OGH 7Ob61/11p

OGH7Ob61/11p16.6.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei G***** D*****, vertreten durch Dr. Esther Hold, Rechtsanwältin in Wien, diese vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, gegen den Gegner der gefährdeten Partei M***** B*****, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382g EO, über den Revisionsrekurs der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 16. Dezember 2010, GZ 46 R 558/10i-9, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 8. Oktober 2010, GZ 11 C 1618/10a-3, teils abgeändert und teils bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Antragsteller war im Forum der Internetplattform www.g ***** unter dem Benutzernamen „a*****“ registriert, der Antragsgegner als „j*****“. Am 13. 8., 12. 9. , 20. 9. und 24. 9. 2010 veröffentlichte der Antragsgegner auf der von ihm „betriebenen“ Internetseite www.r ***** mehrere Artikel, die verschiedene Vorwürfe und persönliche Angriffe gegen den Antragsteller enthielten. Deshalb begehrte der Antragsteller am 29. 9. 2010, dem Antragsgegner mit einstweiliger Verfügung gemäß § 382g EO (sein Antrag auf einstweilige Verfügung nach § 381 Z 2 EO wurde vom Erstgericht gemäß § 44 Abs 1 JN an das Bezirksgericht Steyr überwiesen) zu verbieten,

- „persönliche Daten und präventiv auch Lichtbilder der gefährdeten Partei weiterzugeben oder zu verbreiten oder den Namen des Antragstellers - auch in abgewandelter Form - öffentlich zu erwähnen, insbesondere im Internet - und zwar überall im Internet, und nicht nur auf einer bestimmten Webseite“;

- „den Namen oder den Benutzernamen ('N*****') des Antragstellers 'a*****' - durch welchen eine Identifizierung des Antragstellers möglich ist - auch in abgewandelter Form in irgendwelchen Berichten oder Beiträgen zu verwenden, insbesondere im Internet“;

- „persönliche Daten - insbesondere den Namen - der Ex-Frau und des Sohnes der gefährdeten Partei - auch in abgewandelter Form sowie präventiv auch Lichtbilder zu veröffentlichen“.

Die Begehren dieses Antrags entsprechen großteils jenen, die in früheren Sicherungsanträgen zwischen denselben Parteien erhoben wurden (vgl 7 Ob 54/11h und 7 Ob 60/11s).

Ohne den Antragsgegner dazu anzuhören, wies das Erstgericht mit Beschluss vom 8. 10. 2010 den Sicherungsantrag hinsichtlich des Begehrens, dem Antragsgegner zu verbieten, persönliche Daten - insbesondere den Namen - der Ex-Frau und des Sohnes der gefährdeten Partei - auch in abgewandelter Form - zu veröffentlichen, zurück und im Übrigen ab.

Das vom Antragsteller angerufene Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichts vom 8. 10. 2010 dahin ab, dass es dem Antragsgegner mit einstweiliger Verfügung für die Dauer eines Jahres verbot, „insbesondere im Internet höchstpersönliche Daten der gefährdeten Partei, insbesondere ehrenrührige Behauptungen aus dem Privat- und Familienleben, weiterzugeben oder zu verbreiten“.

Bezüglich der Anträge, dem Antragsgegner „darüber hinausgehend zu verbieten, den Namen oder den Benutzernamen der gefährdeten Partei auch in abgewandelter Form in irgendwelchen Berichten oder Beiträgen insbesondere im Internet zu verwenden oder zu erwähnen, und dem Gegner der gefährdeten Partei zu verbieten, Lichtbilder der gefährdeten Partei weiterzugeben oder zu verbreiten, sowie dem Gegner der gefährdeten Partei zu verbieten, persönliche Daten - insbesondere den Namen - der Ex-Frau und des Sohnes des Antragstellers - auch in abgewandelter Form - und Lichtbilder dieser Personen zu veröffentlichen,“ wies es den Sicherungsantrag ab und bestätigte damit dessen Abweisung und Zurückweisung durch das Erstgericht. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei.

Der stattgebende Teil der Rekursentscheidung blieb jedoch unangefochten.

Der allein gegen die Bestätigung des Beschlusses des Erstgerichts vom 8. 10. 2010 erhobene Revisionsrekurs des Antragstellers ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 402 Abs 1 EO ist der Revisionsrekurs unter anderem dann, wenn das Verfahren einen Beschluss über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zum Gegenstand hat, nicht deshalb unzulässig, weil das Gericht zweiter Instanz die angefochtene Entscheidung zur Gänze bestätigte. Das gilt jedoch nach § 402 Abs 2 EO nicht für einen Rekurs der gefährdeten Partei gegen die Abweisung eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wenn der Antragsgegner - wie hier - zu dem Antrag nicht einvernommen wurde.

Nach ständiger Rechtsprechung ist daher der Revisionsrekurs gegen eine Entscheidung, mit der die Abweisung eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ohne Einvernahme des Gegners der gefährdeten Partei bestätigt wurde, gemäß §§ 78 und 402 Abs 4 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0012260). Auch der Revisionsrekurs gegen die Bestätigung einer ohne Anhörung des Verfügungsgegners ausgesprochenen Zurückweisung des Sicherungsantrags aus formellen Gründen ist jedenfalls unzulässig (stRsp; RIS-Justiz RS0117002; 2 Ob 269/97s; 4 Ob 234/08b mwN); die Frage der Anfechtbarkeit eines solchen Beschlusses ist nämlich nicht anders zu beurteilen als die Bestätigung eines ohne Anhörung des Sicherungsgegners abgewiesenen Sicherungsantrags (§ 402 Abs 2 EO; § 78 und § 402 Abs 4 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO; 1 Ob 232/03d mwN; jüngst: 10 Ob 28/11g). Soweit sich ein Revisionsrekurs gegen die Bestätigung einer solchen Zurückweisung des Sicherungsantrags richtet, ist er somit ebenfalls zurückzuweisen.

Unanfechtbar ist daher jener - hier allein bekämpfte - Teil der Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz, mit dem die vom Erstgericht ohne Anhörung des Antragsgegners ausgesprochene Ab- und Zurückweisung eines Teils des Sicherungsbegehrens bestätigt wurde. Das gilt nur dann nicht, wenn der bestätigende und der abändernde Teil des rekursgerichtlichen Beschlusses - bei richtiger rechtlicher Beurteilung - in einem unlösbaren Sachzusammenhang stehen, sodass die Zulässigkeit deren Anfechtung nur einheitlich beurteilt werden kann (RIS-Justiz RS0107345).

Der eine einheitliche Beurteilung erfordernde „unlösbare Sachzusammenhang“ ist jedoch regelmäßig dann nicht erfüllt, wenn jeder der geltend gemachten Sicherungsansprüche - wie hier - ein gesondertes rechtliches Schicksal haben kann (RIS-Justiz RS0107345 [T2]; 2 Ob 181/08v mwN; 4 Ob 54/09h).

Gerade davon ist auch im vorliegenden Fall auszugehen; haben doch die generell formulierte, nunmehr rechtskräftig bewilligte einstweilige Verfügung und der übrige (auch in zweiter Instanz nicht bewilligte) Teil des Sicherungsantrags, der sich im Übrigen auch auf die Nennung der Frau und des Sohnes bezieht, jeweils ein eigenes rechtliches Schicksal, das für den Erfolg oder Misserfolg des anderen Teils des Sicherungsbegehrens nicht maßgebend ist:

Das erlassene Verbot und die erfolglos begehrten Verbote, hinsichtlich derer teils als zu weit gehend, teils mangels eigener Betroffenheit (Daten und Name der Frau), teils mangels Gefahrenbescheinigung (Daten und Name des Sohnes; Lichtbilder) abgewiesen wurde, bedingen einander nicht, sondern können losgelöst voneinander beurteilt werden.

Ein unlösbarer Zusammenhang zwischen dem stattgebenden und dem die Abweisung bestätigenden Teil der Rekursentscheidung, der erforderlich wäre, um bei teilweiser Abänderung und teilweiser Bestätigung der Abweisung (Zurückweisung) eines Sicherungsantrags eine Anfechtbarkeit auch des bestätigenden Beschlussteils zu begründen, besteht somit nicht.

Gemäß den §§ 78 und 402 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO erweist sich der Revisionsrekurs des Antragstellers demnach als unzulässig und ist daher zurückzuweisen.

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