Spruch:
1. Der Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof wird zurückgewiesen.
2. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rekurses endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die klagende und gefährdete Partei (in der Folge kurz Kläger) ist nach ihrem Vorbringen türkischer Staatsangehöriger, seit mehr als 13 Jahren in Österreich aufhältig und seit 7. 1. 2000 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Der Kläger behauptet, über ihn sei rechtswidrigerweise ein unbefristetes Aufenthaltsverbot - für Österreich - verhängt und er sei rechtswidrig in Schubhaft genommen worden. Er begehrte, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihm "die Freiheit zu verschaffen und volle Genugtuung zu leisten"; in eventu werde festgestellt, dass die vom Kläger "aktuell erlittene Durchsetzung seines Aufenthaltsverbots insbesondere durch Schubhaft" rechtswidrig sei bzw gewesen sei. Weiters begehrt er Haftentschädigung von 100 EUR je Hafttag und Verdienstentgang von 100 EUR je Werktag. Zugleich beantragte er die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der der beklagten Partei gemäß § 382 Abs 1 Z 5 EO aufgetragen werde, ihm mit sofortiger Wirkung die Freiheit zu verschaffen und bis zur Anhörung einer von der Fremdenpolizei unabhängigen Stelle mit voller Kognition auch zur Prüfung der Zweck- und Verhältnismäßigkeit des Aufenthaltsverbots jede Durchsetzung des Aufenthaltsverbots durch Freiheitsentzug des Klägers zu untersagen. Das Landesgericht Feldkirch wies den Sicherungsantrag ohne Anhörung der beklagten Partei zurück. Der Kläger strebe mit seinem Sicherungsantrag einen Eingriff in Hoheitsrechte des Rechtsträgers an, zumal Aufenthaltsverbote und die zu deren Sicherung verhängte Schubhaft hoheitlich im Verwaltungsweg vollzogen würden. Dem Zivilgericht sei es infolge Art 94 B-VG verwehrt, einer Verwaltungsbehörde Weisungen oder Verbote im Zusammenhang mit einer Freiheitsentziehung zu erteilen. Eine solche Befugnis könne auch nicht aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht abgeleitet werden. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei. Das Sicherungsverfahren sei einseitig geblieben, weshalb § 402 Abs 1 EO nicht anzuwenden sei und daher der Rechtsmittelausschluss des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO zum Tragen käme.
Den vom Kläger dagegen erhobenen Revisionsrekurs wies das Rekursgericht als unzulässig zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Ein Revisionsrekurs gegen den Beschluss zweiter Instanz sei nach § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig, wenn der ohne Anhörung des Gegners der gefährdeten Partei gefasste Beschluss auf Abweisung eines Sicherungsantrags vom Rekursgericht bestätigt worden sei, weil für solche Rekurse die Ausnahmebestimmungen des § 402 Abs 1 EO nicht gälten. Daran könne die vom Kläger ins Treffen geführte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nichts ändern, denn die Rechtsmittelbeschränkung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO gelte für alle Arten von einstweiligen Verfügungen und benachteilige auch nicht denjenigen, der sich bei einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung auf Gemeinschaftsrecht stütze.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Kläger gegen diese Entscheidung erhobene Rekurs (bezeichnet als "Revisionsrekurs") ist zulässig, aber nicht berechtigt. Vorweg ist festzuhalten, dass gemäß § 526 Abs 1 ZPO über Rekurse ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluss zu entscheiden ist. Diese Bestimmung gilt mangels einer Sondernorm auch für Rekurse an den Obersten Gerichtshof (3 Ob 199/03s). Im Gegensatz zur Bestimmung des § 509 Abs 2 ZPO ist weder die Möglichkeit einer mündlichen Verhandlung von Gesetzes wegen eröffnet noch eine Antragsmöglichkeit normiert. Demnach ist der gesetzlich nicht gedeckte Antrag des Klägers auf Anberaumung einer mündlichen Rekursverhandlung zurückzuweisen.
Das Rekursgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss lediglich als "Durchlaufgericht" entschieden. Daher ist der vom Kläger erhobene Rekurs - ohne dass weitere Aussprüche des Rekursgerichts erforderlich gewesen wären - jedenfalls zulässig (vgl 1 Ob 245/03s). Zutreffend führte das Rekursgericht aus, dass der Revisionsrekurs gegen eine Entscheidung zweiter Instanz, mit der die ohne Anhörung des Sicherungsgegners ausgesprochene Abweisung eines Provisorialantrags bestätigt wurde, gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig ist, weil für solche Rekurse die Ausnahmebestimmungen des § 402 Abs 1 EO nicht gelten. Dabei hat das Rekursgericht zwar übersehen, dass der Provisorialantrag des Klägers vom Landesgericht Feldkirch als Erstgericht zurückgewiesen wurde, doch schadet dies deshalb nicht, weil auch der Revisionsrekurs gegen die Bestätigung einer ohne vorherige Anhörung des Verfügungsgegners ausgesprochene Zurückweisung eines Sicherungsantrags aus formellen Gründen jedenfalls unzulässig ist; die Anfechtbarkeit der Bestätigung eines ohne Anhörung des Verfügungsgegners zurückgewiesenen Sicherungsantrags ist nämlich nicht anders zu beurteilen als die Bestätigung eines ohne Anhörung des Verfügungsgegners abgewiesenen Sicherungsantrags (EvBl 2003/13).
Die gemeinschaftsrechtlichen Argumente, mit welchen der Rekurswerber die Richtigkeit dieser Rechtsprechung in Zweifel zieht, sind nicht zielführend. Aus Art 92 Abs 1 iVm Art 7 B-VG ist nicht zu schließen, dass jede Entscheidung einem Rechtszug an den Obersten Gerichtshof unterliegen muss. Rechtsmittelbeschränkungen sind so lange und in dem Ausmaß verfassungskonform, als sie die Funktion des Obersten Gerichtshofs nicht aushöhlen oder gar ganz ausschalten. Die genannten Verfassungsbestimmungen enthalten keine Regelung des Instanzenzugs und nehmen damit dem einfachen Gesetzgeber nicht das Recht, in bestimmten Fällen den Rechtszug an den Obersten Gerichtshof auszuschließen. Die Unanwendbarkeit des § 402 Abs 1 EO auf die Bestätigung der Abweisung oder Zurückweisung eines Sicherungsantrags in einem einseitig gebliebenen Verfahren und die daraus folgende absolute Unanfechtbarkeit bestätigender Rekursentscheidungen begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (1 Ob 245/03s mwN). Auch den vom Kläger im Rekurs zitierten Entscheidungen des EuGH ist nicht zu entnehmen, dass ein gemeinschaftsrechtlicher Grundsatz bestünde, der Oberste Gerichtshof müsse immer anrufbar sein, sofern die von einem Sicherungswerber angestrebte einstweilige Verfügung (auch) von der Lösung einer Frage des Gemeinschaftsrechts abhängen sollte (siehe hiezu 1 Ob 245/03s mwN).
Dem Rekurs ist somit nicht Folge zu geben.
Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rekurses nach § 78 und § 402 Abs 4 EO iVm § 40 ZPO endgültig selbst zu tragen.
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