aufzubürden (SZ 62/173; SZ 51/176). Auch in der Bundesrepublik Deutschland wird die Schutzbedürftigkeit des Dritten als Erfordernis einer erweiterten Schutzwirkung eines Vertrages angesehen. Diese Schutzbedürftigkeit entfällt, wenn das Interesse des Dritten bereits durch andere vertragliche Ansprüche abgedeckt ist (MünchKomm-Gottwald § 328 RdNr.71a mwN). Kommt demnach dem Vertrag zwischen den beklagten Parteien nicht einmal Schutzwirkung zugunsten des Auftraggebers des Zweitbeklagten zu, muß dies umso mehr gegenüber der klagenden Partei gelten. Die der obgenannten Rechtsansicht zugrunde liegenden Erwägungen kommen auch im Verhältnis zwischen der erstbeklagten Partei und der klagenden Partei zum Tragen, da letztere aufgrund der Schutzwirkungen des Vertrages zwischen dem Zweitbeklagten und seinem Auftraggeber ausreichend geschützt ist.
Demgemäß ist der Revision der erstbeklagten Partei Folge zu geben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs.1 ZPO.
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